Ministerpräsident Kretschmann erklärt, er sei, wenn es ums Geld gehe, elastisch in seinen Grundsätzen, und reist dann in die Schweiz. Das ist eigentlich ein tolles Stück mit der Reise in die Schweiz, während der er ankündigt, er verhandle die ses Abkommen jetzt noch einmal neu – ein bilaterales Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz.
Das ist ungefähr so, wie wenn es ein bilaterales Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland gä be, und dann reiste der Gouverneur von Arizona nach Berlin, um das Abkommen neu zu verhandeln.
Da würden doch kübelweise Spott und Häme ausgekippt, wenn so etwas passieren würde. Entsprechend ist dann auch das Ergebnis: Der Ministerpräsident erklärt, er habe sich das Abkommen von der Schweizer Finanzministerin erklären las sen; jetzt hätten es seine Delegation und er verstanden, und jetzt könne man es machen. Herr Ministerpräsident, hätten Sie einmal Ihren Finanzminister mitgenommen – vielleicht hätte er es dann auch verstanden, meine Damen und Herren.
Das Ganze ist jedoch nicht problematisch; denn ich kündige Ihnen an: Wenn die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen vorbei ist,
um dieses Geld in Empfang zu nehmen, meine Damen und Herren. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Die Schweiz nimmt Stück für Stück Abschied vom Bankge heimnis. Die Übertragung der Abgeltungsteuer auf Kapital anlagen in der Schweiz wird mit diesem Abkommen gewähr leistet. Die Kapitalanlagen deutscher Steuerpflichtiger wer den letztlich in Deutschland nicht anders behandelt als in der Schweiz. Das ist doch ein positiver Fortschritt, den sich vor Jahren niemand hätte träumen lassen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)
Auch eine Verlagerung ohne Meldung und Versteuerung wird in der Zukunft nicht mehr möglich sein. Es ist doch eine un realistische Forderung an einen Staat, er solle seine Gesetze quasi rückwirkend ändern. Was würden wir in Deutschland zu einer solchen Zumutung sagen, meine Damen und Herren?
Das lächerlichste Argument ist, ein Abkommen mit dem Vor wurf bekämpfen zu wollen, es wirke nicht schnell genug. Weil das Abkommen nicht schnell genug wirkt, verzögern Sie es weiter.
Das Lächerlichste ist – das hat Herr Kollege Herrmann eben falls ausgeführt –: Die Sätze liegen zwischen 21 % und 41 %,
und Sie sagen, sie seien zu gering. Meine Damen und Herren, wer hat denn im Jahr 2003 eine rot-grüne Steueramnestie ge macht,
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)
Deshalb fordern wir Sie im Interesse des Landes auf – und werden auch einen Antrag stellen –, dass das Land BadenWürttemberg im Interesse des Landes Baden-Württemberg handelt und im Bundesrat diesem Steuerabkommen zustimmt. Denn das Land Baden-Württemberg hat angesichts der Schul denberge, die Sie planen, mit Sicherheit keine 1,3 Milliarden € zu verschenken.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Sie hinter lassen haben! Wer hat denn 42 Milliarden € Schul den hinterlassen? Das waren doch Sie!)
Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen und ganz besonders liebe Kolleginnen und Kollegen von der Oppositi on! Ich frage mich gerade, ob Sie all das, was Sie hier erzäh len, wirklich ernst meinen.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Ich fürchte, ja! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Sie müssen einmal Ihren Ministerprä sidenten fragen, was er ernst meint!)
Nehmen wir einmal für einen Moment an, Sie tun es wirklich. Nehmen wir also an, es geht Ihnen wirklich darum, die Fi nanzbeziehungen zu unserem Nachbarn Schweiz auf solide Beine zu stellen. Nehmen wir auch an, dass es Ihnen darum geht, dem Land wenigstens einen Teil dessen zu sichern, was Steuerbetrüger dem Gemeinwohl vorenthalten haben. Doch wenn wir das annehmen, können wir Ihnen eines nicht abneh men: dass dies ein gutes Abkommen sei.
Es ist richtig: Bundesfinanzminister Schäuble hat gehandelt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, er hat schlecht verhandelt.
Dass die Schweiz jetzt überhaupt bereit ist, dieses seit Jahr zehnten schwelende Problem in Form eines zwischenstaatli chen Abkommens zu regeln, ist weniger Herrn Schäuble zu verdanken als dem Druck, der sich in den letzten Jahren auf das Steuerparadies Schweiz, auf diese Ausnahmestellung der Schweiz aufgebaut hat, die Schwarzgeld angezogen hat, die Steuerhinterzieher nicht so konsequent verfolgt hat, wie an dere Länder das getan haben.
Dieser Druck ist innerhalb Europas entstanden, ist durch frü here Bundesregierungen aufgebaut worden, und er ist nicht zuletzt deshalb entstanden, weil die USA mit allen Mitteln der Strafverfolgung diesen Druck konsequent erhöht haben.
Schließlich – das sollten wir auch nicht verkennen –: Dieser Druck ist deshalb entstanden, weil unsere tüchtigen Finanz beamten, unsere engagierten Steuerfahnder in Liechtenstein, in der Schweiz diese Steuerverfolgung in die Hand genom men haben, weil wir in Deutschland „Steuer-CDs“ aufgekauft haben, die Sie in der Zeit, in der Sie die Landesregierung ge stellt haben, nicht aufkaufen wollten. Sie haben damals die Steuerhinterzieher beschützt; wir wollen sie konsequent be kämpfen.
Wenn jemand in der Vergangenheit auf Einnahmen verzichtet hat, dann war es die CDU-FDP/DVP-geführte Landesregie rung in der vergangenen Legislaturperiode. Denn durch die Verweigerung des Ankaufs von „Steuer-CDs“ hat sie auch weitere Einnahmen im Landeshaushalt verhindert.