Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Wenn diese Art der Steuerhinterziehung, eine „Steuerhinter ziehung durch Mausklick“, auch mit dem Abkommen mög lich ist, dann wäre der Vertrag nach den Maßstäben des Bür gerlichen Gesetzbuchs – § 138 – ein sittenwidriges Rechtsge schäft und damit nichtig. Aber bei internationalen Verträgen hilft uns das BGB nicht weiter. Da müssen wir die Sittenwid rigkeit schon selbst sehen und entsprechend handeln.

Zweites Problem: die Legalisierung von Schwarzgeldern durch Einmalzahlungen. Laut dem Abkommen soll bislang unver steuertes Vermögen im Wege einer anonymen Einmalzahlung mit einem Steuersatz von 21 % bis 34 % bzw. bis 41 % – wo bei ein Steuersatz von 41 % nur in den wenigsten Fällen er hoben würde – nachversteuert werden. Mit dieser Regelung gelten alle deutschen Steueransprüche als erloschen. Die Steu erhinterzieher bleiben weiterhin anonym, und selbst auf die Strafverfolgung wird verzichtet. Damit würde in der Schweiz deponiertes Schwarzgeld legalisiert. Das kann nicht unser Ziel sein.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Während also die Nachbesteuerung von Altvermögen erheb liche Defizite aufweist, erfolgt die Besteuerung künftiger Er träge und Gewinne durch die Schweizer Banken mit der vor gesehenen Erhebung einer Abgeltungsteuer mit einem Steu ersatz in gleicher Höhe wie bei uns, also mit 26,375 %, ana log zum deutschen Steuerrecht. In diesem Bereich ist das auf jeden Fall ein Pluspunkt.

Es geht also um das Für und Wider; es geht um eine Abwä gung und nicht um Schwarz-Weiß-Malerei. Es stellt sich die Frage, ob wir mit diesem Abkommen eine Verbesserung des Status quo erreichen können und ob mit diesem Abkommen mehr Steuergerechtigkeit erzielt werden kann.

Deshalb wollen wir alle Möglichkeiten ausloten und noch mals versuchen, Verbesserungen, vor allem beim Mindeststeu ersatz im Fall der Besteuerung von Altvermögen – hier sind bislang 21 % vorgesehen –, im Hinblick auf mehr Steuerge rechtigkeit und auf die Gleichmäßigkeit der Steuererhebung zu erreichen.

Wir bitten also die Landesregierung, die Gespräche im Sinne von mehr Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Steuererhebung weiterzuführen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Die werden doch gerade ge führt!)

Die Verhandlungen können noch verbessert werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Fragen Sie doch Ihren Mi nisterpräsidenten!)

Wir sind guten Mutes, dass noch weitere Verbesserungen möglich sind. Noch ist es nicht zu spät. Die Tür ist noch of fen, und wir hoffen auf weitere Verbesserungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich die SPDFraktion zu dem Mut beglückwünschen, die Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik heute als Thema einer Aktuellen Debat te auf die Tagesordnung zu setzen. Es grenzt angesichts des Zustands der Koalition schon an Masochismus,

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

dass Sie selbst über dieses Thema reden, während auch heu te schon wieder zutage getreten ist, wo die Differenzen sind,

(Zurufe von der SPD)

etwa zwischen dem, was der Ministerpräsident nach seiner Reise in die Schweiz gesagt hat, dem, was der Finanzminis ter sagt, und dem, was die grüne Fraktion sagt – ganz zu schweigen von den Verwerfungen innerhalb der SPD in Ba den-Württemberg, meine Damen und Herren.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Es stellt sich schon die Frage, wie denn einer Politik des Ge hörtwerdens, die Sie verkündet haben, in der Bevölkerung Glauben geschenkt werden soll, wenn Sie einander in dieser Koalition nicht einmal selbst zuhören, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Umgekehrt! Die Bevölkerung wird gehört! Sie haben uns missverstan den!)

Denn jetzt stellt sich wieder einmal dar: Sie kündigen mas senhaft neue Schulden an, und gleichzeitig rufen Sie dazu auf, auf Einnahmen zu verzichten. Das passt nicht zusammen. Des halb ist es dann auch notwendig, dass Sie mit Tricks versu chen, das Verschuldungsverbot in der Landeshaushaltsord nung auszuhebeln; das haben Sie angekündigt. Da darf man vielleicht schon darauf verweisen, wie Sie das in der Vergan genheit gesehen haben. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, darf ich aus dem Plenarprotokoll vom 18. Dezember 2007 zi tieren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Kommt die Schweiz in Ihrer Rede auch noch vor?)

Die kommt schon auch noch vor; aber man muss es schon im Zusammenhang sehen, Herr Kollege Schmiedel, wenn man auf Einnahmen verzichtet und gleichzeitig die Verschuldung erhöhen will.

Herr Rust, ich nehme an, Sie erinnern sich an Ihre Rede vom 18. Dezember 2007. Damals sagten Sie:

... wir begrüßen ausdrücklich, dass sich die Landesregie rung endlich dazu durchgerungen hat, ein Verschuldungs verbot festzuschreiben. Wir haben dies schon seit Länge rem gefordert....

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war dringend nö tig!)

Wenngleich ich nicht verhehlen möchte, dass wir einige Wermutstropfen auch bei diesem Punkt haben.... Erstens: Das Verschuldungsverbot kommt nur in die Landeshaus haltsordnung und nicht in die Landesverfassung, wo es eigentlich hingehört....

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Richtig!)

Einen zweiten Wermutstropfen haben wir noch: Es ist schon ein Offenbarungseid, wenn man als zukünftige Obergrenze für die Verschuldung des Landes den Schul denstand vom Ende dieses Jahres festschreibt. Damit hat die Regierungskoalition das Ziel endgültig aufgegeben,

den Schuldenberg nachhaltig und dauerhaft abzubauen.... Das Signal heißt jetzt: 44 Milliarden € Schulden sind schon in Ordnung. Es gibt sogar noch eine Ausnahmere gelung, damit man diese 44 Milliarden € auch noch aus hebeln kann.

(Zurufe von der SPD)

Ich halte das für ein verheerendes Signal, meine Damen und Herren.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Unglaublich!)

Herr Rust, jetzt machen Sie diese Politik und erklären in die sem Haus: Wir können auch noch auf Einnahmen verzichten. Meine Damen und Herren, das ist die Solidität Ihrer Finanz politik.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Einzige, worüber Sie sich in dieser Koalition einig sind, ist, wenn es darum geht, den Schuldensirtaki zu tanzen.

(Heiterkeit)

Ansonsten, meine Damen und Herren, Chaos, wohin man blickt.

(Zurufe, u. a. der Abg. Hans-Ulrich Sckerl und Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Frau Aras schlägt sogar noch vor – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kollege Dr. Rülke hat das Wort.

Frau Aras schlägt sogar noch vor, das Land Baden-Württemberg solle 700 Mil lionen € mehr in den Länderfinanzausgleich hineingeben

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das hat sie aus drücklich nicht vorgeschlagen!)

nach dem Prinzip: Wenn es nicht gelingt, die Lasten durch den Länderfinanzausgleich zu senken, dann müssen wir sie halt erhöhen. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Sie glauben im Ernst, Sie könnten da auf Einnahmen verzich ten.

Ganz zu schweigen von der Konsolidierung des Landeshaus halts im Personalbereich; da hat die Regierungskoalition so gar drei Positionen: erstens die des Ministerpräsidenten, zwei tens die des Finanzministers und drittens die des SPD-Frakti onsvorsitzenden – wenn er denn nicht zurückgepfiffen wird und zusätzlich zu der Leine einen Maulkorb bekommt. Also, meine Damen und Herren, Chaos bei Grün-Rot, wohin man blickt.

Das gilt auch für das Steuerabkommen mit der Schweiz.