Er verspricht bis zu 10 Milliarden € Steuermehreinnahmen – eine gigantische Summe, aber ein sehr vages Versprechen.
Ganz sicher ist nur eines: Das ist die Einmalzahlung aufgrund dieses Abkommens mit der Schweiz. Das sind 2 Milliarden Schweizer Franken. Wenn man diese 2 Milliarden Schweizer Franken dann herunterrechnet auf Bund, Länder und Gemein den und den Länderfinanzausgleich berücksichtigt, dann kommt ein Betrag von 123 Millionen € für Baden-Württemberg her aus, ein Betrag – er ist durchaus hoch; 123 Millionen € sind nicht nichts –, bei dem man sich allerdings fragen muss: Ist es das Ganze wert? 123 Millionen € sind bei unserem badenwürttembergischen Steueraufkommen im Jahr 2011 ein An teil von genau 0,45 %.
Wir müssen einfach dagegensetzen: Was machen die Steuer ehrlichen? Gehen noch mehr den Weg, Steuern zu hinterzie hen? Das ist hier die große Frage für uns. Für alle anderen Be träge – vor allem die Schwarzgelder, die dann nachversteuert werden müssen, die aber durch Steuerflucht dem Staat recht zeitig entzogen werden können – gilt nur das Prinzip Hoff nung, die Hoffnung, dass nicht zu viel Geld vor Inkrafttreten des Abkommens in Drittländer verbracht wird.
Ist nun mit diesem Entwurf des Abkommens das Ende aller Möglichkeiten aufgezeigt? Ich glaube das nicht ganz. Die an haltende Kritik der Opposition im Bund, von SPD und Grü nen, hat schon Nachverhandlungen erzwungen. Dabei gab es durchaus Fortschritte, Fortschritte bei der Höhe des Steuer satzes – er wurde erhöht – und auch deutliche Fortschritte bei der Behandlung von Erbschaften. Ich gebe deshalb die Hoff nung nicht auf, dass die Bundesrepublik Deutschland noch ei niges in der Hand hat, Steuerschrauben zugunsten der Steuer gerechtigkeit zu verändern.
Ich bin mir aber sicher, dass wir in dieser Frage nur über ei nen Kompromiss weiterkommen. Es sind zwei Länder, die miteinander einen Vertrag aushandeln. Verträge werden über Kompromisse geschlossen. Wir sind dazu bereit, aber unsere
Das Abkommen tritt erst dann in Kraft, wenn der Bundesprä sident das dazugehörige Gesetz unterzeichnet hat. Bis dahin muss es noch einige Hürden überwinden. Lassen Sie uns das Verfahren nutzen, um notwendige Verbesserungen vorzuneh men. Lassen wir nicht die Gelegenheit aus, über den Bundes rat, notfalls über den Vermittlungsausschuss, das Abkommen so zu formulieren, dass es für Steuergerechtigkeit steht und ein Vorbild für weitere bilaterale Steuerabkommen ist.
nämlich dass deutsche Steuerzahler am Finanzamt vorbei Geld in der Schweiz anlegen können. Das Problem besteht in ers ter Linie darin, dass gleiche Sachverhalte in der Schweiz und in Deutschland rechtlich unterschiedlich bewertet werden. Beispielsweise ist die Verletzung des Bankgeheimnisses in der Schweiz unter Strafe gestellt, bei uns hingegen nicht. Die Mitwirkung bei der Steuerhinterziehung ist bei uns zu Recht eine Straftat, in der Schweiz nicht. Das ist ein historisch un terschiedlich gewachsenes Rechtsverständnis.
oder wir können handeln und zwischenstaatliche Abkommen schließen und das Problem damit lösen. Genau das hat Bun desfinanzminister Schäuble getan. Er hat gehandelt. Das hal ten wir für richtig, sinnvoll und gut.
Für die Zukunft – Herr Kollege Maier, da sind wir uns wohl einig – ist das Problem nun gelöst. Denn künftig werden Ka pitalanlagen in der Schweiz steuerlich genauso behandelt wie bei deutschen Banken. Die Bank zieht dann die Kapitalertrag steuer ein und führt sie an den deutschen Fiskus ab. Das schafft Rechtssicherheit und ist gerecht. In dieser Frage sind wir uns alle einig. Insoweit hat das Abkommen hier einen Punkt, der breite Zustimmung findet.
Der Zustand bezogen auf die Vergangenheit ist allerdings un befriedigend und wird wohl auch nie nach unserem Rechts verständnis vollständig befriedigend gelöst werden können. Denn zu Verhandlungen – Herr Maier, Sie haben darauf hin gewiesen – gehören immer zwei, und wenn zwei mit unter schiedlichen Rechtsstandpunkten verhandeln, muss man Kom promisse finden.
Wenn man dieses Abkommen – so, wie es jetzt die SPD will – ablehnt, ist die Folge: Wir haben kein Abkommen. Das än dert dann nichts am unbefriedigenden Zustand.
Die Schweiz sagt auch deutlich, sie lehne eine völlige Offen legung für die Vergangenheit ab, weil sie rechtlich bestehen de Zusagen nicht rückwirkend ändern wolle. Das ist in einem Rechtsstaat nun einmal auch ein Grundprinzip.
Herr Schmiedel, da Sie so dazwischenrufen, sage ich: Die Schweiz ist für uns ein Rechtsstaat. Sie sagten einmal in ei ner emotionalen Situation, die Schweiz sei ein „Schurken staat“; das stimmt einfach nicht. Rechtsstaatliche Grundsätze gelten auch in der Schweiz.
Die Bundesregierung hat nachverhandelt. Auch das finden wir richtig. Für die Erbfälle ist eine neue Regelung gefunden wor den. Ein erweiterter Informationsaustausch ist beschlossen worden und in dem Abkommen enthalten, der das, was der OECD-Standard vorschreibt, übertrifft. Die Spanne für die Nachversteuerung ist von 19 % bis 34 % auf 21 % bis 41 % erhöht worden. Hier kommt uns die Schweiz zu Recht entge gen. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr ginge. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass die Schweiz Stück für Stück von ihrem strengen Bankgeheimnis und damit von einer Rechts tradition Abschied nimmt und damit einem Kompromiss zu stimmt, der für uns tragbar ist.
Herr Maier, Sie sagten, was Ihnen alles nicht passt. Aber das, was SPD-Finanzminister in den letzten zehn Jahren nicht zu stande gebracht haben, hat nun Bundesfinanzminister Wolf gang Schäuble geschafft.
Interessant ist auch, dass der Herr Ministerpräsident nach sei nem Besuch in der Schweiz, nach Gesprächen mit den Betrof fenen die Dinge differenzierter sieht, als es vorher der Fall war.
Was wollten Sie zu der Zeit, als Sie in der Bundesregierung waren? Sie haben vor etwa zehn Jahren eine Steueramnestie mit einem Steuersatz von 15 % vorgeschlagen.
Heute sieht das Abkommen einen Steuersatz von 21 % bis 41 % vor; so viel muss gezahlt werden. Sie wollten diejeni gen, die Gewerbesteuer hinterzogen haben, so behandeln, dass ihnen 90 % steuerfrei blieben und nur 10 % Steuern hätten nachgezahlt werden müssen.
Das ist doch keine Gerechtigkeit. Das jetzige Abkommen ist doch deutlich besser, meine Damen und Herren.
Kein Abkommen abzuschließen bedeutet weiterhin Rechts unsicherheit, Verzicht auf Steuereinnahmen für Land und
Kommunen, die Inkaufnahme der laufenden Verjährung von Steueransprüchen und der Tatsache, dass Steuerhinterzieher der Vergangenheit nicht zahlen müssen. Ein Abkommen, das so, wie es jetzt vorliegt, ratifiziert wird, bewirkt, dass illegal in die Schweiz gebrachte Gelder nachversteuert werden, dass es keine Schlupflöcher mehr gibt, dass gleiche Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit erfolgt. Das ist Steuergerechtig keit für alle. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf: Stimmen Sie im Bundesrat diesem gut ausgehandelten Kom promiss zu, damit wir in Zukunft ein vernünftiges, gut nach barschaftliches Verhältnis mit der Schweiz haben und die Steuergerechtigkeit tatsächlich zur Geltung kommt.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die Grundsätze der Steuergerechtigkeit und der Rechtskultur stehen für uns bei der Beurteilung des Steuerabkommens mit der Schweiz an erster Stelle. Auf kei nen Fall lässt sich dieses Abkommen rein rechnerisch legiti mieren. Wir, das Land, wollen noch nicht einmal in die Nähe einer fahrlässigen Beihilfe zur Steuerhinterziehung kommen, indem wir die Steuergerechtigkeit vernachlässigen, nur damit bei uns die Kasse klingelt. Das würde unseren Rechtsstaat be schädigen, auch wenn es der Kasse vielleicht nützt.
Es geht hier also um eine Abwägung und die damit zusam menhängenden Gesichtspunkte. Es geht um das Für und Wi der. Das muss ernsthaft bedacht werden.
Der Duktus der CDU- und FDP/DVP-Anträge, die heute auf der Tagesordnung stehen, macht deutlich: Sie wollen nur die Fränkli und schauen dafür bei der Moral und der Steuerge rechtigkeit weg. Das ist uns zu wenig.
Erstes Problem: die Verschwinder. Ein wesentlicher Schwach punkt des Abkommens ist, dass Steuerflüchtlinge ohne Kon sequenzen und unter Wahrung ihrer Anonymität mit ihrem Geld einfach aus der Schweiz in die nächste Steueroase wan dern können, weil sie viel Zeit haben, bevor das Abkommen greift. Es kann nicht sein, dass wir ein Abkommen abschlie ßen, das so löchrig ist wie der sprichwörtliche Schweizer Kä se, weil die Steuerhinterzieher zur Vermeidung einer Besteu erung ihrer Guthaben diese in ein drittes Land verlagern kön nen, etwa indem sie ihre Depotwerte einfach auf die Nieder lassung ihrer – bisherigen – Schweizer Bank in Hongkong oder anderswohin überweisen.
Wenn diese Art der Steuerhinterziehung, eine „Steuerhinter ziehung durch Mausklick“, auch mit dem Abkommen mög lich ist, dann wäre der Vertrag nach den Maßstäben des Bür gerlichen Gesetzbuchs – § 138 – ein sittenwidriges Rechtsge schäft und damit nichtig. Aber bei internationalen Verträgen hilft uns das BGB nicht weiter. Da müssen wir die Sittenwid rigkeit schon selbst sehen und entsprechend handeln.