Sie haben das Thema doch heute auf die Tagesordnung ge setzt, weil Sie wussten, dass es nächste Woche schon wieder nicht mehr auf der Agenda stehen wird. Das ist doch der Hin tergrund.
Aber zum Zweiten – das sage ich Ihnen auch –: Der Hinter grund, warum das Kultusministerium zurzeit so vorsichtig agieren muss, ist doch der Bildungshaushalt, den Sie uns hin terlassen haben.
Es liegt an den Finanzen. Sie haben Raubbau betrieben. Wir werden diesen Punkt morgen auf der Tagesordnung haben. Al lein schon das, was Sie mit den k.w.-Stellen, den künftig weg fallenden Stellen, im Kultusetat betrieben haben, ist nichts an deres als Luftbuchungen.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Wissen Sie, was Schöpfmittel sind? – Abg. Klaus Herrmann CDU: Die fallen doch weg!)
Sie haben 8 185 k.w.-Stellen im Haushalt hinterlassen. Davon sind bereits ab dem nächsten Jahr, ab 2013, zunächst 2 000 Stellen fällig. Warum haben Sie das gemacht? Weil Sie Ein sparbeschlüsse in der Vergangenheit nicht vollzogen haben.
Diese k.w.-Vermerke haben bei uns mittlerweile eine Art Bla se aufgebaut. Nirgends haben Sie konkret aufgeführt, wo Sie eigentlich sparen wollen. Aber heute stellen Sie sich hin und mimen den Sparkommissar.
Der andere ungedeckte Scheck Ihrer Politik ist – das hat Herr Lehmann gerade angesprochen – das Thema Überstunden, die 3 100 Deputate. Ich kann diese Zahl noch einmal präzisieren: Das entspricht 155 Millionen €, die Sie in der Vergangenheit verfrühstückt haben.
Auch wenn Sie es nicht mehr hören können, Herr Wacker, fra ge ich: Was haben wir noch? Wir haben die Qualitätsoffensi ve Bildung, die nicht finanziert ist: 226 Millionen € ab 2013. „Singen – Bewegen – Sprechen“: 8,5 Millionen €, ein Volu men, das sich jährlich auf zum Schluss 26 Millionen € stei gern soll. Auch das ist nicht finanziert. Pädagogische Assis tenten – 60 Millionen € –: nicht finanziert. Das summiert sich mit anderen Bereichen auf insgesamt 360 Millionen €. Das geht so nicht, wenn man über solide Haushaltspolitik spricht.
Am Ende bitte. – Sie nehmen den Begriff Unterrichtsver sorgung auch noch selbst in den Mund. Der Bildungsetat wur de von Ihnen auf unsolide Füße gestellt, während zugleich üb rigens die soziale Selektion nach dem Geldbeutel der Eltern in unserem Bundesland so hoch ist
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Das ist ein Hammer! – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist ja unglaublich! Demagoge!)
Diese faulen Kredite Ihrer unsoliden Haushaltspolitik führen wesentlich mit dazu, dass Reformprojekte
jetzt natürlich auch unter eine Zangenbewegung kommen, was die Schuldenbremse angeht. Wir werden aber Kurs halten; denn Bildungsgerechtigkeit und solide Finanzpolitik sind machbar. Das wird Grün-Rot beweisen. Sie sind dagegen nichts anderes als die abgewählten Paten einer Finanz- und Bildungskrise in unserem Bundesland.
Sie haben die Schulbank missbräuchlich zur Bad Bank ge macht. Das müssen Sie sich heute an dieser Stelle vorhalten lassen.
Herr Kollege Fulst-Blei, normaler weise stelle ich am Schluss keine Fragen, aber das muss in diesem Fall schon sein.
Sind Sie bereit anzuerkennen, dass entgegen Annahmen in der mittelfristigen Finanzplanung für das Jahr 2011 zwischenzeit lich das Steueraufkommen und damit die Steuereinnahmen gegenüber Anfang des Jahres 2011 um etwa 5 Milliarden € gestiegen sind?
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das hat nichts mit der Haushaltspolitik zu tun! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)
Sind Sie bereit anzuerkennen, dass es zu einer soliden Haus haltspolitik gehört, dass Maßnahmen, die man dauerhaft in den Haushalt eingestellt haben will, in der mittelfristigen Fi nanzplanung abzubilden sind?
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die ordnungspolitische Gretchenfra ge einer jeden Landesregierung im Bereich Bildung lautet: Wie haltet ihr es mit der Unterrichtsversorgung? Oder anders gefragt: Wie viele der knappen Mittel im Bildungsbereich ist eine Landesregierung bereit aufzuwenden, damit wenigstens der Pflichtunterricht an den Schulen vor Ort stattfinden kann?
Schaut man oberflächlich auf die Politik der grün-roten Lan desregierung, hat man zunächst einmal den Eindruck: Don nerwetter, sie haben es verstanden. Die Kultusministerin hält Pressekonferenzen zur Unterrichtsversorgung ab, sie räumt ein, in Baden-Württemberg falle zu viel Unterricht aus, und sie verspricht, sich des Themas anzunehmen. Es wird auch ge handelt: 200 Stellen werden für die Vertretungsreserve ge schaffen. Das heißt, 200 Vertretungslehrer werden seit diesem Jahr zusätzlich an die Schulen geschickt. Das hört sich gut an.
Nun wundern sich aber viele Eltern, Schüler und Lehrer, wa rum von den 200 zusätzlichen Vertretungslehrern vor Ort so wenig zu spüren ist
Uns alle erreichen gerade zurzeit viele Briefe von besorgten Eltern, die uns schildern, dass die tatsächliche Situation in der
jeweiligen Schule ihrer Kinder alles andere als rosig aussieht. Wenn man sich dann die Gesamtdimension vor Augen führt, dann wird auch schnell deutlich, warum das so ist. Bei über 4 000 Schulen in Baden-Württemberg und bei 200 zusätzli chen Vertretungslehrern entfällt auf jede Schule gerade ein mal ein Zwanzigstel Lehrer oder – in Zahlen ausgedrückt – 0,05 Lehrer pro Schule.
Sieht man einmal auf das, was laut Stichprobenerhebungen im Durchschnitt an Unterricht ausfällt – im Jahr 2011 waren es 2,9 % –, so wird noch deutlicher, wie sehr die 200 Lehrer stellen der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sind.