Hören Sie jetzt endlich damit auf, immer wieder diesen Ver gleich mit Bayern heranzuziehen. Sie disqualifizieren sich doch selbst. Es ist hier oft genug gesagt worden: Die Zuschnit te in Bayern sind um ein Vielfaches größer. Wenn wir die Re form übertragen würden,
hätten wir in Baden-Württemberg nur fünf Polizeipräsidien. Wollen Sie jetzt wirklich den Leuten zum x-ten Mal verkau fen, dass hier irgendetwas miteinander verglichen werden könnte? Hören Sie auf, dieses gigantische Reformprojekt auf zurechnen mit Spritkosten, von denen Sie vermuten, dass sie künftig zusätzlich entstehen werden.
Spritkosten gegen eine Strukturreform zum Erhalt der Polizei als System! Wissen Sie, wie das klingt?
Das ist so, als ob jemand selbst verschuldet seinen Wagen in den Graben fährt, dann ein Landwirt kommt, der ihm hilft, den Wagen wieder herauszuziehen, der Betroffene während dessen die Hände aber in den Hosentaschen hat und sich darüber beklagt, dass beim Herausziehen aus dem Graben Schmutz auf die Radkappen gelangt ist. So verhalten Sie sich.
Diese Reform ist notwendig, und zwar bitter notwendig. Die Spritkosten dürfen Sie nicht dagegenrechnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir über eine Polizeireform in Ba den-Württemberg diskutieren, habe ich das Gefühl, wir leben mittlerweile in zwei Welten. Draußen ist die reale Welt, die ich so erlebe: Erstens gibt es bei der Polizei des Landes gro ße bis sehr große Unterstützung für diese Reform, und zwar aus einem ganz einfachen Grund:
weil über eine derartige Reform innerhalb der Polizei seit vie len Jahren diskutiert wird. Nur: Sie haben diese Reform nie mals zugelassen. Das ist Fakt, meine Damen und Herren.
Zweitens war natürlich der erste Aufschlag dieser Reform für viele überraschend, für manche auch bestürzend, und viele Menschen haben sich Fragen gestellt. Jetzt stellen wir jedoch fest: Durch gründliche, geduldige Aufklärungsarbeit und Ar gumentation in der Sache, Herr Blenke – Argumentation in der Sache! –,
Das erste Argument lautet: Wir brauchen in der heutigen Welt eine andere Aufstellung der Polizei. Die kleinteilige Organi sation der Polizei in Baden-Württemberg mit 37 Direktionen und Präsidien ist historisch überholt und nicht geeignet, um einer modernen Aufgabenstellung gerecht zu werden. Die Stichworte sind in vielen Diskussionen genannt worden. Die ses Argument verstehen die Bürgerinnen und Bürger, und auch Bürgermeister und Landräte verstehen es, die vielleicht den Verlust einer sogenannten „eigenen Einrichtung“ in ihrem Landkreis oder in ihrer Stadt zu verkraften haben. Dieses Ar gument können sie nachvollziehen. Ich denke, man kann auch von Ihnen erwarten, dass Sie dieses Argument endlich nach vollziehen und ihm zustimmen.
Zweites zentrales Argument: Entwicklung der Polizei und vor allem der Kosten. Da kommen Sie um Ihre Verantwortung nicht herum; da werden Sie sich auch nicht davonstehlen. Wir müssen die Polizeistrukturreform auf der Basis machen, die Sie uns hinterlassen haben.
Beste Aufklärungsquote, toll motivierte Polizistinnen und Polizisten, aber hoffnungslos unterfinanzierte Strukturen in der Polizei, meine Damen und Herren.
Herr Blenke, Sie wissen genau – in mancher Diskussion, auch im Innenausschuss in der vergangenen Legislaturperiode, ist es deutlich geworden –, wie problematisch es war. Sie wissen genau, wie eng und auf Kante genäht die Haushaltspläne des Innenministeriums für die Polizei über viele Jahre waren.
Sie wissen auch genau, dass es unverantwortlich war, diesen drastischen Stellenabbau – in der Summe 1 000 Stellen weni ger als vorher – tatsächlich durchzuziehen. Das hat in der Summe die Probleme der Jahre 2012 ff. geschaffen. Wir wer den das jetzt mit einem intelligenten, wohl durchdachten Re formkonzept lösen, wozu Sie nicht im Stande waren, meine Damen und Herren.
Sie haben nur notdürftig irgendwelche Lücken gestopft, aber Sie haben sich niemals an wirkliche Strukturmaßnahmen he rangetraut. Dafür gibt es viele Beispiele: das Organisations gutachten von Mummert + Partner und viele andere. Da ha ben Sie Knieschlottern bekommen. Sie haben keine Reform vorgenommen. Sie haben die Strukturen so belassen, wie sie sind. Die grün-rote Polizeireform hingegen orientiert sich am langfristigen neuen strategischen Bedarf und versucht nicht nur, irgendwelche entstandenen Lücken zu stopfen. Das ist der zentrale große Unterschied zwischen Ihrer Polizeipolitik und unserer Polizeipolitik.
Reden wir noch einmal über Tatsachen. Der Polizei fehlen ak tuell 500 Millionen €. Das weiß Herr Blenke genauso, wie ich es weiß. Ein Posten davon: Wir würden 1 000 Stellen unten an der Polizeibasis brauchen, um bei Beibehaltung ihrer Struk tur mit 37 Direktionen und Präsidien die notwendige Man- und Womanpower an die Basis zu bringen. 1 000 Stellen brau chen wir.
Das sind mindestens 50 Millionen € im Jahr. Sie wie wir wis sen, dass unsere Haushaltslage mit dem strukturellen Defizit von 2,5 Milliarden €, der Schuldenbremse und mit allem, was wir machen müssen, das nicht hergibt.
Sie haben einen Investitionsstau beim Digitalfunk und ande rem mehr hinterlassen – allein beim Digitalfunk liegt er in ei ner Größenordnung von über 300 Millionen € –,
die allgemeine Technikausrüstung sei gar nicht erwähnt. Al les das sind Altlasten, die jetzt eine moderne Organisation der Polizei erfordern.
Das sind Altlasten; die erfordern jetzt eine mutige Reform. Wir haben diesen Mut im Gegensatz zu Ihnen. Jetzt warten Sie einmal ab, was dabei herauskommt.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die nicht verstehen, was ihr vorhabt! – Abg. Matthias Pröfrock CDU: Sie ärgern sich darüber!)
sehr sachlich in den Projektgruppen. Es gibt selbstverständ lich noch zu klärende Fragen. Es gibt auch Menschen, Wür
denträger, politisch Verantwortliche, vielleicht auch den einen oder anderen Polizisten, die sich als Verlierer der Reform füh len,