Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Wenn jemand das Rating und die Arbeitsplätze gefährdet, dann sind Sie es, und Sie tun es über diese Debatte, nicht wir. Diese Landesregierung hat gehandelt, als es um die EnBW ging. Wir haben die Strategie gemeinsam mit den OEW und dem Vorstand beschlossen. Wir haben die Kapitalerhöhung durch dieses Parlament gebracht und über sie entschieden.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Sie haben Villis rausgeschmissen!)

Damit haben wir eine Grundlage dafür gelegt, dass die EnBW auch in Zukunft Arbeitsplätze und Wertschöpfung in den er neuerbaren Energien in Baden-Württemberg und in Deutsch land erhalten kann.

Dieses Schiedsverfahren ist ein Schiedsverfahren, das aus dem Vertrag hervorgeht. Deshalb bitte ich schon, dass man sich ein bisschen damit auseinandersetzt, was ein Schiedsverfahren ist.

Das Erste: Dieses Schiedsverfahren mussten wir einleiten, weil die EdF nicht bereit war, einer Fristverlängerung zuzu stimmen. Wir sind an die EdF herangetreten mit dem Ansin nen, den damaligen Kaufpreis zu überprüfen, weil es genü gend Anhaltspunkte gab und gibt, dass der damalige Kauf preis überhöht war.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Dann sagen Sie es doch!)

Ich erinnere an die Einschätzung von Banken im Herbst 2010. Sie kennen alle die Einschätzung von der Société Générale. Sie kennen die Debatte, die unmittelbar nach dem Bekannt werden des Deals in Wirtschaftskreisen geführt worden ist, unterstützt auch durch ein Gutachten eines Beratungsunter nehmens namens LBD. Sie wissen ganz genau, dass es nicht zuletzt Herr Notheis war, der seinem Kompagnon in Paris selbst freudestrahlend verkündet hat, der Kaufpreis sei mehr als üppig.

(Lachen des Abg. Volker Schebesta CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber ja!)

Damit ist doch klar, dass wir in der Pflicht sind, die Umstän de aufzuklären, die zu diesem überhöhten Kaufpreis geführt haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es ist schon bezeichnend, dass Morgan Stanley und Herr Not heis im Zusammenspiel mit Herrn Mappus alles getan haben, damit nur die fehlerhafte Fairness Opinion von Morgan Stan ley damals für die Kaufpreisermittlung herangezogen wurde. Herr Notheis hat ausdrücklich davor gewarnt, den Beratern von anderen Investmentbanken in Deutschland auf den Leim zu gehen, guten Bekannten, die bei der Bank Rothschild oder bei Merrill Lynch sind; darunter befindet sich ein ehemaliger CDU-Ministerpräsident. Herr Notheis hat gewarnt: „Lieber Stefan, bitte frage sie nicht um ihren Rat, hol keine weitere Meinung ein, sonst bringst du Sand ins Getriebe.“ Das ist doch die Wahrheit. Deshalb ist es im Interesse der Steuerzahlerin nen und Steuerzahler unerlässlich, herauszufinden, ob das Land, ob Stefan Mappus damals zu viel gezahlt hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Glück?

Ja.

Herr Minister Schmid, dan ke, dass Sie meine Frage zulassen. – Sowohl Sie als auch Herr Schmiedel haben mehrfach auf eine E-Mail Bezug genom men, die Notheis an Mappus geschrieben hat und in der tat sächlich steht: „Du wirst von zahlreichen Banken Anrufe be kommen, von Mangold für Rothschild, von Späth für Merrill Lynch, von Ackermann usw. Du bist plötzlich deren bester Freund. Sie alle wollen Geld an dir verdienen. Du solltest das nach Möglichkeit nicht zulassen und keine andere Bank mit ins Boot nehmen.“

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Das war kein Zitat; das ist in Ordnung. Aber ich habe den Inhalt dieser E-Mail sinngemäß wiedergegeben.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, ja, ja!)

Diese E-Mail gibt es tatsächlich. Sind Sie sich aber dessen be wusst, dass die E-Mail am 4. Dezember geschrieben wurde und sich der Inhalt der E-Mail offensichtlich auf einen Zeit raum nach dem Kaufvertragsabschluss bezieht und nicht auf die Preisfindung? Ist Ihnen das bewusst?

(Unruhe bei der SPD)

Das zeigt doch den Geist an, mit dem Notheis und Mappus dieses Geschäft betrieben haben: Augen zu und durch, Haupt sache ein schneller Erfolg.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Tanja Gönner CDU: Ist Ihnen bewusst, dass Sie das falsch interpretieren?)

Dieses Schiedsverfahren ist die einzige Chance, den überhöh ten Teil des Kaufpreises zurückzufordern und damit den Lan deshaushalt wieder zu unterstützen. Da hilft kein Untersu chungsausschuss, da hilft kein Urteil des Staatsgerichtshofs, da hilft keine Untersuchung des Landesrechnungshofs. Wenn wir das zu viel Gezahlte im Interesse des Landes zurückho len wollen, dann müssen wir den Weg dieser Schiedsklage ge hen. Deswegen hat die Regierung die Schiedsklage fristge recht eingereicht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Frage nicht beantwortet!)

Das Hauptziel dieser Klage wird durch den Hauptantrag de finiert. Wir wollen nämlich das zu viel Gezahlte zurück.

Jeder, der schon einmal einen Prozess geführt hat, weiß, dass man verschiedene Anträge stellen kann und manchmal auch stellen muss, um alle juristischen Flanken abzudecken. Wenn Sie z. B. in die unglückliche Lage kommen sollten,

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

eine Kündigungsschutzklage erheben zu müssen, dann wer den Sie auch einen Antrag auf Wiedereinstellung und gleich zeitig einen Antrag auf Abfindung stellen, weil der Betroffe ne in einem solchen Konfliktfall nicht ernsthaft die Wieder einstellung will, sondern das Geld.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Klar! – Abg. Volker Schebesta CDU: Was ist die unglückliche Lage bei diesem Verfahren? Die Nichtigkeit des Vertrags?)

Genau so sind wir auch vorgegangen. Der Hauptantrag zielt darauf, dass wir die unzulässige Beihilfe, die in dem Kauf preis enthalten ist, zurückholen. Dafür müssen gewisse juris tische Anträge gestellt werden.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Wovon geht man in der Klageschrift aus?)

Diese Anträge haben wir gestellt. Deshalb müssen wir einen Hauptantrag stellen und auch einen Hilfsantrag ankündigen, denn – auch das wissen Sie vielleicht aus Ihrer Prozesserfah

rung – die Anträge werden in der mündlichen Verhandlung erst endgültig gestellt, nachdem die Rechtslage erörtert wor den ist. Deshalb wird prophylaktisch ein Hilfsantrag für den Fall angekündigt, dass das Schiedsgericht eine andere juristi sche Theorie anwendet.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Die Frage ist doch, worauf sie beruht! Ist die Argumentation auf Nich tigkeit aufgebaut?)

Klar ist, dass wir darauf aus sind, mit der EdF zu einer Eini gung zu kommen, falls der Hilfsantrag je relevant werden soll te. Damit ist auch klar, dass wir jederzeit in der Lage sind, die Anträge so zu gestalten, wie es dem Interesse des Landes ent spricht.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Es kommt darauf an, worauf die Klage aufgebaut wird!)

Wenn wir die Anträge nicht so gestellt hätten, dann hätte es passieren können, dass wir in der Sache Recht bekämen, aber unterliegen würden, weil wir den falschen Antrag gestellt hät ten. Das kann nun wirklich nicht im Interesse des Landes sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Haben Sie ihn jetzt gestellt oder nicht gestellt? – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister Schmid, es liegen zwei Zwischenfragen von den Kollegen Groh und Dr. Rülke vor.

Nein, diese Zwischenfragen lasse ich jetzt nicht zu. Ich erläu tere.

(Oh-Rufe von Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Volker Schebesta: Aber jetzt ist es doch gerade spannend! – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Dann hören Sie doch zu! – Un ruhe – Glocke des Präsidenten)

Ja, jetzt wird es spannend, weil ich mich nun der Summe zuwende, die wir beim Einreichen der Klage fordern muss ten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Wir hätten gern mehr zur Begründung gehört!)

Sie wissen ganz genau: Wenn Sie eine Klage einreichen und die Frist abgelaufen ist, können Sie die Klagesumme nicht mehr erhöhen. Sie können nicht mehr draufsatteln, sondern nur noch reduzieren. Deshalb mussten wir im Interesse des Landes eine Summe fordern, die uns nicht in die Situation ver setzt, dass wir im Laufe des Prozesses zu der Erkenntnis kom men, dass wir Hunderte von Millionen mehr hätten fordern müssen, aber den falschen Antrag gestellt haben. Auch dies wäre nicht im Interesse des Landes. Auch dies ist ein völlig normales Vorgehen bei einem Verfahren. Das weiß jeder, der schon einmal vor einem Zivilgericht gehandelt hat. Im Schieds verfahren gelten diese Grundsätze analog.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Es kommt auf die Be gründung an! Die würden wir gern lesen! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Unglaublich!)

Deshalb sage ich Ihnen: Wir haben, gezwungen durch die Wei gerung der EdF, einer Fristverlängerung zuzustimmen, diese Klage einreichen müssen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Vielleicht eine, aber nicht diese!)

Deshalb wird jetzt in dem Schiedsverfahren ein historischer Wert der EnBW zum 6. Dezember 2010 festgestellt. Das hat überhaupt keine Auswirkungen auf die aktuelle Unterneh mensbewertung.

(Widerspruch bei der CDU – Zuruf von der CDU: Nein!)

Übrigens: Weder das Einreichen der Schiedsklage im Febru ar dieses Jahres noch die jetzige Debatte hatte irgendeine Aus wirkung auf den aktuellen Börsenkurs der EnBW. Aber das, was Auswirkungen hatte, war die Publikation der Halbjahres zahlen, der Quartalszahlen durch die EnBW – zu Recht, weil daraus in der Tat hervorgeht, dass das eine oder andere in dem Unternehmen in der Vergangenheit nicht optimal gelaufen ist.

Deshalb geht es in diesem Schiedsverfahren darum, ein Gut achten über den damaligen Unternehmenswert zu erstellen.