Protokoll der Sitzung vom 27.06.2012

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir kommen jetzt zur Fragerunde. Für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Schwarz, bitte.

Herr Präsident, Herr Mi nister, wir begrüßen das Vorhaben natürlich. Ich möchte dazu aber noch ein paar Fragen stellen:

Können Sie sagen, welche Straßen in Baden-Württemberg be troffen sind? Offenbar handelt es sich um einen Feldversuch, den die Bundesregierung plant. Die Bundesregierung geht

jetzt einfach über die Straßen hier in Baden-Württemberg hin weg. Welche Straßen sind denn betroffen?

Interessieren würde uns auch, welche Bundesländer diesen Feldversuch gestatten und welche Länder hierzu eine eher kri tische Position einnehmen.

Schließlich haben Sie das Verfahren, die Normenkontrollkla ge vor dem Bundesverfassungsgericht, angesprochen. Wie sieht es denn dabei hinsichtlich der Termine aus? Wie wird es weitergehen, nachdem das Bundesverfassungsgericht über den Antrag aus Baden-Württemberg befunden hat?

Bitte, Herr Minister.

Es handelt sich um die Autobahnen A 7, A 96 und A 3, über die diese superlangen Lkws fahren sollen.

Auf die Frage, welche Länder dies so wie wir kritisch sehen, nenne ich beispielsweise Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Brandenburg sowie einige andere Länder, in denen zwi schenzeitlich ein Regierungswechsel stattgefunden hat.

Begonnen wurde der Versuch in einer Reihe von Ländern, die damals alle eine CDU/FDP-geführte Landesregierung hatten und die von Nord nach Süd einen Korridor für diesen Feld versuch geschaffen hatten. Dieser Korridor ist auch politisch zunehmend brüchig geworden, weil man in den Ländern nun jeweils andere Konzepte verfolgt. Das gilt inzwischen auch für Schleswig-Holstein oder für uns in Baden-Württemberg.

Was die Terminsituation betrifft: Wir werden jetzt unmittel bar diese Klage einreichen, und danach wird das Bundesver fassungsgericht hierüber beraten. Wir gehen davon aus, dass eine Entscheidung relativ bald getroffen werden kann. Ich nehme an, dass dies innerhalb eines Jahres möglich sein wird. Aber die zeitlichen Abläufe und die Zeitpläne des Bundesver fassungsgerichts kenne ich nicht, daher kann ich nur eine Schätzung geben.

Eine weitere Frage des Herrn Abg. Schwarz.

Ich möchte noch eine Fra ge nachschieben. Die Zulassung dieser Lang-Lkws ist ja mit zusätzlichen Infrastrukturkosten verbunden, etwa für Park plätze, Rastanlagen usw. Gibt denn der Bund den Ländern nun zusätzliche Mittel, damit solche Parkplätze oder Rastanlagen auch gebaut werden können?

Eine weitere Frage: Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP habe ich gelesen, dass der Bund den Schienen güterverkehr fördern möchte. Es widerspricht sich aber doch diametral, auf der einen Seite die Lang-Lkws zuzulassen und auf der anderen Seite zu sagen, man wolle den Schienenver kehr fördern.

Bitte, Herr Minister.

Der Bund hat dafür keine zusätzlichen Mittel, sodass er auch keine zusätzlichen Mittel an die Länder geben kann, die am Feldversuch teilnehmen, etwa für den Bau zusätzlicher Parkplätze, die man brauchte. Denn schon heute gibt es an Au

tobahnen Parkplatzprobleme, insbesondere für Lkws. Wir wis sen, dass es dort hinten und vorn klemmt. Hinzu kommt, dass es gar nicht so leicht ist, zusätzliche längere Parkplätze zu bauen.

Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass die Landesregierung ja gar nicht jede Art von Langtransporten untersagt. Wir wol len nur nicht, dass auf unseren Straßen regelmäßig längere Lkws fahren. Wir haben aufgrund unserer Produktionsstruk turen im Land zahlreiche Ausnahmegenehmigungen für über lange Fahrzeuge, die Produkte, die in Baden-Württemberg hergestellt werden, über die Landesgrenzen transportieren oder sie zu Häfen etc. bringen. Es ist also durchaus nicht so, dass wir dies gar nicht genehmigten. Wir wollen es aber nicht regelmäßig stattfinden lassen. Denn dies würde insgesamt die Möglichkeiten dieser Spezialtransporte praktisch weitgehend beschränken und limitieren.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Zur Frage nach der Konsistenz in der Argumentation der Bun desregierung will ich nur so viel sagen: Ich halte das für wi dersprüchlich, und ich kann es auch nicht nachvollziehen, wenn es heißt, dies wäre ein Beitrag zu einer Ökologisierung des Straßengütertransports. Das ist eine Art Milchbubenrech nung; denn man geht davon aus, dass es zu Einsparungen beim Spritverbrauch führt, wenn drei herkömmliche Lkws durch zwei lange Lkws ersetzt werden. Das ist aber nur auf den ers ten Blick günstiger; denn wenn in der Summe wieder mehr Güter auf die Straße gebracht werden, dann geht dies zulas ten des Klimaschutzes.

Keine weiteren Fragen? – Dann darf ich die erste Runde der Regierungsbefragung be enden. – Vielen Dank, Herr Minister.

Wir kommen jetzt zur Runde der Opposition. Die CDU hat die Möglichkeit, eine Frage zu stellen. – Bitte, Herr Abg. Kunzmann.

P r i o r i s i e r u n g s l i s t e f ü r d e n B u n d e s f e r n s t r a ß e n b a u

Herr Minister, Sie haben in der letzten Woche aufgrund eines Kriterienkatalogs die Pri orisierungsliste für den Bundesfernstraßenbau vorgestellt. Meine Frage lautet: Waren diese vorgelegten Kriterien samt Gewichtung mit dem Bund abgestimmt?

(Zuruf des Ministers Winfried Hermann)

Es geht um den Kriterienkatalog und die Priorisierung im Bundesfernstraßenbau. Waren die Kriterien und die Gewich tung mit dem Bund abgestimmt?

Bitte, Herr Minister.

Die Priorisierung war eine Aufgabe, die der Bund von den Ländern verlangt hat. Wie Sie wissen, hat die frühere Re gierung in Baden-Württemberg das immer versäumt, weil es natürlich ein schwieriges und heikles Verfahren ist. Wir ha ben es gewagt und haben es übrigens auf Fachebene immer mit den Mitarbeitern auf Bundesebene besprochen, die uns ausdrücklich mitgeteilt haben, dass dieses Verfahren vernünf

tig, fachlich gut und korrekt ist. Nur so, mit der Sicherheit, dass es sich um ein Verfahren handelt, das auch von den Fach leuten auf Bundesebene anerkannt ist, konnten wir das ma chen.

Im Übrigen sind wir nicht gebunden. Wir waren frei in der Art, wie wir es machen, weil es dafür keine Vorgaben des Bun des gibt. Der Bund sagt nur: „Nennt uns eure wichtigsten Maßnahmen von den wichtigen der wichtigen.“ Näher ist das nicht präzisiert.

Wir haben gesagt: Das ist uns zu pauschal. Wir entwickeln Kriterien. Wir haben diese Kriterien dem Bund, der Öffent lichkeit, den Landräten, den Bürgermeistern, den Betroffenen und den Abgeordneten vorgestellt. Es gab auch ein Anhö rungsverfahren, und dabei ist herausgekommen, dass diese sechs Kriterien tauglich sind, dass man im Übrigen die Ge wichtung anders machen kann. Das haben wir auch befolgt und haben die Gewichtung etwas verändert. Am Ende waren, glaube ich, die allermeisten mit dem Verfahren so einverstan den. Damit hatten wir einen Rahmen, um zur Priorisierung zu kommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Eine weitere Frage? – Herr Abg. Kunzmann.

Zusatzfrage: Stimmt denn der Bund der Gewichtung und den Kriterien, die Sie erarbei tet haben, ausdrücklich zu?

Der Bund hat uns auf der Fachebene mitgeteilt, dass er das Verfahren mitträgt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Nicht das Verfahren!)

Aber natürlich ist es so, dass wir, das Land, eine Stellungnah me abgegeben haben. Das ist unsere Stellungnahme. Wir müs sen uns das, was wir machen, oder das, was wir nicht machen, nicht vom Bund genehmigen lassen. Der Bund hat im Prinzip die Freiheit, zu sagen: „Es ist uns egal, was das Land gemacht hat. Wir sind Herr des Verfahrens.“ Das hat man aber in den vergangenen Jahrzehnten nie so gemacht. Der Bund hat im mer in Abstimmung mit den Ländern gehandelt. Wenn Län der gesagt haben: „Das wollen wir so“ oder „Das wollen wir so nicht“, dann hat der Bund immer einen Konsens mit uns gesucht und gefunden. Ich sehe, dass Herr Köberle kritisch schaut, aber nicht den Kopf schüttelt; er wird es bestätigen können.

(Abg. Rudolf Köberle CDU: Ich nicke aber nicht! – Gegenruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Herr Köberle hat also nicht zugestimmt!)

Vielleicht nur zur Ergänzung: Wir haben die Liste am Ende, wie beschlossen, an den Bund geschickt. Ich habe auch dem Bundesverkehrsminister geschrieben und warte noch auf ei ne schriftliche Antwort. Wenn ich die nicht bekomme, werde ich nachfragen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Weitere Fragen? – Bit te, Herr Abg. Gruber.

Herr Verkehrsminister Hermann, mich würde zur Priorisierung, mit der versucht wurde, diese Sache auf rationale Füße zu stellen – mit Kriterien, die entwi ckelt wurden –, noch interessieren, wie zwischen baureifen Projekten einerseits und planfestgestellten Projekten anderer seits, die bei den 20 Projekten noch nicht dabei sind, differen ziert wurde. Da geht es, glaube ich, um ein Finanzvolumen von insgesamt 3,7 Milliarden € bei planfestgestellten oder in Planung befindlichen Straßen. Ich frage also zum einen, wie zwischen den ersten 20 Projekten und den vielen weiteren Pro jekten differenziert wurde, und zum Zweiten, wie viel von den 3,7 Milliarden € auf schon planfestgestellte Straßen und wie viel auf in Planung befindliche Straßen entfällt.

Zur Frage der Differenzierung: Die Differenzierung ergibt sich sozusagen durch die Vorgabe. Der Bund selbst un terscheidet zwischen baureifen Maßnahmen und Maßnahmen, die noch im Verfahren sind oder die planfestgestellt sind, aber noch nicht baureif sind. Das ist sozusagen eine formale Lis te. Nur diese formale Liste der baureifen Verfahren haben wir genommen.

Warum? Weil wir – noch einmal zur Wiederholung; ich habe es hier schon ein paarmal gesagt – laufende Bundesstraßen projekte mit einem Kostenvolumen von 900 Millionen € ha ben und in der mittelfristigen Finanzplanung 120 Millionen € pro Jahr angekündigt haben. Wir hatten zwar in den vergan genen Jahren mehr, aber immer deutlich weniger, als wir brau chen. Deswegen wissen wir, dass wir allein für die laufenden Vorhaben noch einige Jahre brauchen. Erst dann, wenn die laufenden Vorhaben allmählich gebaut werden, können wir allmählich wieder in neue Maßnahmen einsteigen. Das ist der Punkt.

Da die Liste der baureifen Maßnahmen auch wiederum etwa 800 Millionen € ausmacht und wir nicht in eine ferne Zukunft planen wollen, bei der niemand genau weiß, was kommt, ha ben wir gesagt: Jetzt planen wir erst einmal die nächsten 20 Projekte. Weiter haben wir gesagt: Die erste Tranche kommt frühestens 2014/2015, und die zweite Tranche kommt etwa 2015/2016. Dann werden wir weitermachen.

Wir haben übrigens vor, die Liste mit den planfestgestellten Verfahren weiter zu bearbeiten. Wir wollten damit aber noch ein bisschen warten, weil einige Verfahren kurz vor dem Ab schluss stehen. Ich kann Ihnen jetzt nicht die exakte Zahl sa gen, aber die können wir ohne Weiteres schriftlich nachlie fern. Wir haben das eigentlich schon ausgerechnet.

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Ver kehrsminister Hermann, wir haben von Ihnen auch diese Pri orisierungsliste bekommen. Jetzt die Frage: Bei den Straßen, die jetzt sehr schlecht gewichtet wurden, muss man ja damit rechnen, dass sie bei einer nachfolgenden Priorisierung ähn lich schlecht aussehen. Ich denke beispielsweise an die Ortsum gehung Behla, an den Ausbau zwischen Essingen und Aalen oder an die Ortsumgehung Mögglingen. Wenn man die Prio risierung in ein paar Jahren wiederholt und sich eine ähnliche Bewertung ergibt, muss man davon ausgehen, dass solche Straßen im Grunde genommen nie saniert werden. Wie gehen Sie denn damit um?

Bitte, Herr Minister.