Protokoll der Sitzung vom 28.06.2012

Für die FDP/DVP-Fraktion spricht noch einmal Kollege Glück.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin Krebs, Sie sagten gerade, der Ministerpräsident habe eine po litische Bewertung abgegeben. Es war mir klar, dass Sie so etwas sagen. Deswegen habe ich dem vorhin, als ich das ers te Mal am Rednerpult stand, eigentlich auch vorgegriffen und gesagt: Wenn der Ministerpräsident des Landes Baden-Würt temberg so etwas sagt, hat das nicht nur Vorschlagscharakter. Vielmehr sprechen Sie mit dem Herrn, der praktisch über fast 50 % der Anteile das Sagen hat.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Die Mappus-Ära ist zu Ende! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Außerdem haben Sie gerade so getan, als ob die CDU und die FDP/DVP den Untersuchungsausschuss nicht haben wollten. An dieser Stelle kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen: Es wa ren die CDU und die FDP/DVP, die als Erste einen Untersu chungsausschuss beantragt haben, und zwar einen, der die Vorgänge sowohl vor als auch nach dem 27. März letzten Jah res betrachtet.

(Zurufe von der SPD)

Das wollten Sie nicht. Aus diesem Grund haben Sie danach diesen halben Untersuchungsauftrag aus dem Hut gezaubert. Da muss man schon sagen, wie es war.

Herr Schmiedel, Sie reden schon wieder vom „EnBW-Deal“. Sie haben offensichtlich überhaupt nichts gelernt. Sie sind völ lig beratungsresistent. Sie reden auch über den Rechnungs hofbericht. Sie sind doch blauäugig, wenn Sie glauben, dass, wenn Sie das eigene Unternehmen schlechtreden, sich das nicht in irgendeiner Form auf das Rating auswirkt.

Frau Lindlohr, Sie muss ich fragen: Wie kommt es denn, dass Sie die Position der FDP/DVP überrascht? Die FDP ist nicht die Partei, die es so toll findet, wenn Unternehmen dauerhaft in Staatsbesitz sind.

(Zuruf von der SPD)

Aber wir halten es für richtig, dass wir zu Beginn der Ener giewende die Anteile an der EnBW haben. Ich dachte eigent lich immer, darüber herrsche Einigkeit. Jetzt sind Sie es auf einmal, die von der Rückabwicklung des Kaufes reden. Das ist doch eigentlich bezeichnend.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wer redet? – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Das, was der Rechnungshof beschrieben hat, haben Sie jetzt auch beschrieben. Sie sind gar nicht auf meine Kritikpunkte eingegangen, in denen ich gesagt habe, Sie schaden der EnBW. Sie haben über den Rechnungshofbericht philoso phiert. Ich sage Ihnen ganz klar: Zu dem, was der Rechnungs hofbericht enthält, ist auch meine Meinung: Es sind unglaub liche Vorgänge, die darin beschrieben sind. Unglaublich! Ich nehme den Untersuchungsauftrag, den der Untersuchungsaus schuss hat, sehr, sehr ernst. Es ist mir völlig wurst, was am Schluss herauskommt. Ich möchte, dass wir die Wahrheit fin den. Ich muss niemanden schützen, ich muss aber auch nie manden ans Kreuz nageln. Aber das, was der Rechnungshof beschrieben hat, sind unglaubliche Vorgänge, die bereits vor her bekannt waren. Es sind Vorgänge, zu denen es immerhin schon ein Urteil des Staatsgerichtshofs gibt.

Was ich dann noch ansprechen möchte:

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, zum Abschluss zu kom men.

Wenn der Rechnungshof ge sagt hätte, der Preis sei daneben gewesen, dann wäre das et was Neues gewesen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Genau das hat er nicht gesagt!)

Aber der Rechnungshof schreibt – ich darf aus Seite 14 zitie ren –:

Wir treffen keine Aussage darüber, ob der vereinbarte Kaufpreis von 41,50 € je Aktie angesichts des Unterneh menswertes der EnBW angemessen oder zu hoch und des halb möglicherweise mit dem Grundsatz der Wirtschaft lichkeit... nicht zu vereinbaren ist.

Er sagt nichts zum Preis.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum letzten Satz. – Auch wenn Sie das immer behaupten: Es gibt bisher bei allen unmöglichen Vorgängen und der Art und Weise, wie diese Transaktion über die Bühne ging, keinen stichhaltigen Hinweis darauf, dass der zugrunde gelegte Unternehmenswert völlig daneben gewesen wäre. Sie haben bisher auch keinen Beweis dafür antreten können, dass dem so wäre. Deswegen unterlassen Sie bitte diese Behaup tung. Sie schaden dem Unternehmen, und Sie schaden dem Land Baden-Württemberg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Paal.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Lindlohr, es ist schlimm, was Sie gesagt ha ben; ganz ehrlich. Sie haben Parteipolitik gemacht, und Sie haben den Titel dieser Aktuellen Debatte offenbar gar nicht gelesen. Es geht heute um das operative Geschäft, und die EnBW, um die es geht, ist kein ernsthaftes Problem, wie Sie es gesagt haben. Es geht um ein Unternehmen, das wir brau chen, das wir wollen, mit dem wir die Energiewende gestal ten wollen. Es geht auch um Arbeitsplätze, und zwar um sehr viele. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir lernen zu trennen. Ich habe bei dieser Debatte nicht den Eindruck, dass wir schon so weit sind. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal aus drücklich dafür werben und Sie dazu auffordern.

Es gibt drei Bereiche: erstens den Bereich der Energiewende und den politischen Streit darüber, wie wir die Energiewende in diesem Land gestalten. Wir sagen – das ist so –: Sie haben keine Gesamtstrategie. Über alles, was die Landespolitik be trifft, müssen wir hier diskutieren und uns streiten.

Zweitens geht es um die Planung der Zukunft der EnBW, um viele Arbeitsplätze, um das operative Geschäft. Wir sind uns doch wirklich einig – und wir sollten uns daran halten –, dass dies, das operative Geschäft, in den Aufsichtsrat und in den Vorstand der EnBW gehört und nicht in der Öffentlichkeit dis kutiert werden soll.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf von der SPD: Öffentliche Diskussion! Ja!)

Eine Kommunikation muss vom Unternehmen ausgehen, muss vom Unternehmen in die Öffentlichkeit gehen und nichts an deres.

Der dritte Bereich – da sind wir uns vermutlich auch einig – ist eine schonungslose Transparenz, die der Untersuchungs ausschuss herstellen muss. Es ist ein Untersuchungsausschuss, der meiner Ansicht nach gut arbeitet. Wir, die CDU-Fraktion, können uns auf keinen Fall vorwerfen lassen, dass wir nicht mithelfen, die Transparenz vollständig herzustellen. Zur Trans parenz gehören übrigens auch vom Stil her völlig inakzeptab le E-Mails. Auch hier sind wir uns vermutlich einig.

Die EnBW leidet unter dieser permanenten öffentlichen Dis kussion. Sie leidet auch darunter, dass der Finanz- und Wirt schaftsminister öffentlich behauptet, sie sei falsch bewertet, und er wisse das.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Den Beweis bleibt er bis heute schuldig. Wir haben das mehr fach angefordert. Er versteckt sich hinter der Aussage, die Kla ge sei vertraulich. Die Vertraulichkeit, auf die er sich beruft – das wissen wir jetzt auch –, ist aber nicht vorhanden. Die Sta tuten des Schiedsgerichts geben dies nicht her und der Kauf vertrag mit der EdF im Übrigen auch nicht.

Also, Herr Finanzminister, sagen Sie uns, auf was sich diese Vertraulichkeit bezieht. Sie gehen erhebliche Risiken für die ses Land ein, ohne das Parlament einzubeziehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ja wieder aberwitzig: „Ohne das Parlament einzubeziehen“!)

Wenn Sie sich auf ein Recht auf Vertraulichkeit beziehen wol len, sagen Sie es. Eine Pflicht gibt es unserer Ansicht nach nicht.

Dann sagt der Ministerpräsident in der Öffentlichkeit – Kol lege Glück hat es erwähnt –, die EnBW werde nicht auf Scha densersatz wegen Stilllegung der Kernkraftwerke klagen. Sie führen das Unternehmen über die Öffentlichkeit. Herr Minis terpräsident, das ist Einmischung ins operative Geschäft, und das gehört in den Aufsichtsrat und in den Vorstand.

Dann sagen Sie im SWR, Sie gehen nicht davon aus, dass sich die Energiekonzerne noch weiter diskreditieren wollen. Die ses „noch weiter diskreditieren“ suggeriert meiner Ansicht nach, dass Sie davon ausgehen, sie seien bereits diskreditiert. Auch das ist nicht in Ordnung. Hier geht es um Industrieun ternehmen, die die Bundesrepublik für die Energieversorgung benötigt und die Hunderttausende von Arbeitsplätzen sicher stellen. Das sind unnötige und schädliche Aussagen.

Meine Damen und Herren, die EnBW muss vom Vorstand und vom Aufsichtsrat geführt werden, aber nicht über die Öffent lichkeit. Wir stehen in der Verantwortung für ein großes Un ternehmen, für ein Landesunternehmen. Die CDU steht hin ter dem Unternehmen und seinen Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern. Wenn diese äußern, dass sie Angst haben, dann müs sen Sie das ernst nehmen.

Handeln wir also alle so, wie man mit Eigentum umgeht: pfleglich, stolz darauf, nachhaltig und vor allem auch wert steigernd.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Aber Sie sind kein Bei spiel dafür!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Lindlohr.

Herr Kollege Paal, ich wün sche nicht, falsch zitiert zu werden. Ich habe in keiner Weise gesagt, die EnBW sei ein ernsthaftes Problem. Ich habe ge sagt, dass das Handeln der CDU ein ernsthaftes Problem für dieses Land war und dass die CDU jetzt wohl ohne Zweifel ein ernsthaftes Problem hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Paal CDU: Das haben Sie gemeint, aber nicht gesagt!)

Aber dieses Problem ist zu groß, als dass es nur Sie beträfe. Sie bekommen viele E-Mails; wir bekommen viele E-Mails. Die Menschen haben Sorge, wer im Land eigentlich das Sa gen hat. Wir haben alle zusammen die Aufgabe, dafür zu sor gen, dass die gewählten Institutionen Vertrauen bei den Bür gerinnen und Bürgern finden.

Dass es schwierig ist, bei dieser Vorlage der FDP/DVP eine energiewirtschaftliche Debatte zu führen, haben wir nun alle gemerkt. Denn das operative Geschäft, Herr Kollege Paal, be treibt – wie wir festgestellt haben – nicht der Landtag, und das völlig zu Recht. Deswegen kann man sich auch gar nicht gut dazu austauschen.

Aber, Herr Kollege Glück, Sie haben da ohnehin nicht so ganz die Orientierung. Die Bemerkung, dass der Strompreis auf grund politischer Turbulenzen zustande käme, ist nicht so ganz richtig. Vielleicht schauen Sie sich einmal die Mecha nismen an der Strombörse an, das Grenzkostenprinzip der Kraftwerke, das hier zur Preisbildung führt.

Ganz erstaunlich finde ich, dass Ihr Entlastungsangriff zum widersprüchlichen Verhalten der FDP im Dezember 2010 da rin besteht, dass Sie sagen: Schon im Dezember 2010 wollten wir mit der EnBW die Energiewende voranbringen. Im De zember 2010 haben Sie mit Schwarz-Gelb im Bund erst das Atomgesetz zugunsten der Laufzeitverlängerung geändert. Daher liegen Sie da mit Ihrer Orientierung völlig falsch.