Sind Sie der Meinung, dass das gegliederte Bildungswesen in Baden-Württemberg der Verfassung widerspricht, ja oder nein? Darauf möchte ich eine Antwort von Ihnen.
Sie geben sie nicht. Ich werde Ihnen diese Frage so lange stel len, bis Sie irgendwann eine Antwort darauf geben.
Stattdessen hört man hier Wortblasen wie „Kein Schüler soll verloren gehen“, „Bildungspolitik des Wandels“,
„längeres gemeinsames Lernen“, „mehr soziale Gerechtig keit“, „Bitte unterstützen Sie unsere Bildungspolitik“.
Bei Ihrer Bildungspolitik, besonders was die Gemeinschafts schule angeht, fällt mir immer das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ ein.
Denn Sie stolzieren herum und sagen: „leistungsstark, sozial gerecht und toll“. Irgendwann wird jemand aufstehen und sa gen: „Ihre Bildungspolitik ist nackt, und da steckt nichts da hinter.“
Frau Kultusministerin, Sie stellen sich hier vorn hin und sa gen: „Ich bin für alle Schulen da.“ Das haben die Schulen aber noch gar nicht gemerkt.
Lesen Sie doch einmal die Pressemitteilungen der GEW von dieser Woche. Lesen Sie doch einmal die Pressemitteilungen des Philologenverbands. Lesen Sie die Pressemitteilungen des BLV. Lesen Sie die Pressemitteilungen des VBE. Welcher Ver band steht eigentlich hinter Ihnen, und welche Schulart fühlt sich von Ihnen vertreten? Vielleicht gibt es irgendwann einen Interessenverband der Gemeinschaftsschulen.
Sie handeln munter drauflos, und im Nachhinein sagen Sie: „Wir brauchen eine regionale Schulentwicklung.“ Das hätte am Anfang stehen müssen.
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es muss schon bitter sein, wenn man aus dem El fenbeinturm vertrieben wird.
Sie tragen wirklich schwer an der Verantwortung und an al lem, was wir Ihnen aufgeladen haben. Sie haben mein Mitge fühl.
Was mich aber wirklich ärgert, ist die Haltung: „Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“ Das alles gilt nicht mehr. Herr Ministerpräsi dent, ich habe schon von unserer Begegnung in Ludwigsburg gesprochen. Da haben Sie glattweg gesagt: „Debatten über Schulstrukturen sind unwichtig, und es ist völlig unnötig, über den Klassenteiler zu diskutieren.“ Entschuldigung, worüber haben Sie dann die letzten sechs Jahre geredet? Ich erinnere an den Murmeltiertag, den Volker Schebesta hier so genannt hat. Ich kann das alles vergessen und sagen: „Willkommen im Klub.“ Sie haben uns zugehört, Sie haben das offensichtlich auch verstanden.
Aber das, was ich wirklich nicht vergessen kann, ist, was Sie jetzt Lehrerinnen und Lehrern möglicherweise aufladen. Da für müssen Sie die schwere Verantwortung schon überneh men. Sie können die Zahl der Lehrer jetzt nicht einfach ge schwind reduzieren – so aus dem Stegreif, ohne Plan und gründliche Vorbereitung. Sie wissen selbst ganz genau: Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1 : 14 ist eine schöne Relati on, aber sie stimmt natürlich nicht, weil von den vielen Lehrer stellen ganz viele in der Fortbildung oder in der Evaluation stecken. Sie werden ganz viele Lehrerstellen auch für die In klusion brauchen. Das sind alles Fragen, die hier überhaupt noch nicht beantwortet worden sind.
Sie sind leider wieder nicht über Sprechblasen hinausgekom men. Wir möchten gern wissen: Wie geht es in diesen Berei chen weiter, die bei den ganzen Neuerungen, die auf die Leh rerinnen und Lehrer zukommen, wichtig sind? Diese Gret chenfragen müssen Sie einfach beantworten. Wenn Sie hier sinnvoll und konstruktiv vorgehen, dann haben Sie uns auch an Ihrer Seite, wenn es darum geht, den Haushalt zu konsoli dieren und im Hinblick darauf auch Lehrerstellen sinnvoll und intelligent einzusparen. Aber die Planung, die dazu notwen dig ist, hätten wir schon gern, weil wir nicht wollen, dass es in diesem Land zu einem Bildungsabbruch kommt, nachdem uns ein Bildungsaufbruch versprochen wurde.
Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kurtz, es wird sicherlich nicht zu einem Bildungsabbruch in Baden-Württemberg kommen.
Wir werden bessere Bildung durch bessere Ressourcensteue rung erreichen. Wir werden es schaffen, eine strukturelle Ren dite zu erzielen und damit die Bildungsqualität im Land zu verbessern. Ich möchte an dieser Stelle betonen: Wir haben in vielen Bereichen der Bildung längst überfällige Investitionen vorgenommen. Wir haben einen dreistelligen Millionenbetrag in die frühkindliche Bildung investiert. Wir haben in die Sprachförderung für alle Kinder im Kindergarten, in die längst fällige Beteiligung des Landes an der Schulsozialarbeit, in den Hochschulbereich und auch in den Bereich des lebenslangen Lernens investiert. Auch das gehört zum Bildungsaufbruch.
Weil wir jetzt über das Thema Schule gesprochen haben: Der Ministerpräsident ist mit dem, was er in dieser Woche gesagt hat, seinem Grundsatz treu geblieben, nämlich dem Grund satz, Klarheit und Wahrheit zu schaffen. Das werden wir auch tun, meine Damen und Herren.
Bildung wird von uns und von vielen Interessengruppen, vie len engagierten Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern im Land neu gedacht. Diese unterstützen wir bei ihrer Arbeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Passt das dreigliedrige Schulsystem mit unserer Verfassung zusammen?
Moment. – Passt das zusammen? Wir haben das nicht her beigeführt, sondern immer beklagt. Sie haben immer igno riert, dass Baden-Württemberg bei der Frage, in welchem Bundesland die soziale Herkunft am stärksten über den Bil dungserfolg entscheidet, Schlusslicht ist. Baden-Württem berg!