Zur Bürgerbeteiligung will ich noch einmal sagen: Wir haben direkt nach der Übernahme der Regierung einen breiten Be
teiligungsprozess in der Region angestoßen. Ich habe am Tag meiner Amtseinführung ausführliche Planungen und Überle gungen für einen Nationalpark im Nordschwarzwald vorge funden, die offenkundig unter der Vorgängerregierung ge macht wurden. Ich habe da einen Suchraum von 17 000 ha Staatswaldfläche – alles reine Staatswaldfläche – vorgefun den, und auf der Basis dieser Vorplanungen sind wir dann in die Region gegangen, haben dort offengelegt, was es an Über legungen gibt, und befinden uns seitdem in einem intensiven Diskussionsprozess mit der Region.
Wir haben uns gemeinsam mit den potenziell betroffenen Kreisen, also dem Stadtkreis Baden-Baden und den Landkrei sen Calw, Freudenstadt, Rastatt sowie dem Ortenaukreis, auf ein Verfahren verständigt und einen ein Dreivierteljahr lang dauernden Dialogprozess in der Region mit Dutzenden von Informations- und Diskussionsveranstaltungen durchgeführt – zum Teil von Gemeinden, von Verbänden, von Parteien or ganisiert, zum Teil fachspezifisch, zum Teil für breites Publi kum –, bei dem wir Fragen, Bedenken, Hoffnungen und Vor stellungen gesammelt haben. Das wurde dann ergänzt durch eine flächendeckende Informationsverschickung an die Haus halte in der Region mit einer Rückmeldemöglichkeit. Darauf haben wir über 2 000 Rückmeldungen bekommen.
Das alles mündete dann in einer Veranstaltung der Akademie Ländlicher Raum, moderiert von Professor Renn und seinem Team, bei der wir in Arbeitsgruppen, aber auch im Großple num weitere Fragestellungen identifiziert haben, die es in der Region gibt. Diesen Fragenkatalog hat dann Herr Professor Renn verdichtet und zusammengeführt. Das ist jetzt das Pa ket der über tausend Fragen, die wir in einem weiteren Pro zess bearbeiten.
Wir haben dann gemeinsam mit den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Region besprochen, wie wir über ein un abhängiges Gutachten von einem neutralen Gutachter, das in einem transparenten Vergabeprozess an ein renommiertes In stitut vergeben wurde, diese Fragen beantworten und die Vor züge und Nachteile, die sozioökonomischen und die wirt schaftlichen Auswirkungen analysieren lassen können. Wir haben gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kreise besprochen, wie wir diesen gutachterlichen Prozess mit regionalen Arbeitskreisen, mit dem Sachverstand der Men schen vor Ort rückkoppeln. Dazu haben wir sieben Arbeits kreise eingerichtet, die jetzt bei Themen vom Naturschutzwert über die Infrastruktur, den Tourismus und vieles andere mehr diesen Sachverstand konzeptionell einbinden. Aber das ist auch ein Prozess, der für die Menschen transparent stattfindet. Auf der Homepage www.nordschwarzwald-nationalpark.de finden die Bürgerinnen und Bürger aktuell die Protokolle und können sich über die Rückmeldefunktion mit einklinken, kommentieren, Fragestellungen in die Arbeitskreise einspei sen.
Ich glaube, das ist wirklich ein Prozess, der deutlich macht, dass wir da in einem intensiven Dialog mit der Region stehen, dass da den Menschen nichts übergestülpt wird, sondern sie schon in der jetzigen Phase, in der noch nicht einmal feststeht, wo in dem Suchraum von 17 000 ha dann zum Schluss die Nationalparkfläche von 10 000 ha wäre, mitwirken können.
Das entspricht übrigens unserer Vorstellung von Bürgerbetei ligung, nämlich dass wir ein solches Projekt schon zu einem
Zeitpunkt zur Diskussion stellen, zu dem die Menschen auch tatsächlich Einfluss darauf nehmen können, zu dem die Aus gestaltung noch so ist, dass die Menschen mitmachen können, dass die Region dieses Projekt auch selbst mit entwickeln kann.
Genau das ist die Phase, in der wir jetzt sind. Das Gutachten wird Anfang nächsten Jahres fertig sein. Dann werden wir – das ist mit den Vertreterinnen und Vertretern der Region ver abredet – erneut, wie wir es schon zu Beginn gemacht haben, eine Diskussions- und Auswertungsrunde in der Region durch führen. Wir werden da mit den Kreistagen, mit den Bürgerin nen und Bürgern, den Verbänden und den interessierten Ins titutionen die Diskussion suchen und gemeinsam die Ergeb nisse des Gutachtens ausloten.
In dieser Phase werden wir dann auch die Idee des National parks konkretisieren, die Frage der möglichen genauen Lage, der Ausgestaltung und viele andere Fragen gemeinsam mit der Region klären. Zum heutigen Zeitpunkt sind wir also von ei ner Entscheidung noch weit entfernt. Vielmehr befinden wir uns wirklich in einer Phase, in der wir mit einer breiten Be teiligung der Bürgerinnen und Bürger die Vor- und Nachteile klären wie auch die Entwicklung von der Idee zur konkreten Konzeption vornehmen.
Insofern bedanke ich mich für die Gelegenheit, das heute noch einmal in aller Deutlichkeit hier erklären zu können. Ich will Sie einladen, sich da auch weiter konstruktiv in der Breite des Landtags mit einzubringen. Sie sind jetzt in der Ideenphase gefordert, natürlich dann auch zum Schluss als Haushaltsge setzgeber.
Herr Bullinger, ich bin froh, dass unser Koalitionspartner und der Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel für die SPD sehr deutlich gemacht haben, dass den Mehrheitsfraktionen hier im Landtag die Frage Nationalpark unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzmehrwerts, aber auch des regionalen Struk turimpulses wichtig ist und die Mehrheitsfraktionen auch be reit sind, dann die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stel len, um dieses naturschutzpolitisch, aber auch für die Regio nalentwicklung im Nordschwarzwald wichtige landesweite Projekt voranzubringen.
Insofern bitte ich da um die weitere Unterstützung des Land tags, glaube aber, dass sich der Prozess der Bürgerbeteiligung, den wir hier eingeschlagen haben, wirklich sehen lassen kann.
Herr Minister, jetzt kämen die drei Nachfragen, die Fragen der Kollegen Dr. Bullinger, Dr. Rapp und Röhm, wenn Sie diese zulassen.
Herr Minister, Sie haben auf diese Umfrage hingewiesen, die eine Zustimmung für die Errichtung eines Nationalparks von mehr als 60 % er geben hat. Ich habe das auch in der Presse gelesen. Ich habe das heute bewusst nicht angesprochen, weil ich der Auffas
sung bin – sind Sie mit mir dieser Auffassung? –, dass eine solche Umfrage eigentlich nur einen begrenzten Wert hat. Wenn Sie nämlich in Friedrichshafen, Lörrach, Mannheim, Wertheim oder Crailsheim fragen, ob die Bürger dort einen Nationalpark im Nordschwarzwald wollen, ist es sicherlich möglich, ein solches Ergebnis zu bekommen. Halten Sie das eigentlich für richtig, oder ist es nicht wertvoller, vor allem in der betroffenen Region die Akzeptanz herbeizuführen?
Zweiter Punkt: Sie haben auch angeführt, dass Hochschulleh rer und Wissenschaftler Sie aufgefordert haben, den Prozess zur Gründung eines Nationalparks voranzutreiben. Sind Sie mit mir der Meinung, dass Sie, wenn Sie 30 Atomphysiker fragen, ob sie gern ein Atomforschungszentrum wollen, auch eine hohe Zustimmung und Akzeptanz bekommen?
Ich glaube, dass vor allem die Akzeptanz vor Ort wichtig ist. Die Frage ist: Wenn Sie jetzt nach dem Gutachten mehrheitlich zu der Auf fassung kommen: „Wir wollen dieses Projekt machen, es spricht mehr dafür als dagegen“, und dann in den umliegen den sechs, acht oder zehn Gemeinden ein eindeutiges Votum dagegen – drei Viertel dagegen – bekämen, würden Sie es dann trotzdem darüberstülpen?
Herr Abg. Bullinger, ich habe großes Ver ständnis, dass man als FDPler eine gewisse Skepsis gegen über Umfragen entwickelt.
(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die stimmen ja auch nicht! – Vereinzelt Heiterkeit)
Ich sage Ihnen offen: Das hat uns in unserer Einschätzung be stätigt; aber natürlich ist eine Umfrage jetzt hier nicht das Leit motiv des Handelns. Wie ich Ihnen hier vorgestellt habe, wer den wir unbeeindruckt von diesem hervorragenden Umfrage ergebnis weiter einen breiten Dialogprozess in der Region füh ren. Die Arbeitsgruppen mit dem regionalen Sachverstand lau fen trotz der Umfrage selbstverständlich weiter, Herr Bullin ger.
Ein Großprojekt wie die Einrichtung eines Nationalparks, das für das Land Baden-Württemberg eine Investition darstellt, macht dann Sinn und kann dann sämtliche positiven regional wirtschaftlichen Möglichkeiten entfalten, wenn es in der Re gion mitgetragen wird.
Dafür werben wir. Dafür werben wir als Landesregierung. Da für werben die uns tragenden Fraktionen von Grünen und SPD seit einem Jahr. Deshalb haben wir bewusst einen lang ange legten und breiten Prozess angestoßen, der sich jetzt in dem beschriebenen Stadium befindet. Dieser wird von einem neu tralen Gutachter und von Arbeitsgruppen mit regionalem Sach verstand begleitet.
Das ist die Situation. Natürlich wollen wir dazu beitragen, dass die Diskussion anhand der tatsächlichen Betroffenheiten sowie anhand der möglichen Vor- und Nachteile geführt wird. Natürlich zielt der Prozess darauf ab, in der Region zu klären, wie ein Nationalpark aussehen kann. Der Prozess soll aber auch dazu beitragen, dass vor Ort eine Sachlage entsteht, die eine entsprechende Diskussion ermöglicht, sodass für uns, die Politik, das entsprechende Bild entsteht, um dann zu einem späteren Zeitpunkt, der noch weit entfernt ist, tatsächlich ent scheiden zu können, ob man diesen Schritt geht.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wendland effekt!)
Ich denke, wir beide sind sehr stark an der Sache interessiert. Deswegen möchte ich eine Rückfrage im Hinblick auf die von Ihnen erwähnte landesweite Befragung stellen, die ein positi ves Ergebnis für den Nationalpark gebracht hat.
Können Sie mir sagen, wie die Frage gelautet hat und welche Antwortmöglichkeiten es für die Befragten gegeben hat?
Da wir meldepflichtig sind, was Neben tätigkeiten angeht, können Sie feststellen, dass ich nicht für die Forschungsgruppe Wahlen arbeite und wir an dieser Stel le nur Auftraggeber waren.
Es wurde abgefragt, ob die Menschen diese Überlegung der Landesregierung teilen. Es gab die klassischen Antwortmög lichkeiten „Ja“, „Nein“ und „Weiß nicht“. Dies hat zu dem Er gebnis geführt, dass 64 % der Befragten dafür sind, 30 % da gegen sind und 6 % unentschlossen sind.
Das ist ein Detail der Umfrage, aber nicht das handlungslei tende Motiv der Landesregierung. Das hat an dem Prozess, den wir schon vor der Umfrage gestartet haben, nichts verän dert.
Herr Minister, herzlichen Dank, dass ich eine Frage stellen darf. Wie Sie sich denken können, geht es um das Biosphärengebiet Schwäbische Alb,
dessen Konzept vom damaligen Fraktionsvorsitzenden Oet tinger angedacht und auf den Weg gebracht worden ist. Herr Hermann, das ist eine neue Information für Sie. Sie wussten noch nicht, dass das Herr Oettinger war. Jetzt wissen Sie es aber auch.
In meiner Frage geht es schlicht und einfach um Stellen. Wir haben gehört, dass für den Nationalpark etwa 60 Stellen not wendig sind. Beim Biosphärengebiet Schwäbische Alb geht es um zwei popelige Stellen, damit das Werk weiterhin gelin gen kann. Können Sie angesichts der 60 Stellen, die für den Nationalpark gebraucht werden, hier und heute klar und deut lich sagen, dass diese zwei Stellen genehmigt werden?
Herr Abg. Röhm, wir sind dazu in einem intensiven Gespräch mit dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb,