(Abg. Karl Zimmermann CDU: Er hat eine schwere Position, der Minister! – Abg. Thomas Poreski GRÜ NE: Leichtfüßig kommt er daher!)
Frau Präsidentin, werte Kol leginnen, werte Kollegen! Herr Dr. Goll, ich finde es ja rich tig nett, wenn Sie sich hier hinstellen und meinen, die Frakti on der FDP/DVP im Landtag von Baden-Württemberg müss te der neuen Landesregierung ein bisschen auf die Sprünge helfen.
„Schneckentempo“ haben Sie es genannt. Auch hierzu muss ich feststellen, dass Sie hier eine absolute Minderheitsmei nung in diesem Land vertreten – wie in vielen anderen Berei chen auch. Denn Sie sollten vielleicht auch einmal zur Kennt nis nehmen, dass die Menschen in Baden-Württemberg uns nach stark einem Jahr der Regierungsübernahme durch GrünRot gute – um nicht zu sagen exzellente – Zeugnisse ausstel len.
Mehrheitlich jedenfalls. – Die Menschen im Land erkennen an, dass wir handlungsfähig und handlungswillig sind, sie er kennen an, dass wir innovativ unterwegs sind, sie erkennen an, dass wir zupacken können und dass wir vor allem The menbereiche angehen, die unsere Zukunft entsprechend ge
stalten, während Sie – da kann ich nur sagen: guten Morgen – auch mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf etwas auf wärmen, was die SPD-Fraktion schon im Jahr 2005 in diesem Landtag auf den Weg gebracht hat. Das sollten Sie schon des halb wissen, weil Ihr Gesetzentwurf bis auf einen einzigen Satz wortwörtlich vom damaligen Gesetzentwurf der SPDFraktion abgeschrieben worden ist.
(Beifall der Abg. Gabi Rolland SPD – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Und heute haltet ihr ihn für schlecht? Und heute lehnt ihr ihn ab? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Dann müssen Sie konsequenter weise zustimmen! – Abg. Alexander Throm CDU: Den Satz streichen Sie doch raus! – Zuruf: Den strei chen Sie raus! – Unruhe)
Herr Kollege Zimmermann, Sie sollten vielleicht einmal zu gehört haben, was der Vorredner von der CDU zu dem The ma gesagt hat. Daran wird doch deutlich, dass diesbezüglich weitreichender Diskussionsbedarf besteht und dass man sich nicht nur ausschließlich auf das, was in diesem Gesetzentwurf steht, konzentrieren darf. Aber er macht im Prinzip – das fin de ich durchaus positiv – schon deutlich: Wir sind da weitest gehend einer Auffassung,
nämlich der Auffassung, dass Handlungsbedarf besteht. Aber wir sind eben auch der Auffassung, dass wir jetzt nicht Stück für Stück – so, wie Sie es in den zurückliegenden Monaten gemacht haben – einen kleinen Teil eines Gesetzesvorhabens oder einen minimalen Teil eines größeren Handlungsbedarfs herausgreifen und entsprechend ins parlamentarische Verfah ren einspeisen sollten; das verengt immer – finde ich jeden falls – den Blick auf das große Ganze, das wir erreichen wol len.
Da gebe ich Ihnen, Herr Dr. Goll, ausdrücklich recht. Beim Thema Demokratie bin ich schon auch selbst der Auffassung, dass da ein jeder und eine jede im Land gefordert ist, im Prin zip täglich dazu beizutragen. Denn Demokratie wird nicht oh ne Zutun auf Dauer von allein Bestand haben. Aber wir sind, glaube ich, schon auch aufgerufen, immer wieder auch den gesellschaftlichen Entwicklungen entsprechend angepasst da rauf zu schauen, ob die geltenden rechtlichen Rahmenbedin gungen dem auch entsprechen oder nicht gar zuwiderlaufen, dass wir nicht dort, wo Mitwirkungswille verbunden ist, dies durch geltende rechtliche Regelungen eher ausbremsen oder erschweren.
Deshalb ist es, wie gesagt, erforderlich, dass wir Beteiligungs rechte insgesamt stärken und uns nicht ausschließlich auf die Einrichtung von Jugendgemeinderäten verengen, sondern die Diskussion und letztendlich auch die gesetzliche Wirkung so wohl in der Kommunalwahlordnung als auch in der Gemein deordnung entsprechend platzieren. Dazu gehört das Thema „Absenkung des Wahlalters“, dazu gehören, wie gesagt, auch weitere Beteiligungsformen. Dazu gehört aber auch, ernsthaft zu überlegen, wie wir es schaffen können, die Mitwirkung von Frauen auf der kommunalen Ebene besser zu ermöglichen, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Deshalb bitte ich ausdrücklich darum, dass wir jetzt nicht in Einzeldiskussionen – sowohl hinsichtlich der Gemeindeord nung als auch hinsichtlich der Kommunalwahlordnung – im mer entsprechende Regelungen herausgreifen und einen Mords wust an einzelnen Regelungen verursachen, sondern dass wir in der Zeit, bis Regelungen getroffen sein müssen – die Kom munalwahl steht vor der Tür; überhaupt keine Frage; daraus ergibt sich ja die zur Verfügung stehende Zeit –, entsprechen de gesetzliche Regelungen vorlegen werden. Sie sind herzlich eingeladen, sich dabei inhaltlich einzubringen. Ich bin wirk lich heute auch schon davon überzeugt: Wir werden dort eine breite Basis finden, auf der wir – vielleicht abgesehen von der einen oder anderen Nuance – gemeinsam vorgehen können. Denn in der Zielrichtung sind wir uns einig.
Deshalb bitte ich schlicht und ergreifend einfach darum, dass wir dies in einem größeren Komplex diskutieren und dann auch die erforderlichen gesetzlichen Regelungen umfangrei cher gestalten, als dies in Ihrem Gesetzentwurf heute zum Ausdruck kommt.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das machen wir im Ausschuss! – Abg. Florian Wahl SPD: Im Aus schuss!)
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was erwarte ich von einem Gesetz, das den Titel – ich um schreibe es jetzt einmal – „Gesetz zur Verbesserung der Be teiligung junger Menschen in der Kommunalpolitik“ trägt? Zum einen ganz sicher einen Bezug auf übergeordnete Rechts positionen, z. B. die UN-Kinderrechtskonvention. Darin steht: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung.“ Das ist umfassender definiert; es sind auch Kinder umfasst, die bei Ihnen nicht vorkommen. Ich erwarte, in irgendeiner Weise definiert zu bekommen, um welche Belange es geht, z. B. um Schwimmbäder, Badeplätze, Sportanlagen, Fahrrad wege, Schulen, Schulhöfe, Kinderbetreuung,
Spiel- und Sportplätze, Parkanlagen. All das kommt bei Ihnen nicht vor, nicht einmal in einer nicht abschließenden Aufzählung.
Ich erwarte eine Aussage dazu – es geht um ein Gesetz –, um welche Planungen es geht, insbesondere beispielsweise um Bauleit- und Stadtplanung, Verkehrs- und Freiraumplanung. Ich erwarte eine Definition, die festlegt, um welche Kinder und Jugendlichen es geht. Aus unserer Sicht muss es ganz klar um alle Kinder und Jugendlichen gehen, die in einem entspre chenden Sozialraum ihren Lebensmittelpunkt haben.
Ich erwarte eine Aussage darüber, wie Beteiligungsformen aussehen. Hinsichtlich des Jugendgemeinderats erwarte ich
außerdem eine Aussage dazu, wie wir zu einem Jugendge meinderat kommen, vielleicht z. B. über ein Initiativrecht für Kinder und Jugendliche. Es wäre gut, darüber einmal nach zudenken.
Ich erwarte eine Aussage über weitere Beteiligungsformen. Das Wahlalter von 16 Jahren z. B. ist bereits erwähnt worden. Ich erwarte auch eine Aussage darüber, was passiert, wenn Beteiligungsrechte nicht geachtet werden.
Wenn ich das alles zusammensetze, dann stelle ich fest: Die meisten Erwartungen, die man sinnvollerweise an einen Ge setzentwurf mit diesem Titel knüpfen sollte, werden in die sem Fall nicht erfüllt. Der Gesetzentwurf ist banal, unkonkret und folgt einem Strickmuster, das wir bei der FDP/DVP in dieser Wahlperiode leider allzu oft beobachten können.
Ich erinnere z. B. an den Gesetzentwurf zur Direktwahl von Landräten. Dabei haben Sie ein Stichwort aus dem Koaliti onsvertrag aufgegriffen und husch, husch einen Gesetzent wurf gestrickt. Sie meinen, uns damit vorführen zu können. Letztlich ist es aber ein dermaßen schlichtes und in der Folge unausgereiftes – –
Herr Kollege, ich habe eine Frage. Ich bin schon lange im Geschäft. Glauben Sie wirklich, dass solche Fragenkataloge in ein Gesetz hin eingehören? Haben Sie schon einmal ein Gesetz formuliert?
Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Ich habe schon einige Gesetzentwürfe formuliert. Ich war einige Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag. Es gibt eine Reihe von Gesetzen, die anders aus sehen würden, wenn ich sie nicht formuliert hätte. Deshalb weiß ich, was in einen Gesetzentwurf hineingehört.
Im Gesetzentwurf wird ein Gegenstand definiert. Das wird so beschrieben, dass die Leute, die letztlich damit umzugehen haben, nicht irgendeine Plastikformel vor sich haben, sondern auch wissen, worum es geht.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sie verwechseln Aus führungsverordnung mit Gesetzgebung!)
Meine Damen und Her ren, es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/1674 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist das so beschlos sen und Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Landesblin denhilfe – Drucksache 15/1872
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Für die Landesregierung bringe ich den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Lan desblindenhilfe ein.
Die vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes über die Lan desblindenhilfe sind aufgrund einer Verordnung des Europä ischen Parlaments, die in Kraft getreten ist, notwendig gewor den. Danach ist das Blindengeld auch an Personen zu zahlen, die in Baden-Württemberg zwar nicht ihren ständigen Aufent halt haben, aber dennoch hier beschäftigt sind.
Mit Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. Mai 2011 wurden wir verpflichtet, dem entgegenstehende Vorschriften zu ändern. Diese hatten wir; denn das Landesblindengeld knüpfte immer an den gewöhnlichen Aufenthalt an. Wir wur den verpflichtet, diese Vorschriften entsprechend anzupassen. Das machen wir im Zuge dieser Gesetzesnovelle.
Im Zuge des ohnehin erforderlichen Gesetzesänderungsver fahrens werden noch weitere schon lange anstehende und not wendige Änderungen ebenfalls vorgenommen. Dies betrifft die Umstellung der Zahlbeträge, die Zuständigkeit für statio näre Fälle sowie eine Angleichung der Blindenhilfe nach SGB XII. Dies sind alles Änderungen, die schon längst an standen und die wir jetzt im Zuge der Gesetzesänderung auf grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs einbringen.