Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

Aber nach fünf Jahren ist dieses zähe Ringen immerhin in den Hintergrund geraten, und wir können eine positive Bilanz der neuen Messe ziehen. Die Widerstände am Messestandort selbst konnten weitgehend ausgeglichen werden. Seit 2008 bezeichnet sich die Stadt Leinfelden-Echterdingen selbstlos als Messestadt. Das befürchtete Parkchaos ist ausgeblieben. Der Rechnungshof hat sogar konstatiert, es gäbe zu viele Park plätze. Ganz entscheidend ist: Die befürchtete Belastungsspi rale im Filderraum ist ausgeblieben, weil das Land schon un ter der alten Landesregierung entschieden hat, dass es eben keine zweite Start- und Landebahn dort oben gibt. Es ist auch bezeichnend, dass es unserem verehrten früheren Kollegen Dr. Uli Noll als einem der großen Vorkämpfer für die Messe und gleichzeitig Vorkämpfer gegen die zweite Start- und Lan debahn

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

darum ging, die Belastungsspirale auf den Fildern zu durch brechen. Es ist gut, dass die Landespolitik das geschafft hat. Deshalb können wir jetzt mit großer Gelassenheit den Erfolg der Messe betrachten, würdigen und wertschätzen und gleich zeitig festhalten, dass wir, das Land, die Landesregierung, weiteren Belastungen durch eine zweite Start- und Landebahn weiterhin entgegentreten werden. Die Flughafengeschäftsfüh rung sieht es ja genauso.

Die neue Messe bietet attraktive Bedingungen auf einer Flä che von 105 000 m2 und zählt damit zu den Top Ten in der Re publik. Der Slogan „Mitten im Markt“ macht diese Vorzüge auch noch einmal deutlich. Sie liegt im direkten Umfeld von mittelständischen und natürlich auch Großunternehmen aus

den Bereichen Automobil- und Maschinenbau, Elektrotech nik und IT. Es ist auch ein hervorragender Standort durch die Kombination verschiedener Verkehrsträger – Flughafen, Au tobahn, Nahverkehr – und natürlich in Zukunft durch die An bindung an die Neubaustrecke nach Ulm über das Projekt Stuttgart 21.

Die Messe entspricht architektonisch höchsten Ansprüchen. Es ist eine gelungene Bauweise, die dort realisiert worden ist. Ökologisch ist sie vorzüglich ausgerichtet. Mehr als die Hälf te des Messegeländes ist begrünt, es gibt auf den Hallendä chern Solarzellen, die für 1 300 Haushalte Strom produzieren. Besonders wichtig ist – das sage ich als Wirtschafts- und Fi nanzminister –, dass die Messe unternehmerisch relativ er folgreich ist. Deshalb würde ich auch gern von einer relativen Erfolgsgeschichte sprechen.

Es ist richtig: Sie erwirtschaftet insbesondere in den ausstel lungsstarken Jahren Überschüsse. Die Mittel für die Investi tionen erwirtschaftet sie jedoch nicht. Das ist aber bei ande ren Messegesellschaften in der Republik und wohl auch welt weit ebenso der Fall. Denn der Bau von Messen ist offensicht lich ohne Unterstützung des Staates nicht möglich.

Ich erwarte dann allerdings auch von der Wirtschaft, wenn sie da den Staat in der Verantwortung sieht, dass sie nicht dau ernd Steuersenkungen fordert. Das passt nicht zusammen. Wir bekennen uns zu einer aktiven Wirtschaftsförderung. Deshalb unterstützen wir die Messe. Wir erwarten, dass sie zumindest im Betrieb schwarze Zahlen schreibt. Das tut sie mit gutem Erfolg. Aber es bleibt dabei: Die Standorte selbst, die Infra struktur und das Investment sind hoch subventioniert.

Besonders bedauerlich ist, dass der Finanzierungsbeitrag der Wirtschaft für den Neubau der Messe immer noch nicht voll ständig geleistet worden ist. Wir werden darauf drängen. Das halten wir für einen letzten Baustein, der erfolgreich abge schlossen werden muss.

Insofern nehmen wir die Anregung des Rechnungshofs in der Rückschau auf den Neubau dieser Messe sehr ernst und set zen uns damit auch auseinander. Das ist in der Rückäußerung des Denkschriftbeitrags ja auch geschehen. Ich glaube, das ist insgesamt eine wichtige Grundlage, um eine ausgewogene Bi lanz dieses Baus zu ziehen. Wir danken dem Rechnungshof für seine Anregung. Der Rechnungshof ist zu Recht der „En tenklemmer“, denn er muss auf das Geld schauen, und wir müssen dann politisch unsere Schlüsse daraus ziehen.

Das gilt gerade auch für den Wunsch der Messegeschäftsfüh rung, weiter wachsen zu dürfen. Zunächst will ich einmal fest halten: Dieser Wunsch ist nicht neu. Deshalb war es jetzt auch für die weiteren Gespräche nicht gerade hilfreich, dass die Ge schäftsführung öffentlich noch einmal vorgeprescht ist. Die Gesellschafter sind im Dialog mit der Geschäftsführung und auch untereinander, um diese Wachstumspläne auf ihre Plau sibilität, auf ihre Wirtschaftlichkeit, auf das zugrunde liegen de Geschäftsmodell zu prüfen. All dies wird sorgfältig und er gebnisoffen geprüft.

Ich will zum jetzigen Stand dieser Überlegungen zwei Punk te nennen, die für den Gesellschafter Land besonders wichtig sind. Ich fühle mich dabei auch durchaus im Einvernehmen mit der Stadt Stuttgart: Eine Messeerweiterung kommt ers tens nur auf freiem Gelände der bestehenden Messe infrage.

Zweitens muss die Messe diese Erweiterung, wenn sie denn kommen sollte, selbst finanzieren. Diese beiden Kriterien hal te ich für wichtig.

Auf der Grundlage dieses so abgesteckten Rahmens sind wir im Gespräch und werden ergebnisoffen prüfen. Wir nehmen aus dieser Aktuellen Debatte mit, dass alle im Landtag vertre tenen Fraktionen dieses Vorgehen teilen. Wir werden nicht blind in eine Messeerweiterung hineingehen. Vielmehr wird man sehr solide abklopfen müssen, ob es Sinn macht, am Standort Stuttgart in die Fläche zu expandieren.

Denn eines ist auch bemerkenswert, wenn wir über die Er folgsgeschichte der Messe der letzten fünf Jahre sprechen: Sie ist internationaler geworden. Sie hat 54 Auslandsvertretun gen, hat zwei Tochtergesellschaften in den wichtigen Wachs tumsmärkten Türkei und China. Damit hat sie gerade auch für unsere mittelständische Wirtschaft eine Türöffnerfunktion bei der Erschließung wichtiger Auslandsmärkte.

Ich selbst habe gerade in der letzten Woche bei der Reise in China noch einmal erleben dürfen, wie engagiert unsere Lan desmesse auf dem chinesischen Markt unterwegs ist. Sie hat die erfolgreiche AMB nach China exportiert. Es gibt jetzt ei ne AMB China, die in Nanjing stattfindet. Sie stößt nicht nur in China selbst, sondern auch in Deutschland und insbeson dere in Baden-Württemberg auf reges Interesse.

Unsere Landesmesse will die CMT nach China exportieren, und sie hat jetzt in einem Joint Venture die Zusammenarbeit mit der Messe Nanjing vertieft, um weitere Brand-Names, um weitere Marken, also Ausstellungsformate, die sich am Stand ort Stuttgart bewährt haben, auch nach China zu exportieren.

Man sieht also: Die Qualität dieser Messearbeit, die inhaltli che Qualität dessen, was dort geboten wird, ist hoch und fin det Anerkennung im Ausland. Ich will unterstreichen, dass wir, die Landesregierung, gerade auch diese solide, internati onale Arbeit der Landesmesse unterstützen und wertschätzen.

Das war ein zähes Ringen damals. Sie sehen: Jetzt ist es eine gute Bilanz, die wir zu ziehen haben. Der Umzug auf die Fil der hat sich als Erfolg für die Messe erwiesen. Deshalb kann ich sagen: Jawohl, wir stehen zu dieser Landesmesse. Wir prü fen die möglichen Ausbaupläne sorgfältig und ergebnisoffen. Wir freuen uns, dass wir mit der Messe Stuttgart einen Part ner für die Unternehmen in unserem Land – die großen wie die kleinen – zur Präsentation ihrer Produkte und Dienstleis tungen in Stuttgart und in der Welt haben.

Weiterhin viel Erfolg für unsere Landesmesse!

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Bitte schön.

Bitte, Herr Abg. Dr. Bullinger.

Herr Minister, wir haben ja, wie gesagt, außer der erfolgreichen Messe in Stutt

gart auch eine Messe am Bodensee, die auch sehr erfolgreich erweitert wurde. Wir haben auch eine Messe in Karlsruhe.

Sehen Sie zwischen den drei Messen auch Kooperationsmög lichkeiten, so, wie es bei den Treffen der Geschäftsführer ge legentlich besprochen wird? Denn wir wissen, dass die Mes se Karlsruhe noch sehr defizitär ist. Sehen Sie Möglichkeiten der Zusammenarbeit?

Ich war im letzten Jahr gerade auch mit den Geschäftsführern al ler Messen in Baden-Württemberg – der Messe Stuttgart wie der Regionalmessen – zusammen. Dabei wurde genau dies besprochen. Ich kann nur anregen, dass man zu Kooperatio nen kommt. Denn die anderen Messestandorte spielen eben falls eine Rolle.

Wir haben im Einzelfall – Sie haben das Beispiel Friedrichs hafen genannt – auch erfolgreiche Messemarken etablieren können. Insofern messen wir diesen Regionalmessen eine ho he Bedeutung bei, sehen jedoch natürlich die Landesmesse schon in einer anderen Dimension. Aber es spricht alles da für, dass sich die Messen abstimmen und kooperieren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein!)

Entschuldigung. Herr Kollege.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Grimm!)

Kollege Grimm.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Stuttgart ist eine Messe wert. Das hat auch Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid zum fünften Jahrestag der Eröffnung der Landesmesse erfreulicherweise bestätigt, und er hat das auch heute noch einmal bestätigt. Der Minister hat die Messe als „Erfolgsgeschichte für das ganze Land“ be zeichnet und ergänzt – ich zitiere –:

Ziel war es, eine auf den internationalen Wettbewerb aus gerichtete Landesmesse zu errichten. Dies ist in vollem Umfang erreicht worden.

Das haben wir heute gehört und auch bestätigt bekommen. Der Minister hält die Messe für zukunftsfähig.

So, wie ich es heute von Grün-Rot mitbekommen habe, blei ben Sie dabei: Wir sind im Zieleinlauf und gehen jetzt in die Kabine zum Duschen. Selbst der Staatssekretär im Ministeri um für Finanzen und Wirtschaft, Herr Rust, sowie Herr Ho felich, der zuständige Beauftragte der Landesregierung für Mittelstand und Handwerk, halten sich mit den Plänen der Landesregierung zurück.

(Staatssekretär Ingo Rust: Was?)

Sie halten sich mit den Plänen zur Landesmesse zurück. Selbst wenn man heute die Ausführungen der Grünen hört – eine Zwischenbilanz erstellen, der Frage nachgehen, bei wel chen Zielen die Messe langfristig schwarze Zahlen schreibt –, muss man sich schon einmal zu Gemüte führen: Was soll die Landesmesse eigentlich bewirken? Das Gleiche höre ich von Herrn Schmiedel, der sagt: „Man muss einmal belastba re Konzepte erarbeiten und dann schauen, wie man erweitert.“

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist das nor male Vorgehen! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Das normale Vorgehen ist, dass wir heute eine fünfjährige Er folgsgeschichte feiern. Ich darf daran erinnern: Die alte Mes se hatte nicht einmal die Hälfte der Hallenkapazität, die heu te besteht, und wir sind heute, nach fünf Jahren, eigentlich an der Kapazitätsgrenze. Viele Verbände fordern mittlerweile Er weiterungen in Stuttgart, um ihre Fachmessen entsprechend auszubauen. Das sagt uns ganz klar, dass das, was seitens der Geschäftsleitung vorgetragen worden ist, nicht etwas ist, was man jetzt diskutiert, auf die lange Bank schiebt und wobei man auf Konzepte wartet bzw. nach ihnen sucht. Vielmehr be kennt man sich schon klar zum Ausbau der Messe.

Man muss im Vergleich sehen: Die Landesmesse Baden-Würt temberg liegt im Ranking der zehn größten Messen in der Bundesrepublik mit knapp 105 000 m2 Hallenfläche an zehn ter Stelle. Die größte Messe ist die Hannover Messe mit 470 000 m2. Ich vergleiche unsere Landesmesse – BadenWürttemberg ist ein wirtschaftsstarkes Land, das wirtschaft lich zweitstärkste Land in Deutschland – mit der Messe Mün chen, die über eine Hallenfläche von 180 000 m2 verfügt. Un sere Landesmesse hat demgegenüber 105 000 m2 und nicht 1 500, wie Sie, Herr Wirtschaftsminister, es vorhin gesagt ha ben. Die Messe München hat 60 % mehr Fläche. Die Stutt garter Landesmesse hat mit 40 000 m2 den kleinsten Außen bereich. Selbst die Messe in Freiburg hat einen größeren Au ßenbereich als die Landesmesse in Stuttgart.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Viele Au tos in Freiburg!)

Das sind Themen. Vom Rechnungshof wurde bemängelt, die Zahl der Parkplätze sei zu hoch. Es gibt momentan die Vor stellung, dass die Erweiterungen auf dem bestehenden Gelän de stattfinden sollen. Das ist logisch und klar sowie richtig und wichtig. Gleichzeitig soll man Ausweichplätze, die der zeit als Parkplätze genutzt werden, dann auch als offene Park plätze nutzen.

Schlussendlich: Uns fehlt ein klares Bekenntnis der Landes regierung, ob sie zum Ausbau der Landesmesse steht. Steht sie zu der jetzt geplanten Erweiterung um 30 000 m2? Wenn ja, wann soll sie erfolgen?

Wichtig ist – das möchte ich damit auch in Verbindung brin gen –: Stuttgart 21 gehört mit zur Landesmesse,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

ist mit ein Teil des Projekts.