Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Lindlohr das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Fünf Jahre nach dem Umzug der Mes se auf die Filder und deren Erweiterung ist es sicherlich Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Wir stellen selbstverständlich fest, dass die Messe dort auf ihrem Standort auf den Fildern errichtet ist, dort steht, mit öffentlichen Geldern errichtet ist und dass sie sich im Kern gut entwickelt.

Welche Ziele kann man mit einer Landesmessegesellschaft verfolgen, und welche sollten wir verfolgen? Wirtschaftspo litisch verfolgen wir das Ziel, dass für unsere Unternehmen eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit für ihre guten Pro dukte geschaffen wird. In diesem Zusammenhang hat der Kol lege Löffler bereits die Funktionen des Schaufensters und des Brückenkopfs genannt. Als Gesellschafter soll das Land das Ziel haben, dass die Messe mit einem langfristig durchdach ten Geschäftsmodell schwarze Zahlen schreibt.

Der Rechnungshof hat nun eine Art Zwischenbilanz bezüg lich der Kosten der Messe gezogen. Es ist eine leichte Kos tenüberschreitung festzustellen. Im Verhältnis zum immens großen Investitionsvolumen macht das in Prozent nicht viel aus, aber in absoluten Beträgen ausgedrückt sind es doch ein

paar Millionen. Es sind 816 Millionen € statt 805 Millionen €. Hinzu kommen einige Kosten, die außerhalb des Budgets ge tragen worden sind. Der Rechnungshof rechnet hierbei mit 18 Millionen €.

Das Land trägt also zurzeit mehr zur Finanzierung des Pro jekts bei, als ursprünglich vereinbart war. Um diese Beteili gung kommen wir jetzt nicht mehr herum. Diesen Anteil tra gen wir insoweit mit.

Es ist anzumerken, dass der Beitrag der Wirtschaft – dessen geplante Höhe wir jahrelang als unrealistisch bezeichnet und kritisiert haben – beinahe erwartungsgemäß nicht in vollem Umfang erbracht worden ist. Bisher ist erst ein Beitrag von 27 Millionen € geleistet worden, mindestens ein Drittel davon von Unternehmen, die dem Land maßgeblich gehören.

Wir freuen uns über die Bemühungen der Geschäftsführung, die Suche nach neuen Sponsoren über die Vermarktung von Hallennamen voranzutreiben. Es ist aber nun einmal schwie rig, zu sagen: „Liebe Wirtschaft, wir errichten euch eine In frastruktur, und ohne die Erhebung einer Umlage hoffen wir auf einen Beitrag der Wirtschaft.“ Das war sicherlich ein nicht realistischer Baustein des ursprünglichen Konzepts, wie wir es jetzt anhand der Zwischenbilanz feststellen müssen.

Auf dem Messegelände finden Fachmessen statt, die gut ge deihen und die sehr gut zu unserem Wirtschaftsstandort pas sen. Dies gilt für die AMB als Messe für Metallbearbeitung, die für die baden-württembergischen Hersteller von Zerspa nungsmaschinen und für andere wichtig ist. Dies gilt für die Motek, einst angeworben als Messe für Automation. Diese passt sehr gut zu unserem Wirtschaftsstandort. Auch im Be reich der Finanzdienstleistungen hat die Messe durchaus ein gutes und modernes Angebot, z. B. die Invest.

Allerdings gibt es bei uns nur wenige Messen, die zu den The men Energiewende und „Ökologische Modernisierung der Wirtschaft“ passen. Die Messe hat sich auf den Weg gemacht, neue Themen zu entwickeln. Trotzdem gibt es aktuell keine Intersolar und keine Windkraftmesse bei uns. Die Messe sucht aber neue Lücken. Es ist gut, dass mit der Battery+Storage ein Konzept entwickelt worden ist, um an der Schnittstelle zwi schen dem Automobilstandort und dem wichtigen Thema der Energiespeicherung, die für die Energiewende erforderlich ist, weiterzukommen.

Auch die Consense, eine Messe, die sich dem Thema „Nach haltiges Bauen“ widmet, ist gut angelaufen. Wir wünschen der Messeleitung, dass sie mit neuen Themen ein gutes Wachs tumskonzept schaffen kann.

Eigene Messen zu entwickeln ist ein sehr wichtiges betriebs wirtschaftliches Konzept. Wenn man eigene Messen entwi ckelt, läuft man viel weniger Gefahr, dass die Messen abge worben werden oder dass Konkurrenzmessen veranstaltet wer den. Mehr eigene Konzepte zu entwickeln, statt nur auf dem bestehenden Messemarkt mit den anderen Messen zu konkur rieren, ist ein wichtiger Schritt, um die Messe in eine gute Zu kunft zu führen.

Zum geplanten Ausbau liegen uns keine Daten vor, wie es Herr Kollege Löffler schon gesagt hat. Der Wunsch der Mes segeschäftsführung ist schon mehrere Jahre alt. Ich habe ein mal nachgelesen, wie sich die Gesellschafter im Jahr 2008 da

zu geäußert haben. Damals hat sich die Stadt Stuttgart noch ablehnend dazu verhalten. Inzwischen hat sich die Messe wei terentwickelt. Welches Geschäftsmodell aber einer Messeer weiterung zugrunde liegen soll, das können wir jetzt noch nicht wissen. Wenn entsprechende Daten, ein Geschäftsmo dell sowie ein Businessplan vorliegen, werden wir diese prü fen.

Für uns ist aber ganz entscheidend, dass wir eine Landesmes se wollen, die den Unternehmen im Land tatsächlich zusätz liche Vermarktungsmöglichkeiten schafft, die also einen kon kreten wirtschaftspolitischen Mehrwert mit sich bringt, ohne aber den Landeshaushalt und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch einmal zu belasten.

Mit diesem Konzept unterstützen wir die Messe aktiv, und da ran arbeiten wir mit.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Schmiedel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich meiner Vor rednerin zustimmen, die sagte: „Wir stellen fest: Die Messe steht.“

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU, der Grünen und der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Trotz der Wider stände!)

Das war noch nicht so wild. – Sie steht am richtigen Platz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch richtig!)

Sie sieht übrigens auch gut aus,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch richtig! – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

und sie ist erfolgreich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch richtig!)

Das haben alle gesagt. Insofern muss ich da nicht auf die De tails eingehen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sie könn ten sie vielleicht noch einmal wiederholen!)

Die Messe hat jetzt – so sehen wir das auch – das Format, ein angemessener Platz für die Industrie der Region, des Landes und der ganzen Republik zu sein.

Der kritische Punkt – darum geht es heute; ich nehme an, dass Sie deshalb dieses Thema für die Aktuelle Debatte beantragt

haben – ist der seitens der Geschäftsführung geäußerte Wunsch, die Messe zu vergrößern, und die Bitte um Zustimmung.

Es ist noch nicht so lange her, Herr Rülke, dass ein Geschäfts führer einer anderen Gesellschaft, die gleich daneben ange siedelt ist, bei dem Sprecher unserer Fraktion für große Ver kehrsprojekte und mir war und uns ein Schaubild mit einer ansteigenden Kurve gezeigt hat. Er hat gesagt: „So geht es weiter. Deshalb brauchen wir jetzt unbedingt eine zweite Start- und Landebahn.“ In der Zwischenzeit war er wieder bei uns und hat gesagt: „Das ist überhaupt kein Thema mehr.“ Wir sollen das vergessen. „Das ist Schnee von gestern.“

Deshalb werden wir eines nicht machen, nämlich das, was Sie erwarten. Wir werden heute nicht sagen: „Jubel, Jubel, jetzt geht es weiter, weil sich der Geschäftsführer öffentlich äu ßert.“ Das gab es, wie gesagt, schon einmal. Vielmehr werden wir genau das machen, was auch CDU und Grüne gesagt ha ben: „Wir warten auf belastbare Konzepte. Dann schauen wir uns diese an, wir prüfen sie.“ Wir sagen heute weder „No go!“ noch „Go!“. Da muss mehr auf den Tisch als ein Interview.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Amtssprache ist noch immer Deutsch! – Zuruf des Abg. Karl Zimmer mann CDU – Unruhe)

Wenn Sie auf der Basis eines Interviews sagen: „Jetzt muss man sich da sofort positionieren“, dann ist das ein bisschen voreilig; das kann einen einholen.

Deshalb beobachten wir die Messe mit Freude und erwarten, dass sie sich entlang der Themen, mit denen sich die Welt be schäftigt – nicht nur wir –, weiterentwickelt, dass sie sich wei ter internationalisiert und dass sie ihr Geschäftsmodell wei terentwickelt. Danach erwarten wir, dass ein betriebswirt schaftlich tragfähiges Konzept vorgelegt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Denn die Grundlage, auf der wir damals zugestimmt hatten, war: „Okay, nirgendwo auf der Welt bauen sich Messen aus sich heraus, sondern sie bauen mit öffentlicher Unterstüt zung.“ Aber dann müssen sie fliegen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Jetzt wollen wir einmal sehen, ob das Baby fliegt, auch mit weiteren Investitionen. Dafür gibt es die Regierung, dafür gibt es den Aufsichtsrat, dafür gibt es die entsprechenden Gremi en und am Ende auch den Ausschuss für Finanzen und Wirt schaft, der sich dann mit einem belastbaren Konzept beschäf tigt. Auf solch ein Konzept warten wir. Bis dahin sagen wir freundlich: „Schafft weiter gut. Positioniert die Messe weiter hin erfolgreich.“

Zu gegebener Zeit werden wir uns dann – wie haben Sie ge sagt, Herr Löffler? – ergebnisoffen, ohne Vorfestlegung mit den Fakten beschäftigen, und dann werden wir eine gute Ent scheidung treffen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren, nämlich am 19. Oktober 2007, wurde nach dreijähriger Bauzeit die neue Messe auf den Fildern ein geweiht. Voraus ging ein mehr als zehnjähriger Widerstand von Landwirten, Bürgerinitiativen

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und den Grünen!)

sowie auch der Stadt Leinfelden-Echterdingen. Übrigens: Auch im politischen Raum war dieses Großprojekt durchaus umstritten. Die Grünen waren dagegen, Teile der SPD waren dagegen; ich erinnere mich, ich war auch einmal dagegen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist schön, dass Sie so ehrlich sind! – Zuruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)

Wir haben dieses Großprojekt kritisch begleitet. Das ist gera de bei Großprojekten in einer pluralen Gesellschaft auch ab solut unabdingbar. Es ging um die Fragen der Kosten, der Fi nanzierung. Schließlich sollte das Land – und das hat es auch getan – erhebliche Mittel in diesen Neubau stecken. Es ging um die Frage der Belastung in hoch verdichteten Siedlungs räumen und auch um die Frage des Verkehrs. Es ging darum, diese Befürchtungen der direkt Betroffenen auch ernst zu neh men. Denn eines ist klar: Bei Großprojekten müssen die Be troffenen zu Beteiligten gemacht werden, muss die Bevölke rung von Anfang an eng einbezogen werden. Übrigens, da mals hat es die Landesregierung versäumt, dies zu tun.

Aber nach fünf Jahren ist dieses zähe Ringen immerhin in den Hintergrund geraten, und wir können eine positive Bilanz der neuen Messe ziehen. Die Widerstände am Messestandort selbst konnten weitgehend ausgeglichen werden. Seit 2008 bezeichnet sich die Stadt Leinfelden-Echterdingen selbstlos als Messestadt. Das befürchtete Parkchaos ist ausgeblieben. Der Rechnungshof hat sogar konstatiert, es gäbe zu viele Park plätze. Ganz entscheidend ist: Die befürchtete Belastungsspi rale im Filderraum ist ausgeblieben, weil das Land schon un ter der alten Landesregierung entschieden hat, dass es eben keine zweite Start- und Landebahn dort oben gibt. Es ist auch bezeichnend, dass es unserem verehrten früheren Kollegen Dr. Uli Noll als einem der großen Vorkämpfer für die Messe und gleichzeitig Vorkämpfer gegen die zweite Start- und Lan debahn