Wird das dann im Genehmigungsverfahren nur für eine be stimmte Zeit bewilligt? Ist das also nur eine Zwischenphase, die zeitlich begrenzt ist? Die Verbundschule als eigenständi ges Modell ist bei Ihrem Konzept nicht vorgesehen?
Ich habe gerade von den Trittsteinen ge sprochen, um eine Entwicklung zuzulassen. Das bedeutet zwangsläufig, dass ich einer Schule, die Gemeinschaftsschu le werden möchte, die das aber noch nicht kann und für eine bestimmte Zeit „Gemeinschaftsschule im Bau“ sein möchte, eine Übergangslösung ermöglichen muss.
Im Übrigen gelten für die Verbundschulfragen die gesetzli chen Regelungen. Das bedeutet: Eine Realschule muss min destens zweizügig sein, und dann geht das. Das sind die gän gigen Bestimmungen; diese werden weiterhin gelten.
Frau Ministerin, ich will an die Fra ge des Kollegen Schebesta zu der Zweizügigkeit und den Kri terien, die Sie anlegen wollen, anschließen. Diese Kriterien betreffen ja nicht nur die neuen Schulen, die Sie im Antrags verfahren zulassen oder nicht zulassen werden, sondern auch die Bestandsschulen. Müssen also die Bestandsschulen, die heute beispielsweise eine stabile Einzügigkeit oder eine knap pe Zweizügigkeit haben, konkret damit rechnen, dass ihr Be stand in der Zukunft gefährdet ist?
Herr Hauk, ich habe den Eindruck, dass Sie die Regierungsbefragung, die wir vor vier Wochen hatten, jetzt fortsetzen wollen.
Ich habe es gerade klar formuliert: Wir werden im Prozess der regionalen Schulentwicklungsplanung in den Planungsgebie ten mit den Beteiligten individuell – gemessen an den konkre ten Voraussetzungen vor Ort – entscheiden, wie und welche Schulstandorte weitergeführt werden und wie insgesamt in der Region eine leistungsfähige Bildungsinfrastruktur sicherge stellt werden kann. Das ist unsere Aufgabe. Dieser stellen wir uns, und ich bin mir ganz sicher: Wir werden das Ganze auch konstruktiv lösen können.
Frau Ministerin, es ist selbstver ständlich guter Brauch, dass man nicht in allen Punkten einer Auffassung sein muss. Das ist zu respektieren.
Die CDU-Landtagsfraktion hat allerdings im Rahmen eines parlamentarischen Antrags genau die Frage gestellt, wie Sie mit Verbundschulanträgen umgehen werden, ob Verbund schulanträge sozusagen nur dann genehmigt werden, wenn die Schulen die Bedingung erfüllen, später Gemeinschafts schule zu werden. Sowohl im Bildungsausschuss als auch in der Stellungnahme zu unserem parlamentarischen Antrag ha ben Sie ganz klar gesagt: „Es werden keine Vorbedingungen formuliert.“ Jetzt sagen Sie das Gegenteil. Meine Damen und Herren, das ist nicht in Ordnung. Das ist unredlich und hat mit einer fairen Politik und einer fairen politischen Auseinander setzung nichts mehr zu tun.
Frau Ministerin, ich stelle fest, dass Sie durch Ihre Aussagen – – Sie haben ja versucht, sich durch die Frage der Zweizü gigkeit hindurchzumogeln und möglichst wenig Verbindlich keit zum Ausdruck zu bringen. Aber eine klare Aussage ha
ben Sie in der Quintessenz formuliert: Einzügige Schulstand orte, auch wenn sie als solche stark belegt sind und von der örtlichen Wirtschaft als wichtigem Kooperationspartner ge fragt sind, haben nach Ihrem Modell keine Zukunft mehr. Konkret: Sie werden über kurz oder lang hier die Axt anlegen. Das ist eine Botschaft, über die man sich im Klaren sein muss. Dann können Sie dem nicht widersprechen und sagen, dass es sich hier angeblich nicht um ein Schulschließungsprogramm handle.
Jetzt darf ich Ihnen, Frau Ministerin, noch eines sagen – um bei der Zahl 40 zu bleiben –: Die Regierungsfraktionen haben die Mindestzahl selbst beschlossen. So konnten wir der Pres se entnehmen: mindestens zweizügig und mindestens 40 Schüler pro Klassenstufe.
Sie selbst, Herr Schmiedel – er ist gar nicht mehr da; aber er wird das draußen mitbekommen –, und die Fraktionsspitzen sind darin zitiert worden.
Frau Ministerin, Sie sagen: „Die Gemeinschaftsschulen sind der große Renner.“ Wenn ich mir jetzt einmal die Starterschu len und deren Schülerzahlen anschaue, komme ich allerdings zu dem Ergebnis, dass es mit dem großen Run auf diese Schu len gar nicht so weit her ist. Von den 44 Starterschulen haben immerhin 20 Starterschulen, also nahezu die Hälfte, die Min destschülerzahl von 40 gar nicht erreicht.
Eichholzschule in Sindelfingen: 33 Schüler, Johann-GeorgFischer-Schule in Süßen: 31 Schüler, Friedrich-Voith-Schule in Heidenheim: 35 Anmeldungen, Fritz-Ulrich-Schule in Heil bronn-Böckingen: 36 Anmeldungen, Wüstenrot: 37 Anmel dungen. So komme ich am Ende in der Summe auf 20 Schu len. Bedeutet das, Sie machen diese Schulen dicht, weil sie diese 40 Anmeldungen nicht erreicht haben und damit Ihre Mindestvoraussetzung nicht erfüllt haben?
Wenn Sie sagen, Frau Ministerin, Sie machen diese Schulen nicht dicht, dann hören Sie doch auf, von einer Mindestzügig keit zu sprechen, und geben doch endlich einmal an dieser Po sition nach und sagen, auch kleine Schulen haben eine Ent wicklungsperspektive. Genau an diesem Punkt wird sich die Frage stellen: Wie gehen Sie mit den Gemeinschaftsschulen um, und wie gehen Sie mit den anderen Schularten um? Hier wird wiederum deutlich: Ihre Schulart Gemeinschaftsschule ist die privilegierte, und es stellt sich nach und nach heraus, dass die anderen die benachteiligten Schulformen in unserem Bildungssystem sind.
Frau Ministerin, dass die Realschule als eigenständige Schul art in Ihren Worten überhaupt nicht mehr stattfindet,
macht uns die größte Sorge. Sie ist die größte integrative Schule in unserer gesellschaftlichen Mitte –
Jetzt darf ich eine allerletzte Bemerkung kundtun. Sie sagen, Sie werden den Dialog mit allen Beteiligten führen: mit den Schulleitern, mit den Schulen, mit den Bürgermeistern. Ich erwähne nur, dass die kommunalen Landesverbände heute noch darauf warten, mit Ihnen zum ersten Mal sehr ernsthaft über dieses Thema zu sprechen. Nach meinen Informationen wurden zwei Termine anberaumt, an denen letztlich gar nichts stattgefunden hat.
Im Grunde finden solche Gespräche noch gar nicht statt, ob wohl der Ministerpräsident Ihnen bereits am 17. Juli über die Regierungspressekonferenz öffentlich den Auftrag gegeben hat, dies zu tun.
Jetzt, Frau Ministerin, komme ich zum Thema Stil. Ist es in Ordnung – wenn Sie von einem Moderationsprozess, von ei nem Beteiligungsprozess, von einer Politik des Gehörtwer dens sprechen –, dass das Regierungspräsidium in Freiburg, somit Ihre Abteilung 7, am 16. Oktober 2012 alle Rektoren der Werkrealschulen zu einer Dienstbesprechung eingeladen bzw. einbestellt hat und dort zum Ausdruck gebracht wird: „Ihr habt keine Zweizügigkeit; überlegt euch etwas, sonst wer det ihr geschlossen“? Danach wurden sie wieder nach Hause geschickt.
Meine Damen und Herren, das hat mit vernünftigem Umgang überhaupt nichts zu tun. Wir sind dann bereit, mit Ihnen kon struktiv über die regionale Schulentwicklung zu sprechen, wenn Sie allen Schulen gleichwertige und gleichmäßige Ent wicklungsperspektiven einräumen. Aber Sie setzen mit Ihrem Vorhaben nur Ihre Ideologie um.
Das ist nicht akzeptabel, und das werden die Menschen in Ba den-Württemberg nach und nach auch immer mehr begreifen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich muss jetzt die Frage an die CDU stellen: Was wollen Sie denn jetzt eigentlich? Im Titel der von Ihnen beantragten Ak tuellen Debatte schreiben Sie: „Regionale Schulentwicklung sofort!“
(Abg. Peter Hauk CDU: Frau Boser, nicht mehr Op position spielen! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Frage ist doch berechtigt!)