Wenn Sie genau hinhören, werden Sie auch feststellen, dass wir unseren Minister in Berlin in dieser Frage nicht schonen.
Aber es würde dem Selbstbewusstsein der Regierungsfrakti onen von Grün und Rot in diesem Hohen Haus nicht schaden, wenn sie auch einmal ein bisschen Kritik an ihrer Landesre gierung üben würden, deren Vertreter diesen Prozess zum Staatsvertrag nachhaltig begleitet haben, meine Damen und Herren.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Felix Schreiner CDU: So ist es! – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Jawohl, Herr Landtagsprä sident! – Zurufe von der CDU, u. a.: Das ist die Wahr heit!)
Niemand ist daran gehindert, klüger zu werden. Deswegen bin ich froh, dass wir heute hier in dieser gemeinsamen Überein stimmung Front machen gegen einen Staatsvertrag, der über haupt nicht in der Lage ist, die Situation in Südbaden zu be frieden. Das war nach meinem Verständnis von Anfang an klar. Dieser Staatsvertrag hatte von Anfang an ein massives Problem, nämlich insofern, als er in der Frage der Begrenzung der Flugbewegungen über Südbaden geschwiegen hat.
Man hat dann den Eindruck vermittelt, darüber könne man noch irgendwie reden. Die Sperrzeiten seien verändert wor den, sodass die Zahl der Flüge automatisch abnehmen werde. Schließlich sind jedoch Briefe aufgetaucht, aus denen hervor geht: Man hat eine Anhebung auf 110 000 Flugbewegungen über Südbaden bereits billigend in Kauf genommen.
Lieber Herr Ministerpräsident, mich hat in dieser ganzen Dis kussion vor allem ein Satz befremdet, den Sie immer und im mer wieder mit Blick auf den Staatsvertrag und Ihre Einschät zung dieses Kompromisses geäußert haben: Sie haben mit Blick auf diejenigen, die auf die Wahrung deutscher Interes sen hingewiesen haben, gefragt: Höre ich da etwa nationale Untertöne heraus?
Das hat mich etwas befremdet. Dieser Satz ist mehrfach in der Schweiz und auch hier in den Zeitungen zitiert worden. Ich finde, es ist unser Auftrag als Abgeordnete dieses Landes Ba den-Württemberg, in erster Linie die Interessen der hier le benden Menschen wahrzunehmen. Mit nationalen Untertönen hat das nichts zu tun, meine Damen und Herren.
Ich bin der Staatssekretärin ausgesprochen dankbar: Sie ist am 6. Februar dieses Jahres zu einer parteiübergreifenden Ver anstaltung in meinen Wahlkreis gekommen. Wir haben damals in Donaueschingen mit Blick auf die Davoser Erklärung die Reihen geschlossen und haben gesagt: Es darf nicht dazu kom men, dass etwas beschlossen wird, was gegen die Stuttgarter Erklärung verstößt. Da waren wir Seite an Seite, und dafür möchte ich Ihnen ausdrücklich danken. Deswegen ist das, was Sie heute hier gesagt haben, insoweit auch 1 : 1 richtig.
Aber eines ist mir dennoch wichtig, und in diesem Zusam menhang war ich etwas irritiert, dass Sie gesprochen haben und nicht der Minister; das sage ich jetzt mit Blick auf ein Zi tat aus einer Zeitung von gestern:
Der Minister hat gesagt, es gehe in den Verhandlungen mit der Schweiz jetzt auch um eine „neue Austauschkultur“.
Was den Begriff „Austauschkultur“ betrifft – ich unterstelle jetzt einmal, Herr Minister, dass Sie ihn so geprägt haben; wenn das nicht so sein sollte, bitte ich Sie, das richtigzustel len –, muss ich sagen: Früher haben wir so etwas als „Kuh handel“ bezeichnet.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Felix Schreiner und Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Paketlösung!)
Wir haben immer gesagt: Wir wollen keine Paketlösung. Wir wollen keine Paketlösung, keine Verknüpfung der Flug lärmthematik mit anderen verkehrspolitischen Anliegen.
Das war Bestandteil der Landtagsinitiative vom Juli letzten Jahres, die wir übereinstimmend beschlossen haben. Mir ist es wichtig, dass wir nicht in einem halben Jahr auch noch ei nen aufgewärmten Schulterschluss zur Ablehnung der Paket lösung brauchen, sondern dass wir heute in diesem Hohen Haus über alle Fraktionsgrenzen hinweg zum Ausdruck brin gen:
Fluglärm ist ein eigenständiges Thema. Eine Paketlösung, ei ne Verbindung mit anderen Themen darf es nicht geben.
Vielen Dank, Herr Kol lege Wolf. – Ich habe mich gemeldet, weil ich glaube, es ist gefährlich, die Diskussion über die Paketlösung, die in der Presse wieder aufgeworfen wurde, in diesem Zusammenhang anzuführen. Bei der Schieneninfrastruktur ist eine Zusammen arbeit mit der Schweiz erforderlich. Wir werden die Hoch rheinbahn und die Gäubahn nur gemeinsam mit der Schweiz angehen können. Da geht es schließlich um ein gemeinsames Interesse.
Wer diese Diskussion dadurch zerredet, dass eine Verbindung zum Fluglärmstaatsvertrag hergestellt wird,
geht auf ein gefährliches Gleis. Wir dürfen die Vereinbarun gen bzw. die Zusammenarbeit mit der Schweiz hinsichtlich der Schieneninfrastruktur nicht infrage stellen.
Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass im Jahr 2010 – zu Zei ten der Vorgängerregierung – der Fluglärmbeirat, der beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelt war, unter Bezug nahme auf die Stuttgarter Erklärung
ein Schreiben an die damalige Landesregierung gerichtet hat mit der Bitte um Weiterleitung an den Bundesverkehrsminis ter. Dies wurde damals aber unterbunden. Dazu gibt es einen parlamentarischen Vorgang.
dass sich Regierungen immer sehr schwergetan haben, in die sen Prozessen Interessen eindeutig zu vertreten.
Sie war trotzdem richtig und wich tig, lieber Kollege Lehmann. Wer zu welchem Zeitpunkt auch immer das Thema Paketlösung ins Gespräch gebracht haben sollte, der irrt. Es darf sie nicht geben.
Er hat Bezug genommen auf die frühere Regierungszeit. Gestern stand im „Südkurier“ – ich zitiere mit Erlaubnis der Frau Präsidentin –:
Der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat mit Stocker bereits eine „neue Austauschkultur“ verein bart.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Miteinander sprechen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das heißt aber nicht „Kuhhandel“! – Weitere Zurufe – Unruhe)