Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Lachen bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber die hat nicht doppelt verdient! – Zuruf von der CDU: Aber die war gleich da! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ist sie noch Abgeordnete im Abgeordnetenhaus oder nicht?)

Jetzt behaupten Sie, wir hätten gar keine Probleme bei der In tegrationspolitik. Wir haben weniger Probleme mit der Inte grationspolitik als andere, weil wir das Glück hatten, dass un sere Migranten auf lange Zeit sehr gut bei unseren mittelstän dischen und großen Unternehmen untergekommen sind. Es ist in erster Linie deren Verdienst, dass es möglich war, sie gut in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das wollen wir einmal festhalten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Und die Politik hat nicht geschadet! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es! Da braucht man gute Politik!)

Wenn wir aber bei diesem hohen Migrantenanteil heute fest stellen, dass wir z. B. im öffentlichen Dienst noch immer un ter 1 % Migrantenanteil unter Lehrern oder Polizisten haben, dann stimmt in diesem Land etwas nicht. Deshalb ist es rich tig, dass wir ein Integrationsministerium eingerichtet haben, damit wir das ändern und zeigen, dass es auch anders geht. Das werden wir machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Lassen Sie mich zu einem dritten Punkt kommen: zur Ener giepolitik. Herr Hauk, es gibt schon im grünen Parteipro gramm, aber auch im Koalitionsvertrag ein klares Bekenntnis zu Pumpspeicherkraftwerken. Das haben Sie wohl überlesen. Frau Kollegin Sitzmann hat Ihnen schon gesagt, dass Sie das vielleicht nachlesen sollten.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Genau!)

Im Kern geht es aber darum, dass wir jetzt mit der Bundesre gierung und dem Bundestag vor Verhandlungen über die Fra ge des Ausstiegs aus der Atomenergie stehen. Gern nehme ich Ihr Angebot einer Konsensfindung an. Dazu sind wir selbst verständlich bereit. Mit dieser Haltung werden wir auch in die Verhandlungen mit der Bundesregierung und dem Bundestag gehen, um einen tragfähigen Konsens hinzubekommen, der gewährleistet, dass das Atomzeitalter in Deutschland – dann allerdings unumkehrbar – beendet wird, jedenfalls was die Er zeugung von Atomstrom betrifft. Mit dieser Haltung gehen wir in die Gespräche.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für jede Unterstützung, die uns auf dem Weg zu einem ver nünftigen Ziel zuteil wird, sind wir dankbar und werden die se annehmen. Ich warte auf Ihre konkreten Vorschläge.

Es ist klar: Wir wollen schnellstmöglich aus der Atomkraft aussteigen, weil wir gesehen haben, dass wir das Wort Rest risiko aus unserem Vokabular streichen müssen. Das soge nannte Restrisiko hat sich in Fukushima, in Japan – einem Hochtechnologieland –, leider als echtes Risiko erwiesen. Deswegen müssen wir schnellstmöglich aussteigen. Das ist eine Verpflichtung, die wir schon lange gesehen haben – wir haben sie sehr viel früher gesehen als Sie, nämlich schon nach Harrisburg und endgültig nach Tschernobyl. Aber jetzt haben es offensichtlich alle begriffen. Das ist auch gut so.

Ob der Konsens zum Ausstieg gelingt, hängt meiner Ansicht nach in der Tat von drei Randbedingungen ab – grundsätzlich ist es aber wichtig, dass der Ausstieg möglichst schnell er folgt; denn nur dadurch können wir Risiken überhaupt ver meiden –: Erstens dürfen wir Atomstrom nicht dauerhaft aus anderen Ländern importieren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aha!)

Davon habe ich gesprochen, nicht von Stromimporten allge mein. Ich habe ausdrücklich von Atomstromimporten gespro chen. Selbstverständlich werden wir auch in Zukunft Strom importieren. Wenn beispielsweise ein Projekt wie DESER TEC Wirklichkeit wird oder wenn wir große Trassen nach Norwegen bekommen, spricht überhaupt nichts dagegen, dass wir innerhalb der großen europäischen Netze auch regenera tiv erzeugten Strom aus anderen Ländern importieren. Es ging darum, dass wir Atomstrom nicht dauerhaft importieren dür fen. Das würde in der Tat keinen Sinn machen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Zweitens dürfen wir nicht zugunsten der Ausstiegsgeschwin digkeit in eine stärkere Klimagefährdung gehen, und drittens dürfen die Strompreise nicht explodieren. Die Preise werden steigen; auch bislang sind sie schon gestiegen. Aber der Preis anstieg muss moderat erfolgen, sodass er für Verbraucher und Wirtschaft erträglich ist. So werden wir es machen.

Das sind die Randbedingungen. Ich habe den Eindruck, dass hierüber eigentlich Konsens besteht. Also setzen wir diesen Konsens mit den geschilderten Randbedingungen doch ge meinsam um. Im Einzelnen müssen wir darüber verhandeln und auch streiten; das ist klar. Aber ich denke, dass wir dabei zu einem Konsens kommen werden.

Wichtig ist für uns jedenfalls, dass die alten Atommeiler so wie das Atomkraftwerk Krümmel dauerhaft abgeschaltet blei ben, also nicht mehr ans Netz gehen. Das heißt, dass bei uns Philippsburg 1 und Neckarwestheim I nicht wieder ans Netz gehen dürfen. Das ist eine klare Bedingung, mit der wir in die Verhandlungen gehen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich schließlich noch etwas zur Haushaltskonso lidierung sagen. Wir haben Folgendes beschlossen: Wir wer den einen Kassensturz machen, und das Ergebnis dieses Kas sensturzes werden wir dem Parlament förmlich zuleiten, ent weder in Form einer Regierungserklärung oder auf andere ge eignete Weise. Das heißt, das Hohe Haus wird in den nächs ten Wochen die Gelegenheit haben, zahlenscharf über das Thema zu debattieren. Auf diese Weise können wir eine seri öse Debatte führen. Glauben Sie mir: Dann werden Polemi ken nichts mehr nützen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau! Ihre Polemiken!)

Franz Josef Strauß hat einmal sehr schön gesagt: Man kann Generäle anschreien, Zahlen aber nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Auch die Summe der Steuermehreinnahmen nicht!)

Wir werden alles auf den Tisch legen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Vor allem die Steuer mehreinnahmen!)

Folgendes ist jedoch völlig klar: Wir haben bei dem, was wir von Ihnen übernommen haben, in der mittelfristigen Finanz planung Deckungslücken von rund 3 Milliarden € jährlich.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Abzüglich der Steuer mehreinnahmen!)

Selbst wenn wir die Steuermehreinnahmen nur zur Deckung verwenden würden, wären wir noch immer nicht bei null.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Für 2011 schon! 2011 wären wir bei null! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir hätten das geschafft!)

Das heißt, eine Nullneuverschuldung ist selbst unter Berück sichtigung der Steuermehreinnahmen nicht möglich.

(Widerspruch bei der CDU)

Ihre einfachen Rechnungen zur Nullverschuldung sagen aber nicht, wie man die Deckungslücken füllt.

(Abg. Volker Schebesta CDU: 2011 haben Sie gar keine Deckungslücke mehr! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das sind sehr billige Tricks.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Es gibt 2011 keine Deckungslücke!)

Ich will das jetzt gar nicht vertiefen.

(Lachen bei der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie weichen aus!)

In vier Wochen werden wir das vorlegen. Das wird hier im Plenum aufgerufen. Dann können wir anhand der Vorlagen des Finanzministeriums sehr konkret diskutieren,

(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist doch Theaterdon ner, sonst nichts!)

und dann wird die Debatte etwas präziser.

Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes sagen:

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Kommt wieder ei ne Erklärung?)

Wir nehmen es sehr ernst, eine Bürgerregierung sein zu wol len. Ich würde Ihnen raten, das auch etwas ernst zu nehmen

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wir waren schon immer eine Bürgerregierung!)

und die Polemiken etwas zurückzufahren, die Sie auf Lager hatten und die nicht sehr überzeugend waren. Es muss doch uns alle besorgen, meine Damen und Herren, dass laut Um fragen 80 % der Bevölkerung das Vertrauen in die demokra tischen Institutionen verloren haben. Es ist Anliegen und Auf gabe dieser Regierung und der sie tragenden Koalition, aber auch von Ihnen, der Opposition,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Baden-Württem berg ist größer als der Schlossgarten!)

sich zu überlegen, was wir dagegen tun können, dass dieser Vertrauensverlust immer weiter wächst, dass dieser Graben zwischen der Bürgerschaft und den Institutionen immer tiefer wird.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ja, siehe Stuttgart 21!)

Wir können in ganz Europa sehen, wie überall populistische Bewegungen an Einfluss gewinnen

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Zuruf: Jawohl! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das haben wir gemerkt! Aber Baden-Württemberg ist größer als der Schlossgarten!)

und sogar Einfluss auf das Regierungshandeln gewinnen. Das muss uns besorgen. Deswegen sind wir alle aufgefordert, uns neue Formate der Bürgerbeteiligung zu überlegen.