Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte un ter Tagesordnungspunkt 2 beendet.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Landesglücksspielgesetz (LGlüG) – Drucksache 15/2431

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/2485

Berichterstatter: Abg. Manfred Hollenbach

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat eine All gemeine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erhält zuerst für die CDUFraktion Herr Abg. Kößler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das im Entwurf vorliegen de Landesglücksspielgesetz bildet im Grunde den gesetzli chen Rahmen für das Glücksspiel in Baden-Württemberg. Ne ben der Umsetzung des Ersten Glücksspieländerungsstaats vertrags geht es bei diesem Gesetzentwurf auch um das Spiel bankengesetz, die landesrechtlichen Vorschriften über Renn wetten und Lotterien sowie die gesetzlichen Regelungen für Spielhallen.

Meine Damen und Herren, worum geht es in diesem Gesetz entwurf? Es geht um eine ordnungspolitische Zielsetzung, die da lautet: Wie kann der Staat den vorhandenen Bedarf an Glücksspiel in legale Bahnen lenken und andererseits gleich zeitig die Spielsucht eindämmen? Dabei bewegen wir uns auf einem sehr schmalen Grat. Einerseits wollen wir das Glücks spiel zulassen und nicht in der Illegalität belassen, und ande rerseits dürfen wir der Spielsucht keinen Vorschub leisten. Um ein Beispiel aus der Mythologie aufzugreifen: Wir bewegen uns zwischen Szylla und Charybdis.

(Zuruf: Die beiden spielen doch beim VfB!)

Das soll heißen: Weil man sich den Fängen der Charybdis ent ziehen will, der Illegalität entziehen will, bewegt man sich auf die Szylla zu, und zwar in diesem Fall auf die Spielsucht. Die se Spielsucht lässt niemanden so schnell aus ihren Fängen.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Aber Odysseus hat es geschafft!)

Ja, okay. Du kannst das ja nachher noch einmal ausführen.

Fazit: Auch von dem, was wir zulassen, gehen erhebliche Ge fahren aus. Das Ausmaß der Folgen habe ich bei der ersten Lesung schon einmal dargelegt. Meines Erachtens ist aber ent scheidend – trotz aller gesetzlichen Regelungen –, dass dieje nigen, die Spielhallen betreiben, und dass diejenigen, die dort arbeiten, den Jugendschutz einhalten, das Sozialkonzept mit tragen und die Suchtprävention mittragen. Nur dann, wenn die an einem Spielbetrieb Beteiligten die ganzen gesetzlichen Regelungen mittragen und verinnerlichen, wird es uns gelin gen, einen ordentlichen und gelenkten Spielbetrieb zu gestal ten.

Aufgabe muss es dabei sein, dass die Aufsicht sehr engma schig kontrolliert. Es nützt nichts, Vorschriften zu erlassen, wenn sie nicht kontrolliert werden.

Ich will auf ein paar wichtige, kritische Punkte eingehen.

Zunächst zum Mindestabstand zwischen Spielstätten. Derzeit ist nicht klar, welche Halle, welche Spielstätte im Radius von 500 m schließen soll. Kritisch zu sehen sind außerdem die un bestimmten Rechtsbegriffe, was z. B. den Mindestabstand be trifft und was natürlich auch die zeitliche Dauer der Über gangsregelungen betrifft.

Ferner kann der vorgesehene weite Mindestabstand dazu füh ren, dass Spielhallen und Spielstätten in Außenbereiche und Gewerbegebiete gedrängt werden. Dies bedeutet dann im Ein zelnen, dass die soziale Kontrolle, die auch beim Spielbetrieb und bei den Spielhallen wichtig ist, ausfällt.

Hinzu kommt die Anwendung der Sperrdatei. Sie muss rich tig erfolgen. Nur dann, wenn die Eingangskontrollen auch ge macht werden, nützt die Sperrdatei etwas.

Meine Damen und Herren, der Gesetzestext enthält insgesamt eine ganze Menge unbestimmter Rechtsbegriffe, die zu klä ren sind und die unseres Erachtens zu Rechtsstreitigkeiten füh ren werden. Ich will bloß einige nennen. Ich nenne zum einen die Härtefallregelung. Was sind unbillige Härten? Was ist der angemessene Mindestabstand? Oder es geht z. B. um den Ein griff ins Eigentumsrecht nach Artikel 14 des Grundgesetzes. Die Spielhallenbetreiber konnten sich darauf verlassen, wenn sie Investitionen – nicht nur in Spielgeräte – tätigten, dass sich diese Investitionen amortisieren. Bei Gebäuden und Einrich tungen braucht man hierzu mehr als fünf Jahre. Deshalb ist davon auszugehen, dass der § 51 – Übergangsregelung – nicht Bestand haben wird, dass es da zu Rechtsstreitigkeiten kom men wird.

Wir werden dem Gesetzentwurf im Ganzen zustimmen, weil wir klare Regelungen wollen, aber wir werden dieser Über gangsregelung nicht zustimmen, weil wir glauben, dass wir uns da auf einem sehr vagen Boden bewegen.

(Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Herrn Abg. Schwarz?

Herr Kollege Kößler, ich stelle weitestgehende Übereinstimmung fest, und Sie wollen ja auch dem Gesetzentwurf zustimmen. Aber ich habe noch die Frage: Sind Sie mit mir der Meinung, dass wir auch aus suchtpräventiven Gründen die Zahl der Spielhallen in den Städten und Gemeinden reduzieren müssen und dass die Städ te und Gemeinden dazu ein vernünftiges Handwerkszeug brauchen, das wir ihnen mit dem Landesglücksspielgesetz ge ben?

Herr Schwarz, darüber besteht kein Zweifel.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Okay!)

Wir sagen nur, dass die kurzen Übergangsfristen dazu führen können, dass Verwaltungsgerichtsprozesse stattfinden, dass insgesamt Prozesse stattfinden werden und die Gerichte dann entscheiden, wie die Übergangszeiten sein werden.

Da gibt es meines Erachtens eine Lücke in der Rechtspre chung; das wird noch auf die Regierung, auf das Land zukom men. Die Frage ist nur, ob bzw. wie viel Schadensersatz das Land zahlen muss.

Insgesamt: Die CDU-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zu stimmen, ausgenommen § 51 – Übergangsregelung.

Ich will zum Schluss kommen und mit folgendem Zitat en den, das von Ludwig Fulda stammt und Bezug auf die My thologie nimmt:

Liegt Szylla links, Charybdis rechts bereit, was kann dem armen Erdenbürger glücken? Der falsche Weg ist Meilen breit, der rechte schmäler als ein Messerrücken.

Ich wünsche uns, dass wir mit dem vorliegenden Gesetz die Gestaltungsmöglichkeiten auf dem schmalen Grat zwischen Lenkung des Spielbetriebs und Eindämmung der Spielsucht ausfüllen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Frey das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Initianten der Anhörung, die wir in den letzten zwei, drei Wochen durchgeführt hatten, ganz herzlich zu danken. Ich glaube, diese hat noch einmal sehr deutlich gemacht, wie die Gemengelage ist.

Wir hatten eine große Übereinstimmung mit den kommuna len Landesverbänden, mit den Suchtpräventionseinrichtun gen, mit den Kirchen. Auf der einen Seite hat man dort eine große Gemeinwohlverpflichtung gesehen und hat über den Tellerrand geblickt.

Auf der anderen Seite wurden seitens des Automatenverbands große Tränen vergossen, obwohl er in den letzten Jahren re lativ gut verdient hat und die Eigeninteressen eingebracht hat. Letzteres ist so weit in Ordnung, weil wir über eine liberale Gewerbefreiheit verfügen. Nach dem Urteil des EuGH müs sen wir neben den Leitplanken zum Spieler- und Jugendschutz und der Notwendigkeit, dass die Kommunen Regelungen tref fen, diese Gewerbefreiheit gewährleisten.

Herr Kößler, bis 2017 gibt es für die Spielhallen Übergangs fristen. Die Übergangsfristen sind sehr gewerbefreundlich. Daher sehe ich auch gar keinen Grund zur Befürchtung, dass hier irgendwelche Härten entstehen. Trotzdem gibt es noch ei ne Härtefallregelung in diesem Gesetz, das aus unserer Sicht den Spagat zwischen Gewerbefreiheit, Kinder- und Jugend schutz sowie Spielerschutz schafft. Das ist in diesem schwie rigen Feld mit diesem hohen Suchtpotenzial nicht einfach.

Viele kennen sich auch nicht sehr gut aus, was die Spieler mentalität betrifft. Aber Sie können sich des Begriffs „Kasi nokapitalismus“ bedienen; dieser ist vielleicht bekannter. Beim Spekulieren der Banker – ich nenne das Stichwort Leh man Brothers –

(Zuruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU)

sehen Sie im Großen, was im Kleinen, in den Familien pas siert, nämlich dass diejenigen, die eigentlich die Verantwor tung tragen müssten, entschwinden und entweder nicht zah len können oder nicht zahlen wollen. Dann muss die Gemein schaft für die entstandenen Kosten aufkommen.

Der vorliegende Gesetzentwurf findet eindeutige Regelungen, um dies zu verhindern, und er berücksichtigt das Gemeinwohl genügend.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Ernst Kopp SPD)

Wir wenden uns eindeutig gegen die Spekulation mit Geld auf europäischer Ebene, genauso wie z. B. dagegen, in den Kasi nos Geld zu waschen. Da steht ein neues Problem an; das wis sen Sie. Wir werden uns diesem Problem in der Zukunft zu wenden müssen.

Die Leitplanken, die das Gesetz bietet, sind nötig. Wir sind eindeutig für die 500-m-Abstände von Spielhallen zu Jugend einrichtungen und zwischen den Spielhallen untereinander. Es gibt eine eindeutige Sperrzeit ohne Ausnahmeregelungen oder wachsweiche Regelungen. Ich glaube, darauf haben sowohl die Bevölkerung als auch die diejenigen, die in den betreffen den Einrichtungen spielen wollen, und diejenigen, die dort an gestellt sind, ein Recht.

Sie haben es schon angeführt: In das Landesglücksspielgesetz werden jetzt verschiedene gesetzliche Regelungen gepackt. Deswegen fallen drei Verordnungen und Gesetze weg. Das ist auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau.

Aus unserer Sicht besteht volle Zustimmung zu dem Gesetz entwurf. Wir bedanken uns für die gute Arbeit in den Minis terien.

Vielen Dank.