Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

Ein Beispiel ist die Förderung aus dem EFRE, der früher ei ne bunte Wiese, ein großer Bauchladen von vielen kleinen und kleinsten Aktivitäten war. Wir werden diese Aktivitäten auf das Thema „Energiewende und Ressourcenschonung“ fokus sieren. Das ist immer noch ein breites Feld der Innovation. Aber es wird eine Landesstrategie daraus, wenn man sich da zu bekennt, Förderaktivitäten zu bündeln und voranzubrin gen.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, ein paar wichtige Aktivitäten der Regierung im Bereich Nachhaltigkeit im Hin blick auf Forschung und Entwicklung kurz zu umreißen.

Ein elementar wichtiges Beispiel ist die Elektromobilität. In einem Automobilland wie Baden-Württemberg müssen und wollen wir das Know-how voranbringen, um unsere Mobili tät auf Elektromobile umzustellen, die Elektromobilität wei terzuentwickeln und die Verbindung zwischen Forschung und Wirtschaft in diesem Bereich zu stärken. Dafür haben wir den „Cluster Elektromobilität Süd-West – road to global market“ und das „LivingLab BWe mobil” erfolgreich im Land etabliert. Wir unternehmen enorme finanzielle und personelle Anstren gungen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität in BadenWürttemberg.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben die Landesinitiative Elektromobilität II aufgelegt. Wir investieren bis 2015 insgesamt 50 Millionen € in diesen Bereich, um Forschung und Entwicklung für Elektrofahrzeu ge und Wasserstoffinfrastruktur voranzubringen.

Ein zweiter wichtiger Bereich ist die Weiterentwicklung des Karlsruher Instituts für Technologie. Wir haben mit dem KIT eine hervorragende Wissenschaftseinrichtung mit einem Schwer punkt im Bereich der Energieforschung. Es ist aber auch noch ein Stück Weg, die Fokussierung stärker in Richtung Nach haltigkeit weiterzuentwickeln. Die Tradition, aus der das KIT kommt, ist Ihnen allen bekannt. Es ist ursprünglich ein Groß forschungszentrum im Bereich der Kernenergie gewesen. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um das KIT zusam men mit anderen baden-württembergischen Forschungsein richtungen, insbesondere auch dem Helmholtz-Institut in Ulm, zu d e m Forschungszentrum für die Energiewende zu ma chen. Dafür braucht es einen klaren Willen, unsere Forschungs kompetenzen in diese Richtung zu lenken.

Ich komme zum dritten Bereich, in dem wir unsere Anstren gungen verstärken. Wir haben einen Strategieprozess Bioöko nomie gestartet, mit dem wir Forschungskompetenz interdis ziplinär mit wirtschaftlicher Kompetenz zusammenbringen und schauen, in welchen Bereichen wir Produkte und Verfah rensweisen entwickeln können, die materialschonend und res sourcenschonend sind und auf nachwachsenden Rohstoffen basieren. Damit wollen wir einen Beitrag dafür leisten, weg von der erdölbasierten Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Wirtschaft zu kommen. In diesem Bereich sind wir im intensiven Dialog mit wichtigen Forsche rinnen und Forschern des Landes sowie mit der Wirtschaft. Wir werden ein großes Förderprogramm auflegen, um bei der Bioökonomie in Baden-Württemberg die Nase vorn zu haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich aus dem Beitrag von Herrn Abg. Birk noch ein paar Stichpunkte aufgreifen im Hinblick auf die Frage, wie nachhaltig unsere Förderprogramme und unsere Aktivi täten im Bereich der Forschung und der Finanzierung unserer wissenschaftlichen Einrichtungen sind. Die Debatte hierüber muss eigentlich in den nächsten Tagen im Finanzausschuss und auch noch einmal hier im Plenum geführt werden, wenn wir den Haushalt verabschieden werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Dennoch möchte ich es nicht unkommentiert stehen lassen, wenn Sie hier kritisch die Frage anmerken, ob das, was wir anstoßen, eigentlich nachhaltig finanziert ist.

Lassen Sie mich anhand von zwei Bespielen klarmachen, was ich als Wissenschaftsministerin an nicht nachhaltigen Struk turen und Finanzierungen im Wissenschaftsbereich vorgefun den habe. Ich nenne als Beispiele die Popakademie und die Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Ja! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das war alles bekannt!)

Das sind zwei Projekte, deren Finanzierung im nächsten Haus halt ausgelaufen wäre. Von wegen Nachhaltigkeit!

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Traurig!)

Das Gegenteil von Nachhaltigkeit wäre der Fall gewesen. Die Förderung wäre ausgelaufen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie haben damals zu gestimmt! Das war alles bekannt! Das haben Sie mit getragen!)

Nein. Sie haben es versäumt, Vorsorge zu treffen und in der mittelfristigen Finanzplanung Mittel einzustellen. Wir muss ten jetzt zusätzliche Mittel organisieren, um überhaupt die weitere Existenz dieser Einrichtungen zu ermöglichen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Bei der Popakademie sind die Gesellschafter ausgestiegen! – Gegenruf der Abg. Helen Heberer SPD: Das habt ihr doch gewusst! Die Verträge sind ausgelaufen!)

Nein. Herr Dr. Birk, Sie wissen es besser. Die Landesfinan zierung – –

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Wacker?

Ja. Ich gestatte sogar eine Unterbrechung mit ten im Satz, weil es Herr Abg. Wacker ist.

Sehr geehrte Frau Ministerin, vie len Dank. Ich wusste, dass Sie jetzt nicht Nein sagen werden.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ist Ihnen bekannt, dass der Aufsichtsrat der Popakademie noch in der letzten Legislaturperiode unter dem Vorsitz des unter

der früheren Landesregierung amtierenden Ministers bereits Einvernehmen darin erzielt hatte, dass ein Konzept bezüglich der Weiterfinanzierung der Popakademie entwickelt wird und darin auch eine Erhöhung des Landesanteils inbegriffen war? Darüber gab es Konsens, und damit war im Grunde auch be reits eine Planung seitens der früheren Landesregierung be absichtigt. Ist Ihnen das bekannt, Frau Ministerin?

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Herr Abg. Wacker, wenn Sie von einem Kon sens sprechen, sind das wohlfeile Worte. Diese waren leider durch keine Finanzmittel – auch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung – unterlegt. Sie waren durch nichts unterlegt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der Landesanteil wurde aus Privatisierungserlösen finanziert. Es waren zeitlich begrenzte, auslaufende Mittel. Wir haben jetzt die Aufgabe übernommen, diese Projekte nachhaltig zu gestalten.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestat ten Sie, bevor Sie den nächsten Satz starten, eine Zwischen frage des Herrn Abg. Dr. Birk?

Ja.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich wusste nicht, ob Sie jetzt Ja oder Nein sagen. Ich hoffe aber, dass es mir gelingt, eine so gute Beziehung aufzubauen, wie es dem Kollegen Wacker gelungen ist.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass seinerzeit bei der Gründung der ADK sowohl Ihr jetziger Staatssekretär als auch der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD ausdrücklich zur Gründung geraten und damals auch ihre Zustimmung gege ben haben und dass schon damals bekannt war, dass, wenn im Jahr 2013 die Mittel der Zukunftsinitiative auslaufen, dies in den Haushalt übernommen werden muss? Ist Ihnen das be kannt?

Die Frage, die sich natürlich daran anschließt, lautet: Wie ha ben Sie denn angesichts des jetzigen Haushalts Vorsorge ge troffen, um sowohl für die Popakademie als auch für die ADK eine wirkliche Finanzierungsperspektive für die nächsten Jah re zu eröffnen? Diese Frage ist berechtigt; denn wenn sich die se Akademien nicht bewährt hätten, dann hätten Sie diesen vermutlich keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt.

Herr Abg. Birk, ich glaube, in Ihrer Frage haben Sie schon deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Un terstützung auch seitens der Oppositionsfraktionen damals sehr explizit darauf bezogen hat, dass wir die Ansätze, die He rangehensweise und die Einrichtungen für sinnvoll halten und diese deshalb unterstützen. Damit war bestimmt nicht ge meint, dass wir eine zeitlich befristete Unterstützung oder gar eine fehlende finanzielle Hinterlegung in der mittelfristigen Finanzplanung wollten.

Man kann natürlich nicht gegen eine Popakademie sein, nur weil man sieht, dass die Landesregierung keine Vorsorge für deren weitere Finanzierung trifft. So war damals unsere Un terstützung gemeint.

Jetzt hat die Landesregierung dafür gesorgt, dass die Popaka demie und die Akademie für Darstellende Kunst weiterarbei ten können. Wir werden evaluieren und zusehen, dass wir demnächst Konzepte vorlegen können, wie eine nachhaltige Absicherung für die Zukunft aussehen kann.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Abg. Birk, Sie haben im Zusammenhang mit der Nach haltigkeit außerdem die Frage der Finanzierung des Studien platzausbaus und der zusätzlichen Masterstudienplätze aufge worfen. Wir, die neue Landesregierung, haben die Situation vorgefunden, dass die mittelfristige Finanzierung des Studi enplatzausbaus bei den Bachelorstudiengängen nicht wirklich abgesichert war. Wir müssen jetzt korrigierend eingreifen und den Ausbau der Studienplätze absichern.

Darüber hinaus werden wir es schaffen, zusätzliche Master studienplätze zu finanzieren und deren Bereitstellung nicht nur – um den Preis von Überlast – den Hochschulen selbst zu übertragen. Die Masterstudienplätze sollen finanziert werden aus den Mitteln des Ausbauprogramms „Hochschule 2012“ und den Mitteln des Hochschulausbauprogramms 2020 der Bundesregierung, sofern uns die Bundesregierung nicht im Regen stehen lässt.

Hinsichtlich des „Hochschulpakts 2020“ könnte man vermu ten, dass damit bereits eine Finanzierung bis zum Jahr 2020 sichergestellt wäre. Die Mittel laufen aber Mitte 2014 aus. Für den Studienplatzausbau im Masterbereich brauchen wir eine Fortsetzung des „Hochschulpakts 2020“. Wir verlassen uns darauf, dass da, wo 2020 draufsteht, auch 2020 drin ist. Bis lang haben wir vom Bund aber keinerlei Zusage, wie es nach 2014 weitergeht.

Ich bitte Sie alle darum, Ihren Einfluss geltend zu machen, dass wir sehr bald klare Ansagen vonseiten des Bundes be kommen, dass er die Länder beim Ausbau der Studienplätze nicht im Regen stehen lässt und insofern seiner Verpflichtung nachkommt. Die Hochschulen, aber auch wir brauchen diese Sicherheit und diese klare Perspektive, die wir bislang nicht haben.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte – um noch einmal auf das Thema Nachhaltigkeit im engeren Sinn zurückzukommen – zu dem sagen, was die Expertengruppe „Wissenschaft für Nachhaltigkeit“ im Wissenschaftsministerium bislang getan hat und wie wir weiter verfahren werden. Diese Expertengrup pe hat vor wenigen Wochen eine erste Zwischenbilanz gezo gen und am 5. November die öffentliche Veranstaltung „Fit für das 21. Jahrhundert?“ veranstaltet. Es ging um die Wis senschaft als Motor für Nachhaltigkeit. Wir haben über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verzeichnen können, im We sentlichen aus Baden-Württemberg, die intensiv und engagiert mitdiskutiert haben. Sie setzen hohe Erwartungen in diesen Prozess, der aus den vielen guten Einzelinitiativen im Bereich der Lehre, der Forschung, aber auch der nachhaltigen Bewirt schaftung und des Gebäudemanagements neue Gesamtstrate gien erarbeiten soll.

Wir haben darüber hinaus in diesem Jahr eine weitere Veran staltung vor, und zwar im Dezember in der Landesvertretung in Berlin, um auch auf Bundesebene mit bundesweiten Ak teuren das Thema noch einmal zu vertiefen. Wir werden bei dieser Gelegenheit einen Schwerpunkt auf die Frage legen, welchen Beitrag die Wirtschaftswissenschaften leisten kön nen und müssen, um nachhaltige Entwicklung voranzubrin gen.

Wir haben eine Förderlinie im Innovations- und Qualitäts fonds aufgelegt. Wir haben eine Vielzahl von Anträgen für die erste Förderrunde erhalten mit sehr guten Initiativen aus dem ganzen Land, die sich um eine Förderung aus diesem Fonds beworben haben. Wir werden sie in diesen Tagen auswerten und werden ausgehend von den Erfahrungen in der ersten Runde im nächsten Jahr eine neue Förderrunde auflegen und so einen relevanten Betrag zur Verfügung stellen.

Unser Leitgedanke dabei ist, eine neue Qualität in BadenWürttemberg zu erreichen und hinauszugehen über die vielen schönen Einzelmaßnahmen, die es gibt, hin zu Gesamtstrate gien gesamter Hochschulen oder einer Gesamtstrategie von Akteuren, die sich landesweit zusammentun.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen, im Wissen schaftsbereich, aber auch zusammen mit dem Ministerpräsi denten und dem neu eingesetzten Beirat für nachhaltige Ent wicklung dieses Thema stärker in den Fokus unseres Handelns zu stellen. Ich freue mich auf Ihre konstruktive Begleitung dieses Prozesses.