Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Mit der Etablierung des Zweisäulenmodells in der Bildungs politik geben wir einen klaren Weg vor.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was ist daran klar?)

Herr Kollege Hauk, schauen Sie sich einmal in den anderen Bundesländern um.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja, genau!)

Sie werden feststellen, dass fast alle anderen Bundesländer ähnlich vorgehen, auch die unionsgeführten Länder. Dort wird diese Schulart vielleicht nicht „Gemeinschaftsschule“ ge nannt, sondern die einen bezeichnen sie als „Mittelschule“, die anderen nennen sie „Regelschule“, und wieder andere „Se kundarschule“ oder was auch immer. Da gibt es einen gewis sen Wirrwarr in der Bezeichnung. Aber letztlich geht der Weg bei allen in dieselbe Richtung. Nur Sie verweigern sich stur dieser Entwicklung, die absolut notwendig ist.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Warten wir den morgigen Tag ab! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist zunächst einmal ei ne Frage der Gerechtigkeit. Denn auch bei uns hat ein Akade mikerkind siebenmal größere Chancen auf einen höheren Bil dungsabschluss als das Kind eines Facharbeiters. Um diese Unterschiede zu beseitigen, gehen wir diesen Weg. Es gehört zu den großen sozialen Aufgaben dieser Landesregierung, den Bildungserfolg so weit wie möglich von der sozialen Herkunft zu entkoppeln.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Also weg von den Eltern? – Abg. Peter Hauk CDU: Was ist denn für Sie ein Erfolg?)

Nichts wird das soziale Gesicht unserer Gesellschaft so sehr bestimmen wie die Teilhabe und die Chancengleichheit im Bildungsbereich. Darum gehen wir diesen Weg weiter.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zum Zweiten – meine Damen und Herren, das sollten Sie zu mindest endlich einmal erkennen –: Dies ist auch schlichtweg der demografischen Entwicklung geschuldet. Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass wir bis 2020 von Jahr zu Jahr etwa 25 000 Schülerinnen und Schüler weniger haben werden. Da nach flacht diese Kurve vielleicht ab. Es ist aber doch klar, dass sich bei einem solch massiven Rückgang der Schüler zahlen – 2020 werden es 190 000 Schülerinnen und Schüler weniger sein als heute – die Schullandschaft umwälzen muss.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hierfür muss man die Leistung aber nicht abschaffen!)

Das ist doch gar keine Frage. Daran führt überhaupt kein Weg vorbei.

(Zuruf von der CDU: Unsinn!)

Deswegen gehen wir den Weg der regionalen Schulentwick lungspläne, den Sie jahrzehntelang nicht gegangen sind, ob wohl sich die Entwicklung schon lange angekündigt hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir tun das gerade deshalb,

(Abg. Volker Schebesta CDU: 2013 oder 2014?)

damit wir in den ländlichen Räumen ein qualitativ hochwer tiges Bildungsangebot sichern.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Leistungsprin zip wird abgeschafft!)

Genau das ist einer der Gründe. Wir wollen verhindern, dass zum Schluss nicht alle Kinder vom Land in die Stadt fahren müssen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau! – Weitere Zurufe)

Deswegen ist es eine Maßnahme, die den ländlichen Raum stärkt. Das ist gar keine Frage. Wir machen es eben nicht so, wie Sie gesagt haben, Herr Hauk, dass das von oben ohne Rücksicht auf Verluste durchgedrückt wird. Genau das Ge genteil ist der Fall.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Wir machen diese Maßnahme dort, wo sie gewünscht wird.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sie schwätzen doch von 40 Schülern pro Klassenstufe! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Im Gegensatz zu Ihnen haben das viele Ihrer Bürgermeister verstanden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Deshalb war der Städtetag so be geistert von Ihrer Rede, oder was?)

Ich zitiere einmal den Bürgermeister der Stadt Süßen; er ist von der CDU. Dort wurde die Gemeinschaftsschule einge führt. Er sagt: „Als Kommunalpolitiker muss ich gucken: Was ist das Beste für den Ort?“

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, klar! Wunderbar! – Weitere lebhaf te Zurufe)

Hier sieht man, wie Entscheidungen gefällt werden, wenn man keine ideologische Brille aufhat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie machen ein Angebot: Gemeinschaftsschule! Sie haben eine rie sige Angebotspalette! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Drittens ist die Gemeinschaftsschule auch aus wirtschaftli chen Gründen notwendig. Beispiel Oberkochen, der Haupt sitz zweier hervorragender Unternehmen,

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

der Carl Zeiss AG und des Werkzeugbauers Leitz:

(Abg. Winfried Mack CDU: 19 Schüler in Klasse 5!)

Der Ausbildungsleiter von Zeiss hat sich für die neue Gemein schaftsschule starkgemacht, weil ihm das neue pädagogische Konzept der beruflichen Bildung entgegenkommt; es setzt auf selbstständiges Lernen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Alles Hypothese! – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, wir sind an einem Konsens mit Ih nen interessiert.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wenn wir das machen, was Sie wollen! – Weitere Zurufe)

Aber dazu müssen Sie Ihre Fundamentalopposition aufgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Oh-Rufe von Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Natürlich braucht ein Land, eine Industrieregion auch gute Verkehrsinfrastrukturen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen – Abg. Ni cole Razavi CDU: Stimmt! – Zurufe: Sehr richtig!)

Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist: mehr Straßen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Gar nicht wahr! Entschuldi gung, das ist eine böswillige Unterstellung! Stimmt doch nicht! – Abg. Winfried Mack CDU: 30 % mehr Nahverkehr! – Weitere Zurufe von der CDU)

Aber mehr Straßen mit Geld, das wir nicht haben? Das ist das Problem Ihrer Politik.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Sie bauen Radwe ge mit Geld, das wir nicht haben!)

Das ist rein ideologisch motiviert.

(Abg. Peter Hauk CDU: Unglaublich!)

Denn wir haben gar nichts gegen mehr Straßen – wenn wir das Geld dafür haben.