Die CDU hat nach langer Diskussion einen guten Beschluss gefasst – mit Mehrheit. Sie mögen anderer Meinung sein, und Sie können sich auch Kritik erlauben. Aber der Respekt vor der Stärke der Diskussion und dem daraus folgenden Be schluss ist eine Frage des Anstands.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mit Er laubnis des Präsidenten mit einem Zitat an:
Das ist ein bemerkenswerter Satz aus einem Beschluss, den Sie auf Ihrem CDU-Bundesparteitag gefasst haben. Das ist ei ne vorbildliche Haltung, die wir an diesem Punkt teilen. Aber leider passt sie eben nicht zu dem, was Sie inhaltlich beschlos sen haben. Die grundlegende Ablehnung der Gleichstellung von nicht heterosexuellen Paaren, wie auf dem CDU-Partei tag geschehen, und damit die steuerliche Schlechterstellung ist eine persönliche und juristische Diskriminierung gleichge schlechtlicher Partnerschaften. Sie macht wieder einmal deut lich, was für ein überkommenes Welt- und Gesellschaftsbild sich dahinter verbirgt.
Wer so agiert, zeigt wenig Gespür für die Lebenswirklichkeit in unserer Gesellschaft. Wer so agiert, hat nicht verstanden, dass es nicht darum geht, konservativ oder modern zu sein. Vielmehr geht es darum, ob man Respekt vor verschiedenen Lebensbiografien zeigt oder nicht.
Dass Sie mit solchen Beschlüssen auch Ihre anscheinend kom plett abhandengekommene Großstadtkompetenz nicht wie dererlangen, ist nicht unser Problem. Mir scheint viel entschei dender zu sein, welches fatale Signal eine im Bund regieren de Partei in dieses Land sendet. Denn dieser Beschluss reiht sich ein in eine Tradition von Intoleranz, die beständig merk würdige Blüten treibt. Ich möchte hier einen kleinen Eindruck davon geben.
Die hessische Landesregierung und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fördern beispielsweise den evangelikalen Verein „Offensive Junger Christen“, der sich zum Ziel gesetzt hat, Vorträge über die Heilbarkeit von Homosexualität ins Land zu bringen. Diese Meldung ist leider keine zehn Tage alt.
Der Unionsbundestagsabgeordnete Norbert Geis sprach in Be zug auf Homosexuelle wiederholt von der „Perversion der Se xualität“ und sieht in der Homosexualität eine Sünde. Kritik im eigenen Lager der CDU: bis auf wenige Ausnahmen Fehl anzeige.
Stefan Mappus hat den Christopher Street Day als abstoßend bezeichnet und den damaligen Sozialminister Renner öffent lich kritisiert, weil dieser die Schirmherrschaft übernommen hatte. Meine Damen und Herren, das finde ich, vorsichtig aus gedrückt, erschreckend.
Gleichzeitig, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es im Land eine ganz alltägliche Homophobie, die leider noch weit ver breitet ist. Solange die Worte „schwul“ oder „lesbisch“ immer noch als Schimpfworte verwendet werden, und das nicht nur auf dem Fußballplatz oder in der Eckkneipe oder auf dem Schulhof, sollten alle demokratischen Parteien klar und deut lich Stellung beziehen. Homophobie ist ein Angriff auf unse re Grundwerte, auf die Verfassung und auf die durch die Ver fassung geschützte Würde des Menschen.
Diese Grundwerte müssen wir durchsetzen. Wir dürfen nicht müde werden, sie immer wieder zu zitieren, sie zu verteidi gen und zu achten, egal, ob in der Regierung oder in der Op position, egal, ob im Bund oder im Land. Deswegen ist es richtig, dass das heute auch hier ein Thema ist, Herr Kunz mann.
Der grün-roten Landesregierung geht es darum, endlich glei che Rechte und gleiche Lebensbedingungen für alle Menschen in Baden-Württemberg zu schaffen. Es geht schlicht darum, Lesben, Schwule und Transgender auch finanziell nicht län ger zu diskriminieren.
Ich möchte mich daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht mit Ihren rückwärtsgewandten Beschlüssen auf dem CDUParteitag auseinandersetzen. Die Zeiten, in denen wir uns an Ihnen abarbeiten mussten, sind glücklicherweise seit andert halb Jahren vorbei.
Vielmehr möchte ich darstellen, was wir seitdem gemacht ha ben. Wir haben im Beamtenrecht die Gleichstellung von ho mosexuellen Paaren bei der Besoldung und Versorgung durch gesetzt,
Wir haben dafür gesorgt, dass Lesben und Schwule genauso feierlich auf dem Standesamt heiraten können wie heterose xuelle Paare und dies nicht länger in der Kfz-Zulassungsstel le tun müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zurufe von der CDU, u. a.: Das ist doch Quatsch!)
Wir erstellen auch, Herr Kunzmann, unter Federführung der Sozialministerin Katrin Altpeter einen Aktionsplan für Tole ranz und Gleichstellung, um die Akzeptanz sexueller Vielfalt zu stärken und dazu beizutragen, dass weiter Vorurteile abge baut werden. Dieser Toleranzplan ist ein Meilenstein. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass die Regie rung ein ressortübergreifendes Konzept für Toleranz und Gleich stellung vorlegt und dieses gemeinsam mit den zivilgesell schaftlichen Partnern umsetzen wird.
Ich möchte an dieser Stelle zum Schluss kommen. Wir haben uns in den letzten eineinhalb Jahren teilweise aus dem kultu rellen Mittelalter herausbewegt. Hier ist ein guter Ort, dass wir das heute noch einmal zur Sprache gebracht haben. So lange Sie nicht mit auf den Zug steigen, wissen die Menschen, wo Toleranz und kulturelle Vielfalt zu suchen sind, wo die Mehrheiten sind. Die sitzen hier.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss gleich vorwegnehmen: Ich war beim CDU-Parteitag nicht dabei
(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Wie die meisten da drüben! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Scha de!)
und habe mir auch nicht alle Beschlüsse genau angeschaut. Dem Vernehmen nach soll es aber auch bei den Grünen schon Parteitage gegeben haben, bei denen man nicht immer einig war; ich denke z. B. an das Thema Alkoholverbot. Es kann al so durchaus interessant sein, das bei anderen Parteitagen an zuhören.
Dieses Thema ist ein Beispiel, bei dem Sie merken, dass es ganz gut ist, dass die FDP sozusagen in der Mitte sitzt, um auch bei diesem Thema Brücken zu bauen.
Darauf komme ich gleich, Herr Kollege Sckerl. Vielen Dank, dass Sie mir das nächste Stichwort liefern.
Die FDP im Bund und im Land hat sich gegen jegliche Form der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner schaften ausgesprochen. Bestandteil im Koalitionsvertrag auf Bundesebene – hier gibt es viele Passagen – ist auch der Ab bau von Benachteiligungen.
Wenn man jetzt einmal hineinschaut, Herr Kollege Sckerl, muss man schon ein bisschen Futter beibringen. Die Koaliti on in Berlin hat Lebenspartnerschaften bei der Erbschaftsteu er, bei der Grunderwerbsteuer und beim BAföG gleichgestellt.
Die CDU/CSU-FDP-Koalition in Berlin hat Lebenspartner schaften beim Beamtenrecht, beim Richterrecht und beim Sol datenrecht gleichgestellt. Der FDP-Außenminister hat sich in der Außenpolitik intensiv für die Einhaltung der Menschen rechte auch für Homosexuelle eingesetzt. Im Bereich der Ent wicklungshilfe hat man Staaten Entwicklungshilfegelder ge kürzt oder gesperrt, die Strafen gegenüber Homosexuellen verschärft haben.
Ferner wurde – das war ebenfalls Bestandteil des Koalitions vertrags – die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die durch Bildung und Forschung einen wichtigen Beitrag leistet, um der Diskriminierung Homosexueller entgegenzuwirken, mit 10 Millionen € Stiftungskapital ausgestattet.
In Vorbereitung ist jetzt die Änderung des Transsexuellenge setzes, das über 30 Jahre alt ist und das inzwischen medizi nisch-wissenschaftlich nicht mehr aktuell und entsprechend zu überarbeiten ist.