Meine sehr geehrten Damen und Herren, sowohl die Strom- als auch die Gasbranche haben sich in den letzten Monaten
und auch im letzten Jahr intensiv mit dem Thema Versor gungssicherheit befasst und im Vorfeld dieses Winters – wie ich bereits ausgeführt habe – entsprechend Vorsorge getrof fen. Die Situation im Winter 2012/2013 kann man beim Ein treten extremer Witterungsbedingungen nach wie vor als an gespannt bezeichnen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass die Situation mit den Maßnahmen, die wir getroffen haben – ich habe sie gerade ausgeführt: zusätzlich weitere 1 000 MW als Reserveleistung, sodass wir hier 2 600 MW ha ben, aber auch die ganzen anderen Maßnahmen –, auch in die sem Winter beherrschbar bleibt.
Für eine dauerhafte Entspannung sind neben dem weiteren Zubau von erneuerbaren Energien vor allem der Ausbau der Stromnetze und die Errichtung zusätzlicher flexibler Kraft werkskapazitäten erforderlich. An dieser Stelle will ich ein paar Bemerkungen an die Kolleginnen und Kollegen der Op position machen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU ist lei der nicht da, aber Herr Rülke ist im Raum,
der mich in der letzten Woche im Zusammenhang mit der Ka pazitätsmarktdebatte bezichtigt hat, der Planwirtschaft zu ver fallen.
Herr Kollege Rülke, ich rate Ihnen dazu, die Debatte in Deutsch land ein wenig zu verfolgen. Wenn Sie das machen würden, dann würden Sie beispielsweise Folgendes feststellen – ich zitiere aus einem Beschluss einer Landesregierung –:
Die Staatsregierung wird sich auf Bundesebene massiv für die rasche Einführung sogenannter „Kapazitätsme chanismen“ einsetzen. Diese Mechanismen sind notwen dig, damit konventionelle Kraftwerke auch unter den Be dingungen der Energiewende weiter wirtschaftlich arbei ten können.
Bei dieser Landesregierung handelt es sich um die Bayerische Staatsregierung, die immer noch von CSU und FDP geführt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe von den Grünen: Noch! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Bei der CSU gibt es halt Planwirtschaft!)
Im Übrigen, Herr Kollege Rülke, stehen Sie mit dieser Posi tion in Widerspruch zu den Beschlüssen, die von allen 16 Lan desregierungen in der Umweltministerkonferenz einstimmig gefasst wurden. Darin sind meines Wissens auch ein paar Kol legen, die Ihrer Partei angehören,
beispielsweise mein Kollege Birkner aus Niedersachsen. Wenn Sie sich den Beschluss, den wir im Juni dieses Jahres in Schleswig getroffen haben, anschauen – ich gebe ihn Ihnen nachher gern zum Nachlesen –, dann stellen Sie fest, dass die Debatte bezüglich der Kapazitätsmarktidee in Deutschland
sehr weit ist. Übrigens hat auch das Bundeswirtschaftsminis terium, das von einem Minister, der der FDP angehört, geführt wird,
ein Gutachten beim Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln eingeholt. Was empfiehlt dieses Institut? Es empfiehlt, sich auf den Weg hin zu diesem Kapazitätsmarkt zu begeben. Das ist auch logisch. Ich versuche, es Ihnen zu erklären.
An der Strombörse Leipzig wird mit Strom gehandelt, aber nicht mit Versorgungssicherheit. Schauen Sie sich weltweit um. Immer dann, wenn liberalisierte Märkte vorhanden sind, wenn Wettbewerbsintensität besteht, sinken die Preise an den Börsen. Das ist nun einmal so. Das gehört dazu.
In Deutschland wird das – das muss man auch sagen – durch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Verbindung mit dem Einspeisevorrang, der im EEG vorgeschrieben ist, noch ver schärft. Denn sobald die Sonne scheint und Wind weht – bei Fotovoltaik und Windkraft betragen die Grenzkosten null; es gibt hier keine Brennstoffkosten, keine Betriebskosten –, wer den die konventionellen, die teuren Kraftwerke – schauen Sie sich den Mechanismus an der Börse an – sozusagen oben he rausgeschoben werden. Durch die Merit-Order fallen diese heraus.
sodass wir zunehmend vor dem Problem stehen, dass die Prei se an der Börse einerseits nicht das Signal geben, neue Kraft werke zu bauen, aber andererseits auch nicht das Signal, Be standskraftwerke im Spiel zu halten, insbesondere dann nicht, wenn sogenannte Retrofitmaßnahmen anstehen. Vor dieser Si tuation stehen wir.
Wenn man in einer solchen Umbausituation Versorgungssi cherheit gewährleisten will, gibt es zwei Möglichkeiten: Ent weder man setzt auf eine Verknappung des Produkts am Markt; dann steigen die Preise an der Börse. Das erfordert eine dras tische Verknappung. Man könnte auch auf ein Modell setzen wie in Frankreich mit dem Staatskonzern EdF. Ich vermute aber, dass die FDP ihre Schwierigkeiten damit hätte, sich ei nem solchen Modell anzunähern. Mit einer solchen Verknap pung kämen Sie vielleicht zu der Situation, die wir im letzten Februar an den Börsen in Frankreich beobachten konnten. Kurzfristig betrugen dort die Preise bis zu 2 000 € pro Mega wattstunde. Pro Kilowattstunde wurden Anfang Februar die ses Jahres 1,92 € gezahlt.
Für ein solches Vorhaben haben Sie mich nicht auf Ihrer Sei te – um es einmal klar und deutlich zu sagen. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie das sagen.
Die Alternative dazu ist, dass Sie parallel zu dem – ich nenne ihn jetzt einmal so – Kilowattstundenmarkt an der Strombör se in Leipzig einen Kapazitätsmarkt stellen, über den neue Ka pazitäten angereizt werden, um die Versorgungssicherheit dann sicherzustellen, wenn der Bedarf durch erneuerbare Ener gien und andere, bereits vorhandene Kraftwerkskapazitäten nicht gedeckt werden kann. Das ist die Grundüberlegung.
Diese Grundüberlegung wird zunehmend in der Stromwirt schaft, in den Verbänden und – Gott sei Dank – in der Politik diskutiert, und man nähert sich dieser Grundidee an. Ich bin sehr zuversichtlich – um das auch noch zu sagen –, dass wir nach der Bundestagswahl – gleich, wer diese gewinnt; das ent scheiden die Wählerinnen und Wähler – erleben werden, dass ein solches Modell zum Tragen kommt, weil wir anders die nach dem Jahr 2020 dringend notwendigen neuen Kapazitä ten nicht in den Markt bekommen werden.
Wenn mir jemand ein anderes Modell vorschlägt, diskutiere ich darüber gern. Aber außer dass Sie hier herumpolemisie ren, ich wäre für Planwirtschaft, kommt dazu von Ihnen nichts.
Ihr Verständnis von Oppositionsarbeit ist, dass Sie da nur he rumpolemisieren. Aber im Grunde genommen kommt da kon zeptionell von Ihnen null und nichts.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Doch! Die Änderung des EEG! Aber die lehnen Sie aus Ideologie ab!)
von den Fraktionen aller vier Parteien, die hier im Landtag vertreten sind, im Bundestag mitgetragen worden war.
Das Quotenmodell, würde man es umsetzen, würde dazu füh ren, dass wir in Deutschland die Versorgungssicherheit ge
fährden. Warum ist das so? Quotenmodell bedeutet, es wird immer die kostengünstigste erneuerbare Energie bevorzugt. Die kostengünstigste erneuerbare Energie ist die Onshore windkraft in Norddeutschland. Wir haben aber schon jetzt das Problem, wie wir die Energiemengen, die dort erzeugt wer den, zu uns nach Süddeutschland bekommen, um die Kapa zitäten hier zu nutzen. Das ist das Thema „Ausbau der Netze von Norden nach Süden“. Heute hat die Bundesregierung den Netzentwicklungsplan beschlossen. Aber ein Modell wie das Quotenmodell würde dazu führen, dass dort im Norden noch mehr Anlagen und bei uns im Süden noch weniger Anlagen gebaut würden. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Sie vernachlässigen dabei völlig, die Kapazitäten zu mobili sieren, die es hier in Süddeutschland gibt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Gerade ha ben Sie noch behauptet, es gäbe gar keine Vorschlä ge von uns!)
Ich sage einmal: Von denen, die darüber diskutieren, nimmt außer Brüderle und Rösler Gott sei Dank kein Mensch dieses Modell ernst.