Damit ist es natürlich nicht getan. Wir brauchen auf Bundes ebene endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindest lohn. Aber mit der ordentlichen Bezahlung für öffentliche Auf träge im öffentlichen Beschaffungswesen machen wir hier im Land einen wichtigen Anfang.
Wir setzen ein Zeichen, indem wir Lohn- und Sozialdumping im öffentlichen Beschaffungswesen unterbinden. Denn Lohndumping verletzt die Würde der Arbeit.
Lohndumping gefährdet tarifgebundene Arbeitsplätze, z. B. auch im öffentlichen Personennahverkehr. Es setzt ferner die redlichen Unternehmer unfairem Wettbewerb aus. Genau des halb, zugunsten dieser redlichen Unternehmerinnen und Un ternehmer, wollen wir dieses Lohndumping bekämpfen, mei ne sehr verehrten Damen und Herren.
Der Entwurf dieses Gesetzes hat ein umfangreiches Beteili gungs- und Anhörungsverfahren durchlaufen. Mit 23 Einga ben hatten sich Kammern, Gewerkschaften, Verbände und In nungen am Gesetzgebungsprozess rege beteiligt. Es gingen umfangreiche Stellungnahmen aus vielen Bereichen der Wirt schaft ein. Dementsprechend breit war auch der Austausch der Argumente. Die Eingaben wurden bewertet, geprüft und ab gewogen. Viele Argumente haben wir bereits bei der Vorbe reitung des Anhörungsentwurfs berücksichtigt, sodass sich nach der Verbändeanhörung nur ein insgesamt moderater An passungsbedarf für den Gesetzentwurf ergeben hat. Auch das zeigt, dass wir dieses Gesetz sorgfältig vorbereitet haben.
Meine Damen und Herren, mit dem Tariftreue- und Mindest lohngesetz für öffentliche Aufträge gehen wir, die öffentliche Hand, mit gutem Beispiel voran. Wir wollen sicherstellen, dass öffentliche Aufträge des Landes und der Kommunen nur
an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten bei der Ausführung des Auftrags Tariflöhne bzw. mindestens 8,50 € pro Stunde zahlen.
Erstens dürfen öffentliche Aufträge nur an Unternehmen ver geben werden, die die maßgeblichen Tarifverträge nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Mindestarbeitsbedin gungengesetz einhalten.
Zweitens dürfen öffentliche Aufträge über Verkehrsdienstleis tungen im ÖPNV nur an Unternehmen vergeben werden, die die am Leistungsort repräsentativen Tarifverträge einhalten.
Und drittens besteht in allen übrigen Fällen ein Auffangtatbe stand. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge entsteht die Ver pflichtung, den Beschäftigten ein Mindestentgelt von 8,50 € pro Stunde zu zahlen. Damit setzen wir ein klares Zeichen ge gen Lohndumping hier in Baden-Württemberg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das Gebot der Wirtschaftlichkeit zwingt den öffentlichen Auf traggeber, den Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste An gebot zu erteilen. Erhält dieses Angebot den Zuschlag aber dadurch, dass das anbietende Unternehmen untertariflich ent lohnte Beschäftigte einsetzt, so führt dies zu einer Wettbe werbsverzerrung. Das schadet Unternehmen, die ihre Mitar beiter anständig nach Tarif bezahlen und ebenfalls um den Auftrag konkurrieren.
Wir sind der Überzeugung, dass dieses Lohndumping gerade auch im Wettbewerb in einer sozialen Marktwirtschaft kein Wettbewerbsvorteil sein darf. Deshalb wollen wir dies abstel len.
Dieses Gesetz bettet sich also ein in die Rahmengesetzgebung zur sozialen Marktwirtschaft, indem wir faire Voraussetzun gen für alle Unternehmen schaffen, wenn es um öffentliche Aufträge geht. Damit stärken wir gerade auch die Wettbe werbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen, der Handwerksbetriebe. Wie auch in zahlreichen anderen Bundes ländern soll dieses Gesetz europarechtskonform und unbüro kratisch durch Tariftreueerklärungen der Unternehmen umge setzt werden. Dazu wird dann noch eine Servicestelle einge richtet, die keinen Mehraufwand erfordert, sodass wir auch in der Umsetzung schlank unterwegs sind.
Unterm Strich bleibt: Die öffentliche Hand geht als Auftrag geber mit gutem Beispiel voran. Wir setzen ein Zeichen ge gen Lohndumping und gegen unfairen Wettbewerb, für wirt schaftlichen Erfolg, der gleichermaßen dem Gemeinwohl zu gutekommt. Denn genau das ist nach Ludwig Erhard das Ziel guter Wirtschaftspolitik: Sie soll den Menschen zum Nutzen und Segen gereichen.
Herr Präsident, meine lie ben Kolleginnen und Kollegen! In einem Land des Mittel stands darf Lohndumping nicht zu einem Geschäftsmodell werden. Das hat der Ministerpräsident in Karlsruhe auf der Gewerkschaftstagung gesagt. Sie haben recht; ich kann Ihnen da gar nicht widersprechen. Fairer Lohn ist soziale Gerech tigkeit.
Wir führen jetzt mit dem Tariftreuegesetz einen Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde für öffentliche Aufträge ein, die eine Bagatellgrenze von 20 000 € überschreiten. Soziale Gerech tigkeit beginnt offenbar bei 20 000 €. Wer hat Ihnen denn das erzählt? Peer Steinbrück? 95 % aller öffentlichen Aufträge lie gen unterhalb dieser Bagatellgrenze. Was heißt das? Hunger löhne, Kinderarbeit sind tariftreuerechtlich völlig unproble matisch?
und erzählt etwas vom „Musterland für gute Arbeit“. Das hat ten wir ja noch nie. Ein Tariftreuegesetz soll es jetzt richten. Im öffentlichen Auftragswesen soll es jetzt einen Mindestlohn geben.
Wo Mindestlohn draufsteht, ist aber noch lange nicht Min destlohn drin. Denn Lohn als solcher ist nur dann begrifflich vorhanden, wenn auch ein Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht, dass dieser Lohn auch ausgezahlt wird. Doch in diesem Gesetz sind wie im „Malleus Maleficarum“ alle Grausamkeiten geregelt. Es gibt eine Litanei von Straf maßnahmen, angefangen mit Vertragsstrafen von 5 % der Ver tragssumme bis zur fristlosen Kündigung, Schadensersatz und drei Jahre Ausschluss vom Vergabeverfahren, aber ein Rechts anspruch eines Arbeitnehmers auf Auszahlung eines Mindest lohns ist in diesem Gesetz nicht geregelt.
Begrifflich gesehen geht es nicht um einen Lohn, sondern um ein Konstrukt, wie im öffentlichen Auftragswesen ein Stun denlohn im Einzelnen zu zahlen ist. Mehr ist das eigentlich rechtlich nicht.
Betriebswirtschaftlich hat das auch noch einen Pferdefuß. Wer glaubt, dass der Stundenlohn das entscheidende Kriterium in einem Businessplan ist, um ein Geschäft zu schließen, der irrt. Ein Businessplan wird erarbeitet über die Anzahl der Stunden, über Manntage und Mannmonate.
Künftig wird der Wettbewerb nicht über den Stundenlohn er folgen, sondern über die Anzahl der Tage und die Anzahl der Stunden. Derjenige, der weniger anbietet – –
Multipliziert. Das wird aber nicht ausreichen. – Künftig wird derjenige den Zuschlag bekommen, der weniger Tage und we niger Stunden anbieten wird. Es wird so sein, dass Akkordar beit
Doch, so wird es sein. Das ist das Gebot der Wirtschaftlich keit: Wer für weniger anbietet, bekommt auch den Zuschlag.
In 150 Jahren SPD haben Sie heute zum ersten Mal in der Ge schichte dieser Partei mit diesem Gesetzentwurf einen Ent wurf vorgelegt, durch dessen Umsetzung die Arbeitsbedin gungen der Beschäftigten deutlich verschlechtert würden.
Aber es kommt noch wesentlich schlimmer. § 7 dieses Ent wurfs sieht vor, dass dem Staat sämtliche kalkulatorischen In formationen, alle Verträge mit Subunternehmen, Nach- oder Verleihunternehmen, alles, was direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar in kalkulatorischer Weise Lohnbestandteile betrifft, vorgelegt werden müssen. Man muss dem Staat alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorlegen. Wozu eigent lich?
Das kann ich vielleicht gerade noch akzeptieren. Aber das Pro blem besteht darin, dass ich als Unternehmer das Gleiche auch bei meinen Nach- und Subunternehmern einfordern muss.