Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

Umsatzsteuereinnahmen bei 149 % des Bundesdurchschnitts, wir liegen bei 121 %.

(Zuruf des Abg. Konrad Epple CDU)

Der Unterschied ist nur: Wir haben 2012 fast 2,7 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich eingezahlt – das sind über 900 Millionen € mehr als im Jahr davor –, Hamburg hat erstmals etwas aus dem Länderfinanzausgleich bekommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bescheu ert!)

Das reiche und finanzstarke Hamburg ist zum Nehmerland ge worden. Da kann etwas nicht stimmen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Ich stelle – das will ich hier ganz deutlich sagen; das gilt für die gesamte Landesregierung – das System des solidarischen Ausgleichs unterschiedlicher Wirtschaftsstärke und damit un terschiedlicher Einnahmestärke nicht grundsätzlich infrage.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wir verteilen die Steuern, die wir – der Bund und die Länder – einnehmen, auf unterschiedlichen Ebenen. Auch den Aus gleich der Finanzkraft mit dem Länderfinanzausgleich stelle ich nicht grundsätzlich infrage. Die finanzstarken Länder müs sen mit den finanzschwachen solidarisch sein. Es darf aber nicht sein, dass immer weniger Länder immer mehr bezahlen, und dies auch noch für so starke Länder wie Hamburg. Das heißt, das System der Zahlerländer muss irgendwo auch eine Grenze definieren, an der Schluss ist. Deswegen haben auch die Geberländer einen Vorschlag eingebracht, das Ganze zu deckeln. Ich denke, es muss irgendwann einmal auch einen gewissen Schutz für die Zahler geben. Das heißt, der Länder finanzausgleich in seiner jetzigen Form ist ungerecht und ver teilt falsch.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Nicht schwätzen, machen!)

Nur, meine Damen und Herren von der Opposition: Die Lan desregierung Baden-Württembergs kann das nicht allein än dern.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das wissen wir doch! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Deshalb können wir nur mit Bayern und Hessen zusammen vorgehen! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Das haben Sie offensichtlich nicht begriffen.

(Oh-Rufe von der CDU)

Sie haben beim Haushalt 100 Millionen € weniger für den Länderfinanzausgleich beantragt. Wie soll ich das interpretie ren? Ist das jetzt ein Akt des zivilen Ungehorsams der CDU, oder wie stellen Sie sich das eigentlich vor?

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Klaus Herrmann CDU)

Meine Damen und Herren, man sollte, wenn Sie so etwas ma chen, nicht glauben, dass Sie einmal 58 Jahre regiert haben.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Kollege Rülke, ich sage es Ihnen jetzt zum dritten Mal: Der Länderfinanzausgleich ist ein Einnahmeausgleich.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und das ist ein Fehler!)

Was die anderen Länder mit den Geldern machen, ob sie da für Kindergartengebühren abschaffen, Nürburgringe bauen oder keine Flughäfen zustande bringen, ändert daran gar nichts.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist ein Riesenfeh ler!)

Das ist einfach eine Tatsache. Das liegt in der Haushaltsauto nomie der Länder. Weil dieser Ausgleich ein reiner Einnah meausgleich ist, halte ich ihn für falsch und müssen wir ihn ändern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau! Das ist falsch!)

Aber es gibt keinen Knopf, den ich drücken kann, damit es sich dann ändert.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wenn es einen solchen Knopf gäbe, wäre zu fragen, warum Sie ihn nicht gedrückt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Den Länderfinanzausgleich haben doch Sie verhandelt und nicht wir. Warum haben Sie den Knopf nicht gedrückt? Der Länderfinanzausgleich ist doch nicht erst seit dem Zeitpunkt ungerecht, zu dem wir an die Regierung gekommen sind.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD)

Warum haben Sie nicht geklagt, sondern – –

(Abg. Winfried Mack CDU: Keine Polemik!)

Das ist überhaupt keine Polemik. Das sind nackte Tatsachen, Herr Mack.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es ist nicht unser Länderfinanzausgleich.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist absolut billig! Sagen Sie einmal etwas zur Strategie!)

Nicht wir, sondern Sie haben ihn verhandelt. Das ist eine Tat sache und keine billige Polemik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Erzählen Sie irgend wann, was Sie vorhaben!)

Meine Damen und Herren, ich habe einen solchen Knopf nicht. Ich frage auch: Warum haben Sie denn nicht geklagt?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wir wollen einmal wissen, was Sie machen! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Sie werden gute Gründe gehabt haben, dass Sie nicht geklagt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Dass Sie solche Vereinbarungen unter Vertrauensschutz stel len, was die Gutachten betrifft – wir haben nämlich keines in Auftrag gegeben, sondern Sie –, und ich hier nicht einmal sa gen darf, was in dem Begleitschreiben steht, das ist Ihre Po litik. Aber Sie hatten gute Gründe. Das kann ich Ihnen versi chern.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Tun Sie doch nicht so aufgeregt! Mo ralisieren Sie nicht so!)

Auf so etwas werde ich mich nicht mehr einlassen. Mit die ser Geheimhaltungspolitik machen wir jedenfalls Schluss.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, das merkt man! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Oje! Anspruch und Wirklichkeit gehen weit auseinander! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Ich kann Ihnen jedenfalls so viel sagen – darauf werde ich nachher noch einmal zurückkommen –: Die Risiken einer Kla ge sind erheblich. Deswegen bin ich mir mit den Kollegen Bouffier und Seehofer einig. Wenn Sie die Presse gelesen ha ben, wissen Sie, dass ich gestern eigentlich vorhatte, mich mit ihnen zu treffen. Das Treffen ist wegen der Witterungsverhält nisse nicht zustande gekommen. Sie können also wirklich be ruhigt sein. Ich bin da mit den Kollegen Seehofer und Bouf fier ständig im Gespräch.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Mehr Gas geben!)

Ich bin mit ihnen darüber einig, dass wir das Ganze ändern müssen. Aber ich kann das nicht erzwingen.

Als Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg ist es meine Aufgabe, die Interessen dieses Landes zu vertreten, das heißt, zu einem gerechten und transparenten Verteilsystem zu kommen. Das ist meine Aufgabe, und diese habe ich wahrge nommen.

Das geht am besten, wenn sich alle an den Verhandlungstisch setzen. Diese Verhandlungen werden angesichts der unter schiedlichen Interessenlagen nicht einfach. Deswegen bin ich der Meinung, dass es richtig ist, jetzt zu verhandeln und nicht irgendwann. Denn 2019 läuft das jetzige System des Länder finanzausgleichs ohnehin aus, und bis dahin muss etwas Neu es verhandelt sein.