Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich stimme dem Kollegen Haußmann zu: Wenn wir die Kontaktstellen nicht hätten, müssten wir sie erfinden. Deswegen auch von meiner Seite aus ein Dankeschön. Ich se he, dass Vertreterinnen der Kontaktstellen auf der Zuhörertri büne anwesend sind. Herzlichen Dank für die großartige Ar beit, die – dies hat die Evaluation bestätigt – in den 19 Jahren geleistet wurde!
Die Kontaktstellen sind ein Kind der Großen Koalition. Ich möchte meinen Blick aber auch auf die Zeit davor richten. Da gab es – wie der Kollege schon gesagt hat – eher private Ini tiativen. Vom Land gab es – da war ich selbst auch einmal ak tiv – ein Programm, das hieß „Neuer Start ab 35“. Sowohl bei den Kontaktstellen als auch bei diesem Programm ging und geht es darum, den Frauen auch bei der Wiedereingliederung, beim Wiedereinstieg zu helfen. Damals ist man mit 35 Jahren nach der Kinderphase wieder eingestiegen, heute fangen Frau en erst in diesem Alter mit der Familiengründung an. Auf je den Fall hat man damals gemerkt, dass dies eine unglaubliche Ressource ist. Wir haben aus einer von der vorangegangenen Regierung in Auftrag gegebenen Studie auch erfahren, dass in Baden-Württemberg in Kürze 500 000 Arbeitskräfte mehr benötigt werden. Deswegen muss der Fokus ganz klar auf die Frauen gerichtet werden.
Es verwundert uns in der CDU genauso wie den Kollegen, der das gerade dargestellt hat, dass der Finanz- und Wirtschaftmi nister in seiner Janusköpfigkeit den Finanzminister „heraus gehängt“ hat und zu Beginn der Koalitionsverhandlungen doch tatsächlich die Absicht gehabt hatte, die Kontaktstellen infrage zu stellen, sie zu streichen – wären da nicht die Grü nen gewesen, die gesagt haben: Aber Vorsicht, wir müssen zu erst einmal evaluieren.
Herr Finanzminister, offensichtlich ist die Wirtschaft bei Ih nen in dieser Doppelaufgabe ein Stiefkind. Ich muss Ihnen ganz klar sagen, die Evaluation hat ergeben, dass jeder Euro, der in diese Kontaktstellen gesteckt wurde, ein ertragreicher Euro ist und dies in Zukunft noch mehr gilt als in der Vergan genheit.
Es war also unbedingt richtig, eine Evaluation durchzuführen. Dafür möchte ich auch danken. Denn die Zeiten ändern sich, die Aufgaben ändern sich, die Gesellschaft ändert sich, und Frauen ändern sich.
Bei der Evaluation hat sich gezeigt, dass die Kontaktstellen personell noch nicht ideal aufgestellt sind. Wir brauchen ei nen Vollbetrieb. Das bedeutet, dass pro Kontaktstelle zwei Personen vorhanden sein müssen, und diese brauchen auch eine Unterstützung bei Verwaltungsaufgaben.
Es hat sich auch gezeigt, dass die Kontaktstellen eine gewis se Konzentration ihrer Arbeit – gewissermaßen eine Profil schärfung auf bestimmte Spezialthemen – in Aussicht stellen sollten. Nicht jede Kontaktstelle soll den ganzen Bauchladen frauenpolitischer Arbeitsinstrumentarien mit sich herumfüh ren. Deswegen sollte man hier Schwerpunkte setzen.
Ich gebe ein Beispiel. Wenn es etwa in Mannheim besonders viele Migranten gibt, dann sollte sich die Kontaktstelle in die sem Bereich auf die Eingliederung von Migrantinnen und auf die Anerkennung von Abschlüssen konzentrieren. Hier hapert es noch.
Wir haben Gott sei Dank – das möchte ich der Regierung auch konzedieren – ein sehr gutes Programm, das Programm „Wing“, bei dem der Fokus vor allem auf Frauen gerichtet ist, die in der Vergangenheit einen mathematischen, einen inge nieurtechnischen, einen naturwissenschaftlichen Beruf hatten und die möglicherweise aus dem Osten zu uns gekommen sind und hier nicht in ihr Berufsfeld eingegliedert wurden. Dieses Programm ist eine gute Möglichkeit, wohin die Kontaktstel len die entsprechende Klientel vermitteln können.
Im Übrigen ist es eine gute Möglichkeit, Frauen, die die Wahl freiheit in Richtung Beruf aus der Familienphase heraus nut zen möchten, beim Wiedereinstieg zu begleiten. Es ist nicht nötig, dass die Kontaktstellen da immer große Veranstaltun gen organisieren. Das tun inzwischen andere. Das machen die IHK, der Arbeitgeberverband und sogar Parteien in Koopera tion mit diesen Einrichtungen.
Nötig ist, dass wir in Zukunft ein flächendeckendes Angebot an Kontaktstellen haben. Deswegen fordert die CDU die Re gierung auf, ein flächendeckendes Konzept zu entwickeln. Da bietet es sich an, dass das von Ihnen ins Leben gerufene Fach kräftebündnis einbezogen wird. Heute steht in der „Heilbron ner Stimme“, dass allein im Bereich der Region HeilbronnFranken 5 000 Frauen von diesem Fachkräftebündnis ins Vi sier genommen werden. Deswegen empfehle ich, dass diese Kontaktstellen ganz eng an die Wirtschaftsvereinigungen an gegliedert werden.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die FDP/DVPFraktion für die Gelegenheit, dass wir heute über Frauen als Fachkräfte an sich und die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ im Besonderen sprechen können. Denn wir wollen gleiche Chancen für Frauen im Arbeitsleben.
Wir wissen alle: Arbeit bietet den Menschen im Land Teilha be, sichert die Lebensgrundlage der Familien und bietet auch jeder und jedem Einzelnen Chancen, ihr Leben zu gestalten.
Von gleichen Chancen im Arbeitsleben sind wir in BadenWürttemberg aber leider weit entfernt. Frauen in Führungs positionen sind im Land rar. Wenn wir kurz in die Sphäre der Politik schauen, stellen wir fest: Wir haben hier im Haus mit den Fraktionen der FDP/DVP und der CDU beredte Beispie le dafür. Aber das nur am Rande.
Die Ungleichheit zeigt sich aber ganz besonders an dem, was die Menschen in Baden-Württemberg verdienen. Frauen ver dienen deutschlandweit 22 % weniger als Männer. In BadenWürttemberg sind es sogar 27 %, und dies, obwohl bei uns mehr Frauen arbeiten als anderswo.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem traurigen Spit zenplatz der Lohndiskriminierung wollen wir uns nicht zu friedengeben.
Die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ sind ein wichtiges Inst rument hinsichtlich der Chancen von Frauen im Arbeitsleben. Alle Frauen profitieren heute von verlässlicher Kinderbetreu ung. Hier haben wir, die grün-rote Koalition, mit dem Pakt mit den Kommunen für Familien mit Kindern bereits ganz Herausragendes geleistet.
Für jüngere Frauen ist die Familienpause heute oft sehr kurz. Das ist eine sehr junge Entwicklung mit dem Elterngeld und Pausen von ein bis zwei Jahren. Aber es gibt auch noch die anderen Frauen. Es gibt auch noch die Biografien der tatsäch lichen Wiedereinsteigerinnen. Nehmen wir z. B. eine Fremd sprachenkorrespondentin. Sie hat Abitur gemacht, hat dann eine duale Ausbildung aufgenommen und schließlich viel leicht sechs Jahre in ihrem Beruf gearbeitet. Nach zwei Kin dern hat sie eine lange Pause von zehn Jahren gemacht. Die se Frau findet sich, obwohl sie formal nicht schlecht qualifi ziert ist, am Arbeitsmarkt dequalifiziert vor, weil ihr Kontakt zum Arbeitsleben schon so lange zurückliegt.
Diese Frau hat aber auch noch andere Fragen. Vielleicht hat sie sich in den Jahren, in denen sie nicht im Arbeitsleben war, weiterentwickelt. Sie hat Ehrenämter ausgeübt, die sie für an dere Themen interessiert haben und sie auf andere Art quali fiziert haben. Deswegen braucht sie Orientierung, um ihren Platz im Erwerbsleben wieder und besser zu finden.
Genau das leisten die Kontaktstellen. Sie sind auf die Frauen zugeschnitten. Sie gehen auf ihre Biografien ein. Sie beraten individuell, und sie geben Orientierung. Deswegen auch von unserer Seite herzlichen Dank an die Kontaktstellen für all die Arbeit, die sie in den letzten 18, 19 Jahren geleistet haben.
Es ist aber richtig, dass das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft nach all den Jahren eine Evaluation in Auftrag ge geben hat und dass wir hier jetzt auch zu Ergebnissen gekom men sind. Denn nichts, was gut ist, kann nicht noch besser werden.
Wie die Kollegen gerade schon ausgeführt haben, sind die Re sonanz und die Bewertung sowohl der Frauen, die beraten wurden, als auch der Kooperationspartner der Kontaktstellen „Frau und Beruf“ sehr gut – mit einer ganz überwiegend sehr hohen, positiven Rückmeldung, was die Arbeit der Kontakt stellen betrifft.
Ihr Alleinstellungsmerkmal ist, dass es dieses Angebot nur in dieser Form gibt. Bei der Vorstellung der Ergebnisse der Eva
luation, zu der alle Fraktionen eingeladen waren, hat auch die Arbeitsagentur noch einmal ganz deutlich gesagt: Es ist ein Angebot, das sich von ihrem unterscheidet. Diese Orientie rung kann die Arbeitsagentur nicht leisten. Dafür gibt es die Kontaktstellen.
Ein Problem ist aber durchaus, dass das Angebot der Kontakt stellen bisher recht verschieden ist. Das liegt auch an den ver schiedenen Trägern. Wir haben Volkshochschulen, Hand werkskammern, Vereine – alles ist dabei. Diese Verschieden heit der Träger, die natürlich auch Stärken bedeutet, wollen wir einerseits weiter nutzen. Andererseits ist es auch, müssen wir sagen, keine große Struktur. Deswegen ist es richtig, dass die Evaluation empfiehlt und diese Koalition sicherlich auch umsetzen will, dass sich die Kontaktstellen stärker fokussie ren, und zwar insbesondere auf die Gruppe der Wiedereinstei gerinnen.
Daher sollen diese Kernhandlungsfelder aus unserer Sicht stärker ins Auge gefasst werden. Wir, die Fraktion GRÜNE, tragen das Ziel des Landesprogramms, „Frauen eine indivi duelle, bedarfs- und zielgruppengerechte Beratung in berufli chen Fragen anzubieten“, wie es dort heißt, vollauf mit. Wir glauben, dass gerade Frauen, die aus Ausbildungsberufen kommen und eine längere Familienpause hatten, hier eine ganz wichtige Zielgruppe sind. Dabei sollten wir nicht die Qualifizierungen gegeneinander ausspielen.
Auch bei der Frage „Bieten alle Kontaktstellen Angebote für Migrantinnen an?“ sollten wir bedenken: Migrantinnen sind in diesem Land schon recht verschieden und nicht einfach ei ne einheitliche Gruppe. Sie finden sich in allen Qualifikati onsgruppen. Daher sollten die Kontaktstellen Migrantinnen an sich ansprechen, wie sie alle Frauen, auf die dieses Profil passt, ansprechen sollten.
Die stille Reserve ist angesichts des steigenden Fachkräftebe darfs in Baden-Württemberg eine ganz wichtige Gruppe. Wir wissen alle, dass der Fachkräftebedarf hier steigt. Wichtige große Alterskohorten steigen aus dem Arbeitsleben aus, und der Anspruch an Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt wird immer größer.
Wichtig ist uns, dass sich alle Kontaktstellen „Frau und Be ruf“ mit der regionalen Wirtschaft vernetzen, dass sie Kontakt zu Unternehmen suchen und dass sie Kontakt zu denen su chen oder schon haben, die wiederum im Unternehmensnetz werk sind, insbesondere natürlich die Organisationen der Wirt schaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit der Allianz für Fachkräfte, die der Minister für Finanzen und Wirtschaft ins Leben gerufen hat, ein ganz breites Bündnis. Sie ist eine gute Plattform, auf der ganz verschiedene Träger, auch die Kommunen, auch die Tarifpartner, zusammen mit dem Land kooperieren und von der hier verschiedene Projekte ausge führt werden. Diese Allianz arbeitet bereits voll und gut. Was jetzt noch folgen muss, ist eine regionale Umsetzung. Da kön nen die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ ein wichtiger Anker sein, um in der Fläche die Themen „Fachkräftebedarf in Ba den-Württemberg“ und „Frauen als Fachkräftereserve“, als Fachkräfte, die sich mit Orientierungsberatung noch stärker ins Arbeitsleben einbringen können, voranzubringen.
Wir unterstützen die Arbeit der Kontaktstellen „Frau und Be ruf“ weiter und begleiten ihre Arbeit. Wir wollen die Kerner gebnisse der Evaluation umsetzen, und wir kämpfen hier im Land weiterhin für mehr Chancengleichheit von Frauen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kol leginnen und Kollegen! Die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ sind ein wichtiger Bestandteil der Frauenförderung in BadenWürttemberg. Das Land fördert elf Kontaktstellen an zehn Standorten im Rahmen dieses Landesprogramms seit zwei Jahrzehnten. Auch wir, die SPD-Fraktion, möchten den Frau en, die vor Ort diese wichtige Arbeit leisten, unseren Dank aussprechen.
Schwerpunktaufgabe der Kontaktstellen ist u. a. die qualifi zierte Beratung und Unterstützung von Frauen, die sich neu oder auch anders im Berufsleben orientieren wollen. Vor al lem der Wiedereinstieg von Frauen nach der Familienpause ist dabei ein sehr wichtiges Thema. Auch bei der Nachquali fizierung bei fehlenden Schulabschlüssen oder auch beim mu tigen Schritt in die Selbstständigkeit sind die Kontaktstellen gefragt.
Um diese Aufgaben erfüllen zu können, brauchen die Kon taktstellen vor allem vor Ort eine gute Vernetzung mit den Wirtschaftsunternehmen und auch den Arbeitsagenturen. Die Kontaktstellen werben in den Betrieben für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und versuchen auch immer wieder, Frauen den Zugang zu typischen Männerberufen in diesen Be trieben zu erleichtern.
Die Aufgaben der Kontaktstellen müssen sich zunehmend auch an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts orientieren. Da her war es notwendig, sich die Strukturen und auch die Finan zierung der Kontaktstellen näher anzuschauen. Das haben wir im Rahmen dieser Evaluation gemacht. Man muss natürlich auch feststellen, dass sich da in den letzten 20 Jahren nicht allzu viel geändert hat. Die Finanzierung der Kontaktstellen war ja in den letzten Jahren auch des Öfteren Gegenstand von Debatten hier im Landtag. Aber auch wir haben nicht mehr Mittel und können den Ausbau der Standorte im Moment nicht in Angriff nehmen. Da hat mich schon sehr gewundert, dass Sie, Frau Gurr-Hirsch, das gefordert haben. Sie haben ja bis 2011 die Möglichkeit gehabt, deutlich mehr Standorte im Land zu schaffen.