Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn dies ein „be stelltes Haus“ ist, dann sind Kässpätzle ein Diätgericht.
(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen des Abg. Volker Schebesta CDU – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Die Hinterlassenschaften der Vorgängerregierungen liegen nun offen vor uns, und der Kassensturz hat gezeigt, dass die neue Landesregierung vor gewaltigen Herausforderungen steht, vor denen unsere Vorgänger kapituliert haben.
Unsere Aufgabe besteht nun darin, diesen Berg Schritt für Schritt abzuarbeiten. Dabei führt angesichts dieser vererbten Schuldenlast kein Weg daran vorbei, den Haushalt nachhaltig zu konsolidieren. Daher werden wir mit der verbindlichen Fi nanzplanung einen gangbaren Weg aufzeigen, wie wir diese Herkulesaufgabe bewältigen können. Dazu gehört auch, dass der aufgelaufene Sanierungsstau nicht weiter anwachsen darf.
Allein das wäre bereits ein großer Erfolg im Verhältnis zum Status quo, den uns Schwarz-Gelb hinterlassen hat.
Soweit angesichts erheblicher Erblasten überhaupt möglich, sollte dann der Abbau des Sanierungsstaus beginnen. Das wird alles andere als einfach, und allen muss klar sein, dass ein über viele Jahre hinweg verschobenes Problem nicht von einem Tag auf den nächsten abgetragen werden kann.
Konsolidierung und Investition gehen Hand in Hand. Beides zusammen ist die Grundvoraussetzung für eine solide Basis und für erfolgreiche Regierungspolitik. Unterlassene Investi tionen in den Wertbestand des Landesvermögens sind ver deckte Schulden, und deshalb sind Investitionen in diesen Be stand ein Teil der Konsolidierungspolitik.
Um das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, werden wir deshalb im Vierten Nachtrag 2011 mit den Steuermehreinnah men aus der Mai-Steuerschätzung den Nettokreditrahmen ab senken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Auf null! – Abg. Peter Hauk CDU: Null ist angesagt!)
um diesen Teil der Verschuldung ebenfalls abzubauen. Denn der Kassensturz hat für die Zukunft erhebliche wirtschaftli che Belastungen aus der Vergangenheit ans Licht gebracht, die nicht ohne Weiteres im Rahmen einzelner Haushaltsjahre abzufinanzieren sind.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Der Ehrgeiz des Fi nanzministers, auf die Null zu kommen, ist kaum zu überbieten!)
Doch daran wird deutlich, dass sich die Landesregierung aus der finanzpolitischen Schieflage, die sie geerbt hat, mit vol lem Engagement befreien wird. Noch vor der Sommerpause werden wir im Vierten Nachtrag in diesem Geist Akzente und Schwerpunkte setzen.
Der Wechsel beginnt also. Die Erblasten der Vergangenheit werden ihn verlangsamen, aber nicht aufhalten können.
Der Kassensturz ist unter erschwerten Bedingungen erfolgt. Allen wäre geholfen gewesen, wenn Schwarz-Gelb schon vor Jahren eine Vermögensrechnung eingeführt hätte. Auch eine bessere Datengrundlage wäre wünschenswert gewesen. So musste man sich mit dem behelfen, was an Instrumentarien hinterlassen worden ist.
Hier werden wir für Verbesserungen sorgen und, wie im Ko alitionsvertrag vereinbart, künftig mit einer Vermögensrech nung als Teil der Landeshaushalte die finanziellen Vorbelas tungen und vor allem auch den Vermögensverzehr offenlegen. Dadurch wird das Land erstmals einen umfassenden und noch transparenteren Überblick über seine Vermögenspositionen erhalten, als dies beim Kassensturz möglich war.
Wir werden aber nicht stehen bleiben und deshalb ein ressort übergreifendes und vorausschauendes Haushaltscontrolling einführen. Hierzu werden derzeit in meinem Haus
Das Ziel ist klar: Durch die Offenlegung der vorhandenen Konsolidierungspotenziale soll das Erreichen des verfassungs rechtlich gebotenen Ziels einer strukturellen Nullverschul dung des Landeshaushalts im Jahr 2020 ermöglicht werden. Zudem schaffen wir so einen Beitrag zur effizienten Aufga benerledigung durch die Verwaltung.
Daher sollen in Zukunft auch die Förderprogramme des Lan des im Rahmen dieses Haushaltscontrollings verstärkt über prüft werden, ganz besonders im Hinblick auf ihre Effizienz und Wirksamkeit. Denn wir wollen nicht nur fördern, sondern auch fordern.
Deshalb werden wir uns in Zukunft nicht nur daran orientie ren, wie viele Mittel zur Verfügung stehen, sondern auch da ran, welche Ergebnisse mit den eingesetzten Mitteln erzielt wurden. Diese Outputorientierung wird zukünftig der Prüf stein gerade auch für Förderprogramme sein. Wir haben ja Ge legenheit, wie wir es Koalitionsvertrag auch schon angespro chen haben, das an Beispielen wie dem Generalverkehrsplan und der Krankenhausfinanzierung durchzuführen. Auch hier wird sich der neue politische Stil deutlich zeigen.
Wir werden mehr Transparenz schaffen und damit mehr Bür gerbeteiligung wagen. Wir werden dem Landtag und den Bür gerinnen und Bürgern des Landes offen gegenübertreten und ihnen zeigen, wo das Land finanziell steht.
Schließlich werden wir mit einem Personalentwicklungsplan dafür Sorge tragen, dass die personalwirtschaftlichen Voraus setzungen für einen guten und aufgabengerechten öffentlichen Landesdienst über alle Bereiche hinweg nachhaltig gesichert werden. Dazu gehört auch, dass die demografische Rendite im Bildungsbereich für Verbesserungen eingesetzt wird. Wir werden aber auf eine ausgeglichene und bedarfsgerechte Ver teilung der dadurch frei werdenden Ressourcen achten.
Die bisherigen Landesregierungen hätten all dies längst um setzen können. Aber sie haben es jahrzehntelang versäumt. Die Rechnung erhalten wir jetzt. Zu lange wurde nicht nur über den Durst getrunken. Zu lange wurde nicht nur auf dem Deckel angeschrieben, sondern die Deckel wurden am Tresen auch noch bis in den Himmel gestapelt.
An dieser Erblast werden wir noch lange tragen müssen. Doch auch diese Herausforderung werden wir in Baden-Württem berg meistern. Fragt man die Menschen in ganz Deutschland nach den Eigenschaften, für die der Südwesten steht, dürften drei Adjektive fallen: fleißig, einfallsreich und sparsam.
Sie haben am 27. März eine neue Regierung gewählt, die zu diesem Land und diesen Eigenschaften passt:
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das war ein guter Witz! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)
Wir werden unser Land allen Erblasten zum Trotz mit harter Arbeit, mit guten Ideen und finanzieller Verlässlichkeit in ei ne erfolgreiche Zukunft führen. Der erste Schritt ist getan: Wir haben uns für eine ganze Weile in den Büchern vergraben und die Fakten auf den Tisch gelegt.
Das Ergebnis ist eine ungeschminkte Bestandsaufnahme. Sie ist nicht schön, aber sie ist notwendig und ehrlich. Denn nur derjenige, der aus den Fehlern der Vergangenheit lernt, wird diese Fehler in Zukunft vermeiden.
Meine Damen und Herren, für die Aussprache über die Regierungserklärung hat das Präsidium freie Redezeit festgelegt.
In der Aussprache erteile ich nach § 83 a Abs. 3 der Geschäfts ordnung in der bekannten Reihenfolge zunächst der Opposi
tion das Wort. In diesem Fall spricht zuerst der Vertreter der FDP/DVP-Fraktion. – Herr Abg. Dr. Rülke, bitte schön.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wir durften heute erfahren, dass sich der Finanzminister und die neue Koalition in Bü chern vergraben haben. Wir durften schon im Vorfeld hören, es sei ein Kassensturz geplant. Der dramaturgische Span nungsbogen war fast nicht auszuhalten,
(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das glaube ich wohl! Schlechtes Gewissen!)
und dann diese Rede, meine Damen und Herren, dieses Er gebnis. All das, was Sie uns heute hier verkündet haben, war längst bekannt.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Lachen bei Abge ordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ihnen vielleicht im geheimen Kämmerlein!)