Sie tun plötzlich so, als ob Sie das völlig unvorbereitet über Nacht treffen würde. Das ist eben nicht so.
Ein weiterer Punkt: Herr Schmiedel, Sie haben die Deckungs lücken so groß angesprochen. Deckungslücken haben wir in den letzten mittelfristigen Finanzplanungen immer gehabt, und zwar als einen Handlungsauftrag an die Landesregierung und an den Landtag, diese Deckungslücken im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung durch Einsparungen zu schließen.
Es kann eben nicht alles Wünschenswerte aus den einzelnen Ressorts umgesetzt werden, und es bestand der Handlungs auftrag, die Verschuldung nicht weiter zu erhöhen. Wir sind diesem Handlungsauftrag in den letzten 15 Jahren auch im mer vollumfänglich nachgekommen.
Herr Kollege Schmiedel, wenn Sie das Gegenteil behaup ten, müssen Sie es belegen. Sie werden es nicht können, weil wir die Deckungslücken, wie sie in der Finanzplanung ausge wiesen sind, immer durch Einsparungen und nicht durch hö here Verschuldung geschlossen haben.
Ein nächster Punkt ist die komplizierte Unterscheidung zwi schen expliziter und impliziter Verschuldung. Gemeint ist: Die explizite Verschuldung steht im Haushalt drin; die kann man nur durch Rückzahlung an die Gläubiger abbauen. Die impli zite Verschuldung hingegen, die nicht ausdrücklich als Ver schuldung ausgewiesen ist, lässt sich auch durch Reformmaß nahmen reduzieren. Darauf hat auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hingewiesen.
Dies wurde auch gemacht. Wir haben in der Vergangenheit mehrere Stelleneinsparprogramme in der Landesverwaltung beschlossen und durchgeführt – der Herr Fraktionsvorsitzen de Hauk hat vorhin bereits darauf hingewiesen –, Reformmaß nahmen und Einsparungen, mit denen sich die implizite Ver schuldung bezogen auf die Pensionen deutlich verringern lässt.
Ein weiterer Punkt war die Verwaltungsreform. Die Effizienz rendite ist in diesem Jahr vollständig erreicht. Das sind 130 Millionen € jährlich. Wir haben gehandelt, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der SPD, Sie haben vieles davon abgelehnt.
Und was machen Sie jetzt? Sie erhöhen die implizite Verschul dung erneut, indem Sie nämlich nicht nur Neustellen in Mi nisterien schaffen – die Geschichte mit Herrn Zeller wurde hier schon erwähnt –, sondern auch Stellen, die bisher in ei ner bestimmten Besoldungsgruppe besoldet waren, künftig deutlich höher besolden wollen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das bedeutet nicht nur höhere Ausgaben jetzt, sondern auch höhere Pensionsverpflichtungen in den kom menden Jahren und damit eine höhere implizite Verschuldung. Auch das muss deutlich gesagt werden.
Wir sind sehr gespannt darauf, welche Folgerungen Sie aus dem ziehen, was Sie heute im Rahmen des sogenannten Kas sensturzes nochmals zusammengefasst dargelegt haben, wel che Folgerungen Sie im Nachtragshaushalt 2011, im Haushalt 2012/2013 und in den Haushalten der folgenden Jahre ziehen wollen.
Wir haben heute gehört: Es wird mehr Geld für den Hochwas serschutz geben, für die innere Sicherheit, für die Technikaus stattung der Polizei, für Kunst und Kultur; es soll mehr Geld in die Versorgungsrücklage gehen, es soll in der mittelfristi gen Finanzplanung der folgenden Jahre keine Deckungslü cken mehr geben. Herr Schmiedel will mehr in die Rücklagen geben. Das alles ist angekündigt worden. Ferner wurde ange kündigt, dass Sie erst im Jahr 2020 auf eine Nullneuverschul dung kommen wollen. Sie wollen in den nächsten Jahren al so eine Finanzpolitik auf Kosten künftiger Generationen ma chen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Blödsinn! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das Ge genteil, Herr Kollege! Das Gegenteil!)
Wir haben immer gesagt: Spielräume zur politischen Gestal tung sind äußerst eng. Nicht alles Wünschenswerte ist finan
zierbar. Deshalb haben wir im Wahlprogramm sehr zurück haltend mit teuren Versprechungen gearbeitet. Obwohl die Be lastungen und Risiken fast alle bekannt waren, haben Sie von SPD und Grünen in Ihren Wahlprogrammen große und finanz intensive Versprechungen gemacht. Sie, die Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen, haben, um bei Ihrem Beispiel, Herr Minister, zu bleiben, Schweinshaxe serviert und sagen, das sei gut für eine Abmagerungskur.
Lieber Herr Minister Schmid, wenn Sie von der politischen Verantwortung sprechen, dann sollten wir auch einmal auflis ten, wie hoch die Verschuldung bei uns im Land wäre, wenn wir in den letzten Jahren im Finanzausschuss immer den An trägen von SPD und Grünen zugestimmt hätten.
Dann wären nämlich die Verschuldung und die Verantwortung deutlich höher, als es jetzt der Fall ist.
Dann, Herr Minister, haben Sie Alex Möller angesprochen und erwähnt, dass er eine Vermögensbilanz für nötig gehalten hat und dass das über Jahrzehnte nicht erhört wurde. Abgese hen davon, dass der Minister, der eine finanzpolitisch sehr so lide Politik machen wollte, nämlich Karl Schiller, seine Äm ter niedergelegt hat und dann CDU-Mitglied wurde,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber dann ist er wieder zur SPD zurückgekehrt! Er war maßlos enttäuscht!)
abgesehen davon sollten Sie jetzt das, was wir machen woll ten, auch umsetzen, nämlich die doppelte Buchhaltung auch im Land einführen und die Kameralistik ablösen. Bisher war dies nicht möglich, weil das Haushaltsgrundsätzegesetz des Bundes dagegen sprach. Jetzt ist es möglich. Der frühere Mi nisterpräsident Mappus hatte das in seiner Regierungserklä rung auch angekündigt. Von Ihnen ist dazu nichts zu hören. Im Gegenteil: Bei den Kommunen wollen Sie das Wahlrecht zwischen Kameralistik und Doppik wieder einführen,
damit eben keine nachhaltige Politik gemacht werden kann, damit nicht alle Zahlen offen auf dem Tisch liegen. Meine Aufforderung an Sie, meine Damen und Herren von der Lan desregierung, ist: Führen Sie die Doppik im Land ein, wie wir es machen wollten, und auch verpflichtend für die kommuna le Seite.
Herr Finanzminister, ich nehme Ihnen persönlich durchaus ab, dass Sie Schulden zurückführen wollen, vielleicht auch ra scher als bis 2020, und dass Sie auch einen solideren Haus haltskurs fahren wollen, als es im Koalitionsvertrag deutlich wird. Sie haben es aber bei Ihren Fachpolitikern sehr schwer. Sie haben vorhin selbst gesagt: Es wird in den Fraktionen schwierige Abwägungsprozesse geben. Die gab es bei uns in den letzten Jahren auch. Aber nach der heutigen Debatte ha
be ich klar den Eindruck: Sie wollen davon ablenken, dass die Finanzpolitiker in der SPD und bei den Grünen bei der Auf stellung der Wahlprogramme entweder nichts zu sagen hatten oder aber nichts gesagt haben.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sind wir noch im Wahlkampf? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Wahl ist doch um!)
Sie wollen ablenken, um das Verschieben der Nullneuver schuldung auf das Jahr 2020 zu begründen, obwohl es schon jetzt machbar wäre. Sie wollen ablenken, weil Sie auf Kosten künftiger Generationen millionenschwere Wohltaten unters Volk streuen wollen.
Das ist der Grund für den heutigen Kassensturz, nicht irgend welche Neuigkeiten, die es gar nicht gab. Vielmehr sind Ihre Aussagen schon überall nachlesbar.
Meine Damen und Herren, in der weiteren Aussprache liegt mir eine Wortmeldung des Kolle gen Stratthaus vor.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich will nur ganz sachlich zu einem Thema Stellung nehmen. Ich bin heute von der Opposition sehr stark gelobt worden. Das ist immer so eine Sache.
Von der damaligen Opposition. – Aber, lieber Herr Schmid, für Sie habe ich eine gute Aussicht: Nur ein entlassener Fi nanzminister ist ein guter Finanzminister; das habe ich heute gelernt. Das sind doch gute mittelfristige Aussichten.
Meine Damen und Herren, heute ist es sehr viel um Doppik und um Kameralistik gegangen. Meines Erachtens muss man da etwas Vernunft hineinbringen. Ich bin der Meinung, dass es nicht so eindeutig ist, was von beiden das Bessere ist. Das will ich kurz erläutern.
Ich bin in der Tat der Meinung, dass, wie es heute schon ge sagt wurde und wie ich es früher gesagt habe, zwei Bereiche der impliziten Verschuldung unbedingt ausgewiesen werden sollten. Der eine sind in der Tat die Pensionsverpflichtungen, und der andere sind die Abschreibungen auf Gebäude. Will man dagegen alles Mögliche bewerten, wie es z. B. in Hessen der Fall war, wo man Ampeln bewertet und als Assets in die Bilanz gestellt hat, ist das doch unsinnig.
Wie wollen Sie z. B. das Heidelberger Schloss ansetzen? Das ist ungeheuer viel wert, aber der Preis ist minus eine Milliar de. Da sind wir uns einig. Denn es verursacht Zuschüsse. Des wegen sollte man da sehr vorsichtig sein.
Ich habe in der Tat mehrfach gesagt, man müsse die Pensions verpflichtungen ausweisen, die sogenannten Barwerte. Jetzt muss ich allerdings dazu sagen, dass damals von Baden-Würt temberg mit einem gewissen Recht gesagt wurde: Wenn wir das machen, dann sollen es auch die anderen Bundesländer tun. Als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz habe ich immer wieder versucht, alle Länder zu veranlassen, dass sie das ausweisen. Es ist mir leider nicht gelungen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass das in der Tat notwendig wäre. Das sind zwar keine Schulden im rechtlichen Sinn, aber ohne Frage Verpflichtungen für die Zukunft.
Jetzt müssen wir uns aber einmal Gedanken darüber machen, warum die Pensionsverpflichtungen bei uns besonders hoch sind. Das liegt schlicht und einfach daran, dass wir besonders viel Personal haben. Wo ist dieses Personal? Erstens in den Schulen, zweitens bei der Polizei und drittens in den Finanz verwaltungen.