Protokoll der Sitzung vom 06.03.2013

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich darf heute den Gesetzentwurf der Landesregie rung zu den Befugnissen der Justizwachtmeister einbringen.

Wir alle – Sie, ich auch – sind in der Vergangenheit leider Zeu gen schrecklicher Gewalttaten geworden, die gegen die Jus

tiz gerichtet waren. Ich darf daran erinnern: In Dachau wurde ein junger Staatsanwalt erschossen. In Karlsruhe wurden ein Gerichtsvollzieher und drei weitere Menschen während ihres Dienstes als Geiseln genommen und regelrecht hingerichtet. Ebenfalls in Karlsruhe wurde ein Richter tätlich angegriffen und schwer verletzt. Der Übergriff auf einen Staatsanwalt in Tübingen ist Ihnen auch bekannt.

Solche extremen Ausbrüche von Gewalt sind zum Glück die Ausnahme. Gleichwohl kommt es in Gerichten und Staatsan waltschaften täglich dazu, dass Mitarbeiterinnen und Mitar beiter bedroht werden, bedrohlichen, gefährlichen Situatio nen ausgesetzt sind. Schließlich haben Richterinnen und Rich ter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, aber auch andere Beschäftigte der Justiz unseres Landes nicht selten mit Men schen zu tun, für die es tatsächlich oder vermeintlich um al les geht und die deshalb in ihren Verhandlungen, im Auftre ten vor Gericht von entsprechenden Emotionen und Aggres sionen begleitet werden.

Diejenigen, die mit dieser Situation täglich und kraft ihres Amtes umgehen müssen, sind die Justizwachtmeister. Sie ha ben die Aufgabe, bei Gerichten und den Staatsanwaltschaften für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Sie müssen die Anord nungen des Gerichts durchsetzen. Sie führen Gefangene vor, wenn diese vor Gericht stehen. Die Justizwachtmeister haben somit eine zentrale Aufgabe, die für das Funktionieren der Jus tiz in unserem Land wesentlich ist. Diese Aufgabe des Justiz wachtmeisterdienstes nimmt deshalb eine Schlüsselposition in der Sicherheitskonzeption ein, die wir gemeinsam mit den Gerichten und den Staatsanwaltschaften und mit der Unter stützung der Experten der Polizei, etwa des Landeskriminal amts, erarbeitet haben.

In diese Sicherheitsarchitektur gehört auch, dass wir im Haus halt 2013/2014 50 zusätzliche Stellen und Investitionsmittel für moderne Sicherheitstechnologie und für eine verbesserte Aus- und Fortbildung bereitgestellt haben. Dafür bin ich dem Landtag dankbar. Ich glaube, das waren dringend notwendi ge Maßnahmen, die wir jetzt umsetzen.

Meine Damen und Herren, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir dieser wichtigen Rolle des Justizwachtmeisterdiens tes auch eine klare und transparente gesetzliche Regelung sei ner Aufgaben und Befugnisse zuweisen. Die gegenwärtige Rechtslage wird allerdings diesem Anspruch nicht im notwen digen Maß gerecht, denn die Befugnisse für die Justizwacht meister sind bisher nur teilweise gesetzlich klar benannt. In manchen Bereichen gilt sogar das Gewohnheitsrecht, oder man muss auf allgemeine Rechtsinstitute wie Notwehr und Nothilfe zurückgreifen. Es ist oft nur mit dem Rat juristischer Fachleute möglich, Voraussetzungen und Begrenzungen der Befugnisse der Justizwachtmeister verlässlich im Einzelfall anzugeben.

Der Ihnen jetzt vorliegende Entwurf eines Gesetzes über die Befugnisse des Justizwachtmeisterdienstes schließt diese Lü cke. Er kodifiziert und vereinheitlicht erstmals das gesamte Aufgabenspektrum, in dem die Justizwachtmeister als Garan ten eines sicheren Justizalltags tätig sind. Diese Sicherheit kommt den Parteien, den Bediensteten, den Rechtsanwälten, dem Publikum, all denen, die Justizdienstleistungen in An spruch nehmen, die mit der Justiz tagtäglich zu tun haben, zu gute.

Eine Neuregelung ist aber nicht nur deshalb notwendig, um insoweit einen klaren rechtlichen Rahmen zu garantieren. Wir müssen auch Bedingungen schaffen, die es den Justizwacht meistern ermöglichen, ihre Aufgaben im allgemeinen, im öf fentlichen Interesse verlässlich wahrzunehmen. Vielfache An fragen und Aufrufe aus der Praxis haben das Bedürfnis da nach deutlich unterstrichen.

Wir halten eine gesetzliche Regelung aber auch aus Gründen des Rechtsstaats für erforderlich. Dieser Aspekt ist mir ganz wichtig; denn es kann passieren, dass Justizwachtmeister in die Rechte des Einzelnen eingreifen müssen, also sogar grund rechtsrelevant tätig werden, etwa wenn der Einzelne eine un mittelbare Gefahr für andere darstellt.

Unsere Verfassung verlangt, dass die hier geltenden Voraus setzungen gesetzlich klar bestimmt sind. Diesem Verfassungs auftrag – wir nehmen ihn ernst – werden wir mit dem Gesetz entwurf, der Ihnen jetzt vorliegt, gerecht.

Der Gesetzentwurf benennt im Wesentlichen die Vorausset zungen, unter denen der Justizwachtmeisterdienst konkrete Gefahren abwehren darf; ich habe auf die Gefahrensituation bereits hingewiesen. Er hat etwa Einlasskontrollen vor Ge richtssälen im Blick, um das Einführen von Waffen zu verhin dern, oder z. B. die Durchsetzung eines Hausverbots gegen Personen, die sich im Gericht grob störend verhalten.

Bei einem Besuch bei einem großen Gericht in unserem Land vor einigen Wochen habe ich die Präsidentin gefragt, wie es denn mit Sicherheitskontrollen steht. Sie hat mir dann deut lich gemacht, dass Stichproben, etwa Kontrollen an einem Verhandlungstag, über einen längeren Zeitraum ergeben hät ten, dass fast jeder vierte Kontrollierte einen gefährlichen Ge genstand, also ein Messer oder ein anderes Instrument, bei sich getragen hat. Ich glaube, das zeigt, dass wir hier nicht nur von abstrakten, sondern auch von konkreten Gefahren spre chen.

Eines ist mir aber auch wichtig: Nur in den seltenen Fällen, in denen eine Gefahr gar nicht anders abgewehrt werden kann, darf der Justizwachtmeisterdienst zu schärferen Mitteln grei fen. Die gesamte Tätigkeit der Justizwachtmeister steht dabei aber unter dem Prinzip eines strengen Verhältnismäßigkeits grundsatzes, wie uns das letztlich auch die Verfassung vor gibt.

Wohlgemerkt: Wir betreten hier sicher kein Neuland. Das Ge setz beschränkt sich darauf, bereits bestehende Regelungen, die sich seit langer Zeit bewährt haben, auch auf den Justiz wachtmeisterdienst anzuwenden, etwa Vorschriften aus dem Polizeigesetz, die uns im Alltag geläufig sind.

In der Praxis kann auf eine breite Erfahrung und in vielen Be reichen auch auf eine gefestigte Rechtsprechung zurückge griffen werden.

Im Ergebnis ermöglichen wir jedenfalls durch den Gesetzent wurf, dass der Justizwachtmeisterdienst seine traditionellen Aufgaben weiterhin wahrnehmen kann, die dafür notwendi gen Befugnisse aber in konkreten Regelungen klar und deut lich kodifiziert sind. Das Gesetz trägt so zu Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei.

In einem Punkt schaffen wir wirklich Neues – auch darauf le ge ich besonderen Wert –: Wir organisieren die Grundausbil dung für Justizwachtmeister völlig neu und führen regelmä ßige Schulungen und Fortbildungen ein. Dadurch steigern wir die Qualität, und damit leisten wir sicher auch einen Beitrag zur Sicherheit in unserer Justiz.

Der Gesetzentwurf sieht dazu vor, dass einzelne Justizwacht meister in Fällen mit hohem Gefährdungspotenzial mit zu sätzlichen Mitteln zur Eigensicherung ausgestattet werden können, wenn – das ist ganz wesentlich – diese Mitarbeiter durch spezielle Schulungen besonders gut ausgebildet sind und zusätzliche Prüfungen erfolgreich durchlaufen haben. Ich denke hier im Hinblick auf das Gefährdungspotenzial etwa an sehr öffentlichkeitswirksame Strafprozesse, etwa mit terroris tischem Hintergrund, oder Verfahren mit kriminellen Rocker banden, die auch durch den Justizwachtmeisterdienst gesi chert werden müssen.

Auf diesem Weg nehmen wir Sorgen ernst und berücksichti gen die hohen Anforderungen, die wir an die Justizwachtmeis ter stellen. Die bisherige Ausstattung konnte dem nicht ent sprechen. Wir beugen einer Unsicherheit gerade unter den Be schäftigten über die Reichweite ihrer Befugnisse vor. Wir schaffen einen sicheren Rahmen, der Aufgaben und Befugnis se klar benennt. Besonders wichtig ist mir dabei, dass der Ent wurf zu einer klaren Begrenzung der Mittel führt, die der Jus tizwachtmeisterdienst gegenüber dem Einzelnen anwenden darf.

Wir wollen aus unseren Gerichten keine Festungen machen, sondern sie als öffentliche Einrichtungen erhalten, die allen Bürgern offenstehen, aber auch die notwendige Sicherheit ga rantieren.

Mit unserem Gesetzentwurf schaffen wir Transparenz, Rechts sicherheit sowie klare Verantwortlichkeiten und beugen Kon flikten vor. Deshalb darf ich Sie bitten, sich am Diskussions prozess im Ausschuss und dann in der zweiten Lesung rege zu beteiligen und uns auf dem Weg hin zu einer bürgernahen und vor allem auch sicheren Justiz zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Zimmermann das Wort.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ein guter Mann, der Zimmermann!)

Das ist keine Frage. – Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns den Entwurf eines Gesetzes über die Befugnisse des Justizwacht meisterdienstes vorgelegt. Jetzt mögen viele sagen: Schon wieder ein Gesetz. Vor der Mittagspause haben wir gerade erst ein Gesetz abgeschafft – die zeitliche Wirkung war sehr kurz –, und jetzt wird schon wieder ein neues Gesetz eingebracht.

Dieses Gesetz brauchen wir jedoch in der Tat. Damit haben Sie völlig recht, Herr Minister. Es geht um eine Ermächti gungsgrundlage, die der Justizwachtmeisterdienst zur Erfül

lung seiner Aufgaben dringend benötigt. Sie haben bereits auf die schwerwiegenden Straftaten hingewiesen, die in Amtsge bäuden bzw. in Justizgebäuden leider stattgefunden haben. Bislang musste sich der Justizwachtmeisterdienst auf die all gemein jedem zustehenden Rechte und auf das Hausrecht des Hausherrn berufen. Er hatte auch Notwehrrechte und andere Jedermannsrechte.

Nunmehr sollen ihm polizeirechtliche Befugnisse zugewie sen werden wie – ich nenne sie jetzt einmal – Personenfest stellung, Platzverweis, Gewahrsam, Durchsuchung von Per sonen und Sachen, Sicherstellung und Beschlagnahme sowie besondere Sicherungsmaßnahmen gegenüber vorzuführenden Gefangenen. Dazu gehört aber auch das Festnahmerecht bei einem Fluchtversuch. Das kommt leider des Öfteren vor.

Meine Damen und Herren, auf der Zuhörertribüne sitzen zum Teil ältere Herrschaften, die mit Sicherheit noch die Sendung „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ kennen. Man weiß, wer dort der Justizwachtmeister war. Wenn der Richter zum Jus tizwachtmeister gesagt hat, dass er diesen oder jenen Zeugen brauche, sagte dieser: „Jawohl“, ist in die nächstgelegene Wirtschaft gegangen, hat eine Weißwurst gegessen und erst dann den Zeugen gebracht. So läuft das heute nicht mehr.

(Oh-Rufe)

Leider ist es gefährlicher geworden.

Herr Minister, die CDU kann diesem Gesetzentwurf bislang in vollem Umfang zustimmen. Dieser sollte aber noch ergänzt werden. Hierzu haben wir aber noch Zeit. Das machen wir dann im Ausschuss.

All das, was hier gesagt wurde, beschränkt sich auf Situatio nen i m Justizgebäude. Wir alle wissen aber, dass sich sol che Vorgänge auch außerhalb eines Justizgebäudes abspielen können. An dieser Stelle greift der Entwurf etwas zu kurz. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir noch eine Ergänzung vorneh men können.

Herr Minister, im Grunde genommen müsste dieses Gesetz Landesjustizwachtmeisterbefugnissegesetz heißen. Dann wä ren wir wieder bundesweit Vorreiter. Ich würde den Geltungs bereich jedoch gern ergänzen um die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in amtlich genutzten Liegenschaften und auf amtlich genutzten Grundstücken.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das möchte ich noch in Richtung des Ministeriums sagen. Das ist die Änderung, die ich dann noch im Ausschuss einbringen werde.

Herzlichen Dank. Dabei will ich es jetzt bewenden lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Filius das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vom Justizministerium ausgearbeiteten und von der

Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf schaffen wir Klarheit über die Befugnisse der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister. Damit werden Vorschriften einheitlich ko difiziert und mit Blick auf die Befugnisse und Bedürfnisse der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister umgesetzt.

Ich möchte betonen: Die entsprechenden Vorschriften – der Justizminister hat auch schon darauf hingewiesen – werden als Ermächtigungsgrundlage in einem Gesetzeswerk zusam mengetragen. So wird Transparenz über deren materiellen In halt geschaffen.

Das Gesetz schafft Eingriffsmöglichkeiten sowohl präventiv zur Gefahrenabwehr nach dem Polizeigesetz als auch faktisch repressiv im Justizvollzug.

Ich möchte ausdrücklich allen danken, die am Gesetzentwurf mitgearbeitet haben. Denn es ist gelungen, ein kurzes, präg nantes, übersichtliches und dennoch rechtsklares Gesamtwerk zu schaffen.

Fragen von allgemeiner Sicherheit werden ungeachtet der ob jektiv guten Sicherheitslage von der Öffentlichkeit immer kri tischer wahrgenommen. Dazu tragen natürlich insbesondere die Medien bei. Der Herr Minister hat auch auf die sehr spek takulären Fälle hingewiesen.

Erst recht gilt es, in Gerichtssälen, bei den Abläufen rund um die Verhandlungen letztlich eine Sicherheitsgrundlage zu schaffen. Dem trägt der Gesetzentwurf Rechnung. Aber eine hundertprozentige Sicherheit – machen wir uns nichts vor; das ist uns allen klar – kann es in einem demokratischen Rechts staat nicht geben.

Die an uns herangetragenen Sorgen der Justizbediensteten um eine größtmögliche Sicherheit haben wir ernst genommen. Sie wird vom Ministerium mit diesem Gesetzentwurf auch vor angetrieben. Das Land hat all das gemacht, was möglich ist, um auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Einrichtungen arbeiten, Vertrauen zu schaffen.

Dieses Hohe Haus hat – das wurde ebenfalls schon erwähnt – im letzten Haushaltsplan die erforderlichen Gelder zur Verfü gung gestellt, um die entsprechenden Stellen zu schaffen. Es ist im Hinblick auf die knappen Kassen des Landes sicherlich keine Selbstverständlichkeit gewesen, dass dies ermöglicht werden konnte.

Für wichtig halte ich den Aspekt, dass beim Zugang in das Gerichtsgebäude Sicherheit geschaffen wird. Das kollidiert jedoch letztlich mit dem Grundgedanken der Öffentlichkeit, der öffentlichen Verhandlung. Immer mehr Menschen betre ten diesen bisher immer sehr offenen Raum. Das ist gefähr lich, und der Zugang soll erschwert werden. Ich denke, die ses Pendel muss man aufgrund der Vorgänge tatsächlich in die Richtung bringen, dass im Interesse der Sicherheit entspre chende Maßnahmen ergriffen werden.