Protokoll der Sitzung vom 06.03.2013

Für wichtig halte ich den Aspekt, dass beim Zugang in das Gerichtsgebäude Sicherheit geschaffen wird. Das kollidiert jedoch letztlich mit dem Grundgedanken der Öffentlichkeit, der öffentlichen Verhandlung. Immer mehr Menschen betre ten diesen bisher immer sehr offenen Raum. Das ist gefähr lich, und der Zugang soll erschwert werden. Ich denke, die ses Pendel muss man aufgrund der Vorgänge tatsächlich in die Richtung bringen, dass im Interesse der Sicherheit entspre chende Maßnahmen ergriffen werden.

Hier fährt Baden-Württemberg sicherlich den richtigen Weg. Das Land schafft Zugangskontrollen, aber die Justizwacht meister erhalten auch im Gebäude selbst – nicht nur im Saal, sondern auch in den Büros, in den Gängen – entsprechende Zugriffsmöglichkeiten, um zu verhindern, dass es zu Über griffen kommt.

Aus diesem Grund ist dies, nachdem auch die Verhältnismä ßigkeit berücksichtigt worden ist, ein Gesetz – so möchte ich sagen –, das mit Augenmaß auf diese Probleme reagiert. Die Ermächtigungsgrundlagen sind entsprechend aufgenommen.

Unsere Fraktion wird der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss zustimmen. Wir hoffen, dass die Beratun gen dort zügig verlaufen und der Entwurf bald Gesetz wird.

Herzlichen Dank für die bisherige Arbeit, die auch hier ge leistet worden ist.

Danke.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Kopp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich danke dem Justizminister, Herrn Rainer Stickelberger, und seinen Mitarbeitern ausdrücklich für diesen Gesetzentwurf, mit dem erstmals eine einheitliche Ermächtigungsgrundla ge für die Befugnisse der Justizwachtmeister zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei Gericht und Staatsanwaltschaft geschaf fen wird.

Dabei möchte ich hervorheben, dass insbesondere die vorge sehenen Vorschriften über eine Bewaffnung in § 9 Absatz 2 keine wirklichen Neuerungen sind, sondern erstmals eine ge setzliche Grundlage der bislang ungeschriebenen Praxis dar stellen.

Das Gesetz schafft somit Rechtsklarheit, enthält darüber hin aus aber auch weitere zu begrüßende Regelungen, wie z. B. die Festlegung, dass der Einsatz der in § 9 Absatz 2 Satz 2 ge nannten Waffen solchen Justizwachtmeistern vorbehalten ist, die dafür besonders ausgebildet wurden.

Der heute zu beratende Gesetzentwurf ist ein weiterer Bau stein eines ganzheitlichen Konzepts zur Sicherheit in Justiz gebäuden. Denn neben der Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger darf die Sicherheit in Justizgebäuden nicht ausgeblen det werden. Die erschreckenden Vorfälle der Vergangenheit in Gerichtsgebäuden haben uns deutlich gezeigt, dass die be stehenden Sicherheitsmaßnahmen offensichtlich nicht ausrei chend waren.

Im Unterschied zur Vorgängerregierung hat Justizminister Sti ckelberger das Thema daher bereits Ende 2011 auf die Agen da gesetzt und mit Experten eine entsprechende Sicherheits konzeption entwickelt. Notwendige Maßnahmen wie z. B. zu sätzliche Wachtmeisterstellen und Sachmittel für geeignete bauliche und technische Sicherheitsmaßnahmen in den Jus tizgebäuden wurden, wie schon von meinem Vorredner er wähnt, von den Regierungsfraktionen im Haushalt 2013/2014 verankert. Neben den Strafvollzugsbediensteten in den Ge fängnissen leisten auch die Justizwachtmeister einen sehr wichtigen Beitrag zur Sicherheit dieses Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, allen Justizwacht meistern im Namen der SPD-Fraktion meinen Dank und mei ne Wertschätzung für ihre wichtige Arbeit auszusprechen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Angesichts der ausgeführten Vorteile, die wir in dem vorge legten Gesetzentwurf sehen, kann ich dem Justizminister vor behaltlich der weiteren Beratung im Ständigen Ausschuss be reits heute Zustimmung signalisieren. Die vorgeschlagenen Ergänzungen des Kollegen Zimmermann werden im Aus schuss wohl erneut diskutiert werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

(Abg. Walter Heiler SPD: Jetzt wird es schwer! Das war ein Scherz!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Justizwachtmeisterdienst steht immer in der Gefahr, für die wichtigen Aufgaben, die er hat, nicht ausreichend Beachtung zu finden. Wenn man von Beachtung spricht, hat das auch etwas mit Bezahlung zu tun. Ich freue mich, dass wir noch unter der alten Regierung die Besoldungssituation im Justizwachtmeisterdienst entschei dend verbessern konnten. Heute geht es um die Rechtsgrund lage für sein Handeln, für seine Befugnisse. Die Aufgaben sind wirklich anspruchsvoll genug. Das ist durch die fürchter lichen Fälle, die angesprochen worden sind, ganz besonders deutlich geworden.

Es sind aber nicht nur die herausragenden Strafprozesse oder Staatsschutzprozesse, bei denen jeder ein großes Sicherheits risiko sieht, sondern es ist mehr der Alltag gerade im Famili enrecht, bei dem zum Teil unglaubliche Aggressionen im Ge richtssaal frei werden, sodass gefährliche Situationen entste hen können. Man beneidet niemanden, der solche Situationen entschärfen und für Sicherheit sorgen muss. Das ist eine schwierige Aufgabe.

Ähnliche Aufgabenstellungen – das ist klar – gibt es bei der Polizei oder im Strafvollzug. Das ist einem durchaus bewusst. Interessanterweise sind dort die Befugnisse im Polizeigesetz oder im Justizvollzugsgesetzbuch bis ins Detail geregelt.

Insofern ist es erstaunlich, dass die Befugnisse des Justiz wachtmeisterdienstes bisher nicht in dieser Weise kodifiziert waren. Das ist ein Unternehmen, das man unverzüglich ange hen sollte. Man ist durch die dramatischen Fälle noch einmal darauf aufmerksam gemacht worden. Es gibt ohne Zweifel Handlungsbedarf für ein neues Gesetz. Wir werden dieses Ge setz natürlich auch positiv unterstützen. Es bildet, wenn man so will, den jetzigen Rechtszustand und die jetzige Praxis ab, schafft vor allem Rechtssicherheit – keine neuen Befugnisse, aber eben Rechtssicherheit. Das ist wichtig, gerade wenn ei ne brenzlige Situation eintritt. Wir werden das Gesetz konst ruktiv begleiten, keine Frage.

Wichtig scheint der Hinweis des Kollegen Zimmermann zu sein; daraufhin muss man den Gesetzentwurf in der Tat noch einmal anschauen. Sollte es so sein, dass das Gesetz für Vor gänge im Gebäude greift, aber nicht auf dem Parkplatz, dann müsste man in der Tat überlegen, ob man die eine oder ande re Formulierung noch ändert. Insofern rege ich an, diesen Hin weis aufzugreifen. Im Übrigen ist es aber ein Gesetz, das hilf reich und richtig ist und das wir unterstützen werden.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Aus sprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/3076 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist es so be schlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 6 erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Finanzen und Wirtschaft – Genossen schaftswesen in Baden-Württemberg – Drucksache 15/1870 (geänderte Fassung)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Rüeck für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich dem Herrn Präsidenten die Frage stellen, ob es eine „Umressortie rung“ in der Landesregierung gegeben hat. Ist der Herr Jus tizminister jetzt auch für die Genossenschaften zuständig? Ich würde es ihm aufgrund seiner Fähigkeiten absolut zutrauen.

(Minister Rainer Stickelberger: Keine aufgedrängte Bereicherung!)

Ich halte es nicht für ein schönes Zeichen der Landesregie rung gegenüber den Genossenschaften, dass der zuständige Fachminister bei dieser Diskussion nicht anwesend ist.

(Beifall bei der CDU – Unruhe)

Herr Abg. Rüeck, Sie haben eine Frage an mich gestellt. Das ist keine Frage an das Präsidium, sondern eine Frage an die Regierung.

Dann an die Regierung.

Die CDU-Fraktion hat nach der Geschäftsordnung jederzeit das Recht, hier einen Be schluss zu fassen, wenn sie etwas möchte. Ich gehe davon aus, dass die Regierung überrascht davon ist, dass die vorherigen Beratungen nicht so lange gedauert haben wie üblich, aber noch rechtzeitig dazukommt. Aber das betrifft die Regierung und nicht uns.

Gut. Vielen Dank.

(Minister Dr. Nils Schmid betritt den Plenarsaal.)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Was der Einzelne nicht vermag, das vermögen viele.“ Dieses Motto der Gründungsväter der Genossenschaften, Hermann Schul ze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen, hat auch heu te, nach über 160 Jahren, seine Bedeutung und Aktualität nicht verloren. Der Gedanke, dass man gleichberechtigt in einer Ge meinschaft mehr erreichen kann als ein Einzelkämpfer, hat sich bewahrheitet. Genossenschaften sind eine traditionsrei che, aber gleichzeitig auch hochmoderne Unternehmensform. Dies bestätigt sich nicht zuletzt in den 3,6 Millionen Mitglie dern in Baden-Württemberg, 20 Millionen Mitgliedern deutsch landweit, 140 Millionen Mitgliedern europaweit und – um die se Zahl noch zu toppen – 840 Millionen Mitgliedern weltweit.

Das Jahr 2012 wurde von der UN zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen – eine besondere Ehrung, wie ich finde. Dies hat den Genossenschaften die Chance ge geben, die Grundidee dieser Unternehmensform weltweit ver stärkt darzustellen und noch mehr Menschen für dieses Ge schäftsmodell zu interessieren, vielleicht auch zu begeistern. Gleichzeitig hat es gezeigt, welche Bedeutung die Genossen schaften weltweit haben.

Was ist denn nun das Besondere an diesem Genossenschafts wesen? An vorderster Stelle sind hier die Werte aufzuführen, denen sich die Genossenschaften verschrieben haben: Res pekt, Verantwortung, Solidarität, Partnerschaftlichkeit und Ge nossenschaftlichkeit. Ich glaube, man kann heute noch sagen, diese Werte haben sich nach jahrelanger Tradition bewahrhei tet und bewährt. Genossenschaften sind keine Aktiengesell schaften; sie sind nur ihren Mitgliedern verpflichtet – eine hochdemokratische Rechtsform. Jedes Mitglied hat unabhän gig von seinen finanziellen Einlagen eine Stimme und damit auch das gleiche Mitspracherecht.

Den besonderen Erfolg sehe ich aber in der regionalen Ver wurzelung der Genossenschaften. Sie schaffen und erhalten Arbeitsplätze vor Ort. Junge Menschen werden ausgebildet; ihnen wird auch außerhalb der Ballungsräume eine Zukunfts perspektive geboten. Damit sind die Genossenschaften ganz nah bei den Menschen und können auch auf die Bedürfnisse und Interessen der Menschen eingehen.

Es kann also nicht verwundern, dass die Genossenschaften in fast allen Bereichen des Lebens und der Wirtschaft tätig sind und darüber hinaus vor allem sehr erfolgreich sind. Ich darf hier den Handel, das Handwerk, die Nahversorgung durch Ge nossenschaftsläden, die Industrie, das Dienstleistungsgewer be und die Landwirtschaft nennen. Die Liste scheint fast un endlich verlängerbar zu sein.

Momentan organisieren sich in Baden-Württemberg fast 900 Unternehmen mit den genannten 3,6 Millionen Mitgliedern im Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband.

Mich begeistert bei dieser ganzen Betriebsamkeit besonders, dass die Genossenschaften am Puls der Zeit sind. Als ein Bei spiel darf ich die Energiegenossenschaften nennen. Bereits im Jahr 2009 wurden die ersten Genossenschaften in dieser Form gegründet, und schon im Jahr 2012 belief sich die Anzahl die