Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Zum Stichwort Masterausbau: Ich bin ein wenig stolz darauf, und ich bin dem Haus auch dankbar, im Haushalt entsprechen de Mittel zur Verfügung gestellt zu haben, damit wir hier in Baden-Württemberg den Masterausbau mutig anpacken kön

nen und verlässlich voranschreiten können. Baden-Württem berg ist das erste Bundesland, das diese Ausbaumaßnahmen in Angriff nimmt. Wir werden in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2015/2016 6 300 zusätzliche Masteranfängerplätze schaffen und finanzieren. Wir setzen damit die Empfehlung der Expertenkommission – Herr Dr. Birk hat sie erwähnt – um, mit diesem Ausbau im Durchschnitt für 50 % der Absol venten der Bachelorstudienjahrgänge einen Masterstudien platz zur Verfügung zu stellen. Das ist nicht überdimensio niert, sondern ein sehr vorsichtiger und notwendiger Ausbau, den wir hier anpacken.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Damit werden wir die Zahl der Masterstudienplätze von der zeit 9 500 auf insgesamt 15 800 ausbauen. Wir werden diesen Ausbau in drei Tranchen realisieren.

Zunächst einmal werden wir in der ersten Tranche zum nächs ten Wintersemester 3 000 Anfängerplätze an die Hochschulen verteilen, mit denen wir vorhandene Kapazitäten und Über lasten abbilden und den Hochschulen bei der Bewältigung der größten Not entgegenkommen und schnell Abhilfe schaffen.

In einer zweiten Tranche werden wir 900 weitere Plätze zur Verfügung stellen. Die Bereitstellung dieser Plätze ist im We sentlichen auch an den dringendsten Bedarfen orientiert.

In einer weiteren Tranche werden wir dann orientiert an be sonderen Profilbildungsmaßnahmen, an den besonderen Schwer punktsetzungen, die in Baden-Württemberg gebraucht werden, entlang der Strukturentwicklungsplanung und unter Auswer tung unserer Dialogveranstaltungen und regionalen Work shops, die im Mai und Juni dieses Jahres im ganzen Land statt finden werden, die weiteren Plätze vergeben.

Das ist ein vernünftiges Verfahren, ein überlegtes Verfahren; es ermöglicht uns, die nachfrageseitigen Bedarfe zu decken, und es schafft den Raum für Innovation, für innovative For mate. Zudem ermöglicht es ein steuerndes Eingreifen dort, wo wir einen besonderen Schwerpunkt, eine besondere Duftmar ke setzen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Bullinger?

Ja.

Frau Ministerin, vor knapp 14 Tagen fand der Hochschultag der IHK in der Stuttgarter Liederhalle statt. Dabei wurde das Problem ange sprochen, dass die hervorragenden Bachelorabsolventen der Dualen Hochschule sowie auch der Hochschulen für ange wandte Wissenschaften, also der früheren Fachhochschulen, nach wie vor große Schwierigkeiten haben, in Masterstudien gängen an Universitäten unterzukommen. Was unternehmen Sie konkret, damit die Universitäten etwas offener und freund licher mit Bachelorabsolventen von diesen zwei Hochschul arten umgehen?

Wir sind in engem Kontakt mit den Universitä ten, die uns versichern, dass der Zugang diskriminierungsfrei ist und die Auswahlverfahren allein an den Qualitätskriterien orientiert stattfinden. Wir werden, wenn uns von Diskriminie rung berichtet wird, in jedem Einzelfall nachfassen.

Allerdings werden Masterstudienplätze nicht nur an Univer sitäten angeboten. Wir bauen Masterstudiengänge auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften aus, die diese Studienangebote bereits jetzt aus eigener Kraft und mit gro ßem Erfolg geschaffen haben.

Wir werden zudem ein eigenes Format erarbeiten und eine ei gene Linie entwickeln, auf der insbesondere der Weiterbil dungsmaster an der Dualen Hochschule, aber auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und an den Uni versitäten im Land aufsetzen kann. Denn wir glauben, dass der Weg nicht nur darin bestehen kann, direkt nach dem Ba chelor weiterzustudieren und einen Master zu machen, son dern wir wollen die Potenziale der Bologna-Reform nutzen und wollen die jungen Menschen ermutigen, nach dem Ba chelor zunächst einmal Berufserfahrung zu sammeln und zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen, ihr Studium fortzusetzen und sich damit weiterzuqualifizieren.

Deswegen legen wir großen Wert darauf, bei der Fortsetzung des Masterausbauprogramms berufsbegleitende und weiter führende Masterangebote zu etablieren, und zwar über alle Hochschularten hinweg.

Zudem setzen wir darauf, dass diese Weiterbildungsmaster mit einer Eigenbeteiligungskomponente versehen sind. Denn wir können nicht alles aus den Mitteln finanzieren, die der öf fentlichen Hand zur Verfügung stehen.

Lassen Sie mich zum Thema Qualitätssicherung in diesem Zu sammenhang noch einige wenige Zahlen nennen. Wir werden diesen Ausbau mit zusätzlichen Personalstellen unterlegen. Denn gutes Studieren erfordert eine ausreichende Personal ausstattung, und daher müssen wir Personalstellen entfristen und zusätzliches qualifiziertes Personal gewinnen.

Wir werden deswegen das Masterausbauprogramm mit zu sätzlichen Stellen flankieren. Dabei handelt es sich um 132 W-3- und W-2-Professuren, 132 E-13-Stellen und 66 E-5-Stel len, die unbefristet besetzt werden können. Dies ist ebenfalls ein Signal, mit dem wir deutlich machen: Es geht uns um gu te Qualität. Dafür brauchen wir motiviertes und gutes Perso nal. Auch hierfür bitte ich Sie um die nötige Unterstützung. Ich weiß, dass das eine mutige Ansage ist in einer Zeit, in der wir uns auch ernsthaft Gedanken darüber machen müssen, wie wir den Haushalt konsolidieren. Dennoch meine ich, dieser Doppelschritt ist nötig und unverzichtbar.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Noch ein allerletztes Stichwort zum Thema Fachkräfteman gel: Ich nehme die Rückmeldungen sehr ernst, mit denen von seiten der Wirtschaft die Sorge zum Ausdruck gebracht wird, ob wir angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels die nötige Unterstützung leisten. Wir haben in doppelter Hin sicht einen Fachkräftemangel, mit dem wir uns auseinander setzen müssen: Sowohl im akademischen Bereich besteht ein

solcher Fachkräftemangel, dem wir begegnen müssen, und zwar aufgrund veränderter Qualifikationsanforderungen – Kollege Schmidt-Eisenlohr hat das gerade beschrieben –, als auch im Bereich der dualen Ausbildung. Wir werden im Ka binett und miteinander – hoffentlich auch mit Ihrer Unterstüt zung – alles tun, um dem Fachkräftemangel in seinem gesam ten Spektrum umfassend zu begegnen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die wichtigsten Potenziale, die wichtigsten Ressourcen liegen dabei meines Erachtens bei denjenigen, die derzeit noch die Schulen im Land besuchen und sie möglicherweise verlassen, ohne einen Ausbildungs vertrag in der Hand zu haben. Da bestehen große Potenziale, die wir heben müssen, und daran arbeiten wir gemeinsam über alle Häuser hinweg.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abg. Dr. Birk das Wort.

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, wenn Sie stolz darauf sind, dass Sie Mittel für den Masterausbau im Haus halt 2013/2014 bekommen haben, dann ist dies nur die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite der Medaille haben Sie nicht erwähnt: dass diese zusätzlichen Mittel zulasten des bestehen den Ausbauprogramms „Hochschule 2012“ und damit zulas ten des Bachelors gehen.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das stimmt nicht! Das stimmt doch nicht!)

Natürlich stimmt das. Es stimmt insofern, als die Ministe rin einen Leertitel in den Haushalt eingestellt hat. Sie konnte nicht einmal im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens sagen, wie viel Mittel sie für den Masterausbau benötigt. Dann lagen die Ergebnisse der Expertenkommission vor, und dann ist mühsam, ganz zum Schluss, über Anträge von SPD und Grünen noch eine Umschichtung innerhalb des Haushalts vor genommen worden. Das ist nicht seriös im Sinne von Pla nungssicherheit für die Hochschulen und auch nicht im Sin ne einer Ernsthaftigkeit, den Fachkräftemangel der nächsten Jahre zu beseitigen.

Frau Ministerin, diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen, weil Sie hier nicht sauber gearbeitet haben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Was ich nicht verstehe: In den nächsten Jahren werden 625 000 zusätzliche Studienanfänger erwartet – das ist die Zahl, die die KMK nach oben korrigiert hat –, aber gleichzei tig wird das Bachelorausbauprogramm in den nächsten Jah ren nach unten gefahren.

Jetzt zitiere ich einmal aus der Begründung des Haushaltsan trags von SPD und Grünen mit Erlaubnis des Präsidenten:

Da die Zahl der Bachelorabsolventinnen und -absolven ten voraussichtlich bis zum Jahr 2016 ansteigen wird, oh ne dass der Nachfragedruck im grundständigen Bereich nennenswert abnimmt, ist ein stufenweiser Ausbau des Masterstudiengangs erforderlich.

Das heißt, wenn der grundständige Bedarf nicht abnimmt, werden Sie auch in den nächsten Jahren eine hohe Zahl von Bachelorstudienplätzen benötigen, und dann benötigen Sie dafür auch zusätzliche Mittel. Das kann nicht nur auf den Bund abgeladen werden, sondern da muss das Land, muss die se Landesregierung, müssen die sie tragenden Fraktionen vo rausgehen und dürfen nicht nur mit Umschichtungsanträgen arbeiten.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Frau Ministerin, wir sind uns darüber im Klaren – das ist ei ne Verhandlungsposition, die ich bei Frau Wanka sehr gut nachvollziehen kann –: Die anderen Länder drücken sich doch vor der Verantwortung des weiteren Ausbaus.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Die an deren Länder! Wir nicht!)

Die meisten haben doch Haushaltsnotlagen. Die schaffen doch die Nullneuverschuldung, die Einhaltung der Schuldenbrem se bis zum Jahr 2020 nie und lechzen nach zusätzlichen Mit teln des Bundes. Dass die Bundesbildungsministerin in die ser Situation sagt: „Ich verhandle hart und lasse die Länder, die dafür eine originäre Kompetenz haben, nicht aus ihrer Ver antwortung“, ist, meine ich, mehr als recht und billig. Ja, das ist geradezu ihre Pflicht auch im Hinblick auf die Haushalts klarheit und auf den verantwortlichen Umgang mit den Finan zen in den nächsten Jahren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Letzter Punkt, Frau Ministerin: Ich bedaure es sehr, dass hier bislang noch nicht die Gelegenheit genutzt wurde – heute wä re dazu eine Möglichkeit gewesen; denn die Debatte wurde ja von Ihnen beantragt, Herr Schmidt-Eisenlohr –,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Doktor!)

über Ergebnisse der Expertenkommission und über die Schlüs se, die die Landesregierung daraus ziehen muss, im Wissen schaftsausschuss und in diesem Hohen Haus zu beraten. Ich möchte einmal sagen: Die Arbeitsreihenfolge muss so sein, dass zunächst einmal das Konzept hier behandelt wird und dass daraus dann die finanziellen Erfordernisse abgeleitet wer den. Dabei sind wir, die CDU-Fraktion, auch bereit – wir ha ben das auch schon im Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ unter Beweis gestellt –, im Rahmen unserer Verantwortung mitzumachen.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Aha!)

Deshalb abschließend drei, vier Fragen, die bislang nicht be antwortet worden sind:

Erstens: Nach welchen Kriterien und in welcher Höhe wird eine Aufteilung der Masterstudienplätze auf die einzelnen Hochschularten und Fächergruppen erfolgen? Bislang sind Sie die Antwort hierauf schuldig geblieben.

Zweitens: Wie wird der Bedarf des Arbeitsmarkts in die Aus bauplanungen einbezogen? Da machen Sie jetzt zwar Fach konferenzen, aber bislang liegt von der Landesregierung nichts vor: Fehlanzeige!

Drittens: Wie möchte die Landesregierung einen stärkeren Übergang vom Bachelor zum Master, von den Universitäten zu den Hochschulen für angewandte Wissenschaften errei chen, was hier bereits angeklungen ist? Auch hierzu keine Antwort.

Viertens: Dann haben Sie etwas zu den zusätzlichen personel len...

(Glocke des Präsidenten)

Ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

... und sächlichen Ressourcen gesagt. Das werden wir aufnehmen. Aber auch hierzu keine weitergehende Antwort, wie es bei den konsekutiven bzw. weiterbildenden Masterstudiengängen weitergehen soll.