Protokoll der Sitzung vom 10.04.2013

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Kurtz.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Der Kollegin Kurtz kann man auch lange zuhören! – Vereinzelt Heiter keit)

Herr Minister, es ist schon schade, dass wir heute überhaupt keine Antworten bekommen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie haben sich nicht zum differenzierten Lehramt geäußert. Sie haben sich nicht zur einheitlichen Besoldung der Lehr kräfte geäußert. Die Wissenschaftsministerin hat kein Wort darüber verloren, wo eigentlich der Arbeitsmarkt sein soll

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

für die Studierenden, die mit einem Bachelorexamen die Hoch schulen verlassen. Es ist ja schön und gut, dass Sie jetzt ein mal anfangen wollen, nachzudenken und zu reden, aber ein bisschen müssten Sie schon einmal einen eigenen Standpunkt haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Ich nehme Ihnen diese Offenheit auch nicht ab. Sie müssen schon aufpassen, dass Sie glaubwürdig bleiben. Das muss ich hier ganz ehrlich sagen.

Herr Fulst-Blei hat gemeint, er könnte hier eine Zusammen fassung vornehmen, aber es ist mehr „Vorhang zu und alle Fragen offen“.

Ich will noch einmal betonen: Wir sind zu diesem konstruk tiven Dialog bereit. Aber ganz klar ist für uns auch: Wir brau chen in keinen Dialog einzutreten, wenn von Ihnen schon ge setzt ist, dass am Ende der Einheitslehrer kommt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ist es!)

Dann können wir uns jedes Gespräch sparen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir brauchen auch nicht weiter über die Einrichtung von Schools of Education zu sprechen, wenn darauf die Abschaf fung der Pädagogischen Hochschulen folgen muss.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Jetzt haben Sie es doch schon zweimal gehört: Das steht doch gar nicht zur Debatte!)

Wenn Sie vielleicht einmal unsere Empfehlungen und Forde rungen lesen würden – ein Dialog ist ein gegenseitiger Pro zess –, dann würden Sie feststellen, dass wir vorschlagen, die Kompetenzen von Universitäten und Pädagogischen Hoch schulen noch stärker zu verzahnen. Sie haben vorhin die Stand orte aufgeführt, an denen es zum Teil schon vorbildlich läuft und von der früheren Landesregierung bereits sehr gut ange schoben wurde.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind dafür, den baden-württembergischen Weg behutsam und sorgfältig fortzusetzen und die Besonderheiten, die wir in der Schul- und in der Hochschullandschaft haben, zu nutzen, auszubauen und die Potenziale auszuschöpfen. Sie müssen nicht das Rad neu erfinden und am Ende irgendetwas zerschla gen, was sich in Baden-Württemberg bewährt hat. Da haben wir in anderen Bundesländern genug schlechte Beispiele, nicht zuletzt in Berlin. Wir wollen in Baden-Württemberg kei ne Berliner Verhältnisse.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei das Wort.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er hat doch vorhin schon zusammengefasst!)

Ja, manchmal ist es im Le ben hart; da kann man nichts machen. – Frau Kurtz, ich res pektiere, dass Sie bestimmte inhaltliche Positionen haben. Aber es gehört natürlich zum Prozess, dass Sie, wenn Sie sa gen: „Das und das geht überhaupt nicht, und ansonsten ma chen wir auch nicht mit“, uns genau das indirekt unterstellen, zumindest dem Minister. Wie gesagt: Ich freue mich, dass wir in einen konstruktiven Dialog eintreten.

Ich habe mich allerdings insbesondere gemeldet,

(Zuruf von der CDU: Eine halbe Minute!)

um dem Gerücht von einer Abschaffung der PHs vorzubeu gen. Ich verweise auf Seite 56, Kapitel 6.1: Empfehlungen der Kommission zur institutionellen Umsetzung. Auf der Basis dieser Ausführungen empfiehlt die Kommission. Da sind aus drücklich das Grundschullehramt an Pädagogischen Hoch schulen und der Bachelor an Pädagogischen Hochschulen und an Universitäten genannt. Das heißt, in der Logik dieses Pa piers spielen die Pädagogischen Hochschulen eine ganz be deutende und – ich mache ein Ausrufezeichen – eigenständi ge Rolle.

Bei den Schools of Education haben wir natürlich eine Ver zahnung, an die auch wir ein Fragezeichen machen: Wie muss die konkrete organisatorische Umgestaltung vollzogen wer den? Meine ausdrückliche Bitte ist: Fangen Sie nicht wieder an, auch an dieser Stelle den Menschen in diesem Land Angst zu machen. Eine Abschaffung der PHs steht nicht zur Debat te.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Sabine Kurtz CDU: Distanzieren Sie sich doch einfach davon!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Da mit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Wir kommen jetzt zu Punkt 2 der Tagesordnung:

a) Aktuelle Debatte – Konterkariert die Haltung der Lan

desregierung zur Verleihung des Theodor-Heuss-Prei ses die Kampagne gegen Kindesmissbrauch? – bean tragt von der Fraktion der CDU

b) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme

des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Fami lie, Frauen und Senioren – Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern – Drucksache 15/3243

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten fest gelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht ange rechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Rede zeit von fünf Minuten. Ich darf die Landesregierung bitten, sich an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aus gegebenem An lass!)

Aus gegebenem Anlass. – Schließlich darf ich auf § 60 Ab satz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu füh ren ist.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! In wenigen Tagen, am 20. April, wird Ministerpräsident Kretschmann in unserer Landeshauptstadt im Weißen Saal des Neuen Schlosses den Preis der Stiftung des ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss für vor bildliches demokratisches Verhalten und Toleranz, für bei spielhaften Einsatz für das Gemeinwohl verleihen. Auch wenn es sich beim Preis der Theodor-Heuss-Stiftung um einen re nommierten Preis handelt, wird ihm in der Regel nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Diesmal ist es anders. Diesmal ist der Preisträger Daniel CohnBendit, ein Gründer und eine Ikone der grünen Bewegung. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voß kuhle, der die Festrede halten sollte, hat abgesagt. Er wird an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Andreas Voßkuhle hat ab gesagt, und zwar nicht etwa deshalb, weil er an der demokra tischen Einstellung von Cohn-Bendit zweifelt, dessen rechts staatliche Gesinnung als militanter Steinewerfer, Held der Pa riser Barrikaden, Aktivist in Joschkas Putzgruppe und Unter stützer von Baader und Ensslin in den Sechzigerjahren – Zi tat: „Die gehören zu uns“ – heute noch infrage steht, sondern weil sich Cohn-Bendit in problematischer Weise zur Sexuali tät zwischen Erwachsenen und Kindern geäußert hat und das Bundesverfassungsgericht jeden Anschein vermeiden muss, solche Aussagen zu billigen.

Die Gründe dafür finden sich in der Lebensbeichte des heuti gen Europaabgeordneten, der Anfang der Siebzigerjahre als Kindergärtner in einem antiautoritären Frankfurter Kinderla den gearbeitet hatte und in seinem Buch „Der große Basar“ von seinem „ständigen Flirt mit allen Kindern“ erzählte, der schon bald „erotische Züge“ annahm.

Weiter berichtet Cohn-Bendit:

Ich hatte schon lange Lust gehabt, in einem Kindergar ten zu arbeiten.... Ich konnte richtig fühlen, wie die klei nen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzumachen.... Es ist mir mehrmals passiert, dass eini ge Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen ha ben, mich zu streicheln.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Pfui! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Pfui Teufel!)

Der damals 28-Jährige berichtet weiter:

Ich habe je nach den Umständen unterschiedlich reagiert,

(Lachen des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

aber ihr Wunsch stellte mich vor Probleme. Aber wenn sie darauf bestanden, habe ich sie... gestreichelt.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Die Überschrift des Kapitels lautet: „Little Big Men“ – wie feinsinnig!

Damals haben linksliberale Sexualwissenschaftler und soge nannte Reformpädagogen die Befreiung der kindlichen Sexu alität durch die Erwachsenen als Programm der antiautoritä ren Erziehung verstanden, und sie haben das Recht auf Pädo philie gefordert. Erst durch die Skandale in der katholischen Kirche und in der Odenwaldschule wurde das Tabuthema des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Öffentlichkeit brei ter diskutiert.