Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Herr Hauk ist auch nicht da!)

Daher sind wir entschlossen, einen verfassungsgemäßen Weg für eine verbindliche und praktikable Lösung bei den Kommunalwahlen zu suchen.

Die Frau Ministerin hat offensichtlich ein Jahr gesucht und keinen Weg gefunden; es gibt ihn auch nicht.

(Beifall bei der CDU)

Der Innenminister und auch Kollege Sakellariou haben die ses Vorhaben schon damals für verfassungswidrig gehalten. Frau Sitzmann und Frau Krebs sahen das anders. Heute be kommen sie von Grün-Rot ein Trostpflaster, um einen zu star ken Gesichtsverlust zu vermeiden.

Jetzt soll dieses Thema in einer Sollvorschrift geregelt wer den. Es soll vorgeschrieben werden, dass die Listenplätze in der Regel alternierend zu vergeben sind. Weil Sie jedoch qua si das schlechte Gewissen plagt oder der Verfassungsbruch droht, schreiben Sie hinein, dass all dies keine Rechtswirkun gen haben soll. Das ist ein einmaliger Vorgang, den es so in einem Gesetz noch nie gegeben hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Friedlin de Gurr-Hirsch CDU: Wofür braucht man dann ein Gesetz?)

Noch schöner wird es in der Begründung Ihres im Innenaus schuss eingebrachten Änderungsantrags. Da schreiben Sie dann wörtlich, dass die vorgesehene Regelung keinen verbind lichen Charakter habe, sondern an die Parteien appelliere.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: So macht man ein Gesetz!)

Jetzt darf ich Ihnen sagen, was Ihre Fraktionsvorsitzende zu diesem Thema ebenfalls am 24. Mai gesagt hat – ich zitiere –:

Wir müssen feststellen, dass in der Vergangenheit sämtli che Appelle … nicht dazu geführt haben, dass Frauen an gemessen an der Politik beteiligt und... repräsentiert sind.

Was soll man mehr sagen als dieses Zitat Ihrer eigenen Frak tionsvorsitzenden? Ein völlig unnützes Gesetz. Es hat in der Vergangenheit nichts genützt, und dieser Appell ist insofern unnütz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn das so ist, dann ist es ein Placebo für Frau Sitzmann und Frau Krebs und andere in Ihren Fraktionen. Das wollen Sie doch nicht ernsthaft behaupten. Damit wollen Sie auch tat sächlich auf die Listenaufstellung Einfluss nehmen und einen Rechtfertigungsdruck auf Parteien und Wählervereinigungen ausüben.

Dies stellt damit in der Tat eine Beeinträchtigung der Verfas sungsgrundsätze zu Parteien- und Wahlfreiheit dar. Dies kön nen wir nicht mittragen. Das ist ein merkwürdiges Demokra tieverständnis, das Sie heute an den Tag legen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Abschließend: Es ist etwas anderes, wenn eine Partei sich de mokratisch in ihren Satzungen selbst entsprechende Vorschrif ten gibt oder aber ein Gesetzgeber in Parteien hineinregieren will. Ein Kollege der Grünen hat es im Innenausschuss so for muliert:

Nachholbedarf gebe es im Übrigen weder bei der SPD noch bei den Grünen, sondern bei der CDU.

Also ist eindeutig klar: Grün-Rot maßt sich jetzt an, auch in andere Parteien und ihre demokratischen Grundfreiheiten hi neinregieren zu wollen. Welches Demokratieverständnis! Wie ist Ihnen die Regierungsmacht zu Kopf gestiegen! Sie brechen ein Tabu, und zwar erstmals in Deutschland. In keinem ande ren Bundesland gibt es ein solches Gesetz.

(Zuruf von der SPD: Das ist Entwicklungshilfe!)

Deshalb können wir hier heute auch nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Schwarz.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! In der ersten Lesung haben wir schon sehr ausführlich über das Gesetzespaket zur Änderung des Kommunalwahlrechts diskutiert. Kern ist die Senkung des ak tiven Wahlalters auf 16 Jahre. Wir schaffen damit die Voraus setzungen, dass bei der Kommunalwahl 2014 junge Menschen im Alter von 16 und 17 Jahren volles Stimmrecht haben.

(Zuruf des Abg. Karl Klein CDU)

Junge Menschen können dann über die Zusammensetzung des Gemeinderats, des Kreistags, der Regionalversammlung in der Region Stuttgart und der Ortschaftsräte mitentscheiden, und junge Menschen können jetzt mit einem Abstand von drei Monaten Übergangszeit auch bei Bürgermeisterwahlen mit wählen. Wir geben jungen Menschen mehr Möglichkeiten, politisch mitzubestimmen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Kollege Throm, wir folgen damit auch dem Beispiel anderer Bundesländer. Viele andere Bundesländer haben das aktive Wahlalter gesenkt. Sie haben gleichwohl das passive Wahlal ter bei 18 Jahren belassen. Das funktioniert dort, und es wird auch in Baden-Württemberg gut funktionieren.

Die Senkung des Wahlalters – das haben wir immer gesagt – ist ein Baustein in einem Gesamtsystem. Das zweite Thema, das dazugehört, ist der Jugendgemeinderat, ist die Jugendver tretung. Herr Professor Goll hat mir in der ersten Lesung vor geworfen, wir würden hier nicht vorankommen. Sie können heute sehr gut dem Entschließungsantrag, dem Sie jetzt auch beigetreten sind, entnehmen, dass die Fraktionen von Grünen und SPD sich hier auf Regelungen geeinigt haben. Wir wol len dem Jugendgemeinderat, der Jugendvertretung zu einem verbindlichen Rede- und Antragsrecht sowie zu einem Anhö rungsrecht im Gemeinderat verhelfen. Das soll in den Ge schäftsordnungen verankert werden. Ich freue mich, Kollege Herrmann, dass die CDU-Fraktion unserem Entschließungs antrag beigetreten ist.

(Unruhe)

Könnt ihr mal ein bisschen leiser sein?

Ich habe das in der Vergangenheit nie so deutlich von Ihnen gehört, dass Sie sagten,

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

der Jugendgemeinderat solle auch ein verbindliches Rede- und Antragsrecht im Gemeinderat bekommen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Herr Abgeord neter, der Präsident will etwas sagen!)

Es ist gut, dass wir das jetzt interfraktionell so sehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Klein CDU)

Die Fraktionen der Grünen und der SPD haben einen Ände rungsantrag mit dem Ziel paritätisch besetzter Wahllisten ein gebracht, nachgeschoben. Wir alle waren uns bei der Ersten Beratung am 6. März hier im Landtag darüber im Klaren: Es gibt einen äußerst geringen Anteil von Frauen in den Gemein deräten und Kreistagen. Wir waren uns einig, dass die Partei en und die Wählervereinigungen mehr Anstrengungen unter nehmen müssen, um mehr Frauen auf ihre Wahllisten und an schließend in die Gremien zu bekommen. Daher sehen wir die Notwendigkeit, dies im Kommunalwahlgesetz deutlich zu ma chen.

Mit dem Änderungsantrag wollen wir einen klaren Appell im Gesetz verankern. Wir fordern die Wählervereinigungen und die Parteien offensiv auf, ihre Wahllisten paritätisch besetzt einzureichen und die Hälfte der Plätze für Frauen vorzusehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Nach unseren Vorstellungen sollen bei der Aufstellung der Wahllisten Männer und Frauen, Frauen und Männer abwech selnd berücksichtigt werden. Wir handhaben das seit der Gründung unserer Partei so. Wir handhaben das auch mit gro ßem Erfolg so.

(Unruhe – Zuruf: Es ist zu laut! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Bei der CDU ist immer Unruhe! Im mer!)

Es wundert mich, dass bei Ihnen gerade jetzt, da Kollege Throm vorher so darum gestritten hat, dass auch die CDU die Frauen erkennen würde, so eine große Unruhe herrscht

(Zurufe von der CDU)

und dass insbesondere auch bei der FDP/DVP so eine starke Unruhe herrscht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir haben halt Angst vor Ihnen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Bei denen ist der frauenpolitische Sprecher ein Mann! – Glocke des Präsidenten)

Deswegen will ich es noch einmal deutlich machen, damit Sie es auch verstehen: Mit dieser Regelung, mit dem klaren Ap pell wollen wir die Chancen für Frauen, einen guten Listen platz zu bekommen, verbessern, und auch ihre Chancen ver bessern, in die kommunalen Parlamente einzuziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich habe etwas das Gefühl, Herr Kollege Throm, Sie haben Angst vor Ihrer eigenen Courage,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ihr habt doch Angst vor der eigenen Courage! „Soll“!)

indem Sie hier immer wieder verfassungsrechtliche Beden ken vortragen. Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken sind oh ne Substanz.