Die anderen – darauf können wir uns einstellen – werden Ar gumente dafür anführen, warum in ihren Ländern kein Atom müllendlager eingerichtet werden kann. Deswegen müssen auch wir entsprechend argumentieren – trotz des Konsenses.
Frau Sitzmann, am Schluss meiner Rede noch einmal zu dem, was Sie sagten: Sie wollten, dass das Sankt-Florians-Prinzip nicht zur Anwendung komme. Hier gebe ich Ihnen recht. Aber das bedeutet nicht, dass ich selbst mein eigenes Haus anzün den muss. Das ist nicht vertrauensbildend.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Klug bin ich aus Ihren Redebeiträgen nicht geworden, Herr Hauk.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das haben wir uns gedacht! – Abg. Winfried Mack CDU: Eine gründliche Bewertung hat gefehlt! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)
Sie haben auf der einen Seite gesagt, Sie trügen den nationa len Konsens mit. Auf der anderen Seite haben Sie aber eini ges von dem, was den nationalen Konsens ausmacht, wiede rum infrage gestellt und aufgezählt, was Sie alles nicht mit tragen. Am 9. April 2013 wurde die Einigung erzielt; das wis sen Sie. Dabei waren Bundesumweltminister Altmaier, die
Ministerpräsidenten Kretschmann, Weil, Haseloff und die Mi nisterpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der übrigen 13 Bundesländer, der Parteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabri el, der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Trittin, der Generalsekretär der FDP, Patrick Döring, und weitere Vertreter und Vertreterinnen der Bundestagsfrak tionen von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU/CSU und der FDP. All diese haben teilgenommen.
Ich habe vorhin gesagt: Wir haben Hochachtung und größten Respekt, dass der baden-württembergische Ministerpräsident den Prozess angestoßen hat und ihn nie hat unterbrechen las sen, obwohl es phasenweise nicht ganz einfach war.
Aber anhand dieser Teilnehmerliste und mit Blick auf die Ver handlungen über die letzten zwei Jahre wird doch deutlich, dass der Konsens nicht allein in Baden-Württemberg erzielt wurde, sondern dass sich alle, die ich Ihnen aufgezählt habe, darauf geeinigt haben.
Es ist ein Einigungsprozess, ein guter Einigungsprozess ge wesen; es gab einen nationalen Konsens. Jetzt geht es nicht mehr an, zu sagen: „Machen wir mit Gorleben weiter.“ Es geht auch nicht an, zu sagen: „Was interessieren uns Castoren und Zwischenlager?“ Der Konsens ist zustande gekommen, weil sich alle bewegt haben; und es kam zu dem bekannten Ergeb nis.
Deshalb, Herr Hauk: Den nationalen Konsens ein bisschen mitzutragen, ihn aber in diesem oder jenem Punkt nicht mit zutragen, das funktioniert nicht. Entweder Sie stehen dazu oder nicht. Aber ich hoffe sehr, dass Sie noch die Kurve be kommen und als CDU-Landtagsfraktion Ja dazu sagen und dass Sie in Zukunft keinen solchen Schlingerkurs mehr fah ren, wie Sie es heute wieder getan haben.
Sie haben behauptet, der Ministerpräsident habe ohne Not – Herr Glück hat von „plötzlich“, „holterdiepolter“ oder was auch immer gesprochen – das Thema Zwischenlager ins Spiel gebracht. Es geht doch nicht um „ohne Not“, sondern es war klar: Wenn man mit Niedersachsen, wo in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel Vertrauen verspielt worden ist – –
Die Grünen sind diejenigen, die seit ihrer Gründung als eines der Hauptziele den Ausstieg aus der Atomenergie haben.
Wir waren diejenigen, die zusammen mit der SPD unter RotGrün im Jahr 2000 den Atomausstieg im Konsens mit den vier Energieversorgungsunternehmen beschlossen hatten.
Sie, Herr Hauk, waren an vorderster Front bei denjenigen, die den Konsens wieder rückgängig gemacht haben, sodass es noch einmal elf Jahre gedauert hat, bis es endlich wieder zu einem Ausstiegsbeschluss kam. Das ist Ihre Verantwortung, nicht unsere. Damit haben Sie auch die Verantwortung für den zusätzlichen Atommüll, der durch den späteren Ausstieg ent steht, und nicht wir.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Ist doch gar nicht wahr! Kein einziges Kraftwerk geht eher vom Netz! Erzählen Sie keine Märchen!)
Noch einmal zurück zum Thema Zwischenlager: Sie behaup ten jetzt, irgendjemand hätte die einmal erfunden – am besten waren es immer die anderen. Die Zwischenlager sind auch im Interesse der Energieversorgungsunternehmen eingerichtet worden, als klar war, dass die Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien beerdigt werden.
Deshalb brauchte man Zwischenlager. Diese wurden, wie ge sagt, auch im Interesse der Energieversorgungsunternehmen eingerichtet. Sie wollen ja wohl nicht behaupten, Sie seien weiterhin der Ansicht, wir sollten Atommüll, der in Deutsch land oder in Baden-Württemberg entstanden ist, exportieren bzw. ihn nicht zurücknehmen. Wollen Sie das behaupten? Wir sagen: Für das, was hier verursacht worden ist, muss man auch in Deutschland die Verantwortung übernehmen. Das ist nur konsequent, meine Damen und Herren.
Dann gab es noch eine sonderbare Kritik an der Kommission. Wir haben im Landtag und im Bundestag eine Vielzahl von Enquetekommissionen gehabt. In der Regel ist die Besetzung so, dass auf der einen Seite die Politik vertreten ist und auf der anderen Seite die Wissenschaft.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann kann man aber nicht erklären, es sei rein wissenschaftlich! – Abg. Peter Hauk CDU: So ein Schwachsinn!)
Diese Bund-Länder-Kommission – quaken Sie doch nicht im mer dazwischen – hat analog zu einer Enquetekommission 24
Mitglieder, sechs Vertreter aus den im Bundestag vertretenen Fraktionen und sechs von Landesregierungen, vier Vertreter aus der Wissenschaft und je zwei Vertreter von Umweltver bänden, Religionsgemeinschaften, Wirtschaft und Gewerk schaften.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Religions gemeinschaften? – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Wissenschaftsbasiert!)
Das ist die übliche Zusammensetzung einer Enquetekommis sion. Diese Kommission wurde um wichtige gesellschaftliche Kräfte erweitert.
Es geht in der Enquetekommission darum, Sicherheitsanfor derungen für den weiteren Prozess der Auswahl zu erarbeiten. Wie gesagt, wir müssen Vertrauen schaffen. Es geht um wis senschaftliche Kriterien und nicht um politische Entscheidun gen. Nur dann wird der Prozess in der Frage der Endlagersu che erfolgreich sein, meine Damen und Herren.
Ich kann Sie nur noch einmal auffordern: Hören Sie auf, in kleinen Karos zu denken. Denken Sie an die Verantwortung, die wir alle und die insbesondere Sie haben. Bleiben Sie bei dem Konsens. Treten Sie dem Konsens bei, aber voll und ganz und nicht nur da, wo es Ihnen passt.