Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Aus der Natur eines Vergabeverfahrens ergibt sich, dass eine Diskussion im Vorfeld nicht sehr förderlich ist. Daraus kann man Rückschlüsse ziehen. Man kann Rückschlüsse auf Sum men ziehen und im Vergabeverfahren die Angebote entspre chend gestalten – meist zum Nachteil des Ausschreibenden. Eine Diskussion nach der Angebotsabgabe und vor der Auf tragserteilung ist sinnlos, weil der Bieter mit dem wirtschaft lichsten Angebot ein Recht auf Erteilung des Zuschlags hat. Wenn wir das anders machen würden, würden Schadenser satzansprüche auf uns zukommen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ist es!)

Der Rechnungshof hat es insgesamt bestätigt. Herr Schwarz hat schon Aussagen des Rechnungshofs zitiert. Ich führe das Zitat aus dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss weiter, da ge sagt wurde, es sei nicht vollständig gewesen. Es lautet:

Nach Auffassung des Rechnungshofs sei der vorliegende Gesetzentwurf verfassungs- und haushaltsrechtlich nicht zu beanstanden.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Und zu den An trägen der FDP/DVP! Sagen Sie auch dazu etwas!)

Er enthalte alle Eventualitäten in Bezug auf Ausgaben, sei klar und transparent und daher aus Sicht des Rech nungshofs nicht zu kritisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Winfried Mack CDU und Abg. Jochen Hauß mann FDP/DVP: Weiterlesen!)

Das Parlament wird nach einem Antrag der Koalitionsfrakti onen – damit kommen wir zu den Mitsprachemöglichkeiten – regelmäßig und zeitnah über die Vergaben informiert. Wir haben das in diesen Entwurf hineingeschrieben. Damit agiert die Landesregierung nach dem Grundsatz der Haushaltswahr

heit und -klarheit. Diese Klarheit hat es unter der Vorgänger regierung in dieser Form im Haushalt noch nicht gegeben. Wir werden die Anträge der Opposition daher ablehnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

6,3 Milliarden € bzw. 7,5 Milliarden € an Verpflichtungser mächtigungen sind ein extrem hoher Umfang, und die Lauf zeiten sind natürlich lang. Aber auf der Habenseite steht da für für uns eine Eisenbahn als Verkehrsmittel, das sich seit fast 180 Jahren bewährt hat und in der Zukunft noch mehr an Be deutung gewinnen wird. Wir können dem Ersten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2013/2014 daher zustimmen.

Ich komme noch einmal auf eine Frage zurück, die vorhin in der Debatte gestellt wurde: Wo kommen die Einnahmen her? Das sind natürlich Regionalisierungsmittel. Allerdings müs sen wir auch unsere Steuereinnahmen berücksichtigen. Die Koalition hat im Rahmen dieses Nachtragshaushalts einen weiteren Antrag dazu gestellt, der sich auch auf die für heute vorgesehene Aktuelle Debatte zur Steuerpolitik bezieht, die inzwischen leider von der Tagesordnung abgesetzt wurde. Das wäre ein schönes Geschenk an uns gewesen. Daher bauen wir es jetzt mit in den Haushalt ein.

Die aktuellen Vorkommnisse in den letzten Tagen haben ge zeigt, dass einige prominente und hoch angesehene Mitbür gerinnen und Mitbürger

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Einige? Wer ist da noch dabei? Wissen Sie da noch mehr? – Gegen ruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Beckenbauer!)

auf Kosten des Allgemeinwohls Steuern hinterziehen. Das Ge rechtigkeitsgefühl der ehrlichen Steuerzahler ist erschüttert. Ich beziehe mich nicht nur auf diejenigen, die Konten in der Schweiz haben, sondern – das haben wir durch die Journalis tenrecherche gesehen –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Ostalb!)

auch auf die Steuervermeidung durch Abschleicher in Steu eroasen.

Meine Damen und Herren, Steuerbetrug und Steuerhinterzie hung sind ein Verbrechen und kein Kavaliersdelikt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Man kann auch in Baden-Württemberg Steuern hinterziehen! Überall!)

Dagegen muss der Staat mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgehen. Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen der schwarz-gelben Bundesregierung dazu wäre jedoch ein fal scher Schritt gewesen. Es hätte Steuerhinterziehern den Schutz der Anonymität und Straffreiheit gewährt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Was hat das mit dem Nachtrag zu tun? Haben wir den Punkt nicht ab gesetzt?)

Es hätte die Steuermoral der ehrlichen Steuerzahler erschüt tert und die Arbeit der Steuerfahnder in unserem Land unter graben. Es ist deshalb richtig – und das ist der Kern unseres Antrags –, weitere Daten-CDs anzukaufen

(Abg. Martin Rivoir SPD: Genau!)

und den Druck auf Steuerbetrüger und Schwarzgeldbesitzer aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dieser Druck wirkt auch auf Banken und Staaten. Wir befin den uns momentan in einer guten Situation. Die Schweiz nimmt gerade einen Plan B zur Hand. Dort müssen Kontoin haber erklären, woher das Geld kommt, und wenn sie das nicht können, werfen die Banken sie raus.

Luxemburg und Österreich bewegen sich in Sachen Bankge heimnis. Wir greifen wohl nicht alles Geld ab. Aber unsere Si tuation ist nach Ablehnung des Steuerabkommens besser als zuvor.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ist es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das stimmt halt nicht!)

Steuerhinterziehung hat mit dem aktuellen deutschen Steuer niveau nichts zu tun. Die betreffenden Leute spekulieren ein fach auf einen Steuersatz von null. Darum appelliere ich an das Finanzministerium, an den Minister und den Staatssekre tär, selbst Steuerdaten-CDs anzukaufen oder sich an deren An käufen zu beteiligen.

(Unruhe)

Wir brauchen dieses Geld. Wir haben große Lücken im Haus halt. Es ist sehr mühsam, unsere Haushalte auszugleichen. Wir müssen sparen. Man sieht das allenthalben. Deswegen appel liere ich an das Parlament, unserem Antrag, den wir, die Ko alitionsfraktionen, gestellt haben, zuzustimmen und damit die Regierung zu ermächtigen, Steuerdaten-CDs aufzukaufen oder sich an deren Erwerb zu beteiligen.

(Beifall der Abg. Muhterem Aras und Andreas Schwarz GRÜNE)

Dann haben wir auch wieder Einnahmen, um unsere Aufga ben gut erledigen zu können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn wir den Verkäufer der CD hinterher festnehmen, bin ich einverstanden!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Der vorliegende Nachtragshaushalt umfasst zwei Punkte. Der erste Punkt betrifft das Thema „Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg“. Mit diesem Nachtragshaushalt betritt man bei diesem Thema in Baden-Württemberg Neuland. Schon in der ersten Lesung bin ich darauf eingegangen, dass wir diesen neuen Weg vom Grundsatz her mit beschreiten.

Der Vergabekalender sieht für die nächsten Jahre ein Volumen von 80 Millionen Personenkilometern vor. Das ist eine gewal tige Summe. Wenn wir uns die Dimensionen des Haushalts anschauen, dann erkennen wir, über welche Beträge wir spre

chen. Es gibt Garantieermächtigungen bis zu 2,27 Milliar den € für 2013 und 3,35 Milliarden € für 2014. Daneben gibt es Verpflichtungsermächtigungen für Beschaffungen über 760 Millionen € für 2013 und 1,315 Milliarden € für 2014 und schließlich auch Verpflichtungsermächtigungen für Ausschrei bung und Vergabe von Verkehrsleistungen über 6,3 Milliar den € für 2013 und 7,57 Milliarden € für 2014.

Angesichts dieser Dimensionen haben wir schon im Aus schuss für Finanzen und Wirtschaft den Antrag gestellt, den Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur sowie den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft bei konkreten Ausschreibungen von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr zu beteiligen.

Der Rechnungshof – das kann ich bestätigen, Herr Kollege Maier – hatte im Prinzip zugestimmt, dass man diesen Nach tragshaushalt so verabschieden kann. Ich darf das aber noch ergänzen, Herr Maier – Sie haben darauf verzichtet, das dar zustellen –: Der Rechnungshof hat auch klar ausgedrückt, dass er das mit dem Antrag der FDP/DVP verfolgte Anliegen sehr gut nachvollziehen könne und Verständnis für das Begehren habe, das Parlament bei diesem Ablauf zu beteiligen.

Wir haben unseren ursprünglichen Antrag entsprechend ei nem Anliegen, das auch der Minister für Finanzen und Wirt schaft im Ausschuss gutgeheißen hat, geändert. Der Minister für Finanzen und Wirtschaft hatte im Ausschuss erklärt, dass es im Sinne der Transparenz sei, das Parlament und damit auch die Opposition zu beteiligen. Er begrüßte den Vorschlag, im Vorfeld einer Ausschreibung z. B. über Kriterien wie Netz zuschnitt und Lose zu berichten. Wir haben unseren Antrag entsprechend geändert.

Nach den Äußerungen bei der Beratung des Nachtrags im Ausschuss müsste im Prinzip jeder von Ihnen heute unserem Änderungsantrag zustimmen. Dies gilt auch vor dem Hinter grund, dass das Verkehrsministerium zu unserem Antrag Drucksache 15/2107, den wir zum Thema „Transparenz im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr“ gestellt haben, fol gendermaßen Stellung genommen hat – ich zitiere –:

Die Landesregierung misst der Transparenz der Aus schreibungs- und Vertragsbedingungen für Leistungen im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr einen sehr ho hen Stellenwert bei.

Wir halten es für wichtig, diesen neuen Weg zu beschreiten. Er ist notwendig, weil heute Wettbewerber der Deutschen Bahn große Schwierigkeiten haben, Fahrzeuge zu finanzieren. Die Laufzeiten der Verkehrsverträge liegen bei zwölf bis 15 Jahren, die Laufzeiten von Fahrzeugen bei 25 Jahren oder mehr. Es gibt enorme Schwierigkeiten, die Fahrzeuge bei ei ner Bank zu finanzieren. Deswegen halten wir es für richtig, dass das Land Baden-Württemberg diesen Weg geht.

Warum wollen wir jetzt zusätzliche Transparenz? Herr Kol lege Schwarz, Sie haben auf Bayern verwiesen. In Bayern ist das in dieser Form nicht enthalten, weil dort immer nur Ein zelprojekte beschlossen werden.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Beschließen sie die im Ausschuss? Sicher nicht! Das wird im CSU-Ar beitskreis beschlossen!)

Dort ist keine Verpflichtungsermächtigung über eine solche Milliardensumme ausgebracht, sondern es wird bei der ein zelnen Vergabe jeweils über das Einzelprojekt entschieden.

Im letzten Nachtragshaushalt in Bayern betrug das Volumen für den „Ringzug West“ 200 Millionen €. Das sind andere Di mensionen, als wenn wir der Landesregierung für die nächs ten Jahrzehnte freie Hand geben würden, selbst zu entschei den. Deshalb haben wir den Antrag gestellt.

Ich kann nur noch einmal daran erinnern, dass der Rechnungs hof bestätigt hat: Gerade weil wir einen neuen Weg beschrei ten, ist es wichtig, dass das Parlament und die zuständigen Ausschüsse beteiligt werden, wenn es zu den entsprechenden Ausschreibungen kommt.