Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

sondern alles als Teil des Armutsberichts.

Denn in der Tat: Was ich nicht will, ist ein Bericht, der dann in der Schublade oder vielleicht irgendwo in der Abstellkam mer des Ministeriums landet. Ich möchte einen Bericht, der lebt, einen Bericht, der zum Ändern aufruft, einen Bericht, der uns alle veranlasst, gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, da mit sich Armutsgefährdung und Armut in unserem Land ver ringern.

Sie haben gesagt, Sie wollten sich dem Praktischen nicht ver schließen. Deshalb spreche ich abschließend noch einmal die Einladung an Sie aus: Machen Sie mit beim erweiterten Lan desbeirat. Diese Möglichkeit haben wir eröffnet, weil das The ma nicht nur die Regierung, sondern auch die Opposition an geht. Machen Sie mit, wirken Sie mit, beteiligen Sie sich.

Arbeiten Sie praktisch daran mit, dass wir etwas gegen Armut und Armutsgefährdung tun können. Oder, um Ihre Worte von vorhin zu benutzen: Nehmen Sie die Karten, die wir gemischt haben, auf. Machen Sie mit, und lassen Sie uns zusammen ge gen Armut und Armutsgefährdung spielen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Kunzmann das Wort.

Frau Präsidentin, verehr te Kolleginnen und Kollegen! Beim Beitrag von Herrn Pore ski wurde mir im Wesentlichen klar, um was es geht. Es geht bei diesem Armuts- und Reichtumsbericht um Politik.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Echt? – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da kann man sich nicht so sicher sein! – Abg. Andrea Lind lohr GRÜNE: Politik ist etwas Schlechtes bei Ihnen? – Weitere Zurufe)

Es geht um Wahlkampf im Bund. In Berlin regieren CDU/ CSU und FDP.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das stimmt!)

Im September ist Bundestagswahl,

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Stimmt alles!)

und Sie brauchen jetzt ein Thema. Deshalb instrumentalisie ren Sie jetzt diesen Armuts- und Reichtumsbericht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Es geht Ihnen also um Wahlkampf.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ihre Regierung hat den Bericht manipuliert! – Zuruf des Abg. Florian Wahl SPD)

Bitte tun Sie nicht so, als ob es Ihnen im Moment um die Ar mutsbekämpfung gehen würde. Das haben Sie damit letztend lich gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Nicht im Moment! Fortlaufend!)

Herr Hinderer, Sie hatten vorhin die Bezugsgrößen genannt. Sie hatten gesagt: Wenn man den Bund als Bezugsgröße nimmt, liegt Baden-Württemberg bei 11,2 % und ist – das hat ten Sie auch gesagt – das erfolgreichste Land bei der Armutsprävention in Deutschland.

Dann haben Sie gesagt, das sei eigentlich nicht die richtige Bezugsgröße, die Bezugsgröße müsse das Durchschnittsein kommen in Baden-Württemberg sein.

(Abg. Rainer Hinderer SPD: So ist es!)

Da sei Baden-Württemberg schlechter als Mecklenburg-Vor pommern. Das heißt also: In Baden-Württemberg ist die Ge fahr, arm zu werden, größer als in Mecklenburg-Vorpom mern.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das muss man sich einmal vorstellen!)

Überlegen Sie einmal selbst, Herr Hinderer, ob das nicht zum Teil absurd ist,

(Abg. Florian Wahl SPD: Das ist überhaupt nicht ab surd!)

was Sie da an Statistik präsentieren. Ich will Ihnen an zwei Beispielen noch einmal erläutern, was ich meine. Wenn sich heute nur in Baden-Württemberg alle Haushaltseinkommen verdoppeln, die Preise gleich bleiben – sie erhöhen sich nur in Baden-Württemberg –, dann bleibt die Armutsquote exakt dieselbe, und in Mecklenburg-Vorpommern sind die Men schen beim Schutz vor Armut Ihrer Statistik nach offensicht lich immer noch besser dran.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Umziehen! – Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Wenn von heute auf morgen alle Einkommensmillionäre aus Baden-Württemberg nach Mecklenburg-Vorpommern umzie hen und ihr ganzes Geld mitnehmen, dann reduziert sich in Baden-Württemberg die Armut,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist fast wie der Stoiber!)

und in Mecklenburg-Vorpommern nimmt sie zu. So absurd ist Ihre Statistik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Das ist Logik!)

Die CDU hat Armut immer bekämpft. Wir sind 58 Jahre da für Beweis gestanden. Was ich von Ihnen gehört habe,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE zu Abg. Florian Wahl SPD: Die CDU hätte gern die Armut verboten!)

war eine Beschreibung der Armut. Für eine Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen ist das viel zu wenig.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Ein Armutszeugnis!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Poreski das Wort.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines muss ich zurückweisen: Ich finde es unanständig, Herr Kunzmann, wenn Sie anderen unredliche Motive unterstellen. Das geht nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe, u. a. Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Ja was machen Sie?)

Nein, das habe ich noch nie gemacht. Das können Sie mir auch nicht nachweisen. Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, dass ich das hier nie gemacht habe. Ich finde, das ist ein Niveau, das wir uns hier nicht anzutun brauchen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich lasse mir gern vorwerfen, dass wir Politik machen. Dafür sind wir gewählt, dafür werden wir bezahlt. Ich hoffe, Sie se hen das auch so.

(Zuruf des Abg. Florian Wahl SPD)

Natürlich haben Sie recht, dass Zahlen allein noch keine In terpretation sind; das ist völlig richtig. Zahlen müssen immer interpretiert werden. Dafür gibt es qualitative Bewertungen. Sonst brauchten wir keine Gremien, die irgendetwas beraten, und könnten alles irgendwelchen Rechenmaschinen überlas sen. Das ist aber nicht die Situation, in der wir uns befinden.

Für mich ist wichtig, dass der kleine Schritt, den ich Ihnen vor hin – vielleicht mit einer rosaroten Brille – attestiert habe, dass Sie sich ein Stück weit bewegen, dass Sie sich für Armut und Reichtum in Baden-Württemberg interessieren, nicht zum ra senden Stillstand verkommt. So hörte sich Ihre Rede an: sehr laut, aber eben sehr inhaltsleer. Vielmehr sollten wir tatsächlich in diesen Prozess einsteigen und sagen: Uns liegen diese Zah len vor, wir schauen uns an, welche Schlussfolgerungen wir da raus ziehen, und dann können wir darüber offen debattieren. Wir kommen möglicherweise zu unterschiedlichen Schlussfol gerungen, aber wir kommen auf jeden Fall weiter, wenn wir uns mit der Materie befassen, statt sie oberflächlich abzubügeln.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge. Beide Anträge sind reine Berichtsanträge und kön nen für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der heutigen Ta gesordnung angekommen.