Sie nehmen eine Zerschlagung unseres erfolgreichen Bil dungssystems vor. Wenn die Prognosezahlen für die Gemein schaftsschulen entwickelt werden sollen, dann beziehen Sie einfach Schülerinnen und Schüler mit ein, die eigentlich an dere Schularten besuchen sollen. Das ist gegenüber den ande ren Schularten nicht gerecht.
Im Zusammenhang mit dem Zweisäulenmodell haben Sie am Rande das Gymnasium erwähnt. Dabei muss man aber in al ler Deutlichkeit sagen: Auch hier sind Sie dabei, gerade die se erste, wichtige Säule in unserem Bildungssystem zu zer schlagen. Sie kürzen das allgemeine Entlastungskontingent. Sie streichen die Organisation der Hausaufgabenbetreuung.
Sie wollen einen einheitlichen Bildungsplan. Trotz der zuneh menden Heterogenität sagen Sie den Eingangsklassen keine zusätzliche Unterstützung zu.
Und Sie führen den Einheitslehrer ein. Frau Volkholz sagte dazu sinngemäß – das ist nicht mein Jargon –: „Das hat im Grunde mit Qualitätssicherung dieser ersten Säule überhaupt nichts zu tun.“ Das ist Ihr Ziel. Sie wollen auch diese Säule nach unten nivellieren,
damit es am Ende nur noch eine Schule für alle gibt. Das ist für Sie sozusagen die strategische Voraussetzung.
Sie haben uns die Zusammenarbeit angeboten. Ich sage noch einmal grundsätzlich: Natürlich ist das Thema „Regionale Schulentwicklung“ ein Thema, bei dem man eigentlich zu sammenarbeiten könnte. Aber Sie haben in Ihrer Rede nichts zu einem eigenständigen Bildungsgang der Realschule gesagt. Auf eine Bestandsgarantie für die Realschule warten wir heu te noch.
Eine Schulschließung von oben darf es nicht geben. Sie ist kontraproduktiv. Solange Sie diese Hausaufgaben nicht erle digt haben, kann man auch in dieser Frage nicht an einem Strang ziehen.
Meine Damen und Herren, unter un seren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß einer Delegation aus dem Kanton Schaffhausen unter der Leitung des ehemaligen Präsidenten des Kantonsrats des Kantons Schaffhausen, Herrn Charles Gysel.
Zusammen mit drei weiteren ehemaligen Kantonsratspräsi denten stattet Herr Gysel dem Landtag einen Besuch ab und trifft danach mit Vertretern des Schweizerischen Generalkon sulats zusammen.
Sehr geehrter Herr Gysel, ich darf Sie und Ihre Kollegen sehr herzlich hier im Landtag von Baden-Württemberg begrüßen und wünsche Ihnen heute einen angenehmen Aufenthalt in Stuttgart und gute Gespräche.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einführung der regionalen Schulentwicklungsplanung in Baden-Württemberg ist ein wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung unserer Bil dungslandschaft trotz der spürbaren Veränderungen wie dem Rückgang der Schülerzahlen. Wer im Zusammenhang mit der regionalen Schulentwicklungsplanung von einem Schulschlie ßungsprogramm spricht, hat sich mit den Veränderungen in den vergangenen Jahren nicht auseinandergesetzt.
Sie haben auch heute wieder gezeigt, dass Sie nur kritisieren, anstatt Gestaltungswillen zu zeigen. Das, was Sie hier heute gebracht haben, war nicht Gestaltung; das war Kritisieren
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wenn es nicht gut ist, muss man es kritisieren! – Abg. Thomas Blen ke CDU: Darf man das nicht?)
Der Wunsch nach einer regionalen Schulentwicklungsplanung ist bei den Städten und Gemeinden nicht erst vor Kurzem for muliert worden.
Was Sie hier als freiwillige Vereinbarung beschrieben haben, kennen viele Kommunen in diesem Land anscheinend nicht. Gerade im ländlichen Raum, in dem durch den Rückgang der Schülerzahlen die Schulen und Klassen immer kleiner wer den, ist es dringend erforderlich, dass es nicht nur um freiwil lige Vereinbarungen geht, sondern dass wir die Regionen da bei unterstützen, ein Konzept für die Raumschaft zu entwi ckeln, mit dem alle Bildungsabschlüsse dauerhaft vorgehal ten werden können.
Die Entwicklung im ländlichen Raum ist schon seit Jahren be kannt. Die demografische Entwicklung zeigt bereits heute ih re Auswirkung. Selbst in Regionen, in denen sich das Über gangsverhalten kaum verändert hat – da nenne ich beispiels weise den Ortenaukreis, wo es im vergangenen Jahr eine Übergangsquote von 24 % auf die Haupt- und Werkrealschu len gab –, werden die Haupt- und Werkrealschulen immer kleiner. Dadurch wird es auch dort zu Schulschließungen kommen – die derzeit keinerlei Konzepten folgen –; denn wo es keine Schülerinnen und Schüler mehr gibt, wird es auf Dau er auch keine Schulen mehr geben, meine Damen und Her ren.
Diese Schulschließungen dürfen am Ende nicht dazu führen, dass sich Schulstandorte nur auf Mittelzentren beziehen. Die se Tendenz zeigt sich heute.
Wir brauchen eine regionale Schulentwicklungsplanung, die weitere Bedingungen berücksichtigt. Im Gegensatz zu ande ren Bundesländern wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, in denen eine Mindestschülerzahl von 75 gegeben sein muss, werden wir in Baden-Württemberg auch künftig kleinere Schulstandorte haben. Und dies aus gutem Grund: Wir brau chen bei uns auch pragmatische Lösungen. 40 Schülerinnen und Schüler sind für ein vielfältiges pädagogisches Angebot ein richtiger Wert, um ein dauerhaftes Angebot vorhalten zu können.
Es wird aber auch wichtig sein, immer wieder zu berücksich tigen: Welche Fahrtwege müssen die Schülerinnen und Schü ler zurücklegen? Welche Investitionen haben die Schulträger in den vergangenen Jahren getätigt? Wenn man den demogra
fischen Wandel mit einrechnet, muss man erkennen: Wenn man heute 40 Schülerinnen und Schüler in der Eingangsklas se hat und die 20 % der Schülerinnen und Schüler abzieht, die es in den kommenden Jahren weniger geben wird, dann ist man nur noch bei einer stabilen Zweizügigkeit. Das haben Sie in Ihren Berechnungen völlig außen vor gelassen. Wir haben in den kommenden Jahren nicht mehr Schülerinnen und Schü ler, sondern wir haben weniger Schülerinnen und Schüler.
Die Schulstandorte brauchen gesicherte Schülerzahlen für die Zukunft, damit eine langfristige Perspektive gewährleistet ist. Gerade für die Kommunen ist dies eine dringende Notwen digkeit, um die Investitionen für die Zukunft planen zu kön nen. Denn die Investitionen für die Zukunft werden nicht ge ringer, sondern werden durch die ausgeweiteten Angebote wie Ganztagsschule, veränderte Anforderungen an die Lernräume in den kommenden Jahren größer. Es ist für uns, die Fraktion GRÜNE, daher wichtig, dass diese Veränderungen mit einer regionalen Schulentwicklungsplanung einhergehen.
Es ist für uns auch völlig klar, dass diese Prozesse Zeit benö tigen und nicht immer im Konsens abgeschlossen werden. Wir sind aber davon überzeugt, dass wir es nur mit einer regiona len Schulentwicklungsplanung schaffen werden, ein wohnort nahes Bildungsangebot aufrechtzuerhalten, das jeder Schüle rin und jedem Schüler das bestmögliche Bildungsangebot bie tet.
Nicht nur der Rückgang der Schülerzahlen verändert die Bil dungslandschaft. Die schon angesprochene Veränderung beim Übergang an die weiterführenden Schulen zeigt, dass der zu erreichende Abschluss für die Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler eine wichtige Rolle spielt. Wenn Sie an Ihrem dreigliedrigen Schulsystem festhalten wollen, wie wollen Sie denn dann zukünftig die Verteilung an die Schulen organisie ren? Wollen Sie eine Quotierung einführen, damit am Ende an jeder Schulart jeweils ein Drittel der Schülerinnen und Schüler sind?
(Abg. Georg Wacker CDU: Das wollen Sie doch auch bei der Gemeinschaftsschule! Seien Sie doch einmal ehrlich!)
Es wird daher in Zukunft für alle Schularten wichtig sein, auf die veränderten Schülerströme pädagogische Antworten zu finden.
Es muss künftig auch möglich sein, an einer Schule den Hauptschulabschluss abzulegen. Das von der FDP immer wie der favorisierte Modell der „Realschule plus“ bietet zwar die Fachhochschulreife an,