Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Ich glaube, wir können nicht viel mehr tun, als einerseits immer wieder klarzumachen, dass wir diese Projektförderungspflicht ernst nehmen und durchsetzen, und dies andererseits immer wieder durch Taten zu beweisen. Wie der Herr Verkehrsminister ges tern ausgeführt hatte, finden die weiteren Abläufe, etwa in den Regierungspräsidien, nach Recht und Gesetz statt.

Wir wollen ferner aber auch darauf hinweisen, dass wir eine Projektförderungspflicht durchaus auch so interpretieren – Stichwort Kostencontrolling und anderes –, dass Bestandteil einer Projektförderungspflicht durch die öffentliche Hand auch ist, dem Projekt in Bezug auf das Verhältnis von Kosten und Nutzen auch kritisch gegenüberzustehen.

(Beifall bei den Grünen)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Blenke.

Frau Ministerin, kann ich Ihre vorhin getroffene Aussage, die Realisierung des Baurechts würde den Protest wegwischen, so verstehen, dass die Lan desregierung der Ansicht ist, dass der Protest über dem Recht steht?

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das ist unmöglich!)

Bitte, Frau Staatsmi nisterin.

Ich habe es nicht so formuliert, wie Sie es wiedergegeben haben. Ich sag te, wir halten den Tipp, die Haltung einzunehmen, den Pro test mit dem Baurecht wegzuwischen, für nicht sehr sinnvoll

(Abg. Thomas Blenke CDU: Baurecht ist auch Recht! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Das Baurecht führt zum Rechtsanspruch!)

und sind der Meinung, dass genau dieses Vorgehen mit zur Eskalation beigetragen hat. Wir haben nie infrage gestellt, dass zumindest weitestgehend ein Baurecht besteht. Wir stellen aber weiterhin infrage, ob es Sinn macht, einen dermaßen massiven Protest einfach mit dem Verweis auf das existieren de Baurecht an die Wand zu spielen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist die Haltung der Landesregierung? Ich fragte nach der Landesregierung!)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Müller.

Frau Ministerin, die Frage von Kollegin Razavi war eigentlich ganz kurz; die Antwort hin gegen war etwas länger. Ich darf die kurze Frage noch einmal mit der Bitte um eine kurze Antwort wiederholen und es noch etwas zuspitzen.

Die Frage lautete: „Wie steht die Landesregierung zur Aussa ge von Minister Hermann, er werde alles unternehmen, um Stuttgart 21 zu verhindern?“ Ist diese Position von Minister Hermann eine Position der Landesregierung,

(Zurufe von der CDU: Ja oder nein? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch beantwortet! Sie kön nen doch nicht zehnmal dieselbe Frage stellen! Die Uhr tickt! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Hat die SPD Angst vor der Antwort?)

ja oder nein?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Frage lautet ganz simpel: Ist diese Position von Minister Hermann die Position der Landesregierung?

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Dann ist die Position der Landesregierung, dass es ihr Ziel ist, dieses Projekt zu verhindern. Wenn dies nicht die Position der Landesregierung ist, wie gehen Sie mit einem Minister, einem Fachminister, um, der eine andere Linie vertritt als die Lan desregierung?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Bravo!)

Bitte, Frau Staatsmi nisterin.

Ich kann Ih nen bestätigen, dass die Aussage des Verkehrsministers e i n e Position der Landesregierung ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ach so! Es gibt vie le!)

Es gibt bei der Frage, dieses Projekt zu unterstützen, auch an dere Positionen in der Landesregierung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das hat Baden-Württem berg nicht verdient!)

Das ist keine besonders aufregende Erkenntnis; das ist lange bekannt. Wie ich aber bereits vorhin ausgeführt habe, haben wir eine klare gemeinsame Position in der Landesregierung:

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wir wollen einen gut abgewickelten Stresstest; wir wollen ei ne klare Kostentransparenz – wir haben ein Limit von 4,5 Mil liarden € –, und danach wollen wir eine Volksabstimmung. Das ist die einmütige und gemeinsame Position.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genau so ist es!)

Ich möchte auch noch kurz etwas ergänzen, weil die Frage kam, ob die Kritik am Umgang mit dem Protest von der ge samten Landesregierung getragen wird: Selbstverständlich. Denn andernfalls hätte die SPD mit Sicherheit nicht eine Volksabstimmung gefordert. Diese Forderung wurde genau damit begründet, dass dem Protest dadurch Rechnung getra gen wird, dass die Bevölkerung selbst entscheiden kann. Auch das ist eine einmütige Position.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Eine weitere Zusatzfra ge, Frau Abg. Razavi.

Frau Ministerin, jetzt gibt es aber einen gewaltigen Dissens. Vor wenigen Minuten haben Sie uns erläutert, dass die Landesregierung zur Projektförderungs pflicht des Landes steht. Jetzt erklären Sie uns zu der Frage, die ich gestellt habe, dass es eine Position der Landesregie rung ist, alles tun zu wollen, um das Projekt zu verhindern. Aber das passt überhaupt nicht zu Ihrer vorangegangenen Aus sage, dass das Land zu seiner Projektförderungspflicht steht. Es kann ja nicht zwei Landesregierungen geben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Anschei nend schon! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Keine Richtlinien! – Abg. Winfried Mack CDU: Schizo phrenie!)

Entweder die Landesregierung steht zur Projektförderungs pflicht, oder sie tut es nicht. Wenn sie dazu steht, darf die Lan desregierung nichts tun, um Stuttgart 21 zu verhindern, weil diese Projektförderungspflicht besteht.

Bitte, Frau Staatsmi nisterin.

Wie gesagt, wir stehen zur Projektförderungspflicht.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ja, aber wer?)

Die gesamte Landesregierung steht einmütig zur Projektför derungspflicht. – Wir haben uns aber bestimmte Hürden ge

geben, z. B. Kostentransparenz und ein Limit von 4,5 Milli arden €. Zur Projektförderungspflicht gehört unserer Ansicht nach auch ein starkes Kostencontrolling. Wenn im Rahmen der Projektförderungspflicht klar wird, dass die Kosten dieses Projekts diese Hürde reißen, oder der verkehrliche Nutzen in frage steht, dann betrachten wir es im Rahmen dieser Pflicht als unsere Aufgabe, auch da die entsprechenden Konsequen zen zu ziehen.

(Beifall bei den Grünen)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Haußmann.

Frau Staatsministerin, Sie haben in der Antwort jetzt mehrfach die Volksabstimmung angesprochen. In welchem zeitlichen Rahmen wird diese Volksabstimmung nach den Vorstellungen der Landesregie rung kommen?

Bitte, Frau Staatsmi nisterin.

Wir haben im Koalitionsvertrag – auch das ist bekannt – ein Datum im Oktober dieses Jahres festgelegt. Wir sind im Moment in der Prüfung, wie die Abläufe sind. Es ist aber selbstverständlich, dass wir die Volksabstimmung so schnell wie irgend möglich durchführen werden. Das ist im Moment in der Prüfung. Das Ziel ist Oktober dieses Jahres.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Heiterkeit beim Präsidenten!)

Das sehe ich leider nicht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Deswegen habe ich es ja gesagt!)

Sehr nett. Danke schön.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Das ist ein fröhlicher Mensch, der Herr Präsident! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber bloß bei diesem Thema!)