Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Ein einziges, trauriges Gespräch, und danach wieder die Erinnerung an hohes Gras und Apfelbäume.

Wir sollten der Gesprächspartner sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Mielich.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Publikum! Wir haben uns als Fraktion GRÜNE natürlich schon gefragt: Wa rum beantragt die Fraktion der CDU innerhalb von zwei Mo naten ein zweites Mal eine Debatte zu diesem Thema?

(Abg. Peter Hauk CDU: Weil es Gründe gibt!)

Wir haben bei der Parlamentsdebatte, an der auch der Minis terpräsident teilgenommen hat,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Teilgenom men! – Unruhe bei der CDU)

einiges dazu gesagt. – Er hat teilgenommen, und er hat im Nachhinein natürlich eine ganze Menge dazu gesagt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Im Nachhi nein, ja! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Aber nicht im Parlament! – Unruhe bei der CDU)

Ich muss jetzt wirklich einmal sagen: Ich erwarte – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kollegin Mielich hat das Wort.

Genau, und ich bitte darum, das wirklich einmal zu respektieren. Wir haben Herrn Löffler,

obwohl das wirklich sehr, sehr schwergefallen ist, allesamt aussprechen lassen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Frau Lösch nicht!)

Herr Löffler, Sie haben deutlich gemacht, vor welchem histo rischen Hintergrund damals diese Debatten sowohl auf Bun desebene als auch auf Landesebene geführt worden sind. Es war in der Tat die Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs, und es war natürlich auch die Zeit der Debatten, die Tabubrüche beinhaltet haben. Das ist völlig klar, und das haben wir auch nie bestritten. Das hat in der Tat auch zu positiven Entwick lungen geführt. Ich erinnere daran, dass das beispielsweise da zu geführt hat, dass sich die Schwulenbewegung insgesamt durchsetzen konnte, dass Homosexualität entkriminalisiert worden ist,

(Unruhe)

dass § 175 des Strafgesetzbuchs abgeschafft worden ist, üb rigens im Jahr 1994 in der Amtszeit von Bundeskanzler Kohl, und dass wir – das finde ich ganz besonders gut – in diesem Jahr zum ersten Mal den CSD mit einem Empfang hier im Landtag begehen können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das sind die positiven Entwicklungen dieser Debatte.

Was völlig klar ist, was wir niemals negiert haben und was wir auch in keiner Weise relativieren, geschweige denn unter den Tisch kehren wollen, ist, dass es auch diese Tabubrüche gegeben hat, die völlig inakzeptabel sind. In diesem Landes vorstandsbeschluss von 1985 sind in der Tat Passagen enthal ten, die widerwärtig sind und die nicht zu akzeptieren sind.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Davon distanziere ich mich im Namen meiner Fraktion auf das Allergründlichste und Allerschärfste.

Herr Löffler, es ist nicht in Ordnung, wenn Sie diese Debatte hier heranziehen. Diese Debatte auf dieser Landesversamm lung hat im Übrigen nicht zu einem Beschluss geführt, weil es den Landesarbeitskreis der Frauen und den der Schwulen gegeben hat, die genau diese Akteure damals aus dieser Ver sammlung rausgeworfen haben. Genau das ist passiert. Es hat auf der Landesversammlung keinen Beschluss dazu gegeben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Dann arbeiten Sie das doch einfach auf!)

Ja, wenn Sie mich ausreden lassen würden, würde ich jetzt genau das sagen, Herr Hauk.

Das aber damit in Verbindung zu stellen, dass wir jetzt hier aktuell eine Verharmlosung von Missbrauch an Kindern vor nehmen würden, das ist wirklich unlauter. Das ist eine Unver schämtheit, die ich deutlich zurückweise.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie fordern die Aufarbeitung, und genau diese Aufarbeitung haben wir bereits in Auftrag gegeben. Das ist klar. Es ist eine Aufarbeitung, die auf Bundesebene begonnen wird und in die

sämtliche Landesverbände einbezogen werden. Da ist bei spielsweise auch der von Ihnen zitierte Landesverband Nord rhein-Westfalen beteiligt. Selbstverständlich wird es so sein, dass unsere Archive genau dafür geöffnet werden. Es wird überhaupt keine Einschränkung geben. Das ist eine völlig kla re Sache. Das hat im Übrigen vor Kurzem unser Landesvor sitzender Chris Kühn in einem Artikel im „Mannheimer Mor gen“ sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Das ist völlig klar. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, was diese Debatte letztendlich für einen Sinn hat. Das habe ich noch nie begrif fen, auch nicht nach dem, was Sie gerade gesagt haben.

(Abg. Josef Frey GRÜNE: Wegwerfen! In den Pa pierkorb!)

Ich kann nur vermuten, dass Sie uns als Partei, dass Sie ein zelnen Personen hier Schaden zufügen wollen. Aber das The ma bietet überhaupt keine Grundlage dafür. Denn es gibt nichts, was wir uns im Hinblick auf etwaige strafrechtliche Missstände vorzuwerfen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich möchte noch einmal auf die jüngste Presseerklärung von Ihnen, Herr Hauk, hinweisen, die am vergangenen Montag veröffentlicht wurde. Herr Löffler, daraus haben Sie den Vor wurf zitiert, wir hätten Kindesmissbrauch verharmlost. Das stimmt überhaupt nicht. Sie haben uns in die Nähe von Tä tern, von Kindesmissbrauch gestellt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das hat niemand gemacht!)

Das haben Sie gemacht, indem Sie gefordert haben, wir müss ten uns bei den Opferverbänden entschuldigen, und sagten, wir würden die Opfer verhöhnen. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Dadurch, dass Sie die Debatte für diese Zielrich tung instrumentalisieren, verhöhnen Sie die Opfer.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich kann nur weiter anbieten, dass wir eine komplette Aufklä rung nicht nur zulassen – das ist selbstverständlich –, sondern aktiv unterstützen. Wir werden uns daran mit allem, was wir haben, beteiligen.

Wie Sie auch gelesen haben, haben wir ein überparteiliches Forschungsinstitut mit Franz Walter an der Spitze, beauftragt, genau diese Aufklärungsarbeit zu leisten. Dies werden wir un terstützen. Ich kann nur nachdrücklich deutlich machen, dass es für uns keinen einvernehmlichen Sex mit Kindern gibt. Das wurde auf der letzten Seite des Landesvorstandsbeschlusses auch deutlich ausformuliert. Es gibt einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen. Mit Kindern gibt es das nicht. Dabei wird jedes Mal der Seele der Kinder Gewalt angetan. Dage gen wehren wir uns ganz entschieden. Wir stehen für den Schutz und die Selbstbestimmung der Kinder – niemals für Übergriffe und schon gar nicht für sexuellen Missbrauch.

Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Graner.

Herr Präsident, sehr geehrte Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Pädophi lie darf nicht verharmlost werden. Ja, diese Aussage löst bei niemandem von uns einen Widerspruch aus. Wir verurteilen sexuellen Missbrauch von Kindern aufs Schärfste und sehen uns als politisch Verantwortliche in der Pflicht, die Schwächs ten der Gesellschaft zu schützen.

Das Thema Missbrauch ist in den vergangenen Jahren zum Glück immer stärker ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Das ist gut so. Denn nur wenn solche Verbrechen nicht vertuscht und ignoriert werden, erfahren Betroffene Zuspruch, Unter stützung und Hilfe. Wie soll ein Kind ohne Hilfe mit solch traumatischen Erlebnissen umgehen? Zumal diese so gut wie immer von einer vertrauten Person aus der Familie oder aus dem nahen Umfeld begangen werden.

Kinder zu schützen ist eine wesentliche Aufgabe des Staates. Daher ist es gut, wenn das Thema im öffentlichen Bewusst sein bleibt. Darüber zu sprechen, wie man Beratung und Netz werke weiter ausbauen kann, was Verwandte tun können, die einen Verdacht haben, oder welche Maßnahmen wir ergreifen können, damit Missbrauch von Kindern nie wieder ignoriert und verharmlost wird, das hilft den Betroffenen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Gerade bei diesem sensiblen Thema sollten sich alle Fraktio nen konstruktiv und verantwortungsbewusst einbringen. Denn es geht um Menschen, die in jungen Jahren traumatischste Er lebnisse haben, die sie häufig bis zu ihrem Lebensende nicht verarbeiten können. Das darf kein Anlass für kontroverse Par teipolitik sein.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir sind uns einig, dass alle Fälle und Verdachtsfälle gründ lich und vollständig aufgearbeitet werden müssen. Wir soll ten uns einig sein, dass wir dem Schutz des Kindes in BadenWürttemberg hohe Priorität einräumen. Deshalb werden wir die Kinderrechte in die Landesverfassung aufnehmen. Des halb erhalten die Fachberatungsstellen, die auf das Thema „Sexuelle Gewalt“ spezialisiert sind, mehr Geld, und deshalb wurde die Förderung der 40 Frauen- und Kinderschutzhäuser in Baden-Württemberg erhöht.