Eines muss aber ganz klar sein: Globalisierung funktioniert nur mit fairen Regeln. Regeln gehören selbstverständlich zu einer sozialen Markwirtschaft; das sind die sogenannten Rah menbedingungen. Natürlich braucht die EU auch Möglichkei ten, gegen Dumping vorzugehen – aber alles zur richtigen Zeit. Strafzölle kommen in diesem Fall zu spät. Jetzt gilt viel mehr: Verhandeln, und zwar mit dem Ziel, wieder einen frei en Handel mit einem freien Austausch von Waren zu errei chen.
Vor zwei Tagen gab es die erfreuliche Meldung, dass die Ge spräche mit China fortgeführt werden. Das ist sehr gut. Wei ter so! Wir sollten alle hoffen, dass das Ganze nicht in einen Handelskrieg mündet und dass diese Verhandlungen erfolg reich sind. Denn Handelshemmnisse, die gegenseitig ange droht und umgesetzt werden, führen in einen Teufelskreis. Den können wir alle nicht brauchen.
China wird reagieren, und wir im Land müssen uns dann fra gen: Wen trifft es? Das sind die Autobauer, die Weinbauern, der Maschinenbau, die Chemieindustrie. Verlieren werden al so definitiv Europa und Deutschland; in jedem Fall würde aber auch Baden-Württemberg zu einem Hauptverlierer werden. Die Arbeitsplätze und der Umsatz in Baden-Württemberg sind damit in Gefahr.
Aber lassen Sie mich noch einen ganz anderen Gesichtspunkt einbringen – Herr Kollege Glück hat es auch kurz erwähnt –: Das Thema Fotovoltaik ist ein ganz klares Beispiel dafür, was passiert, wenn man Subventionen nicht permanent hinterfragt und überprüft. Man kann einen Markt nicht auf Dauer über Subventionen erhalten. Die Marktwirtschaft muss immer rechtzeitig wieder ins Spiel kommen. Bei der Fotovoltaikbran che wurde über Subventionen eine Branche hochgepusht, und jetzt kommt eine unschöne Anpassung. Das tut den Betroffe nen selbstverständlich sehr weh, und es ist auch schlimm, oh ne Frage. Aber es hätte bei dieser Branche bereits viel früher marktwirtschaftlicher Elemente bedurft. Jetzt rächt sich das, und jetzt müssen wir aufpassen, dass nicht Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.
Aber das Ganze über Strafzölle noch länger hinauszuzögern wäre falsch und würde alles noch schlimmer machen.
Unser Fazit für die CDU: Eine Konfrontation, eine Erpres sung und damit diese Schutzzölle sind falsch; mit China zu verhandeln ist richtig. China ist Mitglied in der WTO, der World Trade Organization, und sollte sich an deren Regeln halten. Globalisierung benötigt Fairness, und Globalisierung benötigt übrigens auch akzeptable, gute Zustände etwa in Bangladesch – ohne jede Frage. Die WTO muss weltweit auch öko soziale Standards durchsetzen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pe ter Hauk CDU und Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Sehr gut!)
Europa und Deutschland haben bei diesen Verhandlungen gu te Argumente. Ich sage es noch einmal: So, wie wir China brauchen, braucht China auch uns. Wir brauchen Freihandel; wir brauchen keinen Handelskrieg. Auf freiem Handel beruht der Erfolg Deutschlands; freier Handel ist ein ganz großer Faktor für Baden-Württemberg. Nur auf dieser Basis können wir weiterhin Wachstum und Beschäftigung schaffen.
Ich habe aber noch einen Gesichtspunkt, und das ist, glaube ich, ein Gesichtspunkt, der sich bei diesem Thema als wesent lich aufdrängt: Was lernt Baden-Württemberg daraus, was lernt diese Landesregierung daraus? Fakt ist: Die Fotovolta ikbranche befindet sich in Problemen – gleich, ob selbst ver schuldet oder durch Subventionen ausgelöst. Deshalb brau chen wir eine aktive Wirtschaftspolitik in diesem Land, die
Ich könnte Ihnen hier stundenlang einen Vortrag über Wirt schaftspolitik halten, habe aber leider nur zehn Minuten Zeit. Deshalb verschieben wir es auf das nächste Mal.
Moderieren, Vernetzen, Anschieben, Zuhören, aber auch Ent scheiden sind jetzt gefragt. Das ist in der Wirtschaftspolitik generell gefragt, und das bedeutet viel Arbeit.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: nachhaltige Zukunftsmärkte. Dazu gehört die Fotovoltaikbranche, aber noch viel mehr. Ba den-Württemberg hat hier für die nächsten sieben Jahre ein Wertschöpfungspotenzial von 50 bis 80 Milliarden €. Das muss ein Schwerpunkt der Landespolitik und der Wirtschafts politik sein. Die Schwerpunktbranchen für Baden-Württem berg sind ganz klar definiert: Umwelttechnologie und Res sourceneffizienz, nachhaltige Mobilität, Gesundheit und Pfle ge, IT-Anwendungen und Dienstleistungen. Das steht alles in einem McKinsey-Gutachten aus dem Jahr 2010.
Allein der Bereich Umwelttechnologie und Ressourceneffizi enz bietet für die Wirtschaft hier im Land anteilig ein Wert schöpfungspotenzial von 50 % – eine Riesenchance für die ses Land, meine Damen und Herren. Der Fotovoltaiksektor ist nicht am Ende. Er entwickelt sich weiter; man muss nur einmal hingehen und zuschauen. Er ist hoch innovativ; man muss nur die richtigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen treffen.
Ich nenne einige Beispiele: Balkonbrüstungen, Fenster, Haus wände werden heute schon zu Kleinstkraftwerken; Solarzel len kann man heute wie Farbe aufsprühen auf Glas, Stahl oder Papier. Bei mir im Wahlkreis gibt es ein Glasunternehmen – eine ganz normale Technologie; Fotovoltaikelemente sind in transparentem Glas eingearbeitet. Sonnenstrom kann in Zu kunft meiner Ansicht nach sogar billiger werden als der Strom aus Kohle.
Das ist Baden-Württemberg, und das ist unsere Chance. Man muss nur hinausgehen, mit den Firmen reden, zuhören und dann auch lernen und handeln. Wir brauchen einen Fokus auf Innovationen, wir brauchen eine bezahlbare Energiewende. Durch diese neuen technischen Lösungen ist das auch mög lich, und durch Innovationen können wir auch gegen die Bil ligkonkurrenz antreten.
Jetzt kommt mein entscheidender Punkt: Was tut die Landes regierung, was tun Sie, Herr Minister Schmid? Sie verwech
seln Gas und Bremse. Wir brauchen eine Schuldenbremse – gestern haben wir über dieses Thema hier im Plenum gespro chen –, und wir brauchen Vollgas bei Wachstum und Innova tionspolitik. Stattdessen stehen Sie auf der Wachstumsbrem se und geben Vollgas bei neuen Schulden. So wird das nichts.
Die CDU fordert Sie definitiv auf: Sorgen Sie dafür, dass die Wirtschaft in Baden-Württemberg, dass dieses Land die kraft volle Wirtschaftspolitik bekommt, die es verdient hat. Wir ha ben jahrelang vorgemacht, wie man dieses Land zu einem weltweiten Technologieführer macht.
Das sind große Fußstapfen, zugegeben, aber versuchen Sie wenigstens, hier einzusteigen. Noch einmal zur Klarstellung: Ich werfe Ihnen, Herr Minister Schmid, nicht vor, dass Sie ei ne schlechte Wirtschaftspolitik machen.
Herr Kollege Paal, stimmen Sie mir zu, dass Dumpingstrategien nichts mit gesundem Wettbewerb zu tun haben?
In der sozialen Marktwirtschaft ge hören Antidumpingmaßnahmen zum ganz normalen Werk zeug, das man nutzen kann und nutzen muss; denn man muss den Markt überwachen und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. Das kann die EU machen, aber jetzt ist der falsche Zeitpunkt dafür.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern ist die Inter solar in München eröffnet worden. Zu sehen war eine Bran che, in der einerseits die Zahl der reinen Modulhersteller in Europa schwindet, in der andererseits die Nachfrage global stark wächst, eine Branche, die langfristig gute wirtschaftli che Aussichten hat und sich dafür nun mit neuen Geschäfts modellen aufstellt.
Der Bundesverband Solarwirtschaft hat gestern auf der Inter solar nochmals erklärt, warum er sich als Verband nicht für die von der EU-Kommission beschlossenen Zölle auf Foto voltaikmodule einsetzt: nämlich weil der Verband viele Mit glieder hat, die durch diese Zölle und die damit einhergehen de Verteuerung der Module schädliche wirtschaftliche Folgen befürchten.
So differenziert ist die Welt, nicht aber die Welt der FDP. Denn wie heißt der Titel dieser Aktuellen Debatte? Er lautet: „Wett bewerbschancen nutzen statt Klientelpolitik zu fordern...“ Im Titel behauptet also die FDP/DVP-Landtagsfraktion, ein von ihr nicht benannter Jemand fordere Klientelpolitik. Wer soll te der unterstellte Jemand nun sein? Denn unter Ihren politi schen Wettbewerbern findet sich niemand, der die jetzigen Zölle auf Fotovoltaikmodule befürworten würde:
meine Fraktion nicht, wie Sie hören, die übrigen Fraktionen nicht und die Landesregierung nicht. Vielleicht erklärt sich dieser Titel also einfach daraus, dass Sie entweder gern mit Unterstellungen arbeiten oder beim Stichwort Klientelpolitik irgendwie von sich auf andere schließen.
Was sind also die Fakten? Ein Teil der Branche hat ein Dum pingverfahren beantragt. Die EU-Kommission muss tätig wer den, wenn 25 % einer Branche dies verlangen. Das ist ein langwieriger Vorgang, und am 7. Mai hat die EU-Kommissi on einen Vorschlag für den Erlass von Antidumpingzöllen vor gelegt.
Was hat die Bundesregierung getan? Nichts, nichts und noch mal nichts. Ich zitiere hier gern in großer Einigkeit mit mei nen Kolleginnen und Kollegen der grünen Bundestagsfrakti on deren Veröffentlichung vom 5. Juni, überschrieben mit „Kein Handelskrieg mit China“:
Die deutsche Bundesregierung hat sich bis kurz vor der europäischen Entscheidung gar nicht öffentlich geäußert. Jetzt rächt sich, dass die Bundesregierung viel zu spät ih re Position gegen die drohenden Schutzzölle gefunden hat. Ein klares Nein aus Deutschland wäre ein wichtiges Signal für die EU-Kommission gewesen.
Das ist nicht passiert, und deshalb schauen Sie bitte einmal nach Berlin, was Ihre zerstrittene Koalition da geleistet hat, nämlich nichts.