Protokoll der Sitzung vom 17.07.2013

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

(Unruhe)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Mit tagspause eintreten, darf ich Sie noch auf eine Veranstaltung hinweisen. Gleich wird dem Landtag von Baden-Württem berg in der Lobby die „Flamme der Hoffnung“ überreicht. Mit der bundesweiten Aktion „Flamme der Hoffnung“ ruft die Stiftung „Projekt Omnibus“ zur Solidarität mit Eltern schwer erkrankter Kinder auf.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zusammen mit Herrn Land tagspräsident Wolf, Herrn Landtagsvizepräsident Drexler und mir die „Flamme der Hoffnung“ entgegennehmen würden.

Wir treten in die Mittagspause ein und setzen die Sitzung um 14:30 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:28 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:32 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fahren mit der Tagesordnung fort.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Zunächst hat die CDU-Fraktion das Wort, um in das von ihr vorgesehene Thema einzuführen. Das Thema lautet:

P o l i z e i r e f o r m / I n t e r e s s e n b e k u n d u n g s v e r f a h r e n

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blen ke.

Danke schön. – Frau Präsiden tin, Herr Ministerialdirektor, werte Kolleginnen und Kolle gen! Morgen steht die endgültige Verabschiedung der Polizei reform an. Im Zuge der Umsetzung dessen, was dann unter Umständen beschlossen wird, wird es mehrere Tausend Ver setzungsverfügungen für Beamtinnen und Beamte geben. In der Vorbereitung auf die Polizeireform hat die Landesregie rung ein sehr umfangreiches, auch ordentlich angelegtes In teressenbekundungsverfahren durchgeführt, an dem sich sehr viele Beamtinnen und Beamte beteiligt haben.

Dabei konnten Wünsche angegeben werden, wobei diese Wünsche zum Teil nicht dem wahren Wunsch entsprechen, sondern sich vielleicht als Belastung erweisen – diese Debat te haben wir schon geführt. Immerhin haben Sie dieses Ver fahren durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden in der Um setzung der Reform Versetzungsentscheidungen getroffen werden. Neben vielen Fragen – etwa zur Sozialverträglichkeit oder zum Erhalt der fachlichen Kompetenz – machen wir uns Sorgen, ob die anstehenden personalwirtschaftlichen Maßnah men auch umfänglich den beamtenrechtlichen Vorschriften entsprechen.

In diesem Zusammenhang stellt sich uns eine Frage. In § 20 des Landesbeamtengesetzes ist z. B. der Anspruch auf amtsan gemessene Verwendung normiert. Wie Sie vermutlich wissen, gibt es ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2011, in dem das Gericht entschieden hat, dass die Tätigkeit eines Beamten an seiner konkreten Stelle bewertet und einem bestimmten Statusamt – also einer Laufbahn und einer Besol dungsgruppe – zugeordnet sein muss.

Wie gesagt, ich gehe davon aus, dass Ihnen und dem Innen ministerium diese Rechtsprechung bekannt ist. Ich stelle aber die Frage, welche Regelungen im Zuge der Vorbereitung der Polizeireform getroffen wurden, um den Vorschriften des Lan desbeamtengesetzes im Lichte der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine solche Einzelstel lenbewertung erfolgen muss, gerecht zu werden.

Ich sage noch, weshalb wir das heute extra fragen. Diese Fra ge ist für uns mit Blick auf die morgige parlamentarische Be ratung von entscheidender Bedeutung; sie ist auf der anderen Seite aber so speziell, dass ich Sie morgen damit nicht über rumpeln wollte. Wir möchten einfach vorab hierüber Auskunft haben und wissen, welche Vorkehrungen Ihrerseits getroffen werden.

Die Frage betrifft also die Entscheidung des Bundesverwal tungsgerichts; sie lautet: Welche konkreten Vorsorgemaßnah men wurden getroffen, um die Versetzungsentscheidungen, die anstehen, rechtssicher zu machen?

Danke schön.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Ministerialdirektor Dr. Zinell das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich mich bei Ihnen, Frau Präsidentin, auch im Namen von Minister Gall, bedanken, dass ich heute aus nahmsweise sprechen darf. Herr Minister Gall ist heute ver hindert, und er hält es heute mit dem Führungsgrundsatz: Nicht der Reiter, sondern das Pferd muss schwitzen. Deswe gen stehe ich jetzt hier und versuche, eine Antwort auf die Fra ge von Herrn Abg. Blenke zu geben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: War das eine Anerken nung für die Frage? – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Wir verstehen es so! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Vereinzelt Heiterkeit)

Als Sherpa sind Sie natürlich immer unter Volldampf, Herr Zimmermann.

Ich möchte das Ganze noch einmal in den Kontext des Inter essenbekundungsverfahrens stellen und danach konkret auf Ihre Fragestellung, Herr Blenke, eingehen.

Wir haben mit dem Interessenbekundungsverfahren einen Weg gewählt, der für die Bundesrepublik einmalig ist. Das gab es bislang in keinem anderen Bundesland und bei keiner Behörde. Es gibt beispielsweise bei der Bundeswehr oder bei der Bundespolizei ebenfalls immer wieder große Versetzungs wellen. Daher werden wir auch von außen sehr stark beäugt, wie ein solches Verfahren funktioniert und welche Vorteile oder auch Nachteile es mit sich bringt. Wichtig ist auch: Das IBV ist ein freiwilliges Verfahren; niemand ist gezwungen, an dieser Stelle mit uns oder mit seiner Dienststelle zu kommu nizieren.

Wir haben aber – Stand heute – gute Erfahrungen mit dem Verfahren gemacht. Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir damit insgesamt 16 000 Beschäftigte erreicht haben, die angegeben haben, wo sie künftig verwendet werden möchten. In der von Ihnen angesprochenen Dreistufigkeit konnte man einen Wunsch 1, einen Wunsch 2 und einen Wunsch 3 benen nen.

Stand heute können wir sagen: Im Schnitt – das ist nicht bei allen Projekten und bei allen künftigen Polizeipräsidien gleichmäßig der Fall – werden 75 % der Betroffenen – also nicht der Versetzungen, die anstehen; es gibt ja Bereiche, die am IBV nicht teilgenommen haben; es handelt sich also um 75 % derjenigen, die teilgenommen haben – an die Stelle kom men, an die sie kommen wollen. Für diese Gruppe gibt es kei ne Probleme mehr; das kann auch rechtssicher abgehandelt werden.

Bei den restlichen 25 % handelt es sich im Wesentlichen um Beschäftigte, die nicht alle Wünsche erfüllt bekommen haben. Das heißt, sie haben zwei oder drei Gründe für ihren Verset zungswunsch angegeben, und einer der Gründe wurde dann eben nicht berücksichtigt. Diese werden nicht zu denjenigen gezählt, die auf ihren Wunsch hin auf eine bestimmte Stelle oder auf einen bestimmten Dienstposten kommen. Aber dar unter sind sehr viele, die die betreffende Stelle antreten wer den, die Versetzung also akzeptieren werden, weil die Ent scheidung im Korridor ihrer eigenen Angaben liegt. Das ist, denke ich, eine gute Voraussetzung.

Jetzt befinden wir uns an der Stelle, an der andere erst begin nen, nämlich im Vorfeld des rechtsförmigen Verfahrens. So wohl nach dem Arbeits- als auch nach dem Dienstrecht haben die Beschäftigten das Recht, angehört zu werden, wenn Ver setzungen anstehen. Das werden wir jetzt auf den Weg brin gen. Weil das IBV sehr gut gelaufen ist, beginnen wir bereits am 23. Juli, also 14 Tage früher als geplant. Alle betroffenen Beschäftigten können dann noch einmal zur geplanten Verset zung Stellung nehmen; erst danach werden die Versetzungen ausgesprochen.

Was die Begleitung angeht – Sie haben das Bundesverwal tungsgerichtsurteil angesprochen –, haben wir Stellen im Be reich der Besoldungsgruppen A 12, A 13, A 14 usw. bewertet, um das auch korrekt hinzubekommen. Für viele andere Dienstposten haben wir dieselbe Problematik, die generell bei der Landesverwaltung besteht. Wir wollen auch im Gleichzug aller Ministerien diese Problematik aufarbeiten und, wenn not wendig, entsprechende Vorschriften erlassen.

Für die Polizei können wir aber garantieren, dass wir dieses Urteil und die Grundlagen, auf denen es beruht, einhalten kön nen. Denn jeder Einzelfall wurde unabhängig vom IBV ge prüft, und er wird in Gesprächen im Rahmen des IBV nun noch einmal durch das Anhörungsverfahren geprüft.

Auch da können bei abweichenden Auffassungen Gespräche geführt werden. Es handelt sich ja nicht um die Versetzung auf eine ausgeschriebene Stelle – damit beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgerichtsurteil –, sondern hier haben wir es mit einem Neubeginn bei der Polizei, also mit einer anderen Situation zu tun, als dies üblicherweise der Fall ist, wenn sich mehrere auf eine Stelle bewerben und dann eben die Voraus setzungen dieses Urteils eingehalten werden müssen.

Zusammenfassend gehe ich davon aus, dass der Stand am Jah resende sicherlich sein wird, dass wir mit nahezu null Klagen vor dem Verwaltungsgericht oder dem Arbeitsgericht rechnen müssen, sondern zur Zufriedenheit oder zumindest zur Ak zeptanz der Beschäftigten die Umsetzungen und Versetzun gen praktizieren können.

Ich hoffe, ich habe damit Ihre Frage beantwortet.

Danke schön. – Es liegt eine weitere Frage vor, und zwar von Herrn

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schmiedel!)

Abg. Schmiedel – genau, danke.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Bei so vielen An wesenden von der SPD kann man sich schon einmal schwertun! – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Ministerialdirektor, ich ha be folgende Frage: Wie viele von diesen 16 000 Interessenbe kundungen sind denn aus der Reform heraus begründet, und bei wie vielen handelt es sich eigentlich um Versetzungsge suche, die mit der Reform nichts zu tun haben, sondern bei spielsweise damit, dass jemand einfach in einer anderen Stadt im Revier arbeiten will?

Ich habe hierzu kei ne verlässliche Statistik. Das wurde nicht ausgerechnet. Wir können da nicht jeden Grund in eine Schublade stecken. Wir wissen aber, dass relativ viele am Interessenbekundungsver fahren teilgenommen haben, um zu einer Dienststelle nach ih rem Wunsch versetzt zu werden, zu der sie ohne die Reform nicht gekommen wären, weil dann ein Tausch oder etwas an deres erforderlich wäre. Insoweit denke ich, dass wir auch da zur Zufriedenheit vieler Beschäftigter beitragen können.

Eine weitere Frage des Herrn Abg. Blenke.

Vielen Dank, Herr Ministerial direktor, für die bisherige Beantwortung. Dadurch wurde in der Tat schon einiges beantwortet.

Ich würde gern noch einmal nachfragen. Sie sagten, ab Besol dungsgruppe A 12 aufwärts habe diese Bewertung bereits stattgefunden. So haben Sie es, glaube ich, ausgedrückt.

In diesem Korridor haben wir bewertet.

In diesem Korridor ab Besol dungsgruppe A 12 aufwärts hat das stattgefunden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts besagt jedoch, dass eine sol che Bewertung für alle Besoldungsgruppen stattzufinden hat. Dazu gibt es eine Rechtsauffassung, der wir uns anschließen, die besagt: Wenn im Bereich der Polizei über fünf Besol dungsgruppen und zwei Laufbahngruppen – sprich von A 7 im mittleren Dienst bis zum Hauptkommissar in A 11 im ge hobenen Dienst – gebündelt würde und keine Bewertung vor genommen würde, wäre dies rechtswidrig. Das würde bedeu ten, dass auch entsprechende Versetzungsverfügungen, wenn sie den Betroffenen belasten, anfechtbar wären.

Daran schließt sich meine Frage an. Sie sagten, ab A 12 hät ten Sie bewertet. Haben Sie also keine Bewertung für den Be reich des mittleren Dienstes und des gehobenen Dienstes bis A 11 vorgenommen?

Wir haben im Mo ment noch keine vorgenommen. Es ist ja erst Juli, und die Ver setzungen werden erst im Dezember ausgesprochen und um gesetzt.

Ich möchte noch einmal betonen: Wir wollen im Geleitzug al ler Ministerien noch einmal aufarbeiten, was zu tun ist, und die Konsequenzen aus dem angesprochenen Urteil nach un serer Interpretation ziehen. Da kann es durchaus sein, dass wir nacharbeiten müssen. Das ist natürlich nicht ausgeschlossen. Wir wollen rechtskonform arbeiten und uns nicht in die Ge fahr begeben, dass wir dann vor Gerichten – obwohl wir, wenn überhaupt, nicht mit vielen Verfahren rechnen – unterliegen.

Aber die Entscheidung müssen Sie ja im Herbst treffen.

Wir müssen das aber mit den anderen Ressorts abstimmen, denn das betrifft sie glei chermaßen.