Protokoll der Sitzung vom 17.07.2013

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

Ich darf ergänzen – man vergisst ja schnell –: Auch in Ihrer Regierungszeit wurden die verschiedenen Schularten nicht unbedingt gleichbehandelt; wir wollen das auch einmal beim Namen nennen. Es gab sehr große Unterschiede, z. B. was die Zuweisungen von Poolstunden angeht. Die Realschulen hat ten das Gefühl, im Vergleich zu den Gymnasien zu kurz zu kommen. Das heißt, wir müssen uns innerhalb eines Systems um Gerechtigkeit bemühen. Ich möchte aber darauf hinwei sen, dass auch während Ihrer Regierungszeit die Schularten nicht gleichbehandelt wurden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wie viele Ressourcen eine Gemeinschaftsschule erhält, ist transparent. Ich glaube, es besteht kein Grund, uns vorzuwer fen, hier würde irgendetwas versteckt. Die Ressourcenausstat tung der Gemeinschaftsschule ist aus unserer Sicht auskömm lich und angemessen.

Über die Zuweisung von Lehrerstunden an Gemeinschafts schulen haben wir im Plenum und im Bildungsausschuss be reits mehrfach berichtet. Grundsätzlich erhält jede Schulart und jede Schule von der Landesregierung die Geld- oder Per sonalmittel, die sie benötigt, um ihrer Aufgabe gerecht zu wer den. Wir finanzieren nicht auf Pump.

Die Gemeinschaftsschulen erhalten als Basis die Anzahl an Lehrerwochenstunden, die sie benötigen, um die Stunden, die auf der Stundentafel vorgesehen sind, halten zu können.

Die Gemeinschaftsschulen sind – das wissen Sie – als gebun dene Ganztagsschulen mit drei oder vier Tagen Ganztagsbe trieb pro Woche ausgestaltet. Für das ganztägige Bildungsan gebot erhalten die Ganztagsschulen die Anzahl an Lehrerwo chenstunden, die hierfür benötigt werden. Für die Gemein schaftsschulen gilt prinzipiell das Gleiche wie für andere Schularten, was den Ganztagsbetrieb angeht.

Zwölf Lehrerwochenstunden je Zug bekommen die Gemein schaftsschulen jeweils für die Wahrnehmung besonderer pä dagogischer Aufgaben zugewiesen. Diese Ressourcen werden eingesetzt, damit individuelles und kooperatives Lernen in den Gemeinschaftsschulen möglich wird.

An Förderstunden bekommen Gemeinschaftsschulen in etwa das Gleiche, was auch die Werkrealschulen bzw. Hauptschu len bekommen: Das sind zwölf Stunden, also zwei Stunden mehr, als die Haupt- bzw. die Werkrealschulen erhalten.

Gemeinschaftsschulen sind – das haben wir schon in mehre ren Debatten erörtert – eine neue Schulart, eine Schule mit ei ner neuen Art, den Unterricht zu gestalten. Die Umstellung auf das neue Konzept geschieht nicht von allein. Ich glaube, es ist anzuerkennen, dass diese Arbeit, diese pädagogische Weiterentwicklung erhebliche Kraftanstrengungen der Leh rerinnen und Lehrer wie auch der Schulleitungen erfordert. Hierfür ist eine Anschubfinanzierung, also eine vorübergehen de Finanzierung, in Höhe von sechs Wochenstunden je Zug vorgesehen, die über drei Jahre verteilt wird.

Bei der Festsetzung dieser Zahlen haben wir uns schlicht und einfach von dem voraussichtlichen Bedarf und nicht, wie Sie es uns immer vorwerfen, von Ideologie leiten lassen. Wir ha ben uns auch von einer vergleichenden Betrachtung der Er fahrungen in anderen Bundesländern leiten lassen, in denen es vergleichbare, aber sicherlich nicht die gleichen Schulen gibt.

Der unmittelbare Vergleich zwischen Baden-Württemberg und einem anderen Bundesland ist nur schwer möglich; dennoch zeigt sich eindeutig: Die Gemeinschaftsschulen in BadenWürttemberg sind nicht besser und auch nicht schlechter aus gestattet als die Gemeinschaftsschulen oder Schulen mit ver gleichbarem pädagogischem Profil anderswo. All dies kann man – auch das ist absolut transparent – im Organisationser lass nachlesen. Von versteckten Kosten, Kostenfallen und Kostengefahr kann nicht die Rede sein.

Das Gleiche gilt für die Sachkosten, also für die Mittel, die die kommunalen Schulträger für die Unterhaltung der Schu len, für die Schulgebäude, für sonstige Bedienstete und die sächliche Ausstattung der Schulen bekommen. Diese Sachkos tenbeiträge werden – das wissen Sie – jährlich neu festgesetzt.

Sie betragen 90 % der vom Statistischen Landesamt erhobe nen durchschnittlichen Schulkosten.

Weil die Ermittlung der tatsächlichen Kosten mit zeitlichem Abstand erfolgt, haben wir uns mit den kommunalen Landes verbänden darauf verständigt, dass den Gemeinschaftsschu len derzeit ein Sachkostenbeitrag in gleicher Höhe wie den Haupt- und den Werkrealschulen gewährt wird. Diese Praxis werden wir so lange anwenden, bis wir die notwendigen Er fahrungswerte bezogen auf die Gemeinschaftsschulen haben, damit wir dann entsprechend nachjustieren können.

Das Gleiche gilt auch bei der Schulbauförderung. Sie wissen es: Bis zur Veröffentlichung des Lehr- und Bildungsplans der Gemeinschaftsschule haben wir uns auch hier mit den kom munalen Landesverbänden auf eine Übergangsregelung geei nigt: Die Förderung von Schulbaumaßnahmen für Gemein schaftsschulen erfolgt nach den üblichen Grundsätzen der Schulbauförderung.

Für den weiteren Ausbau der Gemeinschaftsschulen werden wir natürlich in ganz erheblichem Maß auf die Anträge, auf die Bedürfnisse in den Städten und Gemeinden eingehen. Wir werden prüfen müssen, wie viele Gemeinden sich für diese neue Schulart entscheiden und wie viele der eingehenden An träge genehmigungsfähig sind.

Bezogen auf den vorherigen Tagesordnungspunkt habe ich be reits mehrfach gesagt: Für mich macht eine regionale Schul entwicklung dann Sinn, wenn sich die Genehmigung der drit ten Tranche der Gemeinschaftsschulen in diese regionale Schulentwicklung einbettet. Da können Sie mich auch beim Wort nehmen. Wir wollen, dass die Gemeinschaftsschulen, die genehmigt werden, eine langfristige Perspektive haben und dadurch genau in das System der regionalen Schulent wicklung hineinpassen. Das gelingt aber nur, wenn wir zwi schen den beteiligten und betroffenen Kommunen einen ent sprechenden Ausgleich erreichen können.

Wir stellen die Mittel in den Haushalt ein, die wir für die Ge meinschaftsschulen brauchen. Im Schuljahr 2012/2013 sind 41 öffentliche Gemeinschaftsschulen gestartet. Zum Schul jahr 2013/2014 kommen 87 weitere hinzu.

Dass Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Bega bungsmustern zusammen lernen und nicht aufgeteilt werden, dass die Bildungsabschlüsse von Hauptschule und Realschu le und, falls vorhanden, vom Gymnasium in der und über die Gemeinschaftsschule erreichbar sind, wird von immer mehr Eltern und Schulträgern akzeptiert. Es wird für gut befunden und gibt uns die Möglichkeit, den Menschen im Land, gera de dort, wo die Kinderzahl in den nächsten Jahren sinken wird, ein verlässliches, ein gutes Schulspektrum und verschiedene differenzierte Bildungsabschlüsse anzubieten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Wacker.

Sehr geehrter Herr Minister, vie len Dank für Ihren Beitrag. Sie haben in Ihrer detaillierten Darstellung bestätigt, dass die Gemeinschaftsschule in der Tat

die kostenintensivste aller Schularten ist. Das haben Sie eben belegt. Sie haben sogar den Vergleich mit den Gymnasien an gestellt; Sie hatten ja in der letzten Legislaturperiode die Gym nasien als sehr ressourcenintensive Schulart bezeichnet.

Ich möchte Ihnen jetzt einfach einmal die Kontingentstunden tafel vorlegen, die Ihr Haus in einer Entwurfsfassung für die anstehende Bildungsplanreform herausgebracht hat. Darin ist vorgesehen, dass in den Klassenstufen 5 bis 10 – also inner halb der Sekundarstufe I – die Gymnasien 205 Kontingent stunden bekommen, das heißt exakt die Mindestanzahl, die die Kultusministerkonferenz vorgibt. Die Gemeinschaftsschu le toppt diese Stundenzahl mit 213 Stunden. Damit erhält die Gemeinschaftsschule – dem haben Sie nicht widersprochen – wesentlich mehr als alle anderen Schularten.

Eine zweite Bemerkung, Herr Minister – da möchte ich Sie beim Wort nehmen –: Sie haben gesagt, Sie möchten nicht ideologisch diskutieren, sondern sich am Bedarf orientieren. Eben haben Sie beschrieben, dass aufgrund der individuellen Förderung, aufgrund des pädagogischen Konzepts die Ge meinschaftsschulen den Bedarf haben, der die Ressourcenzu weisung rechtfertig. So haben Sie es eben dargelegt. Herr Mi nister, wenn aber durch den Wegfall der verbindlichen Grund schulempfehlung gerade die Heterogenität – die Zwischenfra ge von Herrn Röhm hat dies eben auch deutlich gemacht – in den Eingangsklassen der bisherigen Schularten so zugenom men hat, dass diese Heterogenität sogar noch größer ist als in den Gemeinschaftsschulen, ist es also nur logisch, von einem Bedarf auszugehen, der auch bei den anderen Schularten min destens die gleiche Förderung rechtfertigt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Da müssen wir Sie, Herr Minister, beim Wort nehmen. Wenn Sie durch das Land ziehen und mit moderaten Worten versu chen, von einem Bedarf zu sprechen, müssen wir Sie genau an dieser Stelle beim Wort nehmen und dürfen so lange nicht lockerlassen, bis Sie im Sinne einer ausgleichenden Gerech tigkeit auch die anderen Schularten stärker als bisher unter stützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher zur geschäftsordnungsmäßigen Behand lung des Antrags. Der Antrag Drucksache 15/2699 (geänder te Fassung) ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Jugend auf dem Land in Baden-Württemberg – Druck sache 15/2928 (geänderte Fassung)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Loche rer.

Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut und richtig, wenn wir uns heute mit dem Thema „Jugend auf dem Land in Baden-Württemberg“ beschäftigen. Dieses Thema hätte einen vorderen Platz auf der Tagesordnung verdient, anstatt als letz ter Punkt behandelt zu werden.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie soll ten sich an den Landtagspräsidenten wenden!)

Aber last, but not least können wir sagen, meine Damen und Herren: Ein guter Schluss ziert alles. Insofern ist es gut, dass wir uns vonseiten der Fraktionen und der Regierung zu die sem Thema äußern.

Ich möchte mich sehr herzlich für die Stellungnahme zum An trag der CDU-Landtagsfraktion bedanken. Es ist schon be merkenswert – ich möchte dies loben –, dass die Landesregie rung zwischenzeitlich den ländlichen Raum entdeckt hat – es ist nach zweieinhalb Jahren auch höchste Zeit geworden – und mit dem Landesjugendplan ganz konkrete Maßnahmen für die Jugendarbeit vorschlägt.

Wenn Herr Minister Schmid da wäre, würde ich ihm tatsäch lich gern zurufen: Hier ist kein Mangel zu beschreiben oder zu beklagen, wie etwa im Schwarzwald, sondern wir müssen konkret handeln. Hierzu fordere ich die Landesregierung auf.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es stellen sich tatsächlich eine ganze Reihe von Fragen: Wie halten wir es mit den Jugendlichen, die nicht in Ballungsge bieten, sondern in ihrer Mehrheit draußen auf dem Land le ben? Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass in Ba den-Württemberg bis zum Jahr 2060 die Zahl der Menschen unter 21 Jahren um 35 % abnehmen wird. Übrigens schrumpft die Gruppe der 18- bis 30-Jährigen auf dem Land jährlich um 3 %. Das sind beachtliche Zahlen.

Auch beim Thema Schulentwicklung haben wir, Herr Minis ter Stoch, diese demografische Entwicklung gerade eben im Parlament gemeinsam angesprochen. Das IREUS-Gutachten der Universität Stuttgart beschreibt diese Entwicklung eben falls und prognostiziert weniger Geburten in Baden-Württem berg, insbesondere im ländlichen Raum. Hinzu kommt eine Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Ballungsräu me. Das muss uns beschäftigen. Deshalb ist es gut, dass die schwarz-gelbe Landesregierung dieses Gutachten in Auftrag gegeben hatte, das eine Basis für weitere Maßnahmen dar stellt.

Wir müssen uns fragen: Was bieten wir, und was bieten Sie – auf kommunaler, aber auch auf Landes- und Bundesebene – den jungen Menschen, die gern auf dem Land leben und dort auch bleiben wollen? Wie unterstützen wir die Landkreise und die Kommunen, aber natürlich auch die Verbände? Wie un terstützen wir junge Menschen auf dem Land bei der Bewäl tigung ihres Alltags? Wie unterstützen wir sie bei einer sinn vollen und guten Freizeitgestaltung?

Das zunächst entscheidende Kriterium aber lautet – hierüber haben wir bei den beiden letzten Tagesordnungspunkten aus führlich gesprochen –: Wie begleiten wir sie im Bereich des schulischen Angebots? Wie begleiten wir sie in Bezug auf Ausbildungsplätze und wohnortnahe Studienplätze im länd lichen Raum?

Hier ist es wichtig, dass wir bei der Infrastruktur in den Bal lungsräumen und im ländlichen Raum die Balance wahren. Diese Balance zwischen den Ballungsräumen und dem länd lichen Raum war bisher die Erfolgsgarantie für unser schönes Bundesland Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir stehen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht von ungefähr auch gut da, wenn es darum geht, eine geringe Jugendarbeitslosigkeit vorzuweisen. Die Quote beträgt bei uns 3 %; leider Gottes – das muss man sa gen – verzeichnen die südeuropäischen Länder eine Jugend arbeitslosenquote von teilweise über 50 %. Meine Damen und Herren, diese geringe Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Würt temberg spricht für den Erfolg unserer bisherigen Regierungs arbeit unter Schwarz-Gelb.