Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Herr mann.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Wir beraten heute erstmals einen Finanz plan. Er wurde eingeführt, weil wir folgende Ausgangslage hatten: Unter der CDU-FDP/DVP-geführten Regierung ha ben wir in den Jahren 2008 und 2009 keine Schulden gemacht. Wir haben die Schuldenbremse mit sofortiger Wirkung in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen. Sie haben 2011 und 2012 noch von der guten Politik profitiert und keine Schulden machen müssen. Sie haben für die Jahre 2013 und 2014 im Haushalt neue Schulden eingeplant und dazu die Schulden bremse aus der Landeshaushaltsordnung gestrichen, damit Sie kräftig Geld ausgeben können. Sie haben angekündigt, einen Finanzplan vorzulegen, der aufzeigt, wie man bis zum Jahr 2020 die Nullneuverschuldung erreichen kann – ich sage: wie der erreichen kann.

Aber wenn man sich den Finanzplan anschaut, stellt man fest, dass lediglich die Einnahmen und Ausgaben fortgeschrieben worden sind. Sie schreiben die Steuereinnahmen über den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung hinaus mit einer Steigerungsrate von 3,2 % fort, die sonstigen Einnahmen ebenfalls mit 3,2 %, mit der Begründung, Letzteres sei das langfristige Mittel der Steigerung bei den sonstigen Einnah men. Die Personalausgaben schreiben Sie um 1,8 % fort – li near um 1,5 %, strukturell um 0,3 % –, und die sonstigen Aus gaben schreiben Sie ebenfalls im Umfang des langfristigen Mittels fort, nämlich um 3,5 %. Sie schreiben den Länderfi nanzausgleich fort, und Sie schreiben den kommunalen Fi nanzausgleich fort. Interessant ist hierbei, dass Sie auch nach 2017 eine dauerhafte Vorwegentnahme von 300 Millionen € vorsehen, Herr Finanzminister, obwohl Sie den Kommunen gegenüber erklärt haben, die Entnahme gelte nur für die nächsten zwei Jahre. Aber das ist Ihr Problem.

Dann machen Sie einen Strich drunter und stellen fest, 2017 fehlen 2,1 Milliarden €, 2018 1,7 Milliarden €, 2019 und 2020 jeweils 1,8 Milliarden €. Das wollen Sie decken, indem Sie zum einen in den nächsten Jahren neue Schulden aufnehmen und zum anderen ab 2015 mit Steuermehreinnahmen aufgrund von Steuererhöhungen auf Bundesebene rechnen. Obwohl Ihr Ministerpräsident noch letzte Woche, vor der Bundestagswahl, erklärt hat, wenn man die Grünen und die SPD bei der Bun destagswahl wähle, dann brauche man nicht so viel zu kür zen, haben die Bürger am letzten Sonntag der Steuererhö hungspolitik der Grünen eine ganz klare Absage erteilt, und das ist richtig so.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dieses Geld fehlt Ihnen also auch.

Auf Seite 14 des Finanzplans heißt es:

Zum Zeitpunkt des Regierungswechsels im Mai 2011 lag der haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf der Jahre 2013 bis 2020 noch bei rund 2,5 bis 2,8 Milliarden € jähr lich.

Das ist richtig, aber in dem damaligen Finanzplan steht noch etwas anderes Interessantes drin: Damals hat man nämlich mit Steuereinnahmen von 26,3 Milliarden € im Jahr 2013 und von 27,4 Milliarden € im Jahr 2014 gerechnet. Tatsächlich haben wir aber in diesem Jahr 3,6 Milliarden € Steuereinnahmen mehr, nämlich 29,9 Milliarden €, und im Jahr 2014 3,7 Mil liarden € Steuereinnahmen mehr, nämlich 31,1 Milliarden €. Sie haben den Haushalt zunächst einmal aufgebläht. Der letz te von uns vorgelegte Haushalt, der Dritte Nachtrag 2011, be inhaltete Ausgaben von 35,3 Milliarden €. Sie sehen für das Jahr 2013 Ausgaben von 40,7 Milliarden € vor. Sie haben den Haushalt aufgebläht, eine Deckungslücke produziert und be klagen das jetzt wortreich. Das ist Ihre falsche Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Sie fordern immer, wir sollten Vorschläge zur Haushaltssanie rung machen; das war ja heute früh auch schon Thema. Sie haben Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Mi nisterien, und die Aufgabe einer Regierung ist es, dass man einen Haushalt vorlegt, der nachhaltig und zukunftsorientiert ist. Das haben Sie nicht getan.

Wenn Sie nun fragen, wie das alles zustande kommt, dann zähle ich Ihnen einmal auf, was wir nicht gemacht hätten, wenn wir weiter regiert hätten: Wir hätten die Verwaltung nicht mit zusätzlichen Stellen aufgebläht wie z. B. im Ver kehrsministerium. Wir hätten kein zusätzliches Integrations ministerium geschaffen. Wir hätten keine Gemeinschaftsschu le geschaffen, die deutlich üppiger ausgestattet ist als andere Schulen.

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Wir hätten keine kostspielige Polizeireform gemacht. Wir hät ten nicht die Studiengebühren abgeschafft. Wir hätten keine kommunalen Aufgaben durch das Land mitfinanziert.

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Denn das hat dazu geführt, dass in der Summe eine Deckungs lücke entstanden ist, die Sie jetzt wortreich beklagen. Jetzt wollen Sie bei den Musikhochschulen streichen, jetzt strei chen Sie Leseklassen und anderes – das ist die Wahrheit Ihrer falschen Politik.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Finanzplan, der eigentlich aufzeigen sollte, wie man im Jahr 2020 die Nullneuverschuldung erreicht, ist – ich ha be es dargelegt – nur eine Beschreibung der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben. Er ist eine reine Rechenoperation, die jeder mit einem Taschenrechner hätte nachvollziehen kön nen. Es ist kein Wort darin enthalten, wie die von Ihnen pro duzierte Deckungslücke in den nächsten Jahren geschlossen werden soll. Der Finanzplan, den Sie hier vorgelegt haben, Herr Minister, ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist. Er ist ein Armutszeugnis und ein Offenbarungseid für das finanzpolitische Versagen dieser Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem lieber Kolle ge Herrmann! Ich bin schon erstaunt, wie niedrig Sie Ihre Messlatte in der nachhaltigen Finanzpolitik für sich, für die CDU anlegen. Darüber bin ich schon sehr erstaunt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Sonst könnten Sie sich nicht in jeder Debatte stolz hier hin stellen und sagen, dass Sie in fast 60 Jahren Regierungszeit in zwei Jahren ohne neue Schulden ausgekommen sind. Das ist wirklich eine super Leistung. Darauf wäre ich wirklich stolz. Bei dieser Messlatte kann man nichts falsch machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Nun zum Finanzplan: Fakt ist, dass wir von Ihnen eine struk turelle Deckungslücke von 2,5 Milliarden € geerbt haben. Sie haben es nicht geschafft, die Einnahmen und Ausgaben in Ein klang zu bringen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Natürlich! Zweimal!)

Zweimal. Das war punktuell.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie haben gesagt: „nicht geschafft“! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich habe „strukturell“ gesagt. Es ist ein Riesendilemma, dass Sie nicht verstehen, was strukturell ist, was einmalig ist, was tricksen ist und was punktuell ist. Das haben Sie bisher nicht verstanden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Sie haben eine strukturelle Deckungslücke von 2,5 Milliar den € hinterlassen, die geschlossen werden muss. Es gibt ei ne grundgesetzliche Schuldenbremse, die ab dem Jahr 2020 einzuhalten ist. Diese grün-rote Landesregierung hat von Be ginn an gesagt: Jawohl, wir werden es schaffen, und zwar im Dreiklang zwischen Konsolidieren, Sanieren und Investieren. Genau das haben wir gemacht. Wir haben es trotz großer In vestitionen im Bildungsbereich innerhalb von knapp zweiein halb Jahren geschafft, die Deckungslücke um 1 Milliarde € strukturell zu mindern. Das ist eine Leistung, auf die man wirklich stolz sein kann. Das ist nachhaltige Finanzpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist damit, dass Sie die Grunderwerbsteuer erhöht haben?)

Dieser Finanzplan ist ein neues Instrument auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Finanzplanung. Er zeigt nämlich erstmals, wie die Schuldenbremse zu erreichen ist. Er legt ei nen Abbaupfad fest, und mit dem Nachtrag werden Orientie rungspläne vorgelegt werden, in denen aufgezeigt wird, wie sich die einzelnen Ressorts am Abbaupfad zu beteiligen ha ben.

Sie haben nichts anderes gefunden, als zu kritisieren, es sei en Steuermehreinnahmen in Höhe von 400 Millionen € ein geplant. Ja, wir haben 400 Millionen € aus der Erhöhung des Spitzensteuersatzes eingeplant. Lesen Sie die dpa-Meldung, die gegen 11:00 Uhr veröffentlicht wurde. Darin heißt es, Herr Schäuble schließe Steuererhöhungen nicht grundsätzlich aus.

Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir gesellschaftliche Themen haben – Ganztagsschule, Inklusion, Energiewende, andere Punkte –, für deren Umsetzung wir nicht umhinkom men, auch für Einnahmeverbesserungen zu sorgen.

Wir müssen beide Seiten beachten. Wir müssen versuchen, die Ausgaben zu reduzieren. Das muss aber sensibel und sinn voll geschehen. Richtig, wir wollen sparen und konsolidieren, aber wir wollen nicht kaputtsparen. Wir können nicht be stimmte Infrastrukturen kaputtsparen, weil die Landesverwal tung ein Dienstleistungsbetrieb ist. Genau darum geht es. Auf der anderen Seite müssen wir für Einnahmeverbesserungen sorgen.

Sie haben bisher immer nur dagegen geschossen, wenn wir Einnahmeverbesserungen vorgenommen haben, indem wir die Steuerverwaltung verbessert haben, wenn wir in der Steuer verwaltung Stellen geschaffen haben, die dazu beigetragen haben, dass das Steuerrecht wie gesetzlich vorgesehen voll zogen wird, was zu Mehreinnahmen führt. Sie haben dagegen gestimmt. Wir haben Verwaltungsgebühren erhöht; Sie haben dagegen gestimmt.

Wir sparen auch in sensiblen Bereichen. Niemand spart will kürlich, und niemand macht es, um irgendwelche Bevölke rungsgruppen zu ärgern, aber wenn wir einen Rückgang der Schülerzahlen um 20 % haben, dann können Sie nicht fordern, in diesem Bereich nicht zu sparen. Ein Verzicht auf Einspa rungen wäre eine Verschwendung von Steuergeldern, und das geht mit Grün-Rot nicht. Es ist gut, dass es den Regierungs wechsel gab, dass wir den Weg in die nachhaltige Finanzpo litik gefunden haben und ihn auch konsequent weitergehen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die nachhaltige Finanzpolitik kann man nicht von heute auf morgen erreichen. Sie haben es in 58 Jahren nicht geschafft, und deshalb können Sie nicht erwarten, dass wir das in zwei einhalb Jahren schaffen. Fakt ist, wie ich bereits gesagt habe: Wir haben von diesen 2,5 Milliarden € an strukturellem Defi zit über 1 Milliarde € abgebaut. Wir haben also nicht nur ein malige Kosmetik betrieben, wie es bei Ihnen in zwei Jahren der Fall war, sondern wir haben strukturell dazu beigetragen, dass die Lücke um über 1 Milliarde € verringert wurde. Das, was uns in zweieinhalb Jahren gelungen ist, haben Sie in 60 Jahren nicht geschafft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich würde mir wünschen, dass wir den sachlichen Stil der De batte, den wir im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft ha ben – und zwar fraktionsübergreifend –, auch einmal im Ple num in öffentlicher Sitzung haben. Ich finde, zur Einhaltung der Schuldenbremse haben wir noch einen harten Weg vor uns, auch wenn wir schon einen wichtigen Schritt auf diesem langen Weg getan haben. Ich appelliere vor allem an die CDUKollegen: Sie sind eine Volkspartei und haben auch eine Ver antwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern.

(Zurufe von der CDU)

Sie können sich nicht zurücklehnen, bei Einnahmeverbesse rungen und Sparmaßnahmen dagegen schießen und gleichzei tig immer wieder fordern, wir sollten die Schuldenbremse frü her erreichen. Sie als Volkspartei und als größte Fraktion hier

im Landtag müssen sich Ihrer Verantwortung bewusst werden und sich dieser Verantwortung stellen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sie müssen sich gemeinsam mit uns auf den Weg machen, die se Herausforderung anzunehmen, damit wir die Schulden bremse auf diesem Weg bis zum Jahr 2020 gemeinsam hinbe kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Hätten Sie keine Mehrausgaben gemacht, wäre das alles nicht nötig gewesen!)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Maier das Wort.

Frau Präsidentin, meine lieben Kol leginnen und Kollegen! Nach § 18 der Landeshaushaltsord nung muss der Landtag einen Finanzplan 2020 vorgelegt be kommen, der aufzeigt, wie man die Nullneuverschuldung bis zum Wirksamwerden der im Grundgesetz verankerten Schul denbremse erreicht. Dieser Finanzplan liegt rechtzeitig vor. Es handelt sich um ein neues Instrument. Bei aller Kritik ist es doch Tatsache: Das hat die alte Landesregierung nie ge schafft. Der Finanzplan 2020 weist den Weg zu einer dauer haften Nullneuverschuldung. Er zeigt, wie die Neuverschul dung bis einschließlich 2019 in gleichmäßigen Schritten – das ist ein wichtiger Inhalt – sinken muss, um dieses Ziel zu er reichen.

Lieber Kollege Herrmann, zu viel Schaum vor dem Mund trübt den Blick auf die Sache. Der Finanzplan verdeutlicht, wie die Neuverschuldung strukturell und nachhaltig abgebaut wird.