Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Lieber Kollege Herrmann, zu viel Schaum vor dem Mund trübt den Blick auf die Sache. Der Finanzplan verdeutlicht, wie die Neuverschuldung strukturell und nachhaltig abgebaut wird.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Wo denn?)

Das ist ein schwieriges Geschäft. Das ist schwieriger als die Schritte zur Nullnettoneuverschuldung in der Vergangenheit. Diese wurde in den Jahren 2008 und 2009 erreicht – ganz klar –, aber damals gab es Einmaleffekte, Steuermehreinnahmen und Rücklageentnahmen. Das gelang auch der neuen Landes regierung 2011 und 2012 und gelingt kassenmäßig bis zum heutigen Tag. Wir haben aber die strukturelle Seite noch nicht im Griff.

Der Finanzplan 2020 ist ein tolles Instrument zur Informati on. Sie können darin die Abbauschritte sehen. Sie können auch sehen, dass wir hier noch große Sparvorgaben erfüllen müs sen. Er enthält eine Menge Informationen wie beispielsweise die neu prognostizierten Steuereinnahmen, die Personalaus gaben nach den Tarifabschlüssen, die bisherigen strukturellen Sparmaßnahmen, die bis zum Jahr 2020 immerhin schon die Größenordnung von 1 Milliarde € ausmachen, die Auswirkun gen der Stellenabbauprogramme, Mischfinanzierungen, den Fonds „Aufbauhilfe“ für den Hochwasserschutz, Schulden dienst, Sachausgaben. Er verdeutlicht vor allem auch eines: Wir geben viel Geld in die Rücklagen, in die Versorgungs rücklage und in den Versorgungsfonds. Über die ganze Zeit bis zum Jahr 2020 sind das immerhin 4,5 Milliarden €. Wir machen also nicht nur Schulden, sondern wir sorgen auch für die Zukunft vor.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich muss natürlich auch dem immer wieder geäußerten Vor wurf der Aufblähung der Haushalte – er wird vom nächsten Redner, dem Sprecher der FDP/DVP, sicher wieder erhoben werden – entgegentreten. Wenn in Zyklen mit hohen Steuer einnahmen die Gesamteinnahmen steigen, dann steigen auf der anderen Seite durch unsere Verbünde – Umlagen, Länder finanzausgleich, kommunale Umlagen – natürlich auch die Ausgaben. Das weiß jeder Kämmerer. Das sehen wir auch hier abgebildet. Die Ausgaben, die sich die neue Regierung hier geleistet hat, gelten im Kern der Kleinkindbetreuung. Dafür haben wir die Grunderwerbsteuer erhöht. Dazu stehen wir, und das ist nachhaltig, gut und richtig finanziert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Stark kritisiert wurde immer der Ansatz von 400 Millionen € an Steuermehreinnahmen. Wir gehen davon aus, dass es zu Steuermehreinnahmen kommen wird. Diese könnten z. B. durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes erzielt werden. Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl muss man wohl sa gen, dass dieser Ansatz von 400 Millionen € eine politische Aussage ist, nämlich die Aussage, dass wir ohne diese zusätz lichen Einnahmen die Schuldenbremse nicht einhalten kön nen.

Die weitere Entwicklung ist offen. Heute Morgen haben wir im Radio von Herrn Laschet gehört, er schließe Steuererhö hungen nicht aus.

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Das haben wir von Herr Schäuble auch gehört! – Zu ruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Schäuble sagt etwas Ähnliches. – In den Zeitungen kann man es verschiedentlich schon lesen. Die Koalitionsverhand lungen – egal, wer mit wem – werden den Weg weisen: Ent weder kommt eine „begrenzte Steuererhöhung“ – ich zitiere hier die „Stuttgarter Zeitung“ –, oder die Mehrwertsteuer wird anders verteilt, oder es kommt durch die CSU zu der von Herrn Seehofer vorgeschlagenen Maut. Wir werden also mit Mehreinnahmen rechnen können.

Diese Zahl von 400 Millionen € halte ich in diesem Finanz plan für besonders wichtig. Sie ist nämlich eine finanzpoliti sche Bedarfsmeldung an den Bund, wie sie von der Opposi tion – lieber Herr Mack, Sie fordern beim Straßenbau immer, dass wir Bedarfe melden sollen – immer wieder gefordert wird. Wir stellen hier mit unserem Finanzplan 2020 eine ent sprechende Forderung auf.

Konkrete Vorschläge, wie man den Abbaupfad einhält, wer den geliefert. Die Ministerien erhalten Orientierungspläne, die die Aufstellung künftiger Haushalte maßgeblich beeinflussen werden. Der Finanzplan 2020 und die Umsetzung seiner Spar vorlagen ist aber eine Daueraufgabe. Bereits mit dem Zwei ten Nachtrag zum Haushalt 2013/2014, der Ende des Jahres kommt, wird dieses Werk aktualisiert. Die Orientierungsplä ne präzisieren dann die Umsetzung des Finanzplans auf Mi nisteriumsebene. Die Regierung arbeitet sehr systematisch da ran – KHV ist nur ein Stichwort –, dass man diesen Plan so wie aufgestellt Punkt für Punkt umsetzen kann. Ich muss aber sagen und will es auch nicht verschweigen, dass bis zur Null nettoneuverschuldung noch viele und schwierige Sparanstren gungen nötig sind.

Wenn die Opposition nun meint, wir müssten die Nullnetto neuverschuldung schneller erreichen, z. B. schon 2016, dann erwarten wir konstruktive und seriöse Vorschläge. Sie können bei den Haushaltsberatungen zeigen, wie Sie diese Deckungs lücke schließen wollen.

Die Regierung hat gehandelt. Mit den bisher ergriffenen Maß nahmen gelingt es, bis 2020 strukturell etwa 1 Milliarde € ein zusparen. Damit sind erste Weichen gestellt. Wir sind auf ei nem guten Weg; der politische Rahmen steht. Erfreulich ist, dass wir mit der neuen Landesregierung von Baden-Württem berg bis zum heutigen Tag keine Schulden aufgenommen ha ben. Standard & Poor’s bewertet die Finanzpolitik des Lan des mit AAA. Die SPD dankt der Regierung für diese Arbeit und nimmt zustimmend Kenntnis.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Finanzplan 2020 hat die Landesregierung die Verpflichtung der Landeshaus haltsordnung, jährlich einen Bericht zum Umgang mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse und den sie ergän zenden einfachgesetzlichen landesrechtlichen Regelungen vorzulegen, formal erfüllt. Wir sind auch froh, dass Sie an die ser Stelle die Landeshaushaltsordnung nicht abgeschafft ha ben. Inhaltlich aber ist dieser Plan ein mehrfaches Nichts.

Neben der wolkigen Ankündigung, man werde mit dem Zwei ten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan für 2013/2014 eine wei ter gegliederte Finanzplanung vorlegen, aus der hervorgeht, wie die Einzelpläne am Abbaupfad partizipieren – die soge nannte Orientierungsplanung –, offenbart der Finanzplan durch die Einstellung dieser fiktiven 400 Millionen € Mehr einnahmen aus Steuererhöhungen auf Bundesebene ein wei teres Mal die völlige Ratlosigkeit der Landesregierung in der Frage, wie sie ihre Aufgaben ohne die von Grün und Rot an gestrebten Steuererhöhungen auf Bundesebene erfüllen kön ne.

Wenn die Redner von SPD und Grünen jetzt darauf hoffen, sozusagen als Eintrittsgeschenk einer schwarz-roten oder schwarzgrünen Bundesregierung nun diese Steuererhöhungen zu be kommen, die Frau Merkel, Herr Seehofer und Herr Schäuble im Wahlkampf mehrfach und sehr nachdrücklich abgelehnt haben,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Genau, im Wahl kampf!)

dann kann ich die Kollegen von der Union nur davor warnen, jetzt diese Steuererhöhungen plötzlich doch vorzunehmen. Das wäre nämlich der Bruch eines Wahlversprechens; das muss man an dieser Stelle sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die grün-rote Mehrheit des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft empfand den Finanzplan 2020 in der vergangenen Woche noch als zukunftweisendes Konzept.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Ist es auch!)

Jetzt aber ist das Scheitern offenkundig, es sei denn, es wür de in Berlin entweder ein Wahlversprechen gebrochen oder, entgegen allen Bekundungen, an der Installation eines rot-rotgrünen Bündnisses oder rot-rot-grünen Tolerierungsbündnis ses gearbeitet. Man wird sehen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Nimmt man aber den Ministerpräsidenten ernst, der die grü nen Steuerbeschlüsse am Sonntag nach Art und Ausmaß als weit überzogen kritisiert hat – und damit ja wohl auch die Steuerbeschlüsse der Sozialdemokraten gleich mit –, dann müssten Sie diese Drucksache heute zurückziehen und für die nächste oder übernächste Plenarsitzung eine neue Vorlage an kündigen.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sie haben gar nichts kapiert!)

Sie müssen auch von dem Versuch Abstand nehmen, die Öf fentlichkeit glauben zu machen, dass es dauerhafte Haushalts konsolidierung ohne Erhöhung der Erbschaftsteuersätze, oh ne Wiedereinführung der Vermögensteuer und ohne höhere Spit zensteuersätze bei der Einkommensteuer nicht geben könne.

Sie müssen jetzt ganz einfach einmal Ihre Hausaufgaben ma chen; denn es ist und bleibt die Aufgabe der Landesregierung, ein in sich stimmiges Konsolidierungskonzept vorzulegen, das auf Grundlage einer umfassenden Aufgabenkritik, die hier völlig zu vermissen ist, eine Begrenzung der Personalausga ben ebenso enthält wie die Einsparung bei den Sachausgaben. Dem ist diese Regierung nicht einmal im Ansatz nachgekom men. Diese Aufgabe kann die Opposition auch nicht leisten. Dazu hat sie auch gar keinen Anlass; denn all das, was Ihnen von Union oder FDP/DVP vorgelegt wurde, haben Sie – sei es aus angeblicher Überzeugung oder unter irgendeinem Vor wand – immer abgelehnt.

Meine Damen und Herren, zu den Alternativen: Wenn es ge lingen würde, die Steigerungen der Personalausgaben niedri ger zu halten als im Finanzplan 2020 kalkuliert, könnten sich Spielräume ergeben. Wenn die Gesamtsteigerungsrate der Per sonalausgaben bei etwa 1,8 % per annum gehalten werden könnte, würden sich bei ansonsten gleichen Rahmenbedin gungen und beim Vollzug des Haushaltsbegleitgesetzes um knapp 1 Milliarde € niedrigere Personalausgaben bis 2020 er geben.

Eine weitere Alternative wären strukturelle Eingriffe im Be reich von Besoldung und Versorgung, die aber stets die rela tiv eng gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen beachten müss ten.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sind Sie auf einmal dafür?)

Nein. Ich sage Ihnen nur, welche Alternativen Sie haben. Aber diese Alternativen müssten Sie einmal aufzeigen, statt sich nur darum herumzudrücken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Im Übrigen haben Sie die Alternative, bei den Sachausgaben mehr einzusparen. Höhere Einsparungen sind hier prinzipiell möglich. Aber dazu wäre es eben einmal notwendig, zu einer

konsequenten und klaren Aufgabenkritik zu kommen. Auch darum drücken Sie sich herum. Sie drücken sich um alle kon kreten Schritte und konkreten Alternativen, die man aufzei gen könnte, um zur Haushaltskonsolidierung zu kommen. Konkret sind Sie immer nur dort, wo es um Ausgaben geht. Das Einzige, was Ihnen wirklich zur Konsolidierung einfällt, sind Steuererhöhungen.

Noch ein Wort zu Ihrer angeblichen Einsparung von 1 Milli arde €, Herr Finanzminister: Es ist schon ein eigenartiges Wol kenkuckucksheim, das Sie sich da gezimmert haben. Zum ei nen knöpfen Sie den Kommunen 340 Millionen € ab. Das will ich der Sache nach gar nicht kritisieren; wir hätten das auch getan. Aber wir wären niemals auf die Idee gekommen, es als Einsparung zu verkaufen.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Dasselbe gilt auch für die jährliche Abführung der Landes bank Baden-Württemberg. Es ist sicherlich sinnvoll und rich tig, diese Abführung als Teileigner in den Haushalt zu über führen. Aber das der Bevölkerung als Einsparung zu verkau fen grenzt an Volksverdummung.

Kommen Sie zu einer konkreten Sparpolitik in diesem Land, und täuschen Sie nicht die Öffentlichkeit mit einer angebli chen Einsparung von 1 Milliarde €, die nicht einmal auf dem Papier steht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Schmid das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer den Landeshaushalt in Ordnung bringen will, schafft das nicht mit großen Ankündigungen, mit markigen Worten, sondern nur mit vielen kleinen Schritten. Nur viele und vor allem konkre te Schritte bringen uns dem Ziel der schwarzen Null näher.

Der Weg dahin ist weit, steinig und schwer. Das wussten wir spätestens seit dem Kassensturz, den wir zu Beginn dieser Le gislaturperiode durchgeführt haben und der

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

die Erblasten der schwarz-gelben Regierung schonungslos zu tage gefördert hat.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Ein riesiger Schuldenberg, ein immenser Sanierungsstau, un gedeckte Pensionslasten in Milliardenhöhe und die jährliche strukturelle Lücke von rund 2,5 Milliarden €: Das war schwarzgelbe Haushaltspolitk. Diesem Irrweg

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)