Herr Minister, vielleicht lesen Sie auch einmal, was der Bund der Steuerzahler hierzu gesagt hat. Ich zitiere:
Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler handelt es sich bei dem geplanten Nationalpark Nordschwarzwald nicht um ein Projekt, welches in Zeiten eines kreditfinanzierten Landeshaushalts in Angriff genommen werden sollte.
Meine Damen und Herren, wir sagen Nein zu einem Natio nalpark, der weder in ökologischer noch in ökonomischer Hin sicht – das besagen die Gutachten – einen echten Mehrwert erwarten lässt. Wir sagen Nein zu übertriebenen Einschrän kungen durch einen Nationalpark, Nein zu zusätzlicher Büro kratie durch Aufseher und Ähnliches, Nein zum Verzicht auf
natürliche Ressourcen durch Stilllegung, Totholz und Borken käfer – die Energiewende lässt grüßen –, Nein zur Vernich tung von Volksvermögen
und vor allem Nein zu Wortbruch und – das ist der entschei dende Punkt auch für uns Liberale – zum Überhörtwerden der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
Wir sagen also vor allem deshalb Nein, Herr Ministerpräsi dent, weil die Bürgerinnen und Bürger vor Ort als unmittel bar Betroffene bei einer Beteiligung von über 50 % – man cher Bürgermeister wäre froh, er könnte auf eine solche Wahl beteiligung verweisen – sich mit bis zu 83 % eindeutig und klar gegen die Schaffung dieses künstlichen Nationalparks ausgesprochen haben.
(Abg. Beate Böhlen GRÜNE zeigt auf ein Flugblatt, das vor der Sitzung vor dem Kunstgebäude verteilt wurde. – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Bad Herren alb lässt grüßen!)
Diese forsa-Umfrage habe ich mir genau angeschaut. Solche Ergebnisse kann man immer bekommen. Je weniger man be troffen ist, umso leichter ist es, dass Sie solche Umfrageer gebnisse erhalten. Wenn Sie in Lörrach, in Waldshut oder in Weinheim fragen, werden Sie eine höhere Zustimmung erfah ren als unmittelbar vor Ort. Selbst in Kehl im Ortenaukreis schaut man eher nach Straßburg, als dass man sagt: „Das hört sich ganz gut an. Wir können ja einmal Ja sagen.“ Das ist für mich nicht entscheidend.
Entscheidend ist für mich, was der Bürger sagt. Wenn eine Umfrage unter 1 000 Bürgern irgendwo im Umkreis von 100 km um das Gebiet des geplanten Nationalparks mehr zählt als der Wille der Bürger vor Ort – 80 % der Bürger vor Ort sagen Nein zum Nationalpark –, dann haben Sie Demokratie meines Erachtens nicht verstanden.
Meine Damen und Herren, gleich tagt noch der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in öffentlicher Sit zung. Dort haben wir noch genügend Zeit, um das Thema im Detail zu besprechen. Deswegen werde ich keine Zwischen fragen zulassen.
Meine Damen und Herren, die Einrichtung der Nationalparks im Wattenmeer oder auf Rügen verlief anders. Da war etwas vorhanden, und man musste nichts künstlich schaffen. Das war völlig anders. Diese wurden auch nicht auf Pump einge richtet.
Am Anfang wurde mit den Betroffenen ein Dialog geführt, meine Damen und Herren. Ich erinnere mich an die Veranstal tung in Bad Wildbad, Herr Minister. Sie war einseitig pro Na tionalpark ausgerichtet. Nachher wurde breiter diskutiert; das war sehr positiv, das kann ich loben. Allerdings muss ich auch sagen: Dort, wo die Bürger besonders intensiv aufgeklärt wur den und wo intensiv diskutiert wurde, zeigen die Ergebnisse eindeutig, dass die Menschen gegen einen Nationalpark sind.
Herr Minister, insbesondere in Ihrer Heimatgemeinde ist das Ergebnis eindeutig. Dort, wo man versucht hat, die Bürger von einem Nationalpark zu überzeugen, haben 80 % einen Na tionalpark abgelehnt.
Da halfen auch keine Wanderungen, lieber Herr Ministerprä sident, mit dem Ergebnis: „Gehört werden heißt nicht erhört werden. Entschieden wird im Landtag.“ Auf gut Deutsch heißt das: Was schert mich die Meinung der Bürger vor Ort? Ideo logie vor Sachverstand. Das ist, glaube ich, nicht das, was man sich wünscht.
Meine Damen und Herren, Überhören und Durchpeitschen sind Stil und Mittel der grün-roten Landesregierung.
(Der Redner hält ein Bild von einem Wahlplakat der FDP mit Überschrift „Gehört werden? Überhört wer den!“ in die Höhe.)
Es sieht so aus: Gehört werden heißt überhört werden. Dieser Stil zeigt sich nicht nur bei dem hier diskutierten Punkt, son dern auch bei anderen. So machen Sie Politik, Herr Minister präsident und meine Herren Ressortminister – damit man das klar und deutlich erkennt.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Der Redner stellt das Bild vor sich am Red nerpult ab. – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das geht nicht! – Weitere Zurufe von der SPD: Abhängen! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und die anderen Wahl plakate? – Minister Reinhold Gall zu Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Und die anderen Wahlpla kate, die müssen Sie auch noch abhängen!)
Meine Damen und Herren, das Gutachten war von Anfang an darauf ausgelegt, dass nichts anderes als das bekannte Ergeb nis herauskommen konnte. Das wissen wir. Das war auch Ihr Wahlversprechen gegenüber den Verbänden.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen: Warum er kundigten Sie sich nicht, was es bedeuten könnte, mehr sorg same Forstwirtschaft zu betreiben und die Bannwälder zu er weitern? Diese haben wir ja bereits. Das könnte man z. B. mit einem Biosphärenpark oder einem Naturpark machen. Dafür hätte man die Menschen, glaube ich, erwärmen können.
Der jetzt geplante künstliche Nationalpark wird – davon bin ich überzeugt – zwar die Biodiversität verändern, aber diese
wird nicht artenreicher, sondern nur anders sein. Sie haben da zu auf einem Plakat Vögel dargestellt, die das Gebiet besie deln sollen. Diese Vögel leben dort aber schon alle. Ich war vor Ort und habe es mir angeschaut. Das ist also nichts Neu es. Hier werden Sie nichts dazugewinnen.
Die hochgerechneten Zahlen über den erwarteten Besuch von Touristen im Nationalpark sind eine Luftnummer. Für diese Zahlen fehlt jeglicher Nachweis. Auch das Problem im Zu sammenhang mit den Borkenkäfern ist meines Erachtens nicht richtig eingeschätzt. Man braucht sich aktuell nur im Bayeri schen Wald umzusehen, um das Problem richtig einzuschät zen.
Meine Damen und Herren, dass man einen Nationalpark auch anders angehen kann, hat die Bayerische Staatsregierung ge zeigt; Herr Seehofer wurde heute schon angesprochen. Man hatte dort vor, einen zusätzlichen Nationalpark im Steigerwald einzurichten. Man hat die Bürgerinnen und Bürger vor Ort da zu befragt. Diese haben ganz klar Nein dazu gesagt. Darauf hin hat das Kabinett beschlossen: „Wir werden den Bürger willen umsetzen und verzichten auf unser Vorhaben. Wir wer den andere Maßnahmen angehen.“
Das Thema „Gehört werden und überhört werden“ habe ich bereits angesprochen. An diesem Punkt muss man die Bürge rinnen und Bürger mitnehmen. Das tun Sie nicht. Das kann ich nicht akzeptieren.
Ich komme zu den Kosten: Sie, Herr Bonde, haben geäußert, Sie nähmen an, dass die Kosten für den Nationalpark 6 Mil lionen bis 7 Millionen € betragen würden. Das stellt aber wohl die Untergrenze dar. Ich glaube, wenn man in fünf oder acht Jahren die Kosten für den Nationalpark bilanziert, dann kann man feststellen, dass Sie sich auf dem besten Weg hin zu Zu ständen wie in Limburg befinden, Herr Minister.
Im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre lernt man den Be griff „Entgangener Nutzen“ kennen. Er wird überhaupt nicht berücksichtigt. Er bedeutet: Welche Einnahmen fallen z. B. dadurch weg, dass durch den Nationalpark weniger Holz ver kauft wird? Auch das ist ein Punkt.
Meine Damen und Herren, der Bürgerwille – wie gesagt – ist mir wichtig. Aber der vorgelegte Gesetzentwurf zur Errich tung des Nationalparks Schwarzwald hat noch viele Mängel; diese wurden schon angesprochen. Ich möchte hier einige nen nen:
Erstens: Ein verlässliches und besseres Borkenkäfermanage ment aus einer Hand mit klaren Zuständigkeiten und Haftung – hierbei müssen die Pufferstreifen in der Regel Bestandteil des Nationalparks sein; das ist mir wichtig – und ein mindes tens 1 000 m breiter Streifen als Puffer zwischen dem Natio nalpark und dem restlichen Wald sind erforderlich, um die Ei gentümer und die Angrenzenden zu schützen.
Zweitens: Auch die Entschädigung wegen Wertminderung der Gebiete der angrenzenden Waldbesitzer – auch wenn es nur 10 % oder 20 % wären –, die durch die Einrichtung des Nati onalparks erfolgt, muss ins Gesetz aufgenommen werden. Das muss klar geregelt werden, denn sonst handelt es sich um ei ne kalte Enteignung der Eigentümer.
Drittens: Ohne Anwendung der sogenannten Land- und Forst wirtschaftsklausel nach dem Bundesnaturschutzgesetz darf der vorliegende Gesetzentwurf nicht beschlossen werden.
Meine Damen und Herren, zum Schutz des Eigentums und für die Zukunft des Nordschwarzwalds ist es wichtig, die Inter essen derer, die das Kulturgut Wald tagtäglich bewirtschaften, einzubeziehen und klare Regelungen zu treffen.
Zum Abschluss möchte ich noch feststellen, dass wir immer gesagt haben: Wenn es eine vernünftige Regelung zur Einrich tung eines Nationalparks gibt, dann kann man darüber reden. Aber so, wie Sie dies angehen – mit diesen Fehlern, mit die sen falschen Ansätzen, mit der Art und Weise, wie Sie den Na tionalpark überstülpen –, können wir dem vorliegenden Ge setzentwurf und damit der Einrichtung eines Nationalparks nicht zustimmen.
Der CDU-Fraktion steht noch eine Redezeit von knapp zwei Minuten, der FDP/DVP-Fraktion noch von knapp zehn Sekunden zu. Die Vertreter der Frakti on GRÜNE und der Fraktion der SPD haben etwas länger ge sprochen, also könnte man noch eine Redezeit von einer hal ben Minute dazugeben.