Protokoll der Sitzung vom 23.10.2013

Die grün-roten Ansätze bleiben dagegen deutlich unter die sem Niveau. Das wird übrigens auch von der GEW und den Lehrerverbänden positiv anerkannt. Mit Blick auf die 11 600 Lehrerstellen bin ich in der Tat dem Finanzminister, dem Vor sitzenden der SPD hier im Land, sehr dankbar, dass er diese Zahl jetzt am Wochenende vom hohen Ross gestoßen hat, weil sie nämlich in der Diskussion in ihrer Wertigkeit schlichtweg

auch überhöht wurde. Sie war und ist eine Orientierungsgrö ße, beruhend auf den Grundlagen der Prognosen der demo grafischen Entwicklung, die übrigens auch vor dem Hinter grund der tatsächlichen Zahlen zunehmend mit einem Frage zeichen versehen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unbestritten ist, dass ein demografisch bedingter Schülerzah lenrückgang möglicherweise auch an mehreren Stellen weni ger Lehrerstellen zur Folge haben kann. Dennoch kann ich Ih nen und auch der Öffentlichkeit versichern, dass diese Lan desregierung, dass SPD und Grüne die Unterrichtsqualität jetzt schon nachhaltig gestärkt haben. Frau Kollegin Boser hat bereits auf den Ausbau der festen Krankheitsreserve hinge wiesen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Vor allem im Ergän zungsbereich!)

Herr Röhm, ich halte das für eine Unverschämtheit. Wir haben doch von Ihnen die Krankheitsreserve auf einem im bundes weiten Vergleich sehr niedrigen Niveau übernommen. Wir sind doch diejenigen, die da jetzt den Hebel positiv angesetzt haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Sie kürzen doch den Ergänzungs bereich und nicht wir!)

Sie ärgern sich nur, dass wir den Unterrichtsausfall in der be ruflichen Bildung mittlerweile auf ein historisch niedriges Ni veau gesenkt haben. Es muss für Sie wie eine Ohrfeige gewe sen sein: Ausgerechnet der nicht gerade als SPD-Vorfeldorga nisation bekannte Philologenverband lobt diese Landesregie rung dafür, dass es in Sachen Unterrichtsausfall an den Gym nasien deutlich besser geworden ist. Das ist das Ergebnis un ser Politik, nicht Ihrer.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Herr Röhm, ich komme gern mal bei Ihnen vorbei. Ich ken ne die Zahlen, wie Ihr Gymnasium versorgt ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das hat einen gu ten Schulleiter!)

In der Tat, wir haben weitere Reformen noch vor uns. Wir ha ben das Thema Ganztagsschule, wir haben das Thema Inklu sion. Wir werden vor diesem Hintergrund auch den jährlichen Bedarf an Lehrerstellen jeweils neu justieren müssen. Wir fah ren da auf Sicht, wo die CDU noch in Richtung Wand unter wegs war.

Ich würde mir übrigens auch seitens der CDU – gerade aktuell – Signale in Richtung Berlin wünschen. Denn Sie alle hier im Raum wissen, dass wir diese Reformmaßnahmen, die großen In vestitionen nur anpacken können – das gilt für alle Bundeslän der –,

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

wenn wir eine deutliche Unterstützung seitens des Bundes be kommen. Da, finde ich, ist die CDU aus Baden-Württemberg

erstaunlich leise. Das ist schon ein doppeltes Spiel, das Sie treiben:

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Schauen Sie ein mal in die Verfassung!)

hier nach mehr Mitteln rufen und gleichzeitig in Berlin in die Kuschelecke gehen und wegducken. Wir brauchen Ihre Un terstützung dort vor Ort, wenn wir schon mit Ihnen diese Ko alition eingehen sollen. Mehr Geld für die Bildung!

Ich appelliere deswegen an dieser Stelle an die CDU: Sprin gen Sie über Ihren Schatten. Führen Sie mit Blick auf den Schulfrieden Gespräche ohne Vorbedingungen. Nehmen Sie sich selbst in die Pflicht: erst die Bildung in unserem Land, dann die Partei. Die SPD ist auf Kurs: Bildung, Bildung, Bil dung.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Oje!)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Spüren Sie es auch?

(Zuruf von den Grünen: Nein!)

Der Schulfrieden ist in diesem Haus bei meinen drei Vorred nern mit Händen zu greifen.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU)

Liebe Kollegin Boser, Sie haben hier über die aktuelle Bil dungspolitik von Grün-Rot gesprochen und haben in Kombi nation mit dem Kollegen Dr. Fulst-Blei gesagt, wie toll das alles sei. Sie haben hier von blühenden Landschaften im Bil dungsbereich Baden-Württembergs gesprochen. Ich frage Sie: Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal in einem baden-würt tembergischen Lehrerzimmer?

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Sandra Boser GRÜNE: Letzte Woche! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Montag!)

Lesen Sie eigentlich noch die Verlautbarungen der Lehrerver bände Baden-Württembergs?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ja!)

Manche tun dies durchaus; die sagen dann, das seien Heulsu sen. Wenn Sie sich aber einmal ernsthaft damit auseinander setzen, dann können Sie doch nicht zu einer solchen Zustands beschreibung der baden-württembergischen Bildungspolitik nach zwei Jahren Grün-Rot kommen, wie Sie sie heute Mor gen hier vorzutragen versucht haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wenn die Bildungspolitik in Baden-Württemberg nach zwei Jahren Grün-Rot wirklich so fantastisch wäre, wie die Kolle gin Boser und der Kollege Dr. Fulst-Blei das gerade eben hier

beschrieben haben, dann frage ich mich: Warum musste ei gentlich schon nach zwei Jahren die komplette Amtsspitze des Kultusministeriums ausgetauscht werden? Das, was Sie hier heute Morgen beschrieben haben, passt doch nicht mit der Re alität zusammen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Zu diesen Ungereimtheiten passt auch das Verhalten des Fi nanzministers, der auf dem SPD-Landesparteitag gesagt hat – wir haben es schon gehört –, der Wegfall von 11 600 Lehrer stellen sei nicht in Stein gemeißelt. Warum tritt eigentlich aus gerechnet der Finanzminister für eine Abkehr von diesem Ko alitionsbeschluss ein?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist das Ab surde!)

Das wirkt wie aus der Rolle gefallen. Eigentlich müsste man doch unter normalen Umständen vermuten, dass gerade der Finanzminister einen solchen Sparbeschluss – auch wenn wir diesen in dieser Form für unsinnig halten – wie seinen Aug apfel und auch gegen Rücknahmeversuche verteidigt. Genau das Gegenteil macht aber diese Landesregierung, meine lie ben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielleicht lässt sich dieses Rätsel dadurch erklären, dass ganz allmählich auch die SPD erkannt hat, dass diese Rechnung nicht aufgehen kann.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Auf der einen Seite wollen Sie in den nächsten Jahren 11 600 Lehrerstellen streichen. Auf der anderen Seite wollen Sie den Menschen in Baden-Württemberg weismachen, man könnte gleichzeitig die Ganztagsschulen ausbauen, die Inklusionsan gebote erweitern, die Unterrichtsversorgung verbessern und dann auch noch die teuren Gemeinschaftsschulen einrichten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles zusammen kann man nicht haben. Das passt nicht zusammen, und das spüren auch immer mehr Menschen in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Auch die SPD-Basis!)

Die Grünen waren in diesem Zusammenhang etwas schlauer. Eigentlich haben die Grünen diese Zahl 11 600 erfunden. Ge nauer gesagt: Der Ministerpräsident hat diese Zahl erfunden. Er wollte sich als Sparkommissar darstellen und rechnete zu den 8 055 k.w.-Stellen rund 3 500 zusätzliche Lehrerstellen im Zusammenhang mit der Klassenteilersenkung hinzu. So ist er auf diese 11 600 Lehrerstellen gekommen.

Aber auf die Idee, als Allererstes den tatsächlichen Bedarf an Lehrerstellen zu berechnen, kam der Ministerpräsident gar nicht, oder es war ihm egal; denn für die Umsetzung dieser Sparbeschlüsse – 11 600 Lehrerstellen – ist der Koalitions partner verantwortlich. Dieser muss sich damit herumschla gen.

Dafür spricht auch, dass die Grünen auf ihrem Landesparteitag Ende 2012 eine solche Bedarfsberechnung sogar eingefordert haben und somit die grün-rote Koalitionsarbeitsteilung der

weißen Ritter auf dieser Seite und der schwarzen Ritter auf jener Seite wiederhergestellt war.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, die Schwarzen sitzen dort!)

Dafür spricht auch, dass die Koalition mit ihrer Mehrheit zwei Anträge der FDP/DVP-Fraktion zur Erhebung des Lehrerstel lenbedarfs, zur Sicherstellung des weiteren Ganztagsschul ausbaus, zur Schaffung von Inklusionsangeboten und zur Ver besserung der allgemeinen Unterrichtsversorgung abgelehnt hat. Bei der SPD hat man anfänglich noch gewisse Sympathi en für unseren Antrag gespürt. Die Grünen haben die SPD dann aber schließlich zurückgepfiffen; den Grünen ging der Flirt mit den Liberalen zu weit.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das hätten Sie gern!)