Klar ist aber auch: Auch bei diesem Modul bleibt das Ziel der Übergang in die betriebliche Ausbildung, auch noch kurzfris tig aus der Schule heraus. Die beruflichen Inhalte, die in die sem ersten Jahr unterrichtet werden, werden mit der Wirt schaft eng abgestimmt. Es soll nicht für irgendwelche Mode berufe ausgebildet werden. Die Inhalte müssen mit dem Aus bildungsbedarf der Wirtschaft abgestimmt sein.
Hier geht es also – zugegebenermaßen – um eine vollschuli sche Lösung, die aber deutlich stärker als in der Vergangen heit auf die betriebliche Ausbildung und auf den jederzeitigen Wechsel aus der Schule heraus in eine direkte betriebliche Ausbildung ausgerichtet wird. Es geht also um eine Auf fanglösung und nicht um ein Konkurrenzangebot zur dualen Ausbildung.
Schließlich soll das alles vor Ort mit allen Aktivitäten im Übergangsbereich besser abgestimmt werden. Das heißt, wir brauchen ein regionales Übergangsmanagement. Hier haben sich die Kommunen über den Städtetag bereit erklärt, koordi nierende Aufgaben zu übernehmen. Auch dafür will ich der kommunalen Seite ganz herzlich danken. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen.
Wir wollen diesen neuen Übergangsbereich zunächst einmal in regionalen Modellversuchen erproben, damit wir wissen, was funktioniert, wo es hakt, wo es knirscht. Dies soll zum neuen Schuljahr, also zum Schuljahr 2014/2015, starten. Dann ziehen wir Schlüsse daraus, wo es gut funktioniert. Was vor Ort an Erfahrungen gewonnen wird, kann dann in die Breite umgesetzt werden.
Sie sehen also, es ist uns mit der Neugestaltung des Über gangsbereichs, meine ich, ein großer Wurf gelungen, eine breite Basis für eine starke Ausrichtung auf die betriebliche Ausbildung, eine Basis, mit der sich alle Verantwortlichen am Ausbildungsmarkt identifizieren können, auch ein gelungenes Beispiel für die dialogorientierte Wirtschaftspolitik zu schaf fen. Damit besteht nun endlich die Chance, dass der oft un übersichtliche Übergangsbereich zu einem Übergangssystem wird. Ich freue mich, dass wir in dem Ausbildungsbündnis so viele Partner haben, die an einem Strang ziehen. Ich freue mich über die ermunternden Worte auch aus diesem Plenum und hoffe, dass wir gemeinsam für diese Jugendlichen gute Ergebnisse am Ausbildungsmarkt erzielen können.
(Im Plenarsaal ist ein Geräusch zu hören. – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: NSA! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Die sind dezenter!)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zur Abrundung der Diskussion zwei Ge danken aus Sicht eines Abgeordneten im Ausschuss für Finan zen und Wirtschaft vortragen
zur Abrundung der Diskussion aus SPD-Sicht –, die mir am Ende dieser Debatte als wirtschaftspolitische Herausforderun gen bedeutsam erscheinen. Deshalb möchte ich sie hier auch vorstellen.
Es kommt ein bisschen darauf an, dass wir das Thema mit Ver stand, aber auch mit dem Herzen angehen. Deshalb will ich im ersten Punkt das aufgreifen, was hier zur Auseinanderset zung zwischen akademischer und dualer Ausbildung ange tippt worden ist.
Kolleginnen und Kollegen, es ist klar, dass in der öffentlichen Wahrnehmung eine Schieflage entstanden ist, und es ist klar, dass diese Schieflage Ursachen hat. Ich glaube aber nicht, dass sie durch eine Deutung in irgendeinem Koalitionsvertrag ent standen ist, sondern sie hat eher damit zu tun – das muss man sagen –, dass wir über Jahre und Jahrzehnte hinweg eine po litisch unterfütterte gesellschaftliche Grundhaltung hatten, dass jemand, der mit einem Samsonite-Köfferchen in ein Fi nanzinstitut geht, bedeutsamer ist als derjenige, der im blau en Anton in eine Fabrik geht.
Das ist der Ausgangspunkt der Situation. Deswegen muss man das auch beim Namen nennen, und deswegen sage ich: Wich tig ist, dass wir in dieser gesamten Angelegenheit nicht über ein Entweder-oder, sondern über ein Sowohl-als-auch reden, dass wir vor allem aber auch darüber reden, dass die duale Ausbildung nicht nur gleich wichtig, sondern auch gleichwer tig ist, dass wir also diese Wertigkeit in unserer Gesellschaft ansprechen.
Weil das so ist, blättere ich einmal zurück und sage – man soll nicht zu viel in Nostalgie machen –: 12:30 Uhr sonntags mit tags, Abfahrt zum Auswärtsspiel – Turnhalle Salach –, da ist der Peter Hofelich mit seinem VW Käfer, 1 200 cm3, dage standen, und die Freunde von der dualen Ausbildung sind in der Regel mit einem Manta oder mit einem Capri gekommen, und die meisten sind bei denen mit dem Capri mitgefahren. Auch wenn es um das Fußballspielen ging, waren die Lehr linge stärker als die Oberschüler. Ich weiß, dass die Rollen im Leben dann anders sein werden, aber es war eine Situation, bei der klar war: Man respektiert sich gegenseitig. Es gibt Si tuationen, dass man sagt – –
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Peter, wie ist das heu te mit deinem Auto? Steigen da welche ein? – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Aber Tatsache ist auf jeden Fall, dass es gegenseitigen Res pekt gegeben hat. Darauf kommt es an, Kolleginnen und Kol legen.
Deswegen – zum Thema Gemeinschaftsschule, dass jemand das überhaupt noch hochzieht –: Das Handwerk unterstützt die Gemeinschaftsschule.
Klar ist, dass die Gemeinschaftsschule eine neue Grundlage dafür schafft, dass die Ausbildungsberufe im dualen Bereich sinnvoll genutzt werden können.
Dann noch eine klare Ansage zu dem, was auch zur Wertig keit gehört. Ich sage an dieser Stelle – ich glaube, das können wir alle als Ansage in Richtung Brüssel formulieren –: Bei uns bilden Meisterinnen und Meister aus, und deswegen wollen wir auch, dass der Meisterzwang bei unseren Ausbildungen beibehalten wird.
Zweiter Gedanke in aller Kürze: Wir brauchen am Produkti onsstandort Baden-Württemberg Berufe, die diesen Produk
tionsstandort in Zeiten des demografischen Wandels auch in der Zukunft ausfüllen können. Ich war gestern auf der „Blech expo“ auf dem Gelände der neuen Messe. Da wird genietet, da wird gestanzt, da wird geschnitten, da wird gebogen, da wird alles gemacht. Dort laufen die Leute staunend und neu gierig durch die Ausstellungsstände. Dort sieht man die Sub stanz, mit der die Industrie und das Handwerk unser Land Ba den-Württemberg voranbringen und mit Qualifizierung nach vorn bringen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen – Zurufe der Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch und Karl Zimmermann CDU)
Weil das so ist, sagen wir: Die duale Ausbildung ist für uns im Kern die Absicherung der Identität unseres Landes. Dar auf kommt es ganz wesentlich an.
Deswegen sagen wir: Wir wollen, dass diese duale Ausbil dung von uns mit allen Möglichkeiten, die wir haben, unter stützt wird, insbesondere auch in einer guten Kooperation von Schule und Beruf, damit jeder die Zugänge kennt.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Erfahrungsgemäß beginnen jedes Jahr etwa 20 000 Jugendliche eine Ausbildung. Dieses Jahr war es anders. Es gab deutlich weniger Auszubildende.
Herr Lehmann, entgegen Ihrer Aussage, dass es nicht genug Ausbildungsplätze gegeben habe, sage ich, dass es genau an dersherum war. 5 000 Ausbildungsplätze konnten eben nicht besetzt werden.
Meine Fraktion und ich begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass Sie die Handlungsempfehlungen der Enquetekommissi on „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ endlich ernsthaft und kon kret aufgreifen.
Eine der Handlungsempfehlungen ist die Forderung nach der Dualisierung der Berufsvorbereitung. Das heißt, der Praxis teil der Ausbildung erfolgt in Betrieben. Gerade darin liegt auch der Erfolg.
Deshalb wundert mich doch ein wenig die Aussage von Mi nister Schmid in dieser Woche in der „Stuttgarter Zeitung“, mit der er sich in der Richtung äußert, dass der Praxisteil der dualen Berufsvorbereitung auch betriebsfern stattfinden kön ne. Davor möchte ich wirklich eindringlich warnen.
Denn der Erfolg unseres Ausbildungssystems liegt gerade in der betrieblichen Ausbildung und gibt jungen Menschen die Chance, durch neue Motivation auch einen Ausbildungsplatz zu erhalten oder eine Ausbildung abzuschließen.
Im Eckpunktepapier, das Sie auch schon angesprochen haben – es wurde diese Woche vorgestellt; das ist bereits erwähnt worden –, steht, dass der Praxisteil in den Betrieben stattfin den soll. Der Minister äußert sich anders, sodass man schon einmal fragen muss: Was gilt jetzt eigentlich?