Wir von der CDU-Fraktion fragen uns dabei schlicht: Warum will der Kultusminister, warum will die Regierung diese leis tungsstarken Realschulen in Zukunft nicht mehr haben? Was stört sie an der Arbeit der dort eingesetzten Lehrerinnen und Lehrer? Denn obwohl der Minister die erfolgreiche Arbeit der Realschulen offenbar kennt und in der Stellungnahme zu un serem Antrag, der Ihnen vorliegt, sowie in den Antworten zu sämtlichen weiteren parlamentarischen Anfragen die Wich tigkeit der Realschulen für die Wirtschaft betont,
sollten diese doch unwiderruflich mit den Haupt- und Werkre alschulen zu Gemeinschaftsschulen verschmolzen werden.
Die grün-rote Landesregierung, allen voran der Kultusminis ter, loben also die Arbeit der Realschulen in der Beantwortung unserer Initiative über den grünen Klee, verweigern ihnen aber die Garantie für den Fortbestand. Dass dieser Widerspruch zu weiterer Unsicherheit und Ungewissheit bei allen Beteiligten führt, liegt klar auf der Hand. In der Stellungnahme zu dem diesem Tagesordnungspunkt zugrunde liegenden Antrag heißt es – ich zitiere –, die Realschule vermittle „eine erweiterte all gemeine Bildung, die sich an lebensnahen Sachverhalten ori entiert“ und sei „eine Schulart mit großer Akzeptanz bei Schü lern, Eltern und Abnehmern“. Auch darüber hinaus äußert sich die Landesregierung nur positiv über die Arbeit an diesen Schulen in Baden-Württemberg.
Vor diesem Hintergrund stellen wir ein paar wichtige Fragen: Weshalb gibt es von der Landesregierung trotz des großen Lo
bes kein klares Bekenntnis zur Realschule? Warum gibt sie der Realschule keine Bestandsgarantie als eigenständige Schulart mit ihrem eigenständigen pädagogischen Profil? Wo bleibt die Realschule im von der Regierung angestrebten Zweisäulenmodell? Weshalb wird die Realschule wie keine andere Schulart im Land hinsichtlich der Ressourcenvertei lung derart benachteiligt?
Die Regierung verweigert noch immer ein klares Bekenntnis zur Realschule. Sie macht keine klaren Aussagen dazu, ob es in Zukunft noch eine eigenständige Realschule in BadenWürttemberg geben wird, und lässt so die Lehrkräfte, die Schüler, die Eltern und natürlich die Schulträger im Regen stehen.
Dann schlagen Sie aber auch vor, dass sich diese Schulart im Land aufgrund der veränderten Anforderungen weiterentwi ckeln müsste. Das ist ein Widerspruch, meine Damen und Her ren. Wohin sollen sich die Realschulen denn weiterentwi ckeln? Ich sage es Ihnen: zur Gemeinschaftsschule. Das ist das Ziel. Zur Gemeinschaftsschule sollen sie sich weiterent wickeln. Das ist ganz klar erkennbar.
Auch die vom Kultusminister so gern angeführten zusätzli chen 200 Deputate für die Realschule haben angesichts der um rund 4 % gestiegenen Übergangsquote sowie der damit verbundenen erhöhten Heterogenität der Schülerschaft in der Klassenstufe 5 keine Entlastung gebracht. Besonders drama tisch ist dabei, dass sich der Leistungsstand der fünften Klas sen gegenüber den Vorjahren deutlich verschlechtert hat. Die Ursachen sind die für die Realschule unvorbereitet angestie gene Heterogenität sowie einiges andere mehr. Den Realschu len wird keine Information über die Grundschulempfehlung mehr gegeben, weshalb sie mit dieser passgenauen Förderung erst zu einem Zeitpunkt ansetzen können, zu dem es für die Kinder oft bereits zu spät ist.
So ist die Zahl der Sitzenbleiber in der Klassenstufe 5 der Re alschule im Vergleich zu den Vorjahren massiv angestiegen. Unserem Land winkt in der Statistik der Sitzenbleiber bereits die rote Laterne. Wir fordern deshalb den Kultusminister und die grün-rote Regierung auf, den Realschulen hier und heute die entsprechende Unterstützung zuzusagen, beispielsweise auch in Form von zusätzlichen Förderstunden. Sicherlich ist es auch der Frau Staatssekretärin möglich, Zusagen zu ma chen.
Auch bei der Zuteilung von Stunden erleben wir eine klare Benachteiligung der Realschulen gegenüber den Gemein schaftsschulen. So sollen im Entwurf der Kontingentstunden tafel für die Klassen 5 bis 10 für die Realschulen deutlich we niger Unterrichtsstunden enthalten sein als für die Gemein schaftsschulen. Besonders der Anteil an den Poolstunden bei der Realschule steht in keinem Verhältnis zur umfangreichen Ausstattung der Gemeinschaftsschule. Das wissen wir, das wissen Sie alle.
Ein ähnliches Missverhältnis gibt es auch bei der Verteilung der Ressourcen. Die Zuteilungen beim Sachkostenbeitrag fal len für die Gemeinschaftsschulen sehr üppig aus, für die Re alschulen bleibt dann nur noch die Hälfte übrig.
Ich muss leider feststellen: Die Zukunft der allseits anerkann ten Realschulen ist also alles andere als rosig. In unserem An trag fordern wir die Landesregierung deshalb auf, den Fort bestand der Realschule als eigenständige Schulart mit eigen ständigem Bildungsplan in der baden-württembergischen Schullandschaft zu garantieren. Diese Bestandsgarantie ha ben wir bisher leider nicht erhalten.
Bisher gab der Minister nur an, mit Verbänden, mit Schulträ gern im Gespräch über die Zukunft der Realschule zu stehen. Heute, sieben Monate nach der Erarbeitung der Stellungnah me zu unserem Antrag, erwarten wir von Ihnen mehr als nur den lapidaren Verweis auf einen Dialog mit Verbänden und mit Schulträgern.
Die Landesregierung muss schleunigst die eklatante Benach teiligung der Realschule korrigieren und endlich ein klares Bekenntnis zu einer auch in Zukunft eigenständigen Realschu le in Baden-Württemberg abgeben.
An dieser Stelle möchte ich nochmals an die am 6. März von den Lehrerverbänden an den Kultusminister übergebenen knapp 10 000 Unterschriften zum Erhalt der Realschule erin nern. Die Realschule steht – ich sage es nochmals wie ein gangs – in der Mitte unserer Gesellschaft und bietet mit ihrer pädagogischen Arbeit und dem Abschluss der mittleren Rei fe das Ticket in ein erfolgreiches Berufsleben.
Baden-Württemberg braucht auch in Zukunft die hohe Qua lität und die Leistungsstärke der Realschulen. Eine Schulent wicklung, die bewusst eine hervorragend arbeitende Schulart zugunsten der Gemeinschaftsschule preisgibt und die Real schule in ihrer Existenz gefährdet, geht völlig an der Realität vorbei und hat mit einer verantwortungsvollen Schulpolitik nichts mehr zu tun.
Deshalb bitte ich Sie sehr herzlich, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Stimmen Sie unserem Antrag, dem Antrag der Fraktion der CDU, für den Fortbestand und den Erhalt einer eigenständigen Realschule zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Realschulen in Baden-Würt temberg bieten ein sehr gutes Angebot in der jetzigen Schul struktur. Dass die Schulstruktur in Baden-Württemberg aber bereits heute nicht mehr in allen Regionen und an allen Schul standorten aufrechterhalten werden kann, sieht man bereits, und deshalb brauchen wir auch in Zukunft Veränderungen, da
mit wir auch weiterhin ein flächendeckendes Angebot aller Bildungsabschlüsse aufrechterhalten können.
Die Realschulen in Baden-Württemberg bieten den Weg zum mittleren Bildungsabschluss, und zwar zu einem reinen mitt leren Bildungsabschluss. Dazu gehört, wie vom Kollegen Traub schon angesprochen, der Anspruch, dass ein hoher Re alitätsbezug gewährleistet wird. Zu dieser Realität gehört aber auch, dass die Heterogenität an den Realschulen in BadenWürttemberg bereits in den vergangenen Jahren hoch war – auch schon vor Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschul empfehlung –, aber nunmehr noch weiter angestiegen ist. Die Heterogenität an den Realschulen stellt sich folgendermaßen dar: 60 % der Schülerinnen und Schüler hatten eine Realschul empfehlung, 17 % eine Gymnasialempfehlung, 23 % eine Hauptschulempfehlung.
Dem Umstand, dass sich das Wahlverhalten in den vergange nen Jahren verändert hat – und zwar bereits vor dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung –, haben wir, die grün-rote Landesregierung, bereits Rechnung getragen. Ich möchte Ihre Frage zurückgeben und Sie fragen: Warum haben denn Sie damals die Ressourcen der Realschulen nicht im Auge behalten, wenn sie bei Ihnen einen so hohen Stellen wert haben?
Wir haben anderthalb Poolstunden an den Realschulen erst malig eingeführt, wir haben die Kompetenzanalyse Profil AC bei den Realschulen eingeführt, die es bisher nur bei den Haupt- und Werkrealschulen gab, um den Lehrerinnen und Lehrern ein Werkzeug an die Hand zu geben, damit sie die Schülerinnen und Schüler in der achten Klasse nochmals da raufhin prüfen können, was ihre Stärken sind, wo die Heraus forderungen liegen und wie man sie besser fördern kann.
Die Realschulen sehen aber selbst, dass sie mit ihrem Kon zept allmählich an ihre Grenzen kommen. Nicht zuletzt des halb hat z. B. die Realschulrektorenvereinigung gefordert, dass an den Realschulen künftig auch der Hauptschulab schluss angeboten wird. Aber wie, meine sehr geehrten Da men und Herren, sollen die Schülerinnen und Schüler von Klasse 5 bis Klasse 8 gefördert werden, wenn sie klar auf den Hauptschulabschluss hinarbeiten, die Realschule jedoch nur den Bildungsplan für die Realschule anbietet? Hier brauchen wir ehrliche Antworten statt einer Bestandsgarantie für die Realschulen. Wir müssen schauen: Wie können wir die Real schulen auf ihrem Weg so unterstützen, dass sie allen Schüle rinnen und Schülern gerecht werden können?
Im Zuge der regionalen Schulentwicklungsplanung wird sich diese Frage auch zukünftig stellen. Wie gehen wir denn damit um, wenn Sie z. B. nur eine Bestandsgarantie für die Real schulen fordern, aber nicht für die Hauptschulen? Wo soll am
Ende dann ein Hauptschulabschluss angeboten werden? Wenn Sie die Frage einer Bestandsgarantie für die Realschule auf werfen, dann bitte auch verbunden mit einer Bestandsgaran tie für den Hauptschulabschluss und einer Bestandsgarantie für die Hauptschulen. Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, greift zu kurz. Das nutzt weder den Schülerinnen und Schü lern noch den Schulträgern vor Ort.
Wenn Gemeinden wie beispielsweise Dornhan oder Loßburg sich entscheiden, die Haupt- und Werkrealschule im Ort zu schließen und die Realschule zukünftig als Gemeinschafts schule zu führen, dann sollte man diesen Gemeinden die Ent scheidung freistellen. Man sollte nicht mit einer Bestandsga rantie die Entwicklung vor Ort begrenzen.
Daher können wir heute keine Bestandsgarantie für die Real schulen aussprechen. Vielmehr müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir es schaffen können, dass auch zukünf tig alle Bildungsabschlüsse in der Fläche angeboten werden.
Herr Röhm, keiner einzigen Vorlage ist zu entnehmen, dass wir das Ende der Realschulen beschlossen haben.
Wir haben auch kein Ende der Hauptschulen beschlossen. Vielmehr wollen wir eine Weiterentwicklung der Schulland schaft, sodass wir letztlich alle Bildungsabschlüsse flächen deckend anbieten können.
Nun zur Durchlässigkeit, die Sie in Ihrem Antrag auch ange sprochen haben. Laut Beschlussteil Ihres Antrags sollen wir auf einen einheitlichen Bildungsplan verzichten. Durch die vertikale Ausrichtung der Bildungsplanreform ist gewährleis tet, dass man über alle Niveaustufen hinweg ansetzen kann. Das ist ein Werkzeug neben dem Realschulbildungsplan, das es ermöglicht, Schüler mit Gymnasialempfehlung zu fördern, die es ja schon immer an der Realschule gab, oder auch Schü ler, die einen Hauptschulabschluss anstreben, also auf einem niedrigeren Niveau. So ist ein Angebot vorhanden, mit dem auf einen Hauptschulabschluss hingearbeitet werden kann.
Daher halten wir es für eine richtige Entscheidung, dass der Bildungsplan für die weiterführenden Schulen eine vertikale Durchlässigkeit bietet, damit ein besserer Übergang auf die anderen Schularten gewährleistet wird. Dies gilt beispielswei se für den Beginn der zweiten Fremdsprache ab Klasse 6 und für die Aufhebung der Fächerverbünde.