Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

(Abg. Walter Heiler SPD: Dann bekommt es sie ja!)

Warum wollen Sie etwas ändern, was gut funktioniert? Herr Heiler, Sie hatten vorhin selbst gesagt, § 102 der Gemeinde ordnung habe sich bewährt. Warum sollte man da also Hand anlegen?

(Abg. Walter Heiler SPD: So habe ich es nicht ge sagt! Ich habe das etwas differenzierter dargelegt! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So hat er es nicht gesagt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist völlig unstrit tig, dass den Stadtwerken eine wichtige Rolle zuteilwird. Aber da hat eben jeder seine Aufgabe.

Mich erfüllt mit Sorge, wenn in der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag die Landesregierung zwar recht verklau suliert die Linie zeichnet, dass es hier nicht unbedingt einer Änderung bedürfe, aber zu Ziffer 7 des Antrags ausführt:

Vorschläge zur Änderung des § 102 GemO wurden be reits an das Innenministerium Baden-Württemberg her angetragen. Die Prüfung der Vorschläge ist derzeit noch nicht abgeschlossen.

Das macht mir Sorge. Deshalb fordere ich Sie auf: Lassen Sie ab von einer Änderung der Gemeindeordnung, insbesondere des § 102. Schaffen Sie keinen unfairen Wettbewerb zwischen kommunalen Unternehmen oder Zweckverbänden einerseits sowie privaten Unternehmen und Handwerksbetrieben ande rerseits. Denn es besteht ein Unterschied hinsichtlich der Mehrwertsteuer. Während private Unternehmen mehrwert steuerpflichtig sind, sind Zweckverbände oder kommunale Ei genbetriebe dies nicht.

(Abg. Walter Heiler SPD: Aber GmbHs! – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE meldet sich. – Glocke der Präsidentin)

Am Schluss lasse ich die Frage von Herrn Schwarz zu.

Okay.

Sie haben natürlich völlig recht: Auch eine GmbH ist mehrwertsteuerpflichtig. Aber ein kommunaler Eigenbetrieb oder ein Zweckverband ist dies eben nicht. Das heißt, dadurch würde man einen unfairen Wettbewerb schaffen.

Ich möchte am Schluss noch geschwind eine Anmerkung zur Novelle des Wassergesetzes machen. Ich möchte nicht vor greifen, aber darauf hinweisen, dass hier das Problem besteht, dass Sie für die Zukunft eine Prüfung der Dichtigkeit der pri vaten Kanalisation fordern, wobei offensichtlich den Kom munen die Möglichkeit eingeräumt werden soll, diese Dich tigkeitsprüfung vorzunehmen. Auch hier sehe ich das große Problem, dass dies ein Verstoß gegen § 102 der Gemeinde ordnung sein könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zum Schluss kommen. Ich möchte kein kritisches Bild vom Staat malen. Aber warum soll es im Zweifelsfall eine staatliche Auf gabe sein, zukünftig die Glühbirne am Laternenmast auszu tauschen? Lassen Sie es nicht zur Konkurrenz zwischen Stadt werk und Handwerk kommen. Beide haben ihre Daseinsbe rechtigung, jedes am entsprechenden Ort.

(Beifall bei der FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Jetzt kommt die Frage des Kollegen Schwarz.

Herr Kollege Glück, ich möchte auch Ihnen eine Frage stellen. Der Kollege Raufelder hat die dezentrale Energieversorgung angesprochen; Herr Kol lege Klein und Herr Kollege Heiler haben seine Aussagen be stätigt. Sind Sie denn mit uns der Überzeugung, dass es not wendig ist, den Rechtsrahmen so zu gestalten, dass die Kom munen bzw. Stadtwerke Planungssicherheit haben, wenn sie überlokal bzw. überregional tätig sind?

Herr Schwarz, ich habe Ih nen gerade schon gesagt, dass es bereits jetzt möglich ist, dass sich kommunale Unternehmen bzw. Zweckverbände auch überregional engagieren. Aus diesem Grund sehe ich hier erst einmal keinen Handlungsbedarf.

Ich möchte noch einmal betonen: Wenn Sie § 102 der Gemein deordnung angehen, dann führt dies auch zu einem Effekt in ganz anderen Bereichen. Dann führt dies z. B. dazu, dass im Zweifelsfall ein Stadtwerk die Leuchtmittel an Straßenlater nen auswechselt und diese Aufgabe nicht mehr von einem pri vaten Betrieb wahrgenommen wird. Genau diese Konkurrenz zwischen einem kommunalen Eigenbetrieb bzw. Stadtwerk und dem Handwerk möchte ich nicht. Deswegen wäre dies der falsche Weg.

(Beifall des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Untersteller das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen Abgeordnete! Verehrter Herr Kollege Klein, es handelt sich nicht allein um eine Stellungnahme des Umweltministe riums. Wenn Sie hineinschauen, so sehen Sie, dass diese Stel lungnahme des Umweltministeriums mit dem Innenministe rium abgestimmt ist.

Herr Kollege Glück, es geht, glaube ich, weniger um das Aus tauschen von Glühbirnen an Laternenpfählen, sondern es geht um andere Fragen. Um welche Fragen geht es? Für die Lan desregierung sind kommunale Unternehmen wichtige Akteu re, insbesondere mit Blick auf die Energiewende. Aber auch im Bereich der Wasserversorgung sind, wenn wir genauer hin schauen, die Stadtwerke zentrale Ansprechpartner. Als kleine und mittlere Versorgungsunternehmen können sie aufgrund ihrer Verbrauchsnähe optimal auf die Bedürfnisse und Wün sche ihrer Kunden vor Ort eingehen und schnell, aber auch flexibel auf Veränderungen reagieren. Sie können so regiona le Besonderheiten berücksichtigen und dann auch entspre chend zugeschnittene Angebote entwickeln. Gerade mit Blick auf die zunehmende Dezentralisierung und auf die Regiona lisierung der Strom- und auch der Wärmeerzeugung, aber auch im Hinblick auf das Feld der Energieeffizienz, insbesondere auf die Beratung vor Ort, bieten sich vermehrt Ansatzpunkte für eine Betätigung kommunaler Unternehmen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In der Vergangenheit haben sich im Bereich der Wasserver sorgung Kooperationen z. B. in Form von Wasser- und Ab wasserzweckverbänden entwickelt. Vorhin wurde bereits da rauf hingewiesen, dass sich diese durchaus bewährt haben. Ähnliche Kooperationen werden künftig verstärkt auch im Be reich der Strom-, der Wärme- und der Gasversorgung nach gefragt werden.

Mit Blick auf den Wettbewerb sämtlicher Unternehmen nach der 1998 begonnenen Liberalisierung der Märkte müssen auch für kommunale unternehmerische Initiativen erweiterte Mög lichkeiten der Betätigung am Markt zur Verfügung stehen. Das heißt, auch kommunale Unternehmen sollten sich möglichst frei für Kooperationen entscheiden und die Strukturen der Zu sammenarbeit dann auch organisieren können. Dafür muss den Kommunen ein entsprechendes Instrumentarium an die Hand gegeben werden. Ich hatte den Eindruck, Herr Klein, dass Sie das nicht viel anders sehen. Es freut mich übrigens, dass es in dieser Frage – sehen wir einmal von der FDP/DVP ab – eine große grundsätzliche Gemeinsamkeit zwischen drei Fraktionen dieses Hauses gibt.

Die Gemeindeordnung sieht hier in ihrer heutigen Form Gren zen vor, die durchaus hinterfragt werden können, insbesonde re mit Blick auf das wachsende und von der Landesregierung sehr begrüßte Engagement der Kommunen auf dem Energie sektor. Das für eine Änderung der Gemeindeordnung feder führende Innenministerium hat sich deshalb mit diesen Fra gen befasst und geprüft, wie die bisher vorhandenen und be währten Formen der kommunalen Zusammenarbeit fortent wickelt werden können.

Die Regelung des bereits erwähnten § 102 der Gemeindeord nung ist selbstverständlich Gegenstand dieser Überlegungen, aber auch andere Punkte spielen hierbei eine Rolle. Zu den ken ist beispielsweise an eine Erweiterung der kommunalen Unternehmensformen. Neben den Eigenbetrieben und den Un ternehmen in Privatrechtsform könnte als weitere Möglich keit – Herr Kollege Heiler hat vorhin bereits darauf hingewie sen – die Unternehmensform der selbstständigen Kommunal anstalt treten. Auch das Spektrum der Aufgabenwahrnehmung durch Zweckverbände könnte erweitert werden, z. B. mit Blick auf die Durchführung der Aufgaben ihrer Mitglieder, im

Gegensatz zur bisherigen Regelung, wonach nur die Wahr nehmung eigener Aufgaben vorgesehen ist. Überlegenswert wäre zudem die Einführung gemeinsamer Dienststellen, um kommunale Aufgaben gemeinsam wahrnehmen zu können.

Klar ist: Die Gemeindeordnung muss offen sein für eine mo derne, für eine marktorientierte Unternehmenskultur. Nur so können die kommunalen Unternehmen auch in Zukunft am Markt bestehen.

Das Innenministerium hat sich dieser berechtigten Anliegen der Kommunen im Land angenommen und ist mit der regie rungsinternen Abstimmung auf einem guten Weg. Ich bin zu versichtlich, dass wir seitens der Landesregierung eine aus gewogene und angemessene Lösung finden werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/3255 (geänderte Fassung). Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Kultus, Jugend und Sport – Kommt eine Bestandsgarantie für die Realschule? – Drucksache 15/3231 (geänderte Fassung)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Röhm – nein, Herrn Abg. Traub.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie Sie wünschen, Frau Präsidentin!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie uns allen bekannt, arbeitet die Landesregierung intensiv daran, unser bisher äußerst er folgreiches Schulsystem umzubauen und massiv zu verändern. Dabei macht sie unnötig viele Baustellen auf. Auf viele gro ße Worte folgen dann allerdings nur unausgegorene und auch überhastete Maßnahmen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Ich selbst, lieber Herr Fraktionsvorsitzender, weil das wich tig ist.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Und er hat recht! – Zu ruf: Es war ja nicht böse gemeint!)

War es nicht so gemeint? Davon gehe ich auch aus. – Für sämtliche Beteiligten, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Schü ler und Schulträger, ist dies enorm wichtig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD verlässt den Plenarsaal. – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt geht er! Er hat genug! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Nach einer solchen Watsche würde ich auch gehen!)

Schade, dass Sie jetzt gehen, lieber Herr Schmiedel.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Das Thema Schule allgemein löst derzeit eine große Unsicher heit aus. Besonders bekommen dies unsere hervorragend ar beitenden Realschulen im Land zu spüren. Die Realschule er freut sich mit ihrem aktiven Bildungsangebot einer großen Nachfrage und einer großen Beliebtheit in der Mitte unserer Gesellschaft, und sie darf den von Ihnen verursachten poli tisch-ideologischen Veränderungen an unserer Schulland schaft und der zusätzlich eingeführten Gemeinschaftsschule nicht zum Opfer fallen.

Die Realschulen in Baden-Württemberg leisten angesichts ei ner zunehmend heterogenen Schülerschaft eine hervorragen de pädagogische und organisatorische Arbeit. Die Schülerin nen und Schüler werden dort in besonderer Weise realitätsbe zogen gefördert, gefordert und gebildet. Dabei stehen perso nelle Kompetenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz so wie Fachlichkeit im Fokus und bilden die Grundlage für den Erfolg im Beruf und im privaten Leben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist das Entscheidende! Jawohl!)