Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Mir ist das nicht klar geworden. Wenn ich mehr Politikfer ne im SWR möchte, als der Rundfunkstaatsvertrag vorsieht, dann muss ich auch entsprechende Vorschläge einbringen. Solche Vorschläge haben Sie vorhin nicht eingebracht.

Zum Redaktionsstatut: Sie sagen, der SWR-Rundfunkrat wer de mit den neuen Regelungen in seiner Arbeit eingeschränkt. Das sehe ich anders. Seien wir doch einmal ehrlich: Im SWRRundfunkrat können wir Berichte und Filme betrachten, die bereits gesendet worden sind. Ob sich das tatsächlich auf das weitere Programm auswirkt, werden wir sehen. Aber beim Re daktionsstatut geht es tatsächlich darum, wie wir in Zukunft auch einen kritischen Journalismus schützen und eine Mitbe stimmung auch der Redaktionsmitglieder ermöglichen. Das ist das Ziel des Redaktionsstatuts und nicht eine Eingrenzung des Rundfunkrats.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich habe großes Verständnis, dass bei einer Debatte über den SWR-Staatsvertrag eine Grundsatzdebatte zum SWR geführt wird. Nicht anders kann ich es interpretieren, Herr Kollege Rau, dass Sie bei dieser Debatte auf das Radio-Sinfonieor chester zu sprechen kommen. Deshalb seien mir auch dazu ein paar Sätze erlaubt. Mich würde angesichts dessen, dass der Verwaltungsrat in der vergangenen Woche einstimmig be schlossen hat,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Freitag! Einstimmig!)

dass alles so bleibt, wie es ist, und dass die Berechnungen, die Sie hier dargelegt haben, nicht halten und es nicht fundiert ist,

was Sie gerade am Pult an Argumenten zur Finanzierung vor getragen haben, interessieren, ob Sie oder Ihre Mitglieder im Verwaltungsrat richtig liegen bzw. ob Sie oder Ihre Mitglie der im Verwaltungsrat falsch liegen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rau?

Bitte, gern.

Herr Kollege Binder, haben Sie wirklich zugehört? Ich habe nicht die Gremien des SWR kri tisiert, sondern ich habe die Landesregierung dafür kritisiert, dass sie beim Thema „Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg“ völlig auf Tauchstation geht und das auf einmal mit Politikferne begründet, obwohl es für eine Landesregierung viele gute Gründe gäbe, sich diesem Thema und den Bürgern, die sich darum kümmern, zu stellen. Das war der Ansatz, nicht die Kritik an den Gremien des SWR.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Landeshaushalt!)

Herr Kollege Rau, erstens ist es das SWR-Sinfonieorchester, wie der Name schon sagt.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE zur CDU: Dann sollten Sie einen Antrag stellen!)

Wenn Sie zweitens meinen, es sei eine Aufgabe des Landes, dies nicht nur mit Worten zu begrüßen, sondern sich vielleicht sogar mit eigenem Geld zu engagieren, erwarte ich einen An trag der CDU-Fraktion in diese Richtung. Dann wäre Ihre Ar gumentation schlüssig und ehrlich, Herr Kollege Rau.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben in der ersten Lesung bereits die wirklichen Vortei le besprochen. Bisher diskutieren wir hauptsächlich – so war es auch in den Ausschussberatungen – die Zusammensetzung des Rundfunkrats des SWR. Ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass weder die Migrantenvertretungen noch die Landfrauenverbände, noch die Europa-Union Vorfeldorgani sationen von Grün-Rot sind. Mir hat auch noch niemand vor gerechnet, dass es durch diese Änderung des Staatsvertrags plötzlich eine Mehrheit von Grün-Rot im Rundfunkrat geben würde. Das Gegenteil ist der Fall.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Kollege Zimmermann, Sie können das einmal nach rechnen. Ich bin auf jeden Fall darauf gekommen, dass das nicht der Fall ist.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Ja!)

Das Thema Freundeskreise wird vom Bundesverfassungsge richt intensiv diskutiert. Man darf gespannt sein, wie das Bun desverfassungsgericht dazu urteilt. Aber das ist nicht Gegen stand dieses Staatsvertrags, sondern das müssen die Mitglie der der Gremien entscheiden. Ich bin gespannt, ob Kollege Goll, der nach mir sprechen wird, uns sagt, warum wir auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hätten warten sollen, und welche weiter gehenden Regelungen er vorschlägt, um

mehr Politikferne und Staatsferne zu erreichen, als wir vorge schlagen haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist klar, bei einem Vertrag handelt man sich zwangsläufig auch immer Dinge ein, die einem nicht so gefallen. Das muss man berücksichtigen, wenn man an die Frage herangeht: Stimmt man zu, oder stimmt man nicht zu? Ich verstehe auch Frau Ministerin Krebs, dass sie im Aus schuss eindringlich an alle appelliert hat, zuzustimmen, weil auch dem vorherigen Vertrag alle zugestimmt hätten.

Ich habe mir allerdings den Hinweis erlaubt, dass es einen we sentlichen Unterschied gibt: Da die Parteien CDU und FDP an der Erarbeitung des damaligen Vertrags beteiligt waren, ist es kein Wunder, dass ihre Fraktionen anschließend im Land tag zustimmten.

Sie konnten den Vertrag machen, wie er Ihnen gefällt. Das kann einerseits eine komfortable Lage sein, allerdings dürfen Sie andererseits die Erwartungen an uns nicht überspannen. Denn, wie zu erwarten war, steht in dem Vertrag einiges, was in Ordnung ist, was verschiedentlich unter den Überschriften „Flexibilität“ und „Staatsferne“ thematisiert worden ist. Er enthält aber auch manches, bei dem – nach einigem Nachden ken – für unsere Fraktion gilt: Da wollen wir nicht durch un sere Unterschrift in die politische Mithaftung gehen. Das hat übrigens, Herr Binder, nichts mit einer Scheindebatte zu tun, sondern wir nennen Ihnen die Gründe, weshalb wir uns nicht in der Lage sehen, zuzustimmen.

Ich beschränke mich auf zwei Punkte, weil schon viel gesagt worden ist: Der erste Punkt betrifft die Besetzung der Gremi en. Wenn wir einen Strich darunter ziehen – ich drücke es ein fach so aus –, heißt das: Der Sitz der Freikirchen geht an ei nen Vertreter der Muslime. Ich habe überhaupt nichts gegen einen Vertreter der Muslime. Besser wäre in diesem Fall al lerdings eine Vertreterin. Trotzdem: Die Bewahrung des kul turellen Erbes sieht anders aus, als es diese Regelung in den Gremien vorsieht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Man muss auch die Quotenregelung unter die Lupe nehmen. Verzeihung: Die Quotenregelung, die Sie für die Gremien ein führen wollen, ist nach meinem Eindruck die härteste, die ich bisher gesehen habe. Sie können mich eines Besseren beleh ren. So eine Quotenregelung muten Sie selbst sich bei der Be setzung der Geschäftsleitung nicht zu. Bei der Geschäftslei tung findet sich der meines Erachtens sinnvolle Passus, dass man den Gesichtspunkt Geschlechterproporz berücksichtigen soll.

Umso mehr tobt man sich dann bei der Frage aus, wen die Or ganisationen entsenden dürfen. Ich wundere mich, dass man gar nicht darüber nachdenkt, dass es eine Zumutung ist, zu sa gen: Wir laden alle Organisationen ein, damit sie sich beteili

gen, und anschließend sagen wir ihnen, wen sie schicken dür fen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Aber Sie wissen schon, wie wenig Frauen im Rundfunkrat sind!)

Das hat doch etwas Kurioses. Eine Organisation wird über Jahre hinweg von einer Persönlichkeit repräsentiert, mit der sie identifiziert wird. Jetzt will die Organisation sie für den Rundfunkrat benennen, und Sie sagen: „Nein, dich nehmen wir nicht, weil du ein Mann bist und letztes Mal ein Mann dran war.“ Das ist für mich von der Sache her ein Widerspruch in sich.

Wenn ich beides zusammennehme, die Körberegelung und die Quotenvorgabe, sehe ich die Organisationen, die einbezogen werden sollen, in einer wirklich schwierigen Lage. Wenn z. B. für fünf Organisationen vier Sitze da sind und diese im Ver hältnis 50 : 50 mit Männern und Frauen besetzt werden sol len,

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

ist das für mich ein zu großer Eingriff in die Freiheit dieser Organisationen, die wir eigentlich beteiligen wollen. Sie wer den,

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Was sagt denn der Männerbund dazu?)

bevor sie in dem Gremium drin sind, in einer Weise gegän gelt, die wir nicht mitmachen wollen.

Damit habe ich Ihnen zwei Gründe genannt. Man könnte noch einige andere Punkte nennen, aber ich will, wie gesagt, nicht die ganze Debatte wiederholen.

Lieber Herr Binder, ich hoffe, Sie sind zufrieden. Ich habe Ih nen zwei Gründe genannt, weshalb wir diesem Vertrag nicht zustimmen werden. Ich glaube, es sind gute Gründe.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Krebs das Wort.

Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann nach dem Verfahren heute Morgen ein Stück weit froh sein. Es geht mir zumindest besser als meinem Kollegen. Sie haben nicht versucht, einen eigenen Miniaturstaatsvertrag zu machen, der dann vielleicht nur die Kurpfalz umfasst hätte. Insofern war Ihr Absetzungsantrag noch eine harmlose Form des Widerstands.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Netter Witz!)

Nachdem Sie sich dauernd auf die Verhandlungen beim Bun desverfassungsgericht beziehen, möchte ich mir kurz die Zeit nehmen, daran zu erinnern, warum es diese Verhandlungen gibt und womit sie sich befassen.

Ich zitiere einige Überschriften: „Im Selbstbedienungsladen – Union missbraucht ZDF“ aus der „Süddeutschen Zeitung“,

„Verweigerung ist auch eine Haltung – Die Konservativen im ZDF-Verwaltungsrat werden Chefredakteur Nikolaus Bren der stürzen“, ebenfalls aus der „Süddeutschen Zeitung“, oder „Wegen Brender-Abwahl: Ex-SWR-Intendant Voß tritt aus der CDU aus“ aus SPIEGEL ONLINE – nur um einmal dar an zu erinnern, wenn Sie das Bundesverfassungsgericht zitie ren, warum und über was dort verhandelt wird.

Nun zu unserem Thema. Zuerst noch eine Anmerkung zum Verfahren heute Morgen: Sie haben schon ein interessantes Verständnis von Gewaltenteilung und von Gesetzgebungsver fahren, wenn Sie meinen, wir könnten zwischen der ersten und der zweiten Lesung geschwind einmal das Verfahren an halten und den – von beiden Landesregierungen bereits un terschriebenen – Staatsvertrag noch einmal ändern, andere Fristen hineinschreiben, und dann das Verfahren einfach fort setzen. Das können wir selbstverständlich nicht. Würden wir das Verfahren jetzt anhalten und im Staatsvertrag etwas än dern, würde der Prozess von vorn beginnen, und wir wären mindestens ein Jahr im Verzug. Sie können sich selbst einmal fragen, ob der SWR dies sinnvoll fände und ob es sinnvoll ist, ein Jahr in Verzug zu geraten.

Eines möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen: Sie fordern Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht. Würden Sie mit Ihren Vertretern in den Gremien intensiver reden – ich kom me später noch einmal darauf zu sprechen –, dann wüssten Sie: Wir haben versucht, das Urteil abzuwarten. Vor dem Som mer war nicht absehbar und war nicht herauszufinden, wann das Bundesverfassungsgericht zu einem Urteil kommen wür de. Es war überhaupt nicht klar, ob das in einem Jahr, in zwei oder in drei Jahren geschehen würde. Zu diesem Zeitpunkt ha ben wir uns entschlossen, nicht mehr länger zuzuwarten.