Helmut Rau

Sitzungen

15/14 15/54 15/83 15/88 15/94 15/96 15/119 15/122 15/140 15/142 15/143

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landesmediengesetz sieht vor, dass An teile der etwa 19 bis 20 Millionen €, die die Landesanstalt für Kommunikation aus den Rundfunkbeiträgen erhält, für Zwe cke des SWR vorweg abgezogen werden können. Das eine ist der Beitrag für die Medien- und Filmgesellschaft – das sind etwa 5,5 Millionen €; die stehen heute nicht zur Debatte –, das andere sind Mittel für sogenannte kulturelle Zwecke. Das sind bisher 15 % des Beitrags, den die LFK bekommt. Das soll künf tig abgesenkt werden auf 11,87 %. Das sind etwa 600 000 €, die damit dem SWR fehlen, weil sie auf diesem Weg für die Regional- und Lokalsender zur Verfügung gestellt werden sol len.
Der SWR verabschiedet in diesen Tagen in seinen Gremien den Haushalt mit einem Defizit von über 52 Millionen €. Das heißt, im Haushalt des SWR werden sich wenig Möglichkei ten finden, um die 600 000 € aufzufangen. Wenn man sich dann anschaut, für welche kulturellen Zwecke dieses Geld ausgegeben wird, dann sieht man: Die größten Posten sind die Schwetzinger Festspiele und das Experimentalstudio des SWR in Freiburg. Das heißt, wir werden dann schon Debatten be kommen, in denen es um Einrichtungen und Veranstaltungen geht, die in der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert haben.
Aber das wissen die Antragsteller, wenn sie einen solchen Weg beschreiten wollen.
Die Verwendung der Mittel zur Förderung der Regional- und Lokalsender kann man nachvollziehen, weil diese offensicht lich chronisch unterfinanziert sind. In § 47 dieses Gesetzes steht ja, die LFK
kann mit diesen Mitteln auch die technische Infrastruk tur zur Versorgung von Baden-Württemberg und Projek te für neuartige Rundfunkübertragungstechniken fördern.
Das heißt, sie kann mit diesen Mitteln nicht dauerhaft Be triebsdefizite decken.
Kollege Salomon, ich habe Sie aber vorher so verstanden, dass Sie davon ausgehen, dass damit jetzt dauerhaft mehr Mittel für den Betrieb und damit auch für die Betriebsdefizite und nicht nur für die gesetzlich definierten Zwecke zur Verfügung gestellt werden sollen. Vielleicht können wir das in den Aus schussberatungen noch einmal miteinander klären.
Man sollte mit dieser Gesetzesinitiative eben nicht die Erwar tung schüren, als gäbe es eine Dauerfinanzierung für die Lo kal- und Regionalsender aus Rundfunkbeiträgen. Da hätte ich ordnungs- und verfassungspolitisch doch ganz erhebliche Be denken, zumal eine solche Vorgehensweise jede Menge wei terer Begehrlichkeiten wecken könnte.
Sie haben auch die Debatte um die Rundfunkbeiträge verfolgt, die ja einen erheblich höheren Umfang erreicht haben. Plötz lich waren ganz viele Vorschläge auf dem Markt, was man da mit alles machen könnte, bis hin zu einer Stiftung für Journa listenförderung. Wir sollten diese Dinge in überschaubaren Rahmen und Grenzen halten, weil andernfalls die Förderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus den Beiträgen viel leicht nicht mehr der Haupt- und Alleinzweck der Beiträge wäre und wir damit die Finanzierung von Medienstrukturen in Gefahr bringen könnten. Das würden wir allerdings ganz sicherlich nicht mittragen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns im Ausschuss noch einmal detailliert darüber unterhalten.
Ich verstehe das Ziel des Gesetzentwurfs, dass wir in der ak tuell sehr schwierigen Situation der Lokalen und Regionalen eine Möglichkeit suchen, um Abhilfe zu schaffen. Aber, wie gesagt, ein dauerhafter Weg ist das aus unserer Sicht nicht.
Danke schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil eine Vorlage gegeben, innerhalb der zu entscheiden war. Es ist gut, dass sich die Länder darauf verständigt haben, in diesem Staatsvertrag zu regeln, dass wir keine regionalisier te Werbung in den Programmen der bundesweiten Programm anbieter haben wollen. Dies würde nämlich zu einer schwe ren Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Chancen der Regi onal- und Lokalsender, sofern sie kommerziell betrieben wer den, führen. Ausnahmen können die einzelnen Länder zulas sen. Das betrifft wohl vor allem Bayern. Bayern hat versucht, den Weg über diesen Staatsvertrag erst einmal nicht mitzuge hen, weil die ProSiebenSat.1 Group Interessen hatte, die in Bayern artikuliert worden waren. Es ist gut, dass wir mit die sem Staatsvertrag jetzt eine bundesweite Regelung haben. Deswegen werden wir dem Staatsvertrag auch zustimmen.
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der in diesem Staatsvertrag inkludiert ist, nämlich, dass wir die Debatten über Werbefreiheit in den Öffentlich-Rechtlichen beenden können, weil Werbung durch die Definition in diesem Staats vertrag Teil des Programmangebots ist. Damit ist das Thema auch über den Staatsvertrag geregelt, den wir hier beschlie ßen werden. Die CDU-Fraktion wird ihm zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Rundfunkänderungsstaatsver trag setzt zwei weitreichende Vorgaben um. Zum einen han delt es sich um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 zur Zusammensetzung der Gremien des ZDF, also des Fernsehrats und des Verwaltungsrats, zum anderen handelt es sich um die EU-Richtlinie über audiovisuelle Me diendienste. Es ist ganz wichtig, dass beide Punkte mit die sem Staatsvertrag erledigt werden können.
Die EU-Richtlinie gibt einen Rechtsrahmen für ein Teleme dienangebot. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind immer wieder in eine Debatte verwickelt, inwiefern sie die modernen Medien überhaupt nutzen dürfen. Ich glaube, dass hier ein ganz verlässlicher Rechtsrahmen gesetzt wird, der auch die Themen Jugendschutz, Auskunftspflicht, Beweissi cherung beinhaltet. Das bedeutet, dass hiermit ein trimedia les Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ge sichert ist. Alles andere wäre auch nicht mehr zeitgemäß – ge rade die modernen Geräte, die im Umlauf sind, lassen gar kei ne andere sinnvolle Nutzung mehr zu.
Die Öffentlich-Rechtlichen sind damit bei ihren Angeboten im Netz nicht zu „Resteverwertern“ umdefiniert, sondern sie dürfen aktive Programmentwicklung betreiben. Nur so wer den sie auch jüngeres Publikum erreichen. Wir werden dem nächst den Staatsvertrag zum Jugendangebot hier vorliegen haben; ich glaube, dass es ganz wichtig war, dass sich die Län der darauf geeinigt haben, dieses als Netzangebot zu gestal ten.
Das Zweite, was bei der Neuregelung berücksichtigt wird, ist das erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014. Es sieht eine Verkleinerung des Fernsehrats auf 60 Personen sowie eine Drittelquote für Träger politischer Äm ter vor. Es dürfen – das ist hier ebenfalls verbindlich geregelt – keine Mitglieder, die in irgendeiner wirtschaftlichen Verbin dung zum ZDF stehen, in dessen Gremien berufen werden. Unabhängigkeit und Transparenz sind wichtige Kriterien für die Berufung.
Es sind 16 gesellschaftliche Gruppen definiert worden, die von den 16 Bundesländern in Zukunft jeweils eine Position im Fernsehrat übertragen bekommen. Das sind hiermit privi legierte gesellschaftliche Gruppen. Das sollte man nicht un terschätzen. Deswegen ist es wichtig, dass hier eine Überprü fung nach jeweils zwei Amtszeiten vorgesehen ist, falls sich herausstellt, dass sinnvollerweise andere Gruppierungen Plät ze in diesem Gremium einnehmen sollten.
Es ist auch eine Amtszeitenbegrenzung auf höchstens drei Amtszeiten in beiden Gremien in Summe vorgesehen.
Schließlich ist die Abschaffung des Sitzlandprivilegs im Ver waltungsrat des ZDF zu erwähnen. Der Ministerpräsident bzw. die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz war für dieses Gremium bisher immer gesetzt. Das ist in Zukunft nicht mehr der Fall. Es gibt auch gar keinen sinnvollen Grund mehr für dieses Privileg.
Wir haben uns mit den Inhalten beschäftigt und sind der Mei nung, dass die Regelungen, die hier vorgeschlagen werden, zielführend und richtig sind. Wir werden deshalb dieser Ge setzesvorlage zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Beschlussfassung zum Rundfunk beitrag fällt aus dem Rahmen, weil es zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt vorkommt, dass wir über eine Beitragssenkung abstimmen. Diese wird sicherlich einmütig beschlossen. Damit ist aber die Akte Rundfunkbei trag bei Weitem nicht zu schließen.
Die Umstellung von Gebühren für angemeldete Hörerinnen und Hörer bzw. Seherinnen und Seher hin zu einem Beitrag für jeden Haushalt, für jedes Unternehmen und jede öffentli che Einrichtung hat eine Steigerung der Einnahmen um ins gesamt 1,5 Milliarden € für die laufende Beitragsperiode er bracht. Diese Zahl darf als gesichert gelten. Den Rundfunk anstalten steht dieses Geld jedoch nur zur treuhänderischen Verwaltung, nicht aber für ihre Haushalte zur Verfügung.
Die Ministerpräsidentenkonferenz hat bereits vor einem Jahr beschlossen, dass der Beitrag zum 1. April 2015 von 17,98 € auf 17,50 € monatlich abgesenkt werden soll, nachdem die KEF festgestellt hatte, dass eine Senkung um 73 Cent mög lich wäre, wenn die genehmigten Finanzpläne ohne Über schuss ausfinanziert werden sollten.
In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen, die die MPK im Juni bearbeiten will und zu denen die Lan desregierung deshalb hier und heute Stellung nehmen sollte.
Was geschieht mit den entstandenen Rücklagen? Sollen sie mit den von der KEF für die nächste Finanzierungsperiode 2017 bis 2020 dann genehmigten Finanzplänen verrechnet werden? Ist es also erstrebenswert, auf der Basis der 17,50 € bis 2020 einen Beitragsfrieden zu erreichen und so den Bür gern ihr Geld wieder zugutekommen zu lassen? Wird die Eva luierung der ersten Erfahrungen mit dem Rundfunkbeitrag, die wohl noch in diesem Monat der Rundfunkkommission vorgelegt wird, Mittel für die notwendige Nachsteuerung bin den?
Können kleine und mittlere Unternehmen davon ausgehen, dass die Landesregierung sich dafür einsetzt, die Stellenbe rechnung auf die Basis von Vollzeitstellen umzustellen, um so zu einer Senkung der Belastung beizutragen? Können so ziale Einrichtungen wie Kindertagesstätten damit rechnen,
dass sie entlastet werden? Die CDU-Fraktion fordert diese Entlastungen ein, zumal die MPK sich darauf verständigt hat, bis zu 200 Millionen € für die Ergebnisse der Evaluation be reitzustellen.
Oder soll das überschüssige Geld möglichst schnell durch an dere Beschlüsse gebunden werden? Will die Landesregierung die Werbung reduzieren und dafür das Geld der Beitragszah ler einsetzen?
Wenn die Ideen, die wir aus Nordrhein-Westfalen hören, in der MPK akzeptiert werden, dann sind schon einmal 1,1 Mil liarden € neu gebunden, und der Beitragsfrieden kann dann nicht zustande kommen. Ein solcher Beschluss hätte populis tische Züge, weil die Werbeeinnahmen der elektronischen Me dien insgesamt deutlich zunehmen und die Öffentlich-Recht lichen damit niemandem etwas wegnehmen, sondern ihren Beitrag zu schlüssigen Werbekonzepten leisten.
Die Beitragsdebatte hat weitere medienpolitische Themen her vorgebracht, zu denen die Landesregierung – wie zu den meis ten der gerade gestellten Fragen – bisher jede Antwort oder jede eigene Positionierung vermissen lässt. Welche notwen dige Strukturveränderung des öffentlich-rechtlichen Rund funksystems mit derzeit elf Anstalten in Deutschland sieht die Landesregierung? Was hält die Landesregierung von der so genannten Medienstiftung, die ebenfalls von Nordrhein-West falen in die Diskussion gebracht wurde und zuletzt von Pro fessoren der Zeppelin Universität in Friedrichshafen konzep tionell ausgefüllt und mit einem sagenhaften Finanzbedarf in Verbindung gebracht wurde?
Ist diese Idee nicht in Wirklichkeit ordnungsrechtlich ein An schlag auf die Vielfalt der Medienlandschaft? Die Ministerin hat – bis heute – in vier Jahren leider nicht ein einziges Mal ihre medienpolitischen Vorhaben im Parlament dargelegt. Bis auf den SWR-Staatsvertrag hat sie wohl auch keine. Sonst würde jetzt nicht Sachsen-Anhalt den Staatsvertrag zum digi talen Jugendangebot der Öffentlich-Rechtlichen koordinieren, sondern Baden-Württemberg,
dessen Sender dieses Angebot entwickelt und verantwortet.
Oder hat die Landesregierung den Ball der letzten Minister präsidentenkonferenz zur Öffnung der Spielregeln im Netz aufgegriffen und sich Gedanken zur Zukunft des Dreistufen tests gemacht, der abgeschafft gehört? Das Netz ist ein gleich berechtigter und für eine Reihe von Zielgruppen wichtigerer Ausspielweg geworden. Dann kann man nicht altmodische Regeln für die Aufhebung der Netzpräsenz auf Dauer akzep tieren. Für das Jugendangebot im Netz hat man schon einmal Ausnahmen festgelegt. Das ist ein Türöffner. Haben Sie die Klinke schon in der Hand? Wohl eher nicht.
Die MPK hat im Oktober beschlossen, dass eine Bund-Län der-Kommission einen Staatsvertrag oder vergleichbar ver bindliche Regelungen zur digitalen Medienordnung erarbei
ten soll, bei dem bzw. denen es zusätzlich der Abstimmung mit den europäischen Institutionen bedarf. Von Ihnen war auch dazu bisher kein Wort zu vernehmen – eine spärliche Bilanz.
Verfolgt die Landesregierung die Idee eines Rundfunkstaats vertrags, der die regionale Werbung den regionalen Sendern vorbehält, die dringend darauf angewiesen sind? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie weit ist sie damit gekommen?
Ich bin gleich fertig, Herr Präsident. – Ihr Projekt des Staats vertrags endete erst einmal damit, dass Sie dem Parlament ei nen verfassungswidrigen Entwurf zur Abstimmung vorgelegt und der Regierungsmehrheit zugemutet haben, diesen auch noch zu beschließen. Unsere Warnungen haben Sie damals in den Wind geschlagen.
Also: Auch wenn wir heute einen angenehmen Beschluss zu fassen haben, so müssen wir in dieser Debatte doch feststel len, dass die Landesregierung medienpolitisch nicht stattfin det, im Konzert der Länder keine Rolle spielt und sich bisher an keiner der hier angerissenen Debatten auch nur öffentlich beteiligt hat.
Ich danke Ihnen.
Frau Ministerin, Sie hatten die Vor lage in eine Anhörungsrunde gegeben. Wie sind die Rückmel dungen aus dieser Anhörungsrunde?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SWR und seine Gremien haben aus finan ziellen Gründen die Fusion des Radio-Sinfonieorchesters Stutt
gart und des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden und Frei burg beschlossen und dabei kulturelle Argumente nicht in Er wägung gezogen. Das hätte man auch anders sehen können. Kulturpolitisch war es höchst bedauerlich.
Die Landesregierung hat sich seit Bekanntwerden des Be schlusses völlig weggeduckt und nichts, aber auch gar nichts zu einer möglichen Neuformierung des SWR-Sinfonieorches ters Baden-Baden und Freiburg beigetragen, obwohl es eine Initiative zahlreicher Bürgerinnen und Bürger gab, obwohl 160 international renommierte Dirigentinnen und Dirigenten und eine ähnlich hohe Zahl von Komponistinnen und Kom ponisten, internationale Kulturorganisationen, der Deutsche Musikrat und Medien im In- und Ausland diesen Skandal in der Kulturpolitik des Landes kritisiert haben.
Es würde die Unabhängigkeit des SWR nicht infrage stellen, wenn sich die Landesregierung um eine Lösung in anderer Trägerschaft kümmern würde. Keinen Gedanken hat sie je doch daran verschwendet, wie einer der angesehensten Bot schafter des Landes auf der internationalen Bühne erhalten werden kann.
Wenn das Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg bei Auftritten in aller Welt das Publikum begeistert, kommt kein Konzertbesucher auf die Idee, dass dieses Orchester zu Hau se von der eigenen Landesregierung im Stich gelassen wird.
Die Strategie des Landes und der Stadt Freiburg hieß und heißt: Wer sich zuerst bewegt, verliert.
Verloren haben bisher die Musikerinnen und Musiker, die Mu sikszene, die Bürgerinnen und Bürger, die, die sich bewegt haben. Sie müssen erkennen, dass sich das Land ernsthaften Gesprächen über eine Lösung verweigert.
In Freiburg wurde ein Stiftungskonzept erarbeitet ähnlich dem, das zum Erhalt der Bamberger Symphoniker in Bayern entwickelt wurde. Es ist also bewiesen, dass es funktionieren kann. Aber klar war: Ohne das Land geht nichts, und das Land, die Landesregierung will nicht.
Wenn also das Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg von der kulturellen Landkarte verschwindet, ist dies wesent lich dem Versagen und der Verweigerung des Landes zuzu schreiben.
Die Musikerinnen und Musiker dieses Orchesters haben in der Vergangenheit weit über ihre Konzerttätigkeit hinaus die mu sikalische Szene des Landes geprägt durch Ausbildung und Nachwuchsförderung, Kooperationen in der musikalischen Jugendarbeit, kleine Ensembles, Dirigate in den Vereinen der Amateurmusik.
Sie haben die Komponistenszene befruchtet durch Aufführun gen, die nur hier zustande kommen konnten. Die FAZ wür digt gerade dies heute ausführlich im Feuilleton.
Der Ruf des Landes als weltweit anerkanntes Musikland steht auf dem Spiel. Und als sie das erkennt, erklärt die zuständige Ministerin Bauer, sie halte die Entscheidung für grundfalsch. Allerdings erklärt sie das erst unter dem Druck zunehmender Proteste am 2. April dieses Jahres, also vor gut einer Woche.
Eine Ministerin erkennt den drohenden schweren Schaden für das Land. Sie vergießt Krokodilstränen. Und was tut sie? Nichts, absolut nichts. Sie kündigt nicht einmal an, dass sie das Thema bearbeiten will. Sie gibt das Orchester einfach auf,
wie das auch das Freiburger grüne Spitzenpersonal Sitzmann, Krebs und Salomon insgesamt tut.
Frau Kollegin Rolland – das räume ich gern ein – hat ge kämpft, sie wurde jedoch nicht gehört.
Warum haben Sie nicht die Leipziger Lösung ins Gespräch gebracht?
Warum haben Sie nicht die Leipziger Lösung ins Gespräch gebracht, die vom Land Sachsen und vom MDR für das Ge wandhausorchester gefunden wurde?
Diese Form der Zusammenarbeit berührt nicht die Unabhän gigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Das sa ge ich gleich, bevor hier eine solche substanzlose Einrede er hoben wird.
Kommen Sie mir nicht mit dem gestrigen Interview von Herrn Bultmann in den „Stuttgarter Nachrichten“. Nach einer Or chesterversammlung am gestrigen Abend widerspricht die Sprecherin des Orchesters in wesentlichen Teilen den Darstel lungen von Herrn Bultmann.
Dass sich der Ministerpräsident um eine für die Wahrnehmung des Landes so wichtige Frage kümmert, diese Hoffnung muss wohl jeder begraben, der darauf gesetzt hatte. Der SWR hät te anders entscheiden können; das stimmt. Aber das enthebt
die Landesregierung nicht der Pflicht, alles zu versuchen, um den Untergang des Sinfonieorchesters Baden-Baden und Frei burg zu verhindern.
Ich fordere Sie auf, in ernsthafte Verhandlungen mit dem SWR, der bereits seinen erheblichen Beitrag angeboten hat, mit der Stadt Freiburg und mit Vertretern der Bürgergesell schaft, die die Stiftungslösung umsetzen wollen, einzutreten. Ihr Versagen
hat etwas damit zu tun, dass Sie die Wahrnehmung des Lan des nicht mit seinen kulturellen Schätzen in Verbindung brin gen. Deshalb ist auch Ihr Wegducken in dieser Frage nur ein Symptom für Ihr kulturpolitisches Versagen,
das auch bei den Kulturträgern im Land so empfunden wird.
Vielen Dank.
Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, das Bundesverfassungsgericht habe in den allerwe sentlichsten Teilen den Staatsvertrag bestätigt. Ich glaube, das ist eine sehr einseitige Sicht der Dinge. Bei der Frage hinsicht lich der Aufsichtsgremien, mit der sich das Urteil vor allem beschäftigt, hat bereits die Anhörung des BVG im letzten Herbst gezeigt, wohin die Reise gehen könnte. Wir haben Sie damals aufgefordert, aus Respekt vor dem Bundesverfas sungsgericht das Urteil abzuwarten. Sie haben den Staatsver trag trotzdem durchgezogen.
Nun hat das Bundesverfassungsgericht im Ergebnis vorgege ben, dass die Zusammensetzung des Verwaltungsrats korri giert werden muss. Das ist ein sehr wesentlicher Teil eines Staatsvertrags über den Rundfunk. Für Sie ist es eine ziemli
che Niederlage, nur weil Sie nicht abwarten wollten, bis das Bundesverfassungsgericht das Urteil spricht.
Sind Sie bei der Prüfung von gestern bis heute auch zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verwaltungsrat neu zusammen gesetzt werden muss? Immerhin muss dazu nur die Rechen aufgabe „18 geteilt durch 3“ bewältigt werden. Im Verwal tungsrat sind sieben oder – wenn man die kommunalen Ver treter dazurechnet – gar neun staatsnahe Vertreter. 18 Mitglie der hat der Verwaltungsrat insgesamt. Damit ist auf jeden Fall das Drittel überschritten. Welche Ideen haben Sie, um die not wendigen Anpassungen vorzunehmen? Müssen Sie dazu wie der ins Parlament, weil es eine Überarbeitung, eine neue Be schlussfassung zum Staatsvertrag braucht? Das sind meine Fragen.
Frau Ministerin, wollten Sie uns vielfach auf ein bisschen eingängige Art und Weise erklären, dass es eigentlich völlig harmlos sei und wir deswegen auch in Zukunft damit rechnen müssen, dass uns die Regierung hier etwas zur Abstimmung vorlegt, was sich schon kurz danach als in Teilen verfassungswidrig erweist?
Herr Kollege Sckerl, Sie haben ge rade eben – wie auch andere Angehörige der Regierungsfrak tionen in den letzten Wochen nach diesem Gerichtsurteil – den Eindruck zu erwecken versucht, als ob es unter Regierungen, die von unseren Ministerpräsidenten geführt wurden, wider rechtliche Besetzungsvorgänge gegeben habe.
Es gibt einen mit dieser neuen Struktur der Polizei und damit der Schaffung einer völlig neuen Führungsebene vergleichba ren Vorgang. Das war die Neustrukturierung der Schulverwal tung zum 1. Januar 2009. Damals sind 13 Ämter neu entstan den. Alle Besetzungen dieser 13 Ämter sind ausgeschrieben worden. Es gab 41 Bewerbungen. Für alle Bewerber gab es dienstliche Beurteilungen.
Das ist eine Kurzintervention.
Okay. Ich stelle die Frage dann am Schluss. Ich muss den Sachverhalt noch kurz erläutern.
Sehr großzügig. – Für alle 41 Be werber gab es dienstliche Beurteilungen. Es gab ein Assess mentverfahren, bei dem jeder Bewerber etwa drei Stunden ge prüft wurde. Die Stellen wurden dann ausschließlich nach dem Ergebnis dieses Verfahrens besetzt.
Sie wollen nun behaupten, wir seien ähnlich vorgegangen, wie das hier bei der Polizeireform geschehen ist? Das ist eine Un verschämtheit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben entsprechend der Tagesordnung heu te Nachmittag über den Staatsvertrag über den SWR in Form eines Gesetzentwurfs, der noch andere Themen aufgreift, zu befinden. Das Bundesverfassungsgericht behandelt derzeit aufgrund der Klage zu den ZDF-Gremien das Thema Politik ferne. Wir sind der Meinung, dass dieses Urteil wahrschein lich für das Thema „Politikferne von Gremien im öffentlichrechtlichen Rundfunk“ wegweisend sein wird. Die mündliche Verhandlung, die Anfang November stattgefunden hat, lässt darauf schließen.
Es wäre ein Akt des Respekts gegenüber dem Bundesverfas sungsgericht, wenn wir dieses Urteil abwarten würden, bevor wir endgültig in eine Gesetzgebung eintreten. Ich will damit gar nicht unterstellen, dass der Staatsvertrag in diesem Punkt nach den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts fehlerhaft wäre. Aber ich halte es, die CDU-Fraktion hält es für ange messen, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg noch einmal mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz – sie tritt immerhin als Kläger in Karlsruhe auf – spricht, um die Fristen so flexibel zu gestalten, dass eine Behandlung des Staatsvertrags im Landtag von Baden-Württemberg nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts möglich ist. Ich glau be, das Bundesverfassungsgericht sollte auch in diesem Haus einen solch hohen Stellenwert haben, dass man sich, nachdem
es bis zur Verabschiedung des Staatsvertrags zweieinhalb Jah re dauerte, diese Zeit auch noch gönnt, um dann auf sicherem Boden zu sein.
Deswegen bitten wir darum, Punkt 5 von der heutigen Tages ordnung abzusetzen und den Gesetzentwurf dann wieder auf zurufen, wenn wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kennen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede Landesregierung hätte einen neuen Staats vertrag über den SWR aushandeln müssen, weil es nach 15 Jahren einfach an der Zeit ist, den technischen, konzeptionel len und finanziellen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Sie, meine Damen und Herren der baden-württembergischen Landesregierung, haben mit der gleichfarbigen Landesregie rung in Rheinland-Pfalz verhandelt und einen Staatsvertrag unterschrieben, den man hätte besser und zukunftsorientier ter konzipieren können.
Vorteile sind sicher in der flexibleren Struktur für die Ge schäftsleitung zu sehen, die so zu flacheren und den Aufga ben und Chancen der Gegenwart und Zukunft angepassten Strukturen finden kann. Da setze ich auf die Kompetenz des Intendanten. Auf diesen Teil des Staatsvertrags wartet er si cher dringend.
Doch das heißt nicht, dass wir die kritikwürdigen Elemente nicht deutlich benennen müssten. Sie behaupten, der Staats vertrag schaffe eine größere Politikferne der veränderten Gre mien. Das klingt erst einmal gut. Doch wenn Ihnen das wirk lich so wichtig gewesen wäre, hätten Sie erstens das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen ZDF-Gremien abge wartet und dem höchsten deutschen Gericht den angemesse nen Respekt erwiesen.
Nach der mündlichen Verhandlung vor dem BVG liegt es förmlich in der Luft, dass dort wesentliche Aussagen zum The ma Politikferne gemacht werden. Die vereinbarte Frist für das Inkrafttreten des Staatsvertrags als Argument gegen den An trag auf Vertagung der Beratung des Gesetzentwurfs bis zum ZDF-Urteil ist eine zu einfache Ausrede. Das ließe sich ver
mutlich zwischen den Staatskanzleien auf kurzem Weg regeln, wenn man nur wollte, zumal Rheinland-Pfalz eine der klagen den Parteien vor dem BVG ist.
Herr Kollege Salomon hat heute Morgen geglaubt, das BVGUrteil schon zu kennen, und hält offensichtlich die Landesre gierung in solchen Fragen für unfehlbar.
Das war völlig unangemessen, wie Sie sich da zum BVG ge äußert haben.
Gerade habe ich darüber gesprochen, Herr Kollege Salo mon. In der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass das BVG zu diesem Thema sehr wichtige Aussagen machen will. Genau das ist der Grund dafür, dass ein Zuwarten besser ge wesen wäre.
Wenn Ihnen Politikferne so wichtig wäre, dann hätten Sie zweitens die Amtszeit der bestehenden Gremien nicht will kürlich verkürzt. Es gibt für diesen massiven Eingriff in die Autonomie der Gremien nur einen Grund, nämlich den, die politische Zusammensetzung möglichst schnell zu verschie ben.
Ich habe erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Vor gehens. Wenn Ihnen die Unabhängigkeit der Gremien ein ho hes Gut ist, dann sollten Sie mit den jetzigen Mitgliedern des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats nicht in dieser Form umspringen. Das ist für die CDU-Fraktion nicht akzeptabel. Dieser Standpunkt hat mit Lobbyismus nichts zu tun.
Bei der künftigen Besetzung des Rundfunkrats bedienen Sie sich auch noch eines Instruments, das genauere Betrachtung verdient. Sie bilden sogenannte Körbe, in denen sich Verbän de jeweils auf Vertreterinnen und Vertreter einigen sollen,
Widrigenfalls entscheidet der Ständige Ausschuss des Land tags, wo Sie sich wieder Ihrer politischen Mehrheit bedienen können, um politisch wohlgefällige Räte zu berufen.
Sie weiten das wesentlich aus.
Lesen Sie doch einmal den Entwurf, Herr Drexler. Sie ha ben den doch noch gar nicht gelesen; dann schwätzen Sie doch nicht darüber.
Wie stark die Zurückhaltung grüner Politiker beim Griff nach Mandaten beim SWR ausgeprägt ist, hat uns in diesen Tagen der grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn vorgeführt.
Kaum im Amt als Vorsitzender des Volkshochschulverbands hat er sich schon das Mandat des Volkshochschulverbands im Rundfunkrat gesichert,
politikfern natürlich und übrigens auch perfekt gegendert, nachdem sein Vorgänger dort ebenfalls ein Mann war.
Das Redaktionsstatut versuchen Sie als Instrument der Mit bestimmung zu verkaufen. Der SWR verfügt über vier Perso nalräte und weitere Gremien, die die Interessen der Mitarbei terinnen und Mitarbeiter vertreten. In Wirklichkeit ist ein Re daktionsstatut ein Panzer gegen Kritik an der journalistischen Arbeit.
Betroffene rücken zusammen und verschaffen sich gegensei tig Legitimation. Der Rundfunkrat, in dem gute programm kritische Arbeit geleistet wird, verliert an Bedeutung und Ein fluss – auch das ist, wenn Sie so wollen, eine sehr spezielle Interpretation von Politikferne.
Herr Schmiedel, stellen Sie doch einfach die Fragen, die zum Thema gehören.
Ich will verhindern, dass sich Journalisten gegenseitig Frei briefe ausstellen können und die programmkritische Aufgabe des Rundfunkrats eingeschränkt wird. Das will ich verhindern.
Sie setzen auf Modernisierung, sagen Sie. Warum benennen Sie die Trimedialität, die als eine der großen Herausforderun gen gerade für die Gewinnung jungen Publikums gilt, nicht ein einziges Mal? Sie hätten in diesem Staatsvertrag eine Le gitimation für diese Vorgehensweise schaffen können, die ei ne zentrale Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit der öf fentlich-rechtlichen Sender ist, ihnen aber von anderer Seite auch streitig gemacht wird. Aber Fehlanzeige!
Was war auf der letzten Ministerpräsidentenkonferenz zu die sem Thema zu hören? Vom Vorsitzenden der Ministerpräsi dentenkonferenz jedenfalls war nur bedeutungsvolles Schwei gen zu hören.
Politikferne lautet auch die Zauberformel, wenn es um das Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg geht. Im Land
werden die Debatten um die Zukunft eines seiner bedeutend sten Orchester, wenn nicht des bedeutendsten Orchesters, im mer lauter, und die Landesregierung versucht, immer tiefer abzutauchen. Das ist eine falsche Anwendung der Zauberfor mel Politikferne. Es geht um ein weltweit herausragendes Or chester, das für Baden-Württemberg und seine musikalische Positionierung größte Ehre einlegt.
Da kann man nicht einfach abtauchen,
wie Sie es tun.
Sie haben sich die Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrie ben, aber es gibt von Ihnen keinerlei Ansatz für einen konst ruktiven Dialog, wenn es um die Bürgerinitiative für eine Stif tungslösung beim Sinfonieorchester geht. 2 500 Befürworter einer solchen Stiftungslösung schauen in die Röhre.
Die aufrüttelnden Briefe von 150 Dirigenten der Weltklasse verhallen, begründete Proteste von 160 anerkannten Kompo nisten werden ausgeblendet. Die Landesregierung blamiert sich, wenn es um eines ihrer bedeutendsten Kulturgüter und einen der besten Botschafter des Landes Baden-Württemberg geht.
Politikferne wird als Begründung angegeben. Sie sind unfä hig und unwillig, sich diesem Thema zu stellen, und verstecken sich hinter Politikferne. In Ihrer Medienpolitik will nichts Rechtes gedeihen, der Rundfunkstaatsvertrag nicht und schon gar nicht das Verständnis für kulturelle Partnerschaft, die sich aus der Medienlandschaft ergeben kann.
Was den Staatsvertrag angeht, hat sich die CDU-Fraktion nach mehreren gründlichen Debatten entschieden, ihrer berechtig ten Kritik durch Ablehnung Ausdruck zu verleihen. Wir ha ben uns das nicht leicht gemacht, weil wir den Veränderungs bedarf sehen und auch sehen, dass ihm in Teilen entsprochen wird. Aber wir können die Fehler, die wir erkennen, nicht auch noch durch Zustimmung zum Staatsvertrag übergehen und da durch marginalisieren.
Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Binder, haben Sie wirklich zugehört? Ich habe nicht die Gremien des SWR kri tisiert, sondern ich habe die Landesregierung dafür kritisiert, dass sie beim Thema „Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg“ völlig auf Tauchstation geht und das auf einmal mit Politikferne begründet, obwohl es für eine Landesregierung viele gute Gründe gäbe, sich diesem Thema und den Bürgern, die sich darum kümmern, zu stellen. Das war der Ansatz, nicht die Kritik an den Gremien des SWR.
Frau Boser, Sie haben uns hier er zählt, dass 11 600 Stellen gesperrt übergeben worden seien. Das ist Unfug. Das will ich hier einmal ganz deutlich darstel len.
Kennen Sie den Unterschied zwischen gesperrten Stellen und k.w.-Stellen?
Wenn eine Stelle einen k.w.-Vermerk hat, bedeutet das nichts anderes, als dass sie irgendwann wegfallen soll.
Das heißt nicht, dass sie gesperrt wäre. Das bedeutet für die Bildungspolitiker, dass sie darum kämpfen müssen, diese Stel len zu erhalten. Sie haben sie kampflos preisgegeben,
obwohl Sie 3 Milliarden € Steuern mehr einnehmen, als in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen waren. Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist eine Bankrotterklärung der Bil dungspolitik.
Frau Präsidentin, meine lieben Kol leginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben einen Tages ordnungspunkt vor uns, bei dem es hier im Parlament keinen großen Streit geben wird. Es geht um die Neuregelung der Fi nanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ganze Verfahren dauert schon an die zwei Jahre, und es ist gut, dass es jetzt zum Ende kommt. Wir brauchen dazu die Mitwirkung aller 16 Bundesländer, und Baden-Württemberg kann heute seinen Beitrag dazu leisten. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass die Landesregierung die Vorlagen ihrer Vorgängerregie rung dazu aufgenommen hat und nicht versucht hat, einen an deren Kurs einzuschlagen. Wir stehen hier in einer gemeinsa men Kontinuität.
Der neue Staatsvertrag beinhaltet einen Wechsel von der ge räteabhängigen Rundfunkgebühr zu einem Beitragsmodell. Es wird voraussichtlich ab dem 1. Januar 2013 einen einheit lichen Beitrag für alle Medien pro Haushaltsgemeinschaft ge ben, unabhängig von der Personen- oder Gerätezahl des Haus halts. Somit ist egal, wie Rundfunk und Fernsehen empfan gen werden. Die gesonderte Gebühr auf neuartige Empfangs geräte entfällt.
Es besteht eine Beitragspflicht für Wohnungsinhaber im pri vaten Bereich und für Betriebsstätteninhaber im nicht priva ten Bereich.
Mit dem Systemwechsel soll keine Erhöhung des Finanzvo lumens für die Finanzierung vorgenommen werden. Deswe gen wird der monatliche Beitrag in Höhe von 17,98 € beibe halten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz.
Am wenigsten Akzeptanz wird der Systemwechsel bei den bisherigen Schwarzhörern und Schwarzsehern finden, die sich um die Gebühr gedrückt haben, künftig aber ebenso ihren Bei trag leisten werden, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert werden kann.
Es hat im Laufe der Erarbeitung des Vertrags Debatten gege ben, ob nicht die Wirtschaft zu stark belastet würde. Ich glau be, dass hier in den Verhandlungen zwischen allen Beteilig ten vernünftige Regelungen gefunden werden konnten, die zeigen, dass wir insbesondere Rücksicht auf kleine Betriebe nehmen. Bei Betrieben mit bis zu acht Beschäftigten wird ein Drittel des Beitrags fällig. Bei Betrieben mit bis zu 19 Be schäftigten wird ein voller Beitrag fällig; danach wird der Bei trag gestuft erhoben. Betriebe mit bis zu 19 Mitarbeitern um fassen bereits 90 % aller Betriebsstätten. Außerdem gibt es noch Sonderregelungen für die Kraftfahrzeuge bei den jewei ligen Betriebsstätten und für Hotels und Gaststätten, sodass keinem Wirtschaftszweig eine unbillige Härte droht. Auch das war wichtig für die Akzeptanz.
Unsere Erwartung geht auch dahin, dass der Verwaltungsauf wand bei diesem neuen System geringer wird. Deswegen ha be ich überhaupt kein Verständnis dafür, dass die GEZ ange kündigt hat, jetzt 250 Stellen neu schaffen zu wollen, wenn auch nur auf Zeit.
Die GEZ muss als Ergebnis dieser ganzen Umstellung irgend wann überflüssig werden und sollte nicht weitere Kontrolleu re einstellen.
Das ist natürlich das völlig falsche Signal gewesen. Ich for dere die Intendanten der Sendeanstalten, denen die GEZ ge hört, auf, hier für die richtige Richtung zu sorgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Datenschutzbe auftragte des Landes hat seine Bedenken schriftlich geäußert. Ich glaube, mit dem Entschließungsantrag, der heute hier von allen Fraktionen getragen wird, sind wir auf dem richtigen Weg, um diese Bedenken aufzunehmen und deutlich zu ma chen, dass man den Einwänden des Datenschutzbeauftragten Rechnung tragen kann und sollte. Der Staatsvertrag ist geeig net, um mit dem Thema, meine ich, insgesamt ausgewogen umzugehen.
Eine Demokratie, eine freiheitliche Gesellschaft, funktioniert nicht ohne eine Medienlandschaft, die hilft, diese Freiheit zu sichern. Aber diese Medienlandschaft steht auch in der Ver pflichtung, mit dem Geld, das ihr dafür zur Verfügung gestellt wird, vernünftig umzugehen. Es darf nicht sein, dass die Aus weitung des Finanzbudgets in den kommenden Jahren immer mehr zum Selbstläufer wird. Wir brauchen eine Haushaltskri tik bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die an gemessen ist. Vielleicht können wir diese Gelegenheit dazu nutzen, um uns auch dieser Aufgabe künftig mit noch größe rem Nachdruck als bisher zu stellen. Bisher haben wir das ak zeptiert, was die KEF uns als Finanzbedarf serviert hat. Viel leicht schaffen wir es, hier gelegentlich auch selbst kritisch hineinzuschauen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.