Protokoll der Sitzung vom 28.11.2013

Sie können in das Gebiet kaum hineinlaufen, weil alles zuge wildert, zugewachsen ist. Aber Sie sehen Bäume in allen Ge nerationen, in allen Schattierungen – Nadel- und Laubbäume –, und Sie sehen bis zum Horizont: So wird der Nationalpark Schwarzwald aussehen. Das ist ein starkes Erlebnis. Vielleicht hätte man weniger argumentieren, sondern die Menschen mehr in ihre nahe Heimat führen sollen, damit sie sehen: Wie sieht denn das aus, was sich da entwickelt? Wie fühlt man sich da? Gut fühlt man sich.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Jetzt ergibt sich eine naheliegende Frage, wenn man das schon vor 100 Jahren machen konnte

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

und in der Nachfolgezeit auch an verschiedenen anderen Stel len in Baden-Württemberg Flächen aus der Nutzung genom men und als Bannwald sich selbst überlassen hat. Insgesamt sind es vielleicht 8 000 ha. Das war übrigens, Herr Kollege Hauk, natürlich Gerhard Weiser.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Klar!)

Er hat vielleicht nicht den Begriff „Nationalpark“ geprägt. Aber er hat in den Blick genommen, die Bannwälder auszu weiten und davon größere zusammenhängende Flächen zu schaffen, und Herr Vetter hat das weitergeführt. Später kam dann der Nationalpark dazu. Aber die Idee kam von Gerhard Weiser.

Jetzt stellt sich die Frage: Warum macht man – das wäre für die Tiere und die Pflanzen dasselbe – nicht einfach ein größe res, der Natur entnommenes Waldstück im Umfang von meh reren Tausend Hektar zum Bannwald? Damit wäre dem Na turschutz eigentlich auch Rechnung getragen. Das hätte man auch machen können. Aber wir wollten den Nationalpark, weil er mehr ist als ein Bannwald – nicht etwa deshalb, weil es sich um ein Prestigeobjekt handeln würde.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein!)

Hinzu kommen nämlich Forschung, Anschauung und Erleb nis – für Kinder, Jugendliche, Familien –, und es kommt eine Marke dazu.

Das Deutschlandradio strahlte neulich eine Sondersendung über das Thema „Nationalpark Nordschwarzwald“ aus. Da wurde aber nicht unser Vorhaben gegen die Idee von Herrn Hauk „Wir setzen jetzt einen Arbeitskreis ein, besprechen al les und sind dann vielleicht im nächsten Jahr so weit, dass wir zu einer Entscheidung kommen könnten“ ausgespielt. Nein, da wurde ein Stück „Black Forest National Park“ in die wei te Welt hinaus übertragen –

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

von Millionen Leuten auf der ganzen Welt gehört.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Millionen werden aus Südafrika kommen!)

Mit einem Nationalpark ist natürlich ein Mehrwert verbun den, den der Nordschwarzwald dringend braucht. Der Nord schwarzwald ist die Region in Deutschland, die die touristi sche Aufwärtsentwicklung im Land nicht mitgemacht hat, sondern immer noch durchhängt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Kann Herr Her mann überhaupt so viele Straßen bauen?)

Nach der Änderung bei den Kuren hat sich die Zahl der Über nachtungen um 2,5 Millionen verringert. Bisher kam es nicht zu einer Erholung. Ein intensiver Rundgang und eine Durch fahrt durch die Region zeigen, dass dort dringend neue Im pulse entstehen müssen.

Jetzt räume ich ein: Der Nationalpark an sich wird die Wen de vielleicht nicht allein bringen. Aber der Nationalpark an sich wird auch nicht für sich allein stehen. Vielmehr wird es noch Zusatzangebote geben, die auch auf eine stärkere touris tische Nutzung zielen. Die Verbindung von Nationalpark und neuen touristischen Angeboten kann schon die touristische Wende im Nordschwarzwald einleiten. Das versprechen wir uns davon.

Die touristische Wende ist deshalb so wichtig, weil in vielen Teilen die Infrastruktur am Tourismus, an der Frequenz hängt, weil sie von der eigenen Bevölkerung nicht mehr getragen werden kann. Wir brauchen mehr Touristen, mehr Besucher im Nordschwarzwald, damit dort die Infrastruktur bleibt. Nur wenn die Infrastruktur bleibt, bleibt auch die übrige Wirt schaft, denn dann bleibt auch die Bevölkerung.

Deshalb ist der Nationalpark ein ganz wichtiger Ausgangs punkt für eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung im Nord schwarzwald. Dass Sie sich dieser verschließen, ist wirklich traurig.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie stellen jetzt Ihr Mitgefühl für diejenigen in den Mittel punkt, die gegen den Nationalpark eingestellt sind, und ma chen sich sozusagen zum obersten Fürsprecher einer Politik, die ihr Tun und Handeln davon abhängig macht, dass die Be troffenen vor Ort zustimmen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So wie Sie es versprochen haben!)

Wir haben versprochen, dass wir eine Politik des Gehört werdens machen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau! Nicht des Erhörtwerdens! Ich weiß!)

Herr Rülke, Sie sollten ein bisschen vorsichtig sein. Sie ha ben gesagt: Sie machen das immer so, und dann machen Sie es doch nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir haben das Volk von Baden-Württemberg über ein ganz strittiges Projekt, das nicht nur die betroffene Bevölkerung, sondern die Bevölkerung insgesamt sehr aufgeregt hat und auch sehr kontrovers gegeneinander gebracht hat, abstimmen lassen: Stuttgart 21. Das Volk hat dem Projekt zugestimmt, und jetzt wird es umgesetzt. Wir sind mächtig stolz darauf, dass ein Konflikt so gelöst wurde – übrigens zum ersten Mal in Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Jetzt sollten Sie nicht kleinreden, was wir gerade unterneh men, nämlich die Regeln auf kommunaler Ebene und auf Lan desebene so zu gestalten, dass man solche Abstimmungen öf ter durchführen kann. Ich dachte, da seien wir uns einig.

(Beifall des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Aber wir dürfen nichts miteinander verwechseln und nicht sa gen: „Dort, wo das Land zuständig ist, dort, wo es um ein Lan

desprojekt geht, kann man jeweils vor Ort Nein sagen.“ Wo kämen wir denn da hin?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

Das geht doch gar nicht. Ein solches Verständnis sollten Sie auch nicht schüren. Damit würden Sie die Leute nämlich auf die Palme bringen,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

weil Sie ihnen suggerierten, sie hätten so etwas wie ein Veto recht. Ein Vetorecht gibt es aber in einer Demokratie nur auf der jeweiligen Ebene. Dann müssten Sie die Menschen ani mieren und sagen: „Lasst uns eine Volksabstimmung in Ba den-Württemberg einleiten.“ Das wäre der richtige Weg, zu sagen: Das Volk entscheidet, das zuständig ist – aber doch nicht die betroffene Region.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb glaube ich: Es ist ein Versteckspiel, das auch zuneh mend Leute aus Ihrer Partei durchschauen.

Manchmal bekommt man ja eine Mail, die eigentlich gar nicht an einen selbst adressiert ist. Ich zitiere einmal aus einer Mail an den lieben Herrn Fraktionsvorsitzenden Peter Hauk:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vorsicht, NSA!)

Es stimmt ja: Opposition ist Mist. Gerade deshalb sollte der Oppositionsführer keinen solchen produzieren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü nen)

Deshalb schreibe ich Ihnen. Es stimmt ja: Es ist aus CDU-Sicht Mist, dass Grün-Rot nicht nur regiert, son dern jetzt auch noch in ihre Scheune einfährt, was Schwarz im Wahlprogramm propagiert und versprochen und im CDU-geführten Ministerium schon fertig in der Schublade hatte. Ich meine den Nationalpark Nord schwarzwald. Aber deshalb den Nationalpark selbst zum Mist zu machen ist auch Mist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü nen)

Ich verstehe Sie schon, wir verstehen uns oft: Sie wollen sagen, der rot-grüne Nationalpark ist Mist, der schwar ze Nationalpark ist kein Mist.

(Heiterkeit des Staatssekretärs Ingo Rust)

Aber ich glaube: Das verstehen nur die Unbelehrbaren, die die Argumente für den Nationalpark nicht hören wol len, und dieses Nicht-Hören-Wollen ist auch Mist.

(Heiterkeit des Staatssekretärs Ingo Rust)

Natürlich könnte man diese Unbelehrbaren als CDUWähler gewinnen. Aber ich fürchte, damit würde man die Befürworter – und das sind eindeutig und meines Erach tens zu Recht die mehreren – verprellen und zu NichtCDU-Wählern machen, und das wäre auch Mist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü nen)